Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#381 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 3. Okt 2015, 12:13

Savonlinna hat geschrieben:Dann kannst Du mir aber nicht vorwerfen, dass ich nicht Deins behandelt habe.
Naja...
Es ging mir in meinem Beitrag an closs, darum dass die Pumuckl-Figur reine Fiktion ist.

Savonlinna hat geschrieben:
Man muss aufpassen, hier nicht Subjekt und Objekt zu verwechseln.
Das wird ein Psychologe wohl auch nicht tun, der untersuchen muss, wieso die Fiktion "Rassismus" ganz realistische Folgen hat.
Davon gehen wir Beide doch aus. :thumbup:

Savonlinna hat geschrieben:Viele haben diesen Gedanken der Demokratie als "Illusion" abgelehnt. Bis sie dann eben umgesetzt wurde.
Kant und die franz. Revolution sei Dank. 8-)
Gilt das nicht ganz besonders heute am 25. Jahrestag der Deutschen Einheit? ;)

Savonlinna hat geschrieben:Daher mein Versuch, "Realitäten" auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich in ihrer Wirkungskraft zu beschreiben.
Auch wenn sie nicht selbst real sind, können durch Fiktionen ausgelöste Illusionen und Halluzinationen durchaus einen realen Einfluss auf unsere Wirklichkeit haben. Das habe ich nie bestritten.

Ich wehre mich nur gegen die Verwechslung von Subjekt und Objekt, wenn behauptet wird Pumuckl, das "Sein" (oder gar Gott) seien selbst Teil der Realität.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#382 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 3. Okt 2015, 12:26

Pluto hat geschrieben: Ich wehre mich nur gegen die Verwechslung von Subjekt und Objekt, wenn behauptet wird Pumuckl oder das "Sein" seien selbst Teil der Realität.
Auf jeden Fall erst mal toll, Pluto, dass wir uns verständigen konnten und sogar übereinstimmen.

Da ich auch am Tag der Einheit arbeiten muss und sofort los muss, kann ich jetzt sofort nicht ausführlich durchdenken, wie ich das sehe.

Ich werd das unterwegs tun.
Nur soweit: in derselben Realität sind Pumuckl und ich nicht, das ist wahr.
Das Problem ist nur, dass selbst Geschichtsforscher betonen, dass die Figur, die wir uns vergegenwärtigen - zum Beispiel Napoleon - trotz seiner einstmaligen realen Existenz uns jetzt nur noch als fiktive Figur überliefert ist: also nur durch Beschreibungen, die wir nicht überprüfen können.
Sie besteht jetzt nur noch aus fiktiven Elementen.

Ähnlich wäre es, wenn ich einen Popstar zu einem Superhelden mache: es ist meine Fiktion, die das tut. Der Typ kann in Wirlichkeit ätzend sein, er kann nur gut singen. Der Superheld ist eine Fiktion.

Hier bekommt der Begriff "Fiktion" einen anderen Touch als bei Pumuckl, aber was genau der Unterschied und was das Gemeinsame ist, müsste ich erst noch begrifflich zu schärfen suchen.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#383 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 3. Okt 2015, 12:48

Münek hat geschrieben:Solche Sätze kann man sich sparen - da überflüssig, unergiebig, tautologisch.
Leider nicht - es gibt sehr wohl eine Fraktion, die die Frage, ob etwas ist, davon abhängig macht, ob man es wahrnehmen kann.

JackSparrow hat geschrieben:Gestern bestieg ich mein geistiges Auto und fuhr zur geistigen Tankstelle
Nach meinem Glauben ist Dein Auto und die Tankstellen materiell. - Die Aussage ist doch, dass Materie aus Geist ist - also MATERIE ist. - Dein Beispiel geht darauf nicht ein.

JackSparrow hat geschrieben:Eventuell hatten sich zuvor die Aussagen diverser religiöser Führer als absolut ungeeigneter Maßstab herausgestellt.
Davon abgesehen, dass es das wirklich gibt: WER entscheidet, ob sich etwas als ungeeignet herausstellt? Die naturwissenschaftliche Methodik?

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#384 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 3. Okt 2015, 13:19

Savonlinna hat geschrieben:Auf jeden Fall erst mal toll, Pluto, dass wir uns verständigen konnten und sogar übereinstimmen.
Ich sehe nicht, wieso das nicht der Fall sein sollte. :D

Savonlinna hat geschrieben:Ich werd das unterwegs tun.
:thumbup:

Savonlinna hat geschrieben:Das Problem ist nur, dass selbst Geschichtsforscher betonen, dass die Figur, die wir uns vergegenwärtigen - zum Beispiel Napoleon - trotz seiner einstmaligen realen Existenz uns jetzt nur noch als fiktive Figur überliefert ist: also nur durch Beschreibungen, die wir nicht überprüfen können.
Sie besteht jetzt nur noch aus fiktiven Elementen.
Alexander, Cäsar und Napoleon waren einst reale Menschen. Deshalb kann man sie sehr wohl anhand ihres Nachlasses überprüfen (bspw. der Code Napoléon).
Nur sollte man dabei niemals vergessen, dass die Geschichte IMMER von den Siegreichen geschrieben wird, so dass Vieles auch mit Heldenbildern ausgeschmückt und glorifiziert wird.

Savonlinna hat geschrieben:Ähnlich wäre es, wenn ich einen Popstar zu einem Superhelden mache: es ist meine Fiktion, die das tut. Der Typ kann in Wirlichkeit ätzend sein, er kann nur gut singen. Der Superheld ist eine Fiktion.
Ja klar. Für mich war Elvis Presley so ein Superheld. Auch wenn er ein großartiger Sänger und Arbeiter war, tue ich meine damalige Verehrung als jugendlichen Schwarm ab.
Heute zählen Leute wie Newton, Darwin, Einstein, Shakespeare, Goethe oder Freud zu meinen "geistigen" Helden, denn es sind Menschen die einen bleibenden Beitrag zu unserer Gesellschaft hinterlassen haben.

Savonlinna hat geschrieben:Hier bekommt der Begriff "Fiktion" einen anderen Touch als bei Pumuckl, aber was genau der Unterschied und was das Gemeinsame ist, müsste ich erst noch begrifflich zu schärfen suchen.
Da bin ich gespannt, was 'bei rauskommt. :)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#385 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Sa 3. Okt 2015, 14:04

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es fehlt deine Antwort für…: Was soll der „Ursprung“ der Materie sein? Was soll hier „Geist“ genannt werden?
Zunächst ist diese Version ein Glaubens-Bekenntnis dafür, dass etwas nicht aus nichts kommen kann - der Naturalismus scheint ja davon auszugehen, dass Materie aus NICHTS kommt.
Durch welchen Umstand hast du den Eindruck, dass das menschliche Denken für „Ursprung von Materie“ ein gültiges Analysewerkzeug sein könnte?

Dieses „Glaubens-Bekenntnis“ ist nichts weiter, als das Aufstellen einer unvollständigen Vermutung ohne jegliche Absicht einer Überprüfung.

closs hat geschrieben:Natürlich interessiert es mich auch, wie man sich geistiges Funktionieren im Dasein vorstellen darf - aber man kann eine sowohl über alle Zeiten massenhaft auftretende Empfingung ("es gibt etwas, woher ich als Person komme und wohin ich gehe") nicht deshalb verwerfen, weil man nicht jede Frage dazu geklärt hat.
Nicht „jede Frage“?
Welche Fragen hat man denn geklärt?

Die einzig vorliegende Erklärung lautet: „Unwissen, Autosuggestion und Fehlinterpretation“.

closs hat geschrieben:Wenn Du diese Realität im Daseins suchst, wirst Du lange suchen müssen
Wo soll man deiner Meinung nach „Realität“ suchen?
In der Fantasie?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Was soll ein „göttlicher Geist“ sein?
Das, aus dem wir sind.
Aus „was“ sollen wir sein?

closs hat geschrieben:WENN es Gott gibt, ist es Realität. - Wir können doch per Wahrnehmung nicht entscheiden, was "ist" - oder meinst Du das?
Wie willst du entscheiden, ob es „etwas“ gibt, wenn du noch nicht einmal eine Vorstellung hast, „was“ es sein soll?

