Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

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Scrypt0n
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#241 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Fr 17. Jul 2015, 17:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Konstellationen können aber auch nur erdachte Konstrukte sein.
Der Unterschied zwischen "er-funden" und "ge-funden" ist leider nicht mit säkularen Mitteln (mit historisch-kritischen Mitteln eh nicht) beschreibbar
Die Wahrscheinlichkeiten für die eine oder andere aber durchaus - und zwar auch OHNE willkürlichen Glaubensdogmen. Bringt man letztere ins Spiel kann das nur in Zirkelschlüsse enden.

closs hat geschrieben:Geistige Dinge dagegen sind generell nicht falsifizierbar - man kapiert oder nicht.
Falsch.
Man besitzt diesen oder jenen Wahn (= Glaubensdogmen) - oder nicht.

So ist es richtig. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Denkt man daