Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
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#431 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 23. Jul 2015, 23:41

2Lena hat geschrieben:"Hätte man sich doch endlich um die Angaben der neuzeitlichen Propheten gekümmert, die seit Hunderten von Jahren bereits auf die Schieflage hingewiesen haben!!!"
Wer wäre "man"? - "Man" wären geistig-spirituelle Menschen - eine Eigenschaft, die ein Ausschlusskriterium für Wissenschaft ist.

Das ist nicht anti-wissenschaftlich gemeint, sondern soll zeigen, dass es keinen Sinn macht, handwerkliche Disziplinen mit geistigen Disziplinen zu vermengen. - Wissenschaft wird in geistigen Dingen immer nur "ancilla theologiae" sein können - eine Einsicht, die in heutigen Zeiten ganz schwer vermittelbar ist.

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Münek
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#432 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Do 23. Jul 2015, 23:49

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ihre historisch-wissenschaftlich forschenden Kollegen an den Fakultäten sind da - Gottseidank - ungleich besser dran.

Außerdem sind auch Dogmatiker WIssenschaftler - "Dogmatiker" heisst doch nicht "Papst-Anhänger" (es gibt auch evangelische Dogmatik), sondern Wissenschaftler, die dogmatische Aussagen der Kirchen mit biblischen, auch historischen Fragen abgleichen - also auch Dogmatik ist NT-Forschung und bedient sich bei Bedarf der HKM.

Dogmatik ist natürlich keine NT-Forschung.

Dogmatik ist ein eigenständiges Lehrfach an katholischen und evangelischen theologischen Fakultäten über die dogmatische Auslegung des Inhalts der christlichen GLAUBENSLEHRE. Die Dogmatik nimmt besonders in der römisch-katholischen Kirche eine zentrale Stellung ein, da
hier die GLAUBENSWAHRHEITEN der katholischen Kirche vermittelt werden.

Wichtige Teilgebiete der Dogmatik sind z.B. Trinitätslehre (Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Geist), Soteriologie (Heil durch Jesus Christus), Ekklesiologie (Kirche), Sakramentenlehre, Mariologie (Maria als Mutter Gottes), Schöpfungslehre.

(Quelle Wiki)


Der christliche Glauben, die Glaubenslehre bleibt bei der historisch-kritischen Textauslegung aus gutem Grund (ergebnisoffene Forschung) ausgeschlossen. :thumbup:

Comprendre, mon ami?! :chapeau:
Zuletzt geändert von Münek am Do 23. Jul 2015, 23:54, insgesamt 1-mal geändert.

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#433 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » Do 23. Jul 2015, 23:53

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Allerdings sind es auch devote Christen.
Nein - so läuft das nicht in der Praxis. - Das sind Wissenschaftler mit einem eigenen Glaubensbild (wie Atheisten auch), die sich bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit an methodische Regeln halten. - Wenn Du die im grünen Text zitierte Arbeit zum 1. PEtrusbrief liest (ich habe ihn NICHT gelesen), darfst Du davon ausgehen, dass dies eine wissenschaftliche Arbeit ist mit Quellen-Hinweisen, nachprüfbaren Begründungen, etc. - Wärest Du also als Agnostiker rein fachlich im Thema drin, könntest Du den Ausführungen folgen, ohne aus dem persönlichen Glaubensbild zustimmen zu müssen.

Pluto hat geschrieben:Wie ergebnisoffen kann eine solche Diskussion unter Gleichgesinnten in der Ideologie werden?
Wie ergebnisoffen kann ein Gespräche zwischen Lüdemann und Kubitzka sein? - Da gibt es keine Unterschiede.
Ich finde es bemerkenswert, dass in dieser Runde keiner der von Münek erwähnten Personen eingeladen wurde.

Rhetorische Frage: Warum lädt man Leute wie Kubitza oder Lüdemann eigentlich nicht ein?
Antwort: Sie haben vermutlich nicht den "richtigen" Glauben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#434 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Fr 24. Jul 2015, 00:06

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wie soll das gehen, wenn Du doch selbst einräumst, keine Ahnung zu haben ("Ich weiß es nicht.")?
Ich weiss in der Tat nicht, wie sich die einzelnen Disziplinen innerhalb der Theologie zueinander aufstellen.

Interessanterweise habe ich MEIN Thema gefunden: "Die Anpassung der Verfasserfiktion im Ersten Petrusbrief an die Realität der angesprochenen Gemeinde". - Klingt überhaupt nicht nach Einvernehmen zum Thema "Naherwartung Jesus" innerhalb der NT-Forschung.

