Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
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#331 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Mo 20. Jul 2015, 21:48

Pluto hat geschrieben:Jemand muss also die Grenzen setzen. Wer sollte das deiner Meinung nach sein?
Diejenigen, die die HKM definieren, und diejenigen, die sie nutzen. - Dass dabei Unterschiedliches herauskommen kann, haben wir ja kurz angesprochen - und das ist ausdrücklich nicht kritisch gemeint. - Gefährlich wird es, wenn man Schlussfolgerungen aus seinen Forschungen nicht innerhalb der Grenzen macht, in denen man geforscht hat.

Zeus hat geschrieben: es handelt sich um DIE anerkannte M e t h o d e
Als solche steht sie doch nicht in Frage. - Die Frage lautet, ob Schlussfolgerungen innerhalb dessen stattfinden.

Zeus hat geschrieben:Übrigens findest du eine präzise Definition hier.
Ja - diese Definition ist relativ eng, weil sie im konkreten Fall Motiv-Zusammenhänge AT/NT nicht berücksichtigt. - Das ist an sich KEINE Kritik - aber ich kenne es halt aus unseren Arbeiten in der Literaturgeschichte anders (da wurde schon mal geguckt, ob der Schreiber nicht auch aus Quellen geschöpft hat, die jahrhundertelang zurücklagen).

wiki hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode ist bis heute in der evangelischen und katholischen Kirche die Standardmethode der Bibelauslegung.
Das ist natürlich richtig, aber gleichzeitig auch missverständlich. - Denn die INHALTLICHE Exegese der Bibel ist ohne geistigen Kontext nicht möglich.

Will heißen: Natürlich ist die HKM Standard, wenn man Fragen nach Quelle, Abschriften, Entstehungszeit, Geografie, Linguistik, etc. stellt. - Aber die eigentliche inhaltliche Auslegung (etwa: "Was bedeutet die Figur des Hiob?") hat mit HKM nichts zu tun - das kann die HKM nicht und sollte es auch nicht können wollen.

Allein die Tatsache, dass die HKM Standard sogar bei der RKK ist, sollte doch eigentlich offensichtlich machen, dass ihre Bedeutung eo ipso nur begrenzt sein kann.

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Münek
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#332 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 20. Jul 2015, 22:22

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode ist bis heute in der evangelischen und katholischen Kirche die Standardmethode der Bibelauslegung.
Da scheint man aber sehr Unterschiedliches darunter zu verstehen. - Außerdem klingt das sehr verkürzt: Wie würdest Du die Disziplin nennen, die dafür zuständig ist, was substantiell-geistig in der Bibel steht? -

Mir fällt da spontan die "Dogmatik" ein...

Allerdings kann diese sich bei weitem nicht mit der "historisch-kritischen Bibelexegese" messen, weil Dogmatiker zwingend an verbindlich vor-
gegebene kirchlichen Lehren gefesselt und insofern unfrei sind. Die Alt- und Neutestamentler werden sich hüten, bei ihren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten die evangelische oder katholische Glaubensbrille zu tragen; die Dogmatiker sind dazu gezwungen. Ein himmelweiter Unterschied. Wirf mal z.B. einen Blick in den "Katholischen Weltkatechismus" (ein Konglomerat verbindlicher sog. "Glaubenswahrheiten").

Übrigens: "Substanziell-geistig" scheint mir beim Glauben an Götter ein Oxymoron zu sein. Besitzen Glaubensvorstellungen bezogen auf "himmlische unsichtbare Wesen" Substanz? Wohl eher nicht. Da scheint wieder mal ganz offensichtlich der Wunsch der Vater des Gedan-
kens zu sein. Der Gläubige wünscht es sich, dass sein Götterglaube keine Illusion sein möge, sondern Substanz aufweist.

Dafür habe ich großes Verständnis...

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#333 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Mo 20. Jul 2015, 23:09

Münek hat geschrieben:Mir fällt da spontan die "Dogmatik" ein...
Das ist ein Missverständnis. - "Dogmatik" wäre über dem Daumen, wenn man biblische Inhalte als absolute Wahrheiten bezeichnet, nicht aber, geistige Zusammenhänge im Rahmen einer HKM-Arbeit zu berücksichtigen.

Münek hat geschrieben:Allerdings kann diese sich bei weitem nicht mit der "historisch-kritischen Bibelexegese" messen, weil Dogmatiker zwingend an verbindlich vorgegebene kirchlichen Lehren gefesselt und insofern unfrei sind.
Hier geht es aber nicht um Dogmatik.

Münek hat geschrieben: "Substanziell-geistig" scheint mir beim Glauben an Götter ein Oxymoron zu sein.
Unter materialistischen Gesichtspunkten mag das so sein - da sehen wir wieder einmal, welchen großen Einfluss weltanschauliche Anschauungen haben (sorum wie andersrum).

Münek hat geschrieben:. Der Gläubige wünscht es sich, dass sein Götterglaube keine Illusion sein möge, sondern Substanz aufweist.
NAtürlich - sonst wäre alles sinnlos. - So wie umgekehrt der gläubige Materialist sich wünscht, dass Geist nichts anderes sei als Folge von Materie. - Da sitzen wir im selben Boot.

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#334 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 00:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:. Der Gläubige wünscht es sich, dass sein Götterglaube keine Illusion sein möge, sondern Substanz aufweist.
NAtürlich - sonst wäre alles sinnlos. - So wie umgekehrt der gläubige Materialist sich wünscht, dass Geist nichts anderes sei als Folge von Materie. - Da sitzen wir im selben Boot.