Die Analyse, ob eine Vorstellung vorliegt, kann man ohne Probleme per Wahrnehmung durchführen.
Ich erkenne ohne Schwierigkeiten, dass ich keine Antwort auf die „Was-Soll-Das-Sein“-Fragen bekomme.

Das Rätsel „ob es Gott gibt“ hört sich lustig an, wenn nicht klar ist, was „Gott“ sein soll.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das kann man ohne Probleme mit Unwissen, Autosuggestion und Fehlinterpretation erklären.
Kann man - der Mensch kann viel, wenn der Tag lange ist. - Die Frage ist, ob er damit dem gerecht wird, was ist.
Warum sollte man dies „an lagen Tagen“ nicht machen, wo es doch keine Alternativ-Vorstellungen gibt?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Deine Beispiele enthalten aus meiner Sicht alle einen grossen Fehler: Sie liegen vollständig in der materiellen Welt.
Ja - weil Du Dich damit auskennst und aus solchen Beispielen vielleicht erfassen könntest, was gemeint ist - da solltest Du Dich darauf einlassen, wenn Du verstehen willst (Du musst deshalb ja nicht zustimmen).
Nein, du möchtest ein Nicht-XXXX-Weltkonzept einführen und versuchst dies über Denktäuschungen zu machen, die aus unzulänglichen Zusammenhängen in der materiellen Welt entstehen.

Rede nicht über die materielle Welt.

Rede über die Nicht-XXXX-Welt, rede über die Wechselwirkungen zwischen Gehirn und „etwas“, rede über das „Erschaffen von Materie“. Rede darüber, was „Geist/Gott“ sein soll.
Rede darüber, was das „geistige Feld“ sein soll und konkret darüber, warum sich die Naturwissenschaften dort heraus halten sollten.

closs hat geschrieben:Es gibt verschiedene Definitionen zu Realität - der eine meint damit die naturalistische Realität, der andere meint damit alles, was "ist".
Du erweckst hier den Anschein, dass „alles, was ist“ mehr umfasst, als die „naturalistische Realität“.

Wie willst du dies beweisen?
Immer daran denken: du hast keine Vorstellung darüber, was es da „mehr“ geben soll.

closs hat geschrieben:Mit "Wahrnehmungstechnik" beziehst Du vermutlich auf die 5 Sinne - das reicht hier nicht aus.
Ich beziehe mich auf die Sensorik, die elektrischen Impulse und die Verarbeitung durch eine neuronale Schaltung.

Warum sollte das nicht ausreichen?

closs hat geschrieben:Hermeneutische Objekte sind immer unvollständ
OK, dann haben sie immer schlechte Qualität.

closs hat geschrieben:Du sagst damit nicht mehr oder weniger, als dass "etwas" von schlechter Qualität sei, wenn man es unvollständig erfasst
Selbstverständlich, denn ich bin Teil eines Wahrnehmungssystems.
Das Erfassen von Zusammenhängen ist meine Aufgabe. Es wäre unvernünftig und geradezu grob fahrlässig, wenn ich die „Qualität des Erfassens“ nicht berücksichtigen würde.

Wenn eine Alternative mit vollständiger Erfassung vorliegt, dann hat dies für mich automatisch höhere Qualität, als die unvollständige Erfassung - logisch

„Geist“ ist ein Ansatz mit unvollständiger Erfassung. Es ist keine Prüfung/Bestätigung möglich.
=> schlechte Qualität

„Bewusstsein als neuronal berechnete Bedeutungszusammenhänge in einem Gehirn“ ist ein Ansatz mit vollständiger Erfassung. Diesen Ansatz kann man prüfen, so dass er sich bewährt, oder die Suche nach einer anderen Lösung einschränkt.
=> gute Qualität

closs hat geschrieben:"Wir definieren "Bewusstsein" so, dass es in Details erforschbar ist" - statt zu sagen "Was IST eigentlich Bewusstsein? - Egal wie gut wir es erforschen können". - Anthropozismus - der Mensch bastelt sich seine Welt, indem er sie methodisch gefügig macht.
Ich sage:
Bewusstsein „ergibt sich“ aus neuronal berechneten Bedeutungszusammenhängen im aktiven Gehirn. Kurz: „Verstehanimation“
Es ist ein notwendiger Vorgang, weil sich unzählige parallele Berechnungen/Aktivitäten in der Schaltauswertung des Gehirns koordinieren müssen.
=> gute Qualität, weil man dies prüfen kann

