Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#291 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Halman » So 19. Jul 2015, 21:32

Münek hat geschrieben:Das war in den Jahren 1962/63 n.Chr.
Danke für die Anwort. Damals war die HKM wohl noch nicht allgemein durchgedrungen, schätze ich. Soweit ich bisher aufgeschnappt hatte, fand sie erst im Laufe der 1970er Jahre mehr anklnag - dies mag auch mit der zunehmenden Liberalisierung zusammenhängen. Die Relgionskritik war vorher eher etwas für interlektuelle Kreise und kam nun zunehmend im Volk an.
Die alten Pastoren jener Zeit waren wohl häufiger als heute konzervativer und auch ihre "Schäfchen" hatten noch einen anderen Zugang zur Religion als heute.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#292 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 19. Jul 2015, 22:23

Münek hat geschrieben:Mit der Präsentation von Belegen scheinst Du überhaupt die allergrößten Schwierigkeiten zu haben.
Biblische Belege kommen schon öfter mal von mir - aber das kommt meistens nicht gut an. :lol:

Das Zitieren von irgendwelchen theologischen Schulen, die gerade mal obenauf sind, halte ich wenig - dieses Testimonial-Gerammel bringt nichts. - Man muss auch mal selber nachdenken.

In der Tat richtig ist, dass ich seit langer Zeit nicht mehr wissenschaftlich arbeite und mir das eigentlich nicht mehr antun will - es reicht nicht, Augstein zu lesen und dessen Testimonials zu konsumieren. - Das tut man dann, wenn man wissen will, wie unsere Zeit funzt - hier geht es aber erstmal darum, was damals geschah.

Es gab gerade mal einen recht anspruchsvollen Ansatz zwischen Pluto und mir, der recht nah an das Problem geführt hat.

Münek hat geschrieben:Der von Dir befragte Pastor Heinrich Heinrichsen repräsentiert nicht DIE Theologie.
Die agnostische Theologie auch nicht.

Trotzdem sollte man unsere ausgebildeten Theologen nicht für dumm verkaufen. - Ich habe in den letzten Monaten mit bestimmt 5 verschiedenen Theologen (katholisch wie evangelisch) gesprochen - ihnen war das Parusie-Problem allesamt bekannt, weil es offensichtlich Studien-Standard ist. - Noch mehr: Sie haben die handwerklichen Ergebnisse der HKM allesamt anerkannt - aber eben nicht die agnostischen Schlussfolgerungen daraus, weil diese diese nur bei entsprechender Weltanschauung zwingend sind. - Dieses Problem scheint seitens der christlichen Theologie tatsächlich gelöst zu sein - im Sinne von "interessant, aber nicht entscheidend".

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#293 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 19. Jul 2015, 23:10

closs hat geschrieben:- Noch mehr: Sie haben die handwerklichen Ergebnisse der HKM allesamt anerkannt - aber eben nicht die agnostischen Schlussfolgerungen daraus, weil diese diese nur bei entsprechender Weltanschauung zwingend sind. -

Die historisch-kritische Methode ist eine wissenschaftliche Methode.

Wenn in der neutestamentlichen Forschung Einvernehmen über Jesu Predigt über die Nähe des angekommenen Gottesreiches besteht und gleichzeitig festgestellt wird, Jesus habe sich diesbezüglich geirrt (Bultmann, Rahner, Küng und viele andere), dann kann man diesen Wissenschaftlern doch nicht "agnostische Schlussfolgerungen" unterstellen. Das ist doch in höchstem Maße Unfug.

Fragen nach der Geschichtlichkeit eines in der Bibel dokumentierten Ereignisses kann und darf man nicht mit aufgesetzter Glaubensbrille angehen (sog. spirituelle Sicht). Das ist für die neutestamentlichen Forscher eine pure Selbstverständlichkeit. Du scheinst das nicht wahr-
haben zu wollen. Du hast da wirklich ein echtes Problem...

Apropos Schlussfolgerungen.

Schlussfolgerungen aus den wissenschaftlichen Ergebnissen (hier:Jesu Irrtum) kann und darf jedermann ziehen - ganz wie es ihm beliebt...

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#294 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 19. Jul 2015, 23:48

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode ist eine wissenschaftliche Methode.
Darüber sind wir uns längst einig.

Münek hat geschrieben:dann kann man diesen Wissenschaftlern doch nicht "agnostische Schlussfolgerungen" unterstellen
Doch - scroll mal nach oben und schau Dir die kurze Diskussion mit Pluto an. - Da ist das eigentliche Problem angerissen.

Münek hat geschrieben:Fragen nach der Geschichtlichkeit eines in der Bibel dokumentierten Ereignisses kann und darf man nicht mit aufgesetzter Glaubensbrille angehen
Auch darüber sind wir uns längst einig - es geht um etwas anderes. - s.o.

