Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
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Queequeg
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#321 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Fr 2. Okt 2015, 10:31

closs hat geschrieben:
Im Grunde steckt hinter Deinen Anmerkungen die Frage: "Ist es überhaupt möglich, über Sprache etwas nahezubringen, was nicht im Repertoire des Adressaten ist?".

Macht es Sinn, mit einem Blinden über Farbe, einem Tauben über Musik, einem Fisch über Wolken, einem Harems-Besitzer über Zölibat zu sprechen? - Meine Antwort ist am Ende JA.

Weit gefehlt, guter closs.

Im Grunde geht es um deinen, mit Verlaub, immer etwas quengeligen und völlig uferlosen Sophismus.

Du nimmst eine eigentlich bunte Worthure wie den Begriff des Seins und knetest und rührst diesen unter christlichen Zutaten solange, bis dieser deinem (determinierten) Glaubens-Kuchen entspricht. Der Seins-Begriff steht immer und grundsätzlich im Spannungsverhältnis desjenigen Menschen, der dieses Wort für sich und seinen Glauben/Weltanschauung zu einseitig okkupiert und gerade beim Seinsbegriff ist hier die Katastrophe vorprogrammiert. Jedenfalls nach deiner immer etwas vergeistert verphilosophierten Metaphysik.

Und nichts anderes machst du hier. Deshalb schrieb ich ja auch, du bist eigentlich das Abbild eines begeisterten Scholastikers. Du führst deine Mitdiskutanten in von dir bepflanzte und üppig wuchernde Wortdschungel, hier dann in der Hoffnung, das diese sich dort in deinen Sätzen und Definitionen vom "ausgeschlossenen Vierten" hoffnungslos verirren.

Du bist also, mal einmal etwas verwegen formuliert - ein disziplinloser Ontologiker, der sich nur und erst in der von dir geschaffenen Un-Systematik wirklich heimisch fühlt.

Oder abschließend gesagt: wenn man den Glauben an sich und als Ur-Wert (auch im Mythos), oder wenn man eine Religion grundsätzlich in die Niederungen des Sophismus entführt, dann endet das immer in einem argumentativen Cannae.
Zuletzt geändert von Queequeg am Fr 2. Okt 2015, 10:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#322 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Fr 2. Okt 2015, 10:33

closs hat geschrieben:Unterm Strich muss der Mensch seinen Draht direkt zu Gott haben
Hast Du ihn? Sind Deine Aussagen hier im Thread Ergebnis Deines Drahtes zu Gott?

closs
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#323 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 2. Okt 2015, 10:36

Pluto hat geschrieben:Kann man machen, aber man kann Tiere nicht ausschließen. Warum auch?
Wir können mit unserer Wahrnehmung nicht ausschließen, dass ein Hamster ein "Cogito" hat, mit dem er Gott reflektieren kann - ich glaube es NICHT.

Pluto hat geschrieben:Vor dem Hintergrund, dass Menschen ebenfalls Tiere sind, macht diese Aussage keinen Sinn.
Das zeigt eigentlich nur, dass bei entsprechender Setzung ("MEnsch = Tier") alle möglichen Schlussfolgerungen zutreffend sind. - Insofern hast Du recht.

Pluto hat geschrieben:Da es Gut und Böse als Absolute nicht gibt, kann es auch keinen solchen dialektischen Raum geben.
Dito. - Die Setzung macht die Schlussfolgerung. - Alles Glaubenssätze.

Pluto hat geschrieben:Ich verstehe diese Aussage nicht. "Faktum" (im geistigen Sinn) war deine Wortwahl — schon vergessen?
Nein - "Faktum" ist aus meiner Sicht das, was etwas beschreibt, was "ist". - Im allgemeinen Sprachgebrauch wird es aber für Pähnomene verwendet, die methodisch nachweisbar sind. Insofern passe ich mich gerne einer neuen Sprachregelung an, wenn die eine Sprachregelung nicht funktioniert.

Konkret: WENN es Gott gibt, ist Gott ein Faktum - unabhängig davon, ob er methodisch nachweisbar ist. - Allgemeinsprachlich ist dies epochen-spezifisch nicht durchsetzbar. - Aber es ändert nichts am "Faktum" selbst.

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#324 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 2. Okt 2015, 10:45

Pluto hat geschrieben:Religiöse Aussagen bestehen aus nicht bestätigten Setzungen die weder untersuchbar noch falsifizierbar sind. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse hingegen sind nicht nur vielfach bestätigt worden, sie bilden auch eine solide Grundlage auf der sich Zivilisationen errichten lassen.
Der Unterschied zwischen religiösen und naturwissenschaftlichen Aussagen besteht darin, dass letztere INNERHALB eines methodischen Systems getätigt werden, das geradezu dadurch definiert ist, dass es ausschließlich falsifizierbare Aussagen machen darf. - Im Umkehrschluss heisst dies, dass darüber hinausgehende Aussagen NICHT gemacht werden können.

Da schließen dann spirituelle/religiöse Aussagen an, die natürlich NICHT falsifizierbar sind - wären sie es, könnte man sie innerhalb der naturwissenschaftlichen Methodik tätigen. - Immer wieder (ich glaube, das habe ich schon 50 Mal zitiert):
Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet.

Pluto hat geschrieben:Mit der Aussage implizierst du, dass die Bestätigung durch intersubjektive und reproduzierbare Beobachtungen nicht relevant sei.
Doch - trotzdem ist es nur EINE Perspektive.

Pluto hat geschrieben:Deshalb nennen wir etwas erst nach der Überprüfung "objektiv".
Weil es sich INNERHALB eines methodischen Systems nachweisen lässt - das ist doch schön und wird doch von keinem in Frage gestellt.

Pluto hat geschrieben:Religionen scheint mir immer ein geistiges Gerüst aus Setzungen und Annahmen zu schaffen. Anstatt inne zu halten und zu überlegen ob ihre Annahmen richtig sind
Das wird ja getan - aber "nur" hermeneutisch und nicht mit naturwissenschaftlicher Methodik (weil diese dort nichts ausrichten kann). - Du kannst Gott nicht naturwissenschaftlich nachweisen, weil er in seinem Wesen nicht naturalistisch ist.

JackSparrow
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#325 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von JackSparrow » Fr 2. Okt 2015, 10:59

closs hat geschrieben:Ist folgender Satz von Goethe eine Tautologie?
Wär nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt es nie erblicken.
Hier bezieht sich Goethe offenbar auf die Theorie der "Sehstrahlen" (vgl. auch Jesus, Mt6:22). Die wurde erst im 17. Jahrhundert aufgegeben, was wiederum zu Goethe mangels anatomischen Interesses vielleicht noch nicht ganz durchgedrungen war.

WENN es Gott gibt, ist Gott ein Faktum - unabhängig davon, ob er methodisch nachweisbar ist
WENN es Götter gibt, sind diese für ihre Anhänger genauso wenig nachweisbar wie für Wissenschaftler.
Die Behauptung eines Christen, er habe Gott gespürt, ist eine vorsätzliche Falschaussage. Irgendwas muss er wohl gespürt haben. Aber leider sagt er niemandem, was es war, weil "Gott" seiner Meinung nach eben einfach besser klingt.

closs
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#326 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 2. Okt 2015, 11:04

Queequeg hat geschrieben: es ist grundsätzlich alles nebulös und wird zu beliebig befüllbaren Worthülsen, wenn es um die Begrifflichkeiten des Seins geht.
Dann lies mal Heidegger. - Aber so weit musst Du gar nicht gehen - Platon und Meister Eckart tun's auch.

Keiner behauptet, dass solche Aussagen nicht anfechtbar wären, aber sie sind dort logisch und kontextual nachvollziehbar vernetzt.

Queequeg hat geschrieben:Von einer allgemeinverbindlichen Definition des "Sein" lieber zu schweigen, ich denke, hier sollte wir uns einig sein.
Eigentlich nicht. - Die allgemeine Definition wäre das, was Platon als "Ideen" und Meister Eckart als "rationes ideales" bezeichnet. - Die Ableitung davon wäre das, was wir als Seiendes wahrnehmen ("der Baum"). - Man muss diesem Ansatz nicht folgen, aber klar ist er eigentlich schon.

Queequeg hat geschrieben:es gibt sie nicht, sie existiert einfach nicht, ich meine jetzt DIE religiöse Ebene
Wenn Du meinst, dass diese Ebene sehr heterogen besetzt ist, stimme ich Dir zu.

Queequeg hat geschrieben: Du führst deine Mitdiskutanten in von dir bepflanzte und üppig wuchernde Wortdschungel
Das hat bestimmt auch etwas mit Ratlosigkeit und Hilflosigkeit meinerseits zu tun. - Wir führen hier Gespräche, die von einer Definition in die nächste führt (was ja an sich in Ordnung ist - was aber auch zu einer Potentierung der Begriffs-Felder führt).

Der Gegenentwurf, den ich schon oft erlebt habe: Man MUSS gar nicht alles definieren, weil den Kommunizierenden bewusst oder unbewusst klar ist, dass Sprache eh nur Chiffre ist. - Man "hat" einen Inhalt, den man über Sprache vermitteln will - statt mit Sprache rumzufuchteln, um zu einem Inhalt zu kommen. - Das geht aber nur, wenn beide Gesprächspartner auf halbwegs derselben Schiene sind - also spirituell-geistig in Sichtweite.

Dies ist hier auf dem Forum weitgehend NICHT so. - Und so probiert man verschiedenste Sprachmodelle und "Einflugwinkel" durch - in der Hoffung auf einen Treffer. - Am Inhalt selbst liegt es nicht - der ist da.

Queequeg hat geschrieben: wenn man den Glauben an sich und als Ur-Wert (auch im Mythos), oder wenn man eine Religion grundsätzlich in die Niederungen des Sophismus entführt, dann endet das immer in einem argumentativen Cannae.
Du sprichst hier einen empfindlichen Punkt an: Sobald man Dinge, die dem anderen fremd sind, verbalisiert, gibt es Sprach-"Fuchtelei". - Alternative wäre, nicht zu reden, sondern zu handeln - aber dann gäbe es dieses Forum nicht mehr.

Aber eines kann ich Dir auch versichern: Es wird hier keinem gelingen, spirituelle Dinge in den Schraubstock naturalistischer Methodik zu pressen. - Ansonsten wäre ein wichtiger Schritt, dass man sich auf das spekulative Denksystem einlässt - nochmal auch für Dich:
Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet.

closs
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#327 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 2. Okt 2015, 11:08

JackSparrow hat geschrieben:Hier bezieht sich Goethe offenbar auf die Theorie der "Sehstrahlen" (vgl. auch Jesus, Mt6:22).
Nein - das ist geistig und nicht physikalisch gemeint.

JackSparrow hat geschrieben:WENN es Götter gibt, sind diese für ihre Anhänger genauso wenig nachweisbar wie für Wissenschaftler.
Von "Götter" war nicht die Rede - ansonsten ist Deine Aussage genauso bekannt wie zutreffend. - Was im Sinne des Threads hieße, dass es "Sein"/"etwas" geben kann, ohne dass es wahrnehmungsmäßig nachweisbar wäre.

JackSparrow hat geschrieben:Die Behauptung eines Christen, er habe Gott gespürt, ist eine vorsätzliche Falschaussage.
Das ist eine Unterstellung, mindestens aber eine Glaubensaussage Deinerseits. - Du erscheinst hier genauso fundamentalistisch in Glaubensdingen wie einige Sekten.

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#328 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von JackSparrow » Fr 2. Okt 2015, 11:22

closs hat geschrieben:Von "Götter" war nicht die Rede
Wenn es einen nicht nachweisbaren Gott gibt, kann es auch mehrere nicht nachweisbare Götter geben. Selbst wenn einer davon nachweisbar wäre, folgt daraus nicht die Nachweisbarkeit aller anderen Götter. Es kann nicht mal davon ausgegangen werden, dass die Götter selbst wissen, wie viele weitere Götter neben ihnen noch existieren.

Was im Sinne des Threads hieße, dass es "Sein"/"etwas" geben kann, ohne dass es wahrnehmungsmäßig nachweisbar wäre.
Wenn es nicht nachweisbar ist, heißt das im Sinne jedes Menschen, der mit höheren Wesen in Kontakt steht, dass er lügt.

Das ist eine Unterstellung, mindestens aber eine Glaubensaussage Deinerseits.
Wenn ich ein Ziehen oder ein Drücken oder eine Migräne verspüre, dann habe ich nicht Gott verspürt, sondern ein Ziehen oder Drücken oder eine Migräne. Das ist keine Glaubensfrage, sondern eine Frage des verwendeten Vokabulars.

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#329 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 2. Okt 2015, 12:25

JackSparrow hat geschrieben:Wenn es einen nicht nachweisbaren Gott gibt, kann es auch mehrere nicht nachweisbare Götter geben
Logisch richtig - entscheident ist dann am Ende, was wirklich "ist". - Denn nicht alles, was logisch möglich ist, "ist".

JackSparrow hat geschrieben:Wenn es nicht nachweisbar ist, heißt das im Sinne jedes Menschen, der mit höheren Wesen in Kontakt steht, dass er lügt.
Das Gegenteil ist der Fall: WENN es Gott gäbe (er also "Sein" wäre), würde ein Mensch, der Verbindung zu ihm hat, eben NICHT lügen, selbst wenn er seine Verbindung nicht intersubjektiv nachweisen kann. - Deinen Gedanken kann ich rein logisch überhaupt nicht nachvollziehen.

JackSparrow hat geschrieben:Wenn ich ein Ziehen oder ein Drücken oder eine Migräne verspüre, dann habe ich nicht Gott verspürt, sondern ein Ziehen oder Drücken oder eine Migräne.
Jetzt sagst Du aber etwas ganz anderes als vorher. - Davon abgesehen stimme ich Dir hier zu: Du beschreibst ein Phänomen ohne Interpretation - so soll es sein: Die Trennung zwischen Beobachtung und Interpretation.

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#330 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Fr 2. Okt 2015, 12:59

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben: es ist grundsätzlich alles nebulös und wird zu beliebig befüllbaren Worthülsen, wenn es um die Begrifflichkeiten des Seins geht.
Dann lies mal Heidegger. - Aber so weit musst Du gar nicht gehen - Platon und Meister Eckart tun's auch.
Damit schießt Du Dir aber ins eigene Knie, closs.

Denn sowohl Heidegger als auch Plato als auch Meister Eckhart schreiben klar und deutlich.
Was ich von ihnen gelesen habe, war mir "sonnen"klar.
Bei Deinen posts stellt sich dergleichen nur extrem selten ein.


closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben: Du führst deine Mitdiskutanten in von dir bepflanzte und üppig wuchernde Wortdschungel
Das hat bestimmt auch etwas mit Ratlosigkeit und Hilflosigkeit meinerseits zu tun. - Wir führen hier Gespräche, die von einer Definition in die nächste führt (was ja an sich in Ordnung ist - was aber auch zu einer Potentierung der Begriffs-Felder führt).
Dazu hat Andreas Dir geraten, diszipliniert an Dein Threadthema heranzugehen.

Du selber versuchst sogar, disziplinierte Herangehensweisen zu zerstören, indem Du chaotisch von Höckchen auf Stöckchen springst.
Ich habe versucht, Dir in diesem Punkt zu helfen, indem ich Dir klar strukturierte Fragen vorlegte, in der Hoffnung, dass Du diszipliniert die Begriffe definierst, von denen Du behauptest, dass sie erst definiert werden müssen.

Statt aber dass Du sie nun definierst, packst Du Deine ganze Weltanschauung in die "Definition", die das Chaos noch verschlimmert, weil eine Definition ja nun mal Unbekanntes durch Bekanntes erläutern muss. Du aber führst mittels einer Definition neue unbekannte Begriffe ein, die Du dann aber nicht definierst.

Da es ja Du selber bist, der auf Definitionen beharrt, müssten sie auch sachgerecht geliefert werden.

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