Du sagst: „Was der Mensch als Person "ist".“
=> schlechte Qualität, weil man damit die „schwammige Bedeutungszuordnung“ noch nicht verlassen hat

closs hat geschrieben:Du machst bewusst oder unbewusst Setzungen, aus denen ein Weltbild entsteht - innerhalb dieses Weltbildes kommst Du zu obigen Ergebnissen, die in sich schlüssig sind.
Nein, nicht nur in sich schlüssig, sondern die Ergebnisse funktionieren auch im Zusammenwirken mit beliebig vielen Blickwinkeln, weil die Ergebnisse genau diese Blickwinkeltests durchlaufen müssen.

closs hat geschrieben:Ich kritisiere dabei, dass die Wahrnehmungs-Qualität zum Maßstab für Seins-Qualität gemacht wird.
Diese Kritik läuft ins Leere, weil ich diesen Zusammenhang gar nicht aufgestellt habe.

Die unvollständige „Geist“-Vermutung wurde von einem Wahrnehmungssystem aufgestellt. Genau diesen Vorgang kann ein Wahrnehmungssystem qualitativ beurteilen.

Du machst einen Fehler, wenn du vorschnell, also ohne Anhaltspunkte und ohne Prüfung, die Ideen aus einem Wahrnehmungssystem mit Existenz gleichsetzt.

closs hat geschrieben: die Frage, ob es Gott gibt oder welches Sein es geben kann, ist keine Frage der Naturwissenschaft
Das ist keine besondere Erkenntnis, weil die Was-Soll-Das-Sein-Frage offensichtlich nicht geklärt werden kann – somit kann die Naturwissenschaft keine Vorstellungen durch Tests und Experimente prüfen.

closs hat geschrieben:Mir aber geht es NICHT darum, was Naturwissenschaft (als besondere Wahrnehmungs-Form) kann, sondern was "sein" kann.
Naturwissenschaft ist keine „besondere“ Wahrnehmungsform.
Es ist ganz einfach die normale Funktion einer Wahrnehmungsoptimierung – es funktioniert ohne irgendwelche Tricks und Täuschungen.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#386 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 3. Okt 2015, 15:01

SilverBullet hat geschrieben:Durch welchen Umstand hast du den Eindruck, dass das menschliche Denken für „Ursprung von Materie“ ein gültiges Analysewerkzeug sein könnte?
Habe ich das gesagt? - Zumindest ist das menschliche Bewusstsein darauf ausgelegt, solche Fragen über naturlalistische Antworten hinaus zu stellen.

SilverBullet hat geschrieben:Dieses „Glaubens-Bekenntnis“ ist nichts weiter, als das Aufstellen einer unvollständigen Vermutung
Wäre es vollständig, gäbe es keinen "Glauben". - Der umgekehrte Weg wäre, sich auf Dinge zu beschränken, für die es vollständige Vermutungen geben kann.

SilverBullet hat geschrieben:Nicht „jede Frage“?
Meine Aussage ist, dass "das, was ist", nicht dadurch definiert werden darf, ob dazu alle Fragen mit naturwissenschaftlicher Methodik geklärt werden können.

SilverBullet hat geschrieben:Wo soll man deiner Meinung nach „Realität“ suchen?
Wo es Anzeichen gibt, dass es sie gibt - ohne weltanschauliche Einschränkungen.

SilverBullet hat geschrieben:Aus „was“ sollen wir sein?
Wenn MAterie nicht Ursprung ihrer selbst ist, ist dieses "was" ein anderes. - Naturwissenschaftlich kann ich es Dir nicht erklären, weil es kein Phänomen der Natur ist.