Münek hat geschrieben:Schlussfolgerungen aus den wissenschaftlichen Ergebnissen (hier:Jesu Irrtum) kann und darf jedermann ziehen - ganz wie es ihm beliebt...
Natürlich DARF man das. - Aber nicht jede Schlussfolgerung aus wissenschaftlichen Beobachtungen ist eine wissenschaftliche Schlussfolgerung - da ist doch gerade Knackpunkt.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#295 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 20. Jul 2015, 01:10

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Schlussfolgerungen aus den wissenschaftlichen Ergebnissen (hier:Jesu Irrtum) kann und darf jedermann ziehen - ganz wie es ihm beliebt...
Natürlich DARF man das. - [b[Aber nicht jede Schlussfolgerung aus wissenschaftlichen Beobachtungen ist eine wissenschaftliche Schlussfolgerung - da ist doch gerade Knackpunkt.[/b]

Da gibt es keinen Knackpunkt.

Wenn ich aus wissenschaftlichen Ergebnissen bestimmte Schlussfolgerungen ziehe, dann müssen diese
doch nicht wissenschaftlich sein. Wie kommst Du denn auf den Blödsinn?

Wenn ich mich dem wissenschaftlichen Ergebnis allerdings anschließe und es 1:1 so weitergebe, bleibt
der wissenschaftliche Status der Aussage selbstredend unberührt. Wir haben hier im Thread viele Theo-
logen mit ihren in der Öffentlichkeit abgegebenen, unmissverständlichen Feststellungen zu Jesu Irrtum
wörtlich zitiert. Das waren klare, knallharte Ansagen...

Zu diesem wissenschaftlichen Konsens in der Jesusforschung konntest Du nicht eine Gegenstimme aus dem
Theologenlager präsentieren. Nicht eine! Warum steigst Du nicht ab von Deinem Pferd - es ist mausetot?!

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#296 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Mo 20. Jul 2015, 06:23

closs hat geschrieben: Das Zitieren von irgendwelchen theologischen Schulen, die gerade mal obenauf sind, halte ich wenig - dieses Testimonial-Gerammel bringt nichts. - Man muss auch mal selber nachdenken.
Der war gut. :lol: Seit 2000 Jahren hat die Kirche ein Nachdenk-Dogma. :lol:


closs hat geschrieben: Trotzdem sollte man unsere ausgebildeten Theologen nicht für dumm verkaufen. - Ich habe in den letzten Monaten mit bestimmt 5 verschiedenen Theologen (katholisch wie evangelisch) gesprochen - ihnen war das Parusie-Problem allesamt bekannt, weil es offensichtlich Studien-Standard ist. - Noch mehr: Sie haben die handwerklichen Ergebnisse der HKM allesamt anerkannt - aber eben nicht die agnostischen Schlussfolgerungen daraus, weil diese diese nur bei entsprechender Weltanschauung zwingend sind. -
Innerhalb der Theologie schon, (siehe Lindemann), aber nicht gegenüber der Kundschaft.


closs hat geschrieben: Dieses Problem scheint seitens der christlichen Theologie tatsächlich gelöst zu sein - im Sinne von "interessant, aber nicht entscheidend".
Gelöst im Sinne von ignorieren oder negieren.

"SPIEGEL: Hat sich Jesus in der Erwartung geirrt, das Weltende und das Reich Gottes seien nahe? Es gibt Jesus-Worte, die dies vermuten lassen, das bekannteste findet sich im Markus-Evangelium Kapitel 9, Vers 1: "Unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes mit Macht gekommen ist."

Lindemann: Viele Exegeten lösen das Problem, indem sie Jesus diese Aussage absprechen. Dafür gibt es auch gute Argumente. Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen. Einer von beiden hat sich jedenfalls geirrt, Jesus oder Markus. Im Grunde ist das egal."

Quelle: Spiegel

Also man "löst" das Problem, indem man Jesus die Aussage abspricht.
Aber im Grunde ist es ja egal, ob Jesus sich geeirrt hat oder nicht. Also was machst du so einen Aufstand?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#297 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Mo 20. Jul 2015, 06:40

closs hat geschrieben:Doch - scroll mal nach oben und schau Dir die kurze Diskussion mit Pluto an. - Da ist das eigentliche Problem angerissen.
Das hier?
pluto hat geschrieben: Viele (die Meisten) Ergebnisse der HKM sind vermutlich richtig sollten auch für Theologen richtungweisend sein.

pluto hat geschrieben: Wissenschaftliche Erkenntnisse die nach der HKM gewonnen werden, lassen allerdings weit weniger Spielraum für "Interpretation" zu. Wenn etwas historisch/archäologisch einwandfrei festgestellt wurde, was gibt es da noch zu interpretieren?

Also da kann ich doch nur zustimmen. :thumbup:

Es scheint auch eine große Diskrepanz zu geben zwischen kirchlichen Dogmen und dem, was viele Theologen glauben.

"SPIEGEL: Dass die Jungfrauengeburt nicht historisch ist, ist feste protestantische Überzeugung. Wie äußern sich dazu heutzutage die katholischen Exegeten?