Nee, mein Lieber, das hättest Du wohl gerne.

Der Nichtgläubige "wünscht" sich ganz bestimmt nicht, dass "der Geist nichts anderes sei als Folge der Materie."
Für einen solchen "Wunsch" besteht weder ein Grund noch ein Bedürfnis. Das war mal wieder ein Schuss in den
Ofen.

Gottesgläubige hingegen haben für ihre Wunschvorstellungen ein außerordentlich großes Motiv und Bedürfnis.
Diese Offensichtlichkeit muss ich ja wohl nicht näher erläutern... :D

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#335 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 00:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mir fällt da spontan die "Dogmatik" ein...
Das ist ein Missverständnis. - "Dogmatik" wäre über dem Daumen, wenn man biblische Inhalte als absolute Wahrheiten bezeichnet, nicht aber, geistige Zusammenhänge im Rahmen einer HKM-Arbeit zu berücksichtigen.

Wie oft denn noch!?

Die Berücksichtgung sog. "geistiger Zusammenhänge" (subjektive Glaubensvorstellungen)
ist unwissenschaftlich.

Die Glaubensbrille bleibt in der Garage. Basta! :lol:

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#336 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 00:34

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allerdings kann diese sich bei weitem nicht mit der "historisch-kritischen Bibelexegese" messen, weil Dogmatiker zwingend an verbindlich vorgegebene kirchlichen Lehren gefesselt und insofern unfrei sind.
Hier geht es aber nicht um Dogmatik.

Doch doch - irgendwie schon, nämlich um Deine nichthinterfragbare Sicht auf "selbstkonstruierte Glaubenswahrheiten",
die Du den Theologieprofessoren grenzüberschreitend nur allzugern "unterjubeln und aufdrängen" möchtest... ;)

Dein "Erfolg" wird sich allerdings in sehr, sehr enge Grenzen halten, Don Quichote. Aber das weißt Du ja selbst. :)

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#337 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 00:40

closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:. Der Gläubige wünscht es sich, dass sein Götterglaube keine Illusion sein möge, sondern Substanz aufweist.
NAtürlich - sonst wäre alles sinnlos.

Achwas, das siehst Du viel zu eng...Deine Sorge ist völlig unbegründet... :thumbup:

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#338 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 00:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Jemand muss also die Grenzen setzen. Wer sollte das deiner Meinung nach sein?
Diejenigen, die die HKM definieren, und diejenigen, die sie nutzen. - Dass dabei Unterschiedliches herauskommen kann, haben wir ja kurz angesprochen - und das ist ausdrücklich nicht kritisch gemeint. - Gefährlich wird es, wenn man Schlussfolgerungen aus seinen Forschungen nicht innerhalb der Grenzen macht, in denen man geforscht hat..

Besteht eine solche Gefahr tatsächlich?

Kannst Du mit konkreten Beispielen aufwarten, damit wir Deine Befürchtungen nachvollziehen können?

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#339 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Di 21. Jul 2015, 01:03

Münek hat geschrieben:Der Nichtgläubige "wünscht" sich ganz bestimmt nicht, dass "der Geist nichts anderes sei als Folge der Materie."
Wie würdest Du es nennen? - Üblicherweise kommt diese Aussage als "Dogma" rüber - genau wie umgekehrt bei der "geistigen Fraktion".

Münek hat geschrieben:Die Berücksichtgung sog. "geistiger Zusammenhänge" (subjektive Glaubensvorstellungen) ist unwissenschaftlich.
Damit sagst Du, dass HKM nur oberflächlich für die Bibel geeignet wäre - und soweit würde nicht mal ich gehen. - Unter "geistigen Zusammenhang" verstehe ich nicht Glaubenssätze, sondern dass man über das Revier einer Bibel-Schrift hinaus die gesamte Bibel mit ihren Motiven miteinbezieht - zwei dieser Motive habe ich mehrfach genannt. - Aus MEINER Sicht und auch früherer Erfahrung bei HKM im philologischen Bereich widersprechen solche geistigen Elemenet NICHT der HKM.

Münek hat geschrieben:nämlich um Deine nichthinterfragbare Sicht auf "selbstkonstruierte Glaubenswahrheiten"
Ob selbstkonstruiert oder nicht: Sie spielen hier keine Rolle - es geht hier um Kon-Textuales im weiten Umfang und nicht um Glaubensdinge.

Münek hat geschrieben:Kannst Du mit konkreten Beispielen aufwarten, damit wir Deine Befürchtungen nachvollziehen können?
Mehrfach genannt - scrolle mal zurück: Da hat jemand (Du?) weltanschauliche Behauptungen von Augstein als wissenschaftliche Tatsachen-Aussagen dargestellt - in einem einzigen Absatz waren es, meine ich, gleich 4 oder 5.

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#340 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 08:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Nichtgläubige "wünscht" sich ganz bestimmt nicht, dass "der Geist nichts anderes sei als Folge der Materie."
Wie würdest Du es nennen? - Üblicherweise kommt diese Aussage als "Dogma" rüber - genau wie umgekehrt bei der "geistigen Fraktion".

Der Nichtgläubige strebt erkenntnismäßig nach Wahrheit, nicht nach der Erfüllung von Glaubenswünschen.
Das Glaubensmotiv und das Bedürfnis fehlen - im Gegensatz zum Gläubigen. Von Dogma kann keine Rede sein;
die Kirche dagegen "schwimmt" in Dogmen (siehe z.B. "Katholischer Weltkatechismus", nichthinterfragbaren
"Glaubenswahrheiten."

Wie gut, dass die Scheiterhaufen schon lange erloschen sind... :clap:

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