SilverBullet hat geschrieben:Wie willst du entscheiden, ob es „etwas“ gibt, wenn du noch nicht einmal eine Vorstellung hast, „was“ es sein soll?
Gar nicht. - Es reicht erst einmal die Erkenntnis, dass das, was ist, auch ohne unsere Vorstellung ist.

SilverBullet hat geschrieben:Warum sollte man dies „an lagen Tagen“ nicht machen, wo es doch keine Alternativ-Vorstellungen gibt?
Diese Alternativ-Vorstellungen gibt es doch - sie sind nur nicht im Sinne Deiner Methodik greifbar.

SilverBullet hat geschrieben:Nein
Du WILLST nicht verstehen.

SilverBullet hat geschrieben:Rede darüber, was das „geistige Feld“ sein soll und konkret darüber, warum sich die Naturwissenschaften dort heraus halten sollten.
Weil dieses "Feld" kein naturalistisches Feld ist. - Das ist alles viel umfassender, als Du Dir das vorstellen magst. - Du klebst an DEINEM Wahrnehmungs-Horizont und erweckst den Eindruck, darin läge die Lösung - oder es gäbe keine.

Dieses Locken in das Naturalistische, in dem die Lösung zu finden sein müsse, ist ein Irrweg.

SilverBullet hat geschrieben:Du erweckst hier den Anschein, dass „alles, was ist“ mehr umfasst, als die „naturalistische Realität“.
Selbstverständlich. - Alles andere wäre eine anthropozentrische Festlegung.

SilverBullet hat geschrieben:Wie willst du dies beweisen?
Gar nicht - ich muss es nicht. Es geht auch nicht, weil ich genauso Teil des naturalistischen Horizonts bin wie Du. - Dies kann man nur mit Nachdenken erschließen - oder mit Feeling, das Milliarden Menschen haben bzw. aktivieren.

SilverBullet hat geschrieben:Warum sollte das nicht ausreichen?
Weil es sich auf die naturalistische Welt beschränkt.

SilverBullet hat geschrieben:dann haben sie immer schlechte Qualität
In Betug auf die Wahrnehmung meinetwegen - aber das hat doch nichts mit dem zu tun, was das Objekt der Wahrnehmung ist. - Ein Objekt muss doch nicht "qualitätiv" schlecht sein, weil dessen Wahrnehmung qualitativ schlecht ist.

SilverBullet hat geschrieben:Selbstverständlich, denn ich bin Teil eines Wahrnehmungssystems.
Eben - mehr nicht. - Wir reden hier jedoch nicht nur von Wahrnehmung, sondern auch von "Sein" ("Objekt"/"Realität"/nenne es, wie Du willst).

SilverBullet hat geschrieben:Wenn eine Alternative mit vollständiger Erfassung vorliegt, dann hat dies für mich automatisch höhere Qualität, als die unvollständige Erfassung - logisch
Wenn Du eine Partitur vor Dir hast, kannst Du die Noten physikalisch in ihren Schwingungen vollständig erfassen. - Hast Du damit das Stück begriffen? - Das sind Nebenkriegsschauplätze.

Weil ich keine vollständige Vorstellung habe, wo ich hinfahren will, schraube ich mein Auto auseinander, weil ich dadurch wenigstens eine vollständige Vorstellung vom Transportmittel habe. - Klingt das gut?

SilverBullet hat geschrieben:Ich sage:
Was die Wahrnehmungs-Methodik angeht, kann man zwischen guten und schlechter Qualität unterscheiden - ok. - Aber fragt mal jemand danach, was die Substanz einer Fragestellung ist? - Lass uns das Gehirn neuronal auseinandernehmen, weil es "gute Wahrnehmnugsqualität" ist. - Alles andere, was methodisch nicht fassbar sein, muss schlechte Qualität sein, denn sonst könnte man es in guter Qualität untersuchen. - Meinst Du das ernsthaft.

Das klingt sehr nach "Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen".