Lindemann: Nach meinem Eindruck halten nur wenige katholische Neutestamentler daran noch fest. Aber auch die anderen katholischen Kollegen tun sich hier schwer, denn es geht offenbar um ein zentrales Dogma ihrer Kirche. Deshalb breiten sie zwar alle Argumente aus, meiden aber ein klares Ja oder Nein, und einige schweigen sich in ihren populären Büchern zu diesem Thema aus. So gehen sie einem Konflikt mit Rom aus dem Wege und brauchen sich doch nicht wider besseres Wissen zu äußern."

Quelle: Spiegel

Das Thema vermeiden ist also die Devise, um nicht anzuecken.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#298 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 20. Jul 2015, 07:38

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit der Präsentation von Belegen scheinst Du überhaupt die allergrößten Schwierigkeiten zu haben.

Das Zitieren von irgendwelchen theologischen Schulen, die gerade mal obenauf sind, halte ich wenig - dieses Testimonial-Gerammel bringt nichts. - Man muss auch mal selber nachdenken.

In Fachfragen sollte man sich als Laie mangels Kompetenz ein wenig zurückhalten. ;)

Und wenn Du Behauptungen in die Welt setzt, dann solltest Du diese redlicherweise auch
belegen können. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein...

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#299 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Queequeg » Mo 20. Jul 2015, 09:39

closs hat geschrieben:
Trotzdem sollte man unsere ausgebildeten Theologen nicht für dumm verkaufen. - Ich habe in den letzten Monaten mit bestimmt 5 verschiedenen Theologen (katholisch wie evangelisch) gesprochen - ihnen war das Parusie-Problem allesamt bekannt, weil es offensichtlich Studien-Standard ist. - Noch mehr: Sie haben die handwerklichen Ergebnisse der HKM allesamt anerkannt - aber eben nicht die agnostischen Schlussfolgerungen daraus, weil diese diese nur bei entsprechender Weltanschauung zwingend sind. - Dieses Problem scheint seitens der christlichen Theologie tatsächlich gelöst zu sein - im Sinne von "interessant, aber nicht entscheidend".

Ausgebildete Theologen, also. Wir alle kennen dann oft einen Menschen, der noch viel dicker, oder dünner ist als wir selbst.
(Das darf geistig, oder auch geistlich gedeutet werden.)

Auch diese Leute, oder gerade diese Leute sind vor (religiösen) Dünkel und (konfessionellen) Eitelkeiten nicht unbedingt gefeit. Schauen wir uns einmal an, was ein ausgebildeter Theologe allerhöchster Provenienz dazu schreibt.

“Aus scheinbaren Ergebnissen der wissenschaftlichen Exegese sind die schlimmsten Bücher der Zerstörung der Gestalt Jesu, der Demontage des Glaubens geflochten worden”

Das entstammet der Feder des Papstes Benedikt XVI., im irdischen Jammertal und von verbösten Unkatholiken auch als Joseph Ratzinger benamet. Übrigens zitiert aus seinem oft beschmunzelten Buch: Jesus von Nazareth, S. 64.


Ist das präventive Erblinden gegenüber der HKM, also der dienstbaren Theologen im Amt und Brot der Konfessionen stehend, ist also das, sagen wir gefällige Schriftgut der theologen Brotschreiber nicht mit einem Strohhalm zu vergleichen, mit dem die Ertrinkenden (Theologen gewisser Dienstbarkeiten) eine Bastion zu behaupten versuchen, die schon lange gefallen war.

Übrigens, einer der letzten Deisten (wenn auch mit einer lustigen Jakobinermütze auf seinem gramgebeugten Haupt), der auf den rauchenden Trümmern der Anti-HKM'ler immer noch tapfer "Sieg" schreit, das scheint unser lieber closs zu sein.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#300 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » Mo 20. Jul 2015, 10:01

Queequeg hat geschrieben:Auch diese Leute, oder gerade diese Leute sind vor (religiösen) Dünkel und (konfessionellen) Eitelkeiten nicht unbedingt gefeit. Schauen wir uns einmal an, was ein ausgebildeter Theologe allerhöchster Provenienz dazu schreibt.
Eine Frage:
Hältst du dich von Vorurteile, und Eitelkeiten denn befreit?

Queequeg hat geschrieben:“Aus scheinbaren Ergebnissen der wissenschaftlichen Exegese sind die schlimmsten Bücher der Zerstörung der Gestalt Jesu, der Demontage des Glaubens geflochten worden”

Das entstammet der Feder des Papstes Benedikt XVI.,
JA. Und was genau soll daran falsch sein?


Queequeg hat geschrieben:Übrigens, einer der letzten Deisten (wenn auch mit einer lustigen Jakobinermütze auf seinem gramgebeugten Haupt), der auf den rauchenden Trümmern der Anti-HKM'ler immer noch tapfer "Sieg" schreit, das scheint unser lieber closs zu sein.
Könntest du bitte diese polemischen persönlichen Aggressionen unterlassen?

Sachlichkeit im Gespräch ist auch eine Tugend.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten