Anton B. hat geschrieben:Wir stellen die Hypothese auf und bewähren/falsifizieren sie anhand "bewährtem" Wissens und "bewährter" Methoden.
Weder die These "Jesus hatte eine Naherwartung" noch die These "Jesus hatte KEINEN Naherwartung" ist falsifizierbar.
Verstehst Du jetzt, warum ich mit Deinen - in sich verständigen und von mir gar nicht in Frage gestellten - Aussagen wenig anfangen kann?
Anton B. hat geschrieben:Können sie aber erst garnicht einem Falsifikationsversuchen ausgesetzt werden, dann sind sie noch nicht einmal wissenschaftlich.
Nach dieser Aussage gäbe es keine Geistes-Wissenschaft, soweit sie geistige Aussagen ("Jesus hatte eine/keine Naherwartung") betrifft.
Natürlich gibt es falsifizierbare Thesen anderer Art - ein Beispiel:
These:
"Die Existenz Walther von der Vogelweide war im 17. Jh in Deutschland nicht bekannt" (weil die hochmittelalterliche Literatur vergessen war).
Falsifizierung (ein tatsächlicher Fall):
In einer Sterbe-Chronik des 17.Jh. ist von einem Dachdecker der Rede, der vom Dach und dabei auf einen Grabstein fiel und starb. - Es wird weiter erwähnt, dass auf dem Grabstein ein Gedicht von Walther von der Vogelweide eingemeißelt war mit der Anmerkung: "Hier liegt Walter von der Vogelweide".
Man kann also auch bei Belangen falsifizieren, die der Geistes-Geschichte zuordenbar sind - aber keine geistigen Dinge selbst.
Anton B. hat geschrieben:Du nimmst eine Flexibilät der Gesamtmethodik bezüglich der Ergebnisse an, die so nicht gegeben ist.
Wenn dem so ist, dürfen viele Fragen gar nicht unter dem Etikett "Wissenschaft" gestellt werden. - Dann ist historisch-kritische Exegese (in der Annahme, dass damit eine wissenschaftliche Exegese nach DEINEM Wissenschaftsbegriff gemeint ist) überhaupt nicht möglich.
Warum einigen wir uns nicht auf das, was ich seit langem fordere: HKM ist dazu da, wissenschaftlich zugängliche Phänomene
rund um die Bibel (Datierungen, Quellen-Geschichte, Linguistik/Sprachgeschichte, politische Geschichte, etc) zu untersuchen, nicht aber geistige Aussagen der Bibel (bspw.: "Jesus hatte eine/keine Naherwartung"). - HKM ist somit ein Hilfe für die Theologie, aber nicht Teil der Theologie.
Natürlich kann und muss man HKM in theologischen Fakultäten ansiedeln, weil sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit sehr wichtig sein kann - handwerklich. - Aber doch nicht als Ersatz-Theologie - und genau dieser Eindruck entsteht.
Fändest Du es für normal, wenn Partei A mit Hinweis auf wissenschaftliche Modelle es als gesichert ansähe, dass Jesus eine Naherwartung hatte, und Partei B mit Hinweis auf wissenschaftliche Modelle es als gesichert ansähe, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte?
Gar nicht dran zu denken, wie der intelligente Außenstehende reagiert, wenn er sieht, dass "die" Wissenschaft "wieder mal" Teil und Gegenteil als gesichert ansieht - aber das ist ein anderes Thema.