Rembremerding hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:
Passt auch diese Stelle von Luise Rinser
, Mitte des Lebens (Roman), in Deine Reihe? ->
Luise Rinser hat geschrieben:Es klingt verrückt, sagte sie, aber es ist so: es gibt mitten im Schmerz eine windgeschützte Stelle, an die der Schmerz nicht gelangt, so heftig er auch ist, und an dieser Stelle sitzt eine Art von Freude, oder vielleicht nenne ich's besser triumphiernde Zustimmung.
Fischer Taschenbuch Verlag 1973, S. 70
Ja, in die Reihe passt es. Zu bemerken ist allerdings, dass meine Beispiele auch aus dem östlichen und europäisch-heidnischen Kulturkreis entstammen. Frau Rinser berührt hier den christlichen Kontext, der jene Stelle als "bewohnt" von einem Du betrachtet, Gott. Diese triumphierende Zustimmung, diese Freude im Schmerz erfährt man aus dem Wissen im Glauben heraus, dass Jesus Christus dem Leid Sinn verlieh,
Das glaube ich nicht, dass das etwas mit christlichem Glauben zu tun hat.
Ich habe nämlich genau das voller Staunen, auch voller Entsetzen, erlebt - im Laufe meines Lebens dann noch öfter - und habe das dann später bei Rinser formuliert gefunden; ich hatte das davor mehrmals selber notiert. Im schlimmsten, im wirklich allerschlimmsten psychischen Schmerz taucht ungerufen von ganz tief unten diese jähe Freude auf, wo man denkt, man hat 'nen Knall.
Ich bin ziemlich sicher, auch Rinser hat das nicht aus einem Glauben heraus geschrieben, sondern aus einer Beobachtung. Sie schreibt das authentisch; religiöse Aussagen würde ich erkennen.
Rembremerding hat geschrieben:
dass er uns nicht vor dem Leid bewahrt, sondern im Leid, dass diese "heilige Stelle" durch den Hl. Geist den menschlichen Geist durchdringt und ihn öffnet für das Universale. Das Relative wird im Angesicht des Absoluten ein Teil dessen und veredelt.
Ich vermute mal, Du meinst das Gleiche wie ich.
Ich sag das mal in meinen Worten, so wie ich mir das selber damals und auch später erklärt habe:
der - psychische - Schmerz hat einen solange in den Klauen, wie er nicht durchstoßen ist. Kommt man aber an den Punkt, wo man ihn nicht mehr erträgt, lässt man los, automatisch. Und wenn man losgelassen hat, taucht sofort eine andere Möglichkeit des Lebens auf, und sei es nur blitzartig.
Ich hab das in einem post an Dich schon mal geschrieben, glaube ich.
So ein Vorgang ist in meiner Sprache ein anthropologischer, da Menschen aller Kulturen das ähnlich kennen.
Aber "transzendieren" nenne ich das auch, weil ohne ein solches Transzendieren das Leben gar nicht führbar ist.
Aber wahr ist allerdings auch, dass sich wohl nur die Religionen mit diesem Phänomen gründlich und fast ausschließlich befasst haben und in Bilder brachten.
Ich bin darum damit einverstanden, dass auch die christliche Religion derlei durch ihr Tradieren als Erfahrung bewahrt und immer wieder neu zugänglich gemacht hat.
Aber es gehört nach meiner Überzeugung nicht genuin in den Bereich der Religion, und damit in die christliche auch nicht.