Häh! :shock:

Jesu echatologische Verkündigung des unmittelbar bevorstehenden Anbruchs der Gottesherrschaft (Nähe des Königreichs Gottes)
wird an keiner Stelle im 1. Petrusbrief (übrigens eine Fälschung) thematisiert.

Du sitzt mal wieder im falschen Zug... ;)

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#435 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Fr 24. Jul 2015, 00:26

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es bringt nichts, wenn Du immer wieder Behauptungen in die Welt setzt, die Du auf Nachfrage nicht belegen kannst.
Das Problem liegt woanders: Alle Belege, die gebracht werden, werden nicht anerkannt, wenn sie nicht dem eigenen Weltbild entsprechen. - Bearbeite erst mal Aussagen Ratzinger und Barth

Die Theologen Barth und Ratzinger sind DOGMATIKER; die beackern ein anderes Terrain.

Ich sehe im Übrigen auch nicht, dass sie der neutestamenten Forschung aus dogmatischer Sicht widersprochen hätten....

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#436 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Fr 24. Jul 2015, 01:01

Münek hat geschrieben:Dogmatik ist natürlich keine NT-Forschung.
OK - ich habe das "auch" falsch gesetzt. - Es sollte heißen: Dogmatik ist AUCH NT-Forschung. - Oder anders gesagt: Ohne Erforschung des NT gäbe es keine Dogmatik - jegliche Dogmatik bezieht sich aufs NT.

Pluto hat geschrieben:Ich finde es bemerkenswert, dass in dieser Runde keiner der von Münek erwähnten Personen eingeladen wurde.
Vermutung: Weil die Themen der erwähnten Personen in der christlichen Theologie überhaupt nicht brennend sind.

Pluto hat geschrieben:Rhetorische Frage: Warum lädt man Leute wie Kubitza oder Lüdemann eigentlich nicht ein?
Antwort: Sie haben vermutlich nicht den "richtigen" Glauben.
Sie wären interessant, wenn es ums Thema "christliche und agnostische/atheistische Theologie" ginge. - Das wäre sicherlich AUCH mal ein interessantes Thema.

Münek hat geschrieben:Jesu echatologische Verkündigung des unmittelbar bevorstehenden Anbruchs der Gottesherrschaft (Nähe des Königreichs Gottes)
wird an keiner Stelle im 1. Petrusbrief (übrigens eine Fälschung) thematisiert.
Mir ging es um die Gegenüberstellung von "Verfasser-Fiktion und historische (Gemeinde-) Realität" - genau das Thema bei der Naherwartungs-Frage.

Um meine abgekürzte Aussage zu konkretisieren: Wer das Spannungs-Verhältnis von "Verfasserfiktion" und "historische Realität" als gängig versteht, hat dies auch beim Thema "Naherwartung" getan - nochmals: Das entspricht exakt dem, was man von Theologen, die ja auch mal an der Uni waren, hört.

Noch deutlicher: Für das, was ich als Fehl-Rezeption durch Jünger/Schreiber bezeichnet habe, wird hier der (offensichtlich gängige) Begriff "Verfasser-Fiktion" verwendet. - Und noch eins drauf: Die Naherwartungs-Debatte scheint innerhalb der christlichen Theologie beendet zu sein - "Verfasserfiktion" ist übrigens kein dogmatischer, sondern ein historisch-kritischer Begriff.

Münek hat geschrieben:Die Theologen Barth und Ratzinger sind DOGMATIKER; die beackern ein anderes Terrain.
Richtig - sie würden aber nicht drum rum kommen, wenn die Interpretation "Jesus hatte eine eigene (äußere) Naherwartung" mehr als EINE Perspektive eines bestimmten Modells innerhalb der HKM wäre.

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#437 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Fr 24. Jul 2015, 08:57

closs hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:"Hätte man sich doch endlich um die Angaben der neuzeitlichen Propheten gekümmert, die seit Hunderten von Jahren bereits auf die Schieflage hingewiesen haben!!!"
Wer wäre "man"? - "Man" wären geistig-spirituelle Menschen - eine Eigenschaft, die ein Ausschlusskriterium für Wissenschaft ist.

Das ist nicht anti-wissenschaftlich gemeint, sondern soll zeigen, dass es keinen Sinn macht, handwerkliche Disziplinen mit geistigen Disziplinen zu vermengen. - Wissenschaft wird in geistigen Dingen immer nur "ancilla theologiae" sein können - eine Einsicht, die in heutigen Zeiten ganz schwer vermittelbar ist.

Soso, "ancilla theologiae" - Magd der Theologie...

Klingt so ähnlich wie: Die Astronomie ist die Magd der Astrologie. :lol:

Die Wissenschaft wird sich tunlichst hüten, sich als "Herrin über die
Theologie in geistigen Dingen
" aufschwingen zu wollen. Das fehlte
ihr gerade noch; sie hat weiß Gott Vernünftigeres zu tun...

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#438 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Fr 24. Jul 2015, 09:40

Münek hat geschrieben:Die Wissenschaft wird sich tunlichst hüten, sich als "Herrin über die Theologie in geistigen Dingen" aufschwingen zu wollen.
Genau das tut sie aber, wenn sie aus wissenschaftlichen Beobachtungen nicht-zwingende Interpretationen ausbreitet, die geistigen Charakter haben. - Es scheint der feine Unterschied übersehen zu werden zwischen methodischem Atheismus (gut) und interpretativem Atheismus (schlecht).

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#439 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » Fr 24. Jul 2015, 10:28

closs hat geschrieben:Ohne Erforschung des NT gäbe es keine Dogmatik - jegliche Dogmatik bezieht sich aufs NT.
Du triffst damit den Nagel auf den Kopf. Das ist das Problem der Theologie.
Ein Beispiel...
Es gibt das katholische Dogma der jungfräulichen Empfängnis der Maria. Parthenogense wurde aber noch niemals bei Menschen eobachtet. Es braucht immer Männlein und Weiblein, um Nachwuchs zu zeugen, sonst hat der Nachkömmling eine seltsame Genmischung. Dort wo Parthenogenese beobachtet wird, gibt es NUR weibliche Nachkommen, KEINE Männlichen.
Trotz starken Gegenwind durch die biologische Faktenlage, behauptet die rkK, die jungfräuliche Geburt sei Tatsache gewesen, ohne sich über das "Wie" Gedanken zu machen.

Damit beweisen diese Theologen nur ihren Tunnelblick, indem sie ihre Dogmen frei von irgendwelchen Forschungsergebnissen, fortchreiben. So lange solcher Unsinn in der Theologie die Runde macht, kann man nur von Ideologie reden. Kein Wunder fragen sich viele Leute ob denn Theologie noch was mit Ergebnisoffenheit in der Forschung zu tun hat.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich finde es bemerkenswert, dass in dieser Runde keiner der von Münek erwähnten Personen eingeladen wurde.
Vermutung: Weil die Themen der erwähnten Personen in der christlichen Theologie überhaupt nicht brennend sind.
Pluto hat geschrieben:Rhetorische Frage: Warum lädt man Leute wie Kubitza oder Lüdemann eigentlich nicht ein?
Antwort: Sie haben vermutlich nicht den "richtigen" Glauben.
Sie wären interessant, wenn es ums Thema "christliche und agnostische/atheistische Theologie" ginge.
Unterstellst du damit nicht, dass Leute wie Lüdemann keinen Beitrag zur Interpretation, z. Bsp. der Petrusbriefe leisten könnte?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#440 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von 2Lena » Fr 24. Jul 2015, 10:53

closs hat geschrieben:Wer wäre "man"? - "Man" wären geistig-spirituelle Menschen - eine Eigenschaft, die ein Ausschlusskriterium für Wissenschaft ist.
Ein schwerer Fehler...
Teils ist er vreständlich, weil eine Absonderung betrieben wurde und unter rein materieller Sichtweise keine geistigen Erkenntnisse mehr zugelassen wurden.

???Sicherheitsfaktor Wissenschaft???
Sprich ...
Jura ist nur mehr der schon verfasste Gesetzestext, nicht mehr das Finden der Gerechtigkeit.
Produktion ist nur mehr schon entwickelte Verfahren.
Naturwissenschaft ist nur das Vermessen des Vorhandenen, etc..

Man kennt nicht mal in der Philosophie den Umgang mit INSPIRATION.
Berücksichtigt wird sie auch nicht beim Lernen. Es erfolgt ein stures Pauken - und damit geht auch kaum eine Verarbeitung des Angelernten einher oder Schöpferkräfte sind hinüber?

Es steht in der Bibel (ausgelegt) weit mehr an Wissen darüber, als in der heutigen Wissenschaft davon vorhanden ist.

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