SilverBullet hat geschrieben:Nein, nicht nur in sich schlüssig, sondern die Ergebnisse funktionieren auch im Zusammenwirken mit beliebig vielen Blickwinkeln
... INNERHALB Deines methodischen Systems. - Im übrigen will doch keiner die Naturwissenschaft madig machen - nur stört mich die oft daran angeschlossene Dogmatik, wonach ALLES, was sein kann, naturwissenschaftlich untersuchbar sein müsse.

SilverBullet hat geschrieben:Die unvollständige „Geist“-Vermutung wurde von einem Wahrnehmungssystem aufgestellt.
Richtig - wir haben nichts anderes. - Aber es gibt verschiedene Perspektiven der Wahrnehmung - in unserer Zeit ist die materialistisch-naturwissenschaftliche Wahrnehmung so dominierend, dass man sich überhaupt nicht mehr vorstellen zu können scheint, dass es auch andere Perspektiven in Bezug "auf das, was ist/sein könnte" gibt. - Trotzdem nennt man sich "fortschrittlich", weil man meint, man habe etwas überwunden, statt mal drüber nachzudenken, ob man nicht vielleicht auch etwas im Galopp verloren hat.

SilverBullet hat geschrieben:Naturwissenschaft ist keine „besondere“ Wahrnehmungsform.
Dann ersetze "besondere" durch "EINE".

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#387 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 3. Okt 2015, 16:16

closs hat geschrieben:Der umgekehrte Weg wäre, sich auf Dinge zu beschränken, für die es vollständige Vermutungen geben kann.
Richtig!
Das empfiehlt uns auch Edmund Husserl mit seinem Epoché.

SilverBullet hat geschrieben:Nicht „jede Frage“?
Meine Aussage ist, dass "das, was ist", nicht dadurch definiert werden darf, ob dazu alle Fragen mit naturwissenschaftlicher Methodik geklärt werden können.

closs hat geschrieben:Wo es Anzeichen gibt, dass es sie gibt - ohne weltanschauliche Einschränkungen.
Ist das nicht bereits eine weltanschauliche Aussage?

closs hat geschrieben:Wenn MAterie nicht Ursprung ihrer selbst ist, ist dieses "was" ein anderes. - Naturwissenschaftlich kann ich es Dir nicht erklären, weil es kein Phänomen der Natur ist.
Der scheinbare Urpsrung der Materie verschwindet mehr und mehr, je tiefer wir in die mikrosopische Welt der Elementarteilchen hinab steigen.

closs hat geschrieben:Weil dieses "Feld" kein naturalistisches Feld ist. - Das ist alles viel umfassender, als Du Dir das vorstellen magst.
Könntest du mal versuchen dieses Umfassende zu erklären?

closs hat geschrieben:Dieses Locken in das Naturalistische, in dem die Lösung zu finden sein müsse, ist ein Irrweg.
Ein Irrweg...?
Wie willst du diese Behauptung nachweisen?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Du erweckst hier den Anschein, dass „alles, was ist“ mehr umfasst, als die „naturalistische Realität“.
Selbstverständlich. - Alles andere wäre eine anthropozentrische Festlegung.
Vielleicht ist es gerade menschlich, zu glauben und zu hoffen, dass mehr da ist als die Natur vorgibt.
Könnten sich die Befürworter des "Seins" sich damit nicht irren?

closs hat geschrieben:Wir reden hier jedoch nicht nur von Wahrnehmung, sondern auch von "Sein" ("Objekt"/"Realität"/nenne es, wie Du willst).
Bisher habe ich keine klare Definition dessen was das "Sein" ist gelesen. Könntest du es mal ausführlicher beschreiben!

closs hat geschrieben:Weil ich keine vollständige Vorstellung habe, wo ich hinfahren will, schraube ich mein Auto auseinander...
Wenn du keine Vorstellung hast, wohin die Reise gehen soll, führt JEDER Weg dahin. Will heißen, man ist nicht in de Lage, den richtigen Weg vom falschen zu unterscheiden.

closs hat geschrieben:Alles andere, was methodisch nicht fassbar sein, muss schlechte Qualität sein, denn sonst könnte man es in guter Qualität untersuchen. - Meinst Du das ernsthaft.
Also... ich würde das (allen Ernstes) bejahen.

Das klingt sehr nach "Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen".
Und...? Ist es nicht in der Welt so?

closs hat geschrieben: ... INNERHALB Deines methodischen Systems.
Nein. Innerhalb jedes beliebigen realen Systems.
(Falls es mehr als ein System geben sollte).

closs hat geschrieben:in unserer Zeit ist die materialistisch-naturwissenschaftliche Wahrnehmung so dominierend, dass man sich überhaupt nicht mehr vorstellen zu können scheint, dass es auch andere Perspektiven in Bezug "auf das, was ist/sein könnte" gibt.
Könnte der Grund dafür nicht sein, dass die naturalistische Sicht der Welt am Ende doch die einzig Richtige ist?
Wenn nicht, warum nicht?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#388 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 3. Okt 2015, 16:45

Pluto hat geschrieben:Das empfiehlt uns auch Edmund Husserl mit seinem Epoché.
Beschränkung kann pragmatisch sehr sinnvoll sein - aber man muss es wissen, dass es Beschränkung ist.

Pluto hat geschrieben:Ist das nicht bereits eine weltanschauliche Aussage?
Wenn man es als weltanschauliche Aussage bezeichnet, wenn man jegliche Realität über die Wahrnehmung stellt, ja.

Pluto hat geschrieben:Könntest du mal versuchen dieses Umfassende zu erklären?
Da würde ich wirklich lieber auf Dürr verweisen, weil er im naturwissenschaftlichen Jargon spricht, den ich nicht draufhabe. - Unabhängig davon:

Wir denken im Horizont unseres Daseins (das ist auch gut so) - es gibt da bsp. Materie und Zeit. - Das "Umfassende" wäre das, was wir uns im Horizont unseres Daseins nicht vorstellen können, sondern nur geistig erschließen können - immerhin haben wir die Anlagen dafür.

Es gibt seit Jahrtausenden die menschliche Anlage, sozusagen "ohne Not" dieses "Umfassende" zu spüren, aber nicht erklären zu können. - Spüren tun es viele. - Üblicherweise wird dieses Umfassende als etwas verstanden, das nicht im Dasein zwar bemerkbar, aber nicht erklärbar ist, jedoch nach dem Dasein sehr wohl.

Es ist schwer, einem naturwissenschaftlich fixierten Agnostiker verständlich zu machen, WAS man spürt und WIE man erschließt. - Jedenfalls scheint es so gut zu funktionieren, dass man sich mit Gleichgesinnten über die Jahrtausende heimisch ist (egal, ob das ein christlicher Meister Eckart oder ein säkularer Goethe ist) und mit gleichgesinnten Zeitgenossen nach 5 Minuten vertrauter ist als mit irgendwelchen langjährigen Bekannten, die dies nicht verstehen. - Man kann Deine Frage nur mit Symptomen in der Praxis beantworten - aber dazu musst Du Teil davon sein.

Pluto hat geschrieben:Wie willst du diese Behauptung nachweisen?
Gar nicht - man checkt's oder nicht. - Wie soll man mit DEM, was weltanschaulich zum Irrweg gemacht wird, nachweisen, dass es so ist?

Pluto hat geschrieben:Könnten sich die Befürworter des "Seins" sich damit nicht irren?
Prinzipiell ja - aber sicherlich nicht deshalb, weil es Argumente aus naturwissenschaftlicher Methodik gibt.

Pluto hat geschrieben:Bisher habe ich keine klare Definition dessen was das "Sein" ist gelesen. Könntest du es mal ausführlicher beschreiben!
Alles, was existiert, ohne dass es DURCH Wahrnehmung ("Einbildung") existiert. - So ist "Sein" von mir gemeint.

Pluto hat geschrieben:Wenn du keine Vorstellung hast, wohin die Reise gehen soll, führt JEDER Weg dahin.
Geistige Menschen HABEN ja eine Vorstellung - sie ist nur nicht intersubjektiv nachweisbar und somit "schlechter Qualität". - Hier ging es darum, dass man Fragen zum Weg nicht über Antworten zum Schuhwerk befriedigen kann.

Pluto hat geschrieben:Also... ich würde das (allen Ernstes) bejahen.
Dann wäre dies eine Einschränkung, die - wie oben gesagt - nicht das Schlechteste ist - aber man muss halt wissen, DASS es eine Einschränkung ist.

Pluto hat geschrieben:Und...? Ist es nicht in der Welt so?
Ist aber bei gewissen Fragestellungen irrelevant - da geht es drum, nach Dingen zu suchen, für die es Hinweise gibt. - Es geht NICHT um die Frage, wie man sich in der Welt am geschicktesten verhält.

Pluto hat geschrieben: Innerhalb jedes beliebigen realen Systems.
Wenn Gott also real wäre, könnte man ihn mit naturwissenschaftlicher Methodik untersuchen - meinst Du ---?!?!?!---

Pluto hat geschrieben:Könnte der Grund dafür nicht sein, dass die naturalistische Sicht der Welt am Ende doch die einzig Richtige ist?
Theoretisch ja (man kann nichts ausschließen). - Aber ich halte das persönlich für ausgeschlossen.

Ich glaube vielmehr, dass unsere Zeit derart einseitig auf materialistisches Denken genormt ist, dass die eigentlichen Grundlagen des Ich weitgehend verschüttet sind.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#389 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Sa 3. Okt 2015, 16:57

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Das von mir "Hervorgehobene" beantwortet dann im Sinn alle Fragen dieses Themas
Und was fängst Du DEINERSEITS mit dieser Einfachheit an?

Übrigens: Da war noch was:
closs hat geschrieben:Verstehe ich Dich richtig: Alles, was "sein" kann, ist auch naturwissenschaftlich nachweisbar? - Bitte eine einfache Antwort - am besten "Ja" oder "Nein".

Natürlich - nicht.

Allerdings unter der Voraussetzung, das sich weiterhin der Seinsbegriff nicht auf christliche Transzendenz-Suppen einkochen lässt, dazu ist die Vielfalt, auch in den seinsbegrifflichen Unterschieden, in den maßgebenden Welteligionen zu vielfältig. Deine forsch regulative Hinwendung zur willkürlichen Einvernahme des Seinsbegriffs ufert deshalb und langsam in scholastische Trostslosigkeit aus.

Du, ich, alle Menschen leben im begrenzten Zeitfenster erdverhafteter Kreatürlichkeit und das spekulative Hinausgehen über bestimmte, einfach nicht definierbare Erkenntnishorizonte bleibt demzufolge immer ein Akt persönlicher Mutmaßung und mutiert bei dir zu einem wortklaubenden Köhlerglaube, der an seinem christlich überparfümierten "sophisticated" langsam erstickt.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#390 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Sa 3. Okt 2015, 17:25

closs hat geschrieben:
Es ist schwer, einem naturwissenschaftlich fixierten Agnostiker verständlich zu machen, WAS man spürt und WIE man erschließt. - Jedenfalls scheint es so gut zu funktionieren, dass man sich mit Gleichgesinnten über die Jahrtausende heimisch ist (egal, ob das ein christlicher Meister Eckart oder ein säkularer Goethe ist) und mit gleichgesinnten Zeitgenossen nach 5 Minuten vertrauter ist als mit irgendwelchen langjährigen Bekannten, die dies nicht verstehen.

Selbstverständlich.

Die Riege der Phantasten auf der Star Trek Convention ist sich da auch immer einig und im Harry Potter-Fanclub schlägt man sich auch im schönsten Einvernehmen auf die magischen Schultern.

Denn was dem Meister Eckhart sin Uhl, das ist dem Harry Pottianer sin Nachtigall. Hier wären wir dann auch gleich bei deiner ewig unbewältigten Problemstellung. Soll heißen in die spekulativ verkündeten "Erfahrungsbereiche" alter und neuerer Mythensöldner fließen immer auch in die verschiedensten Spielarten menschlicher Hybris mit ein.

Wobei ich dich dann als durchaus vorzeigbaren Vertreter wortverdrechselter Phantasmagorien einstufen würden.

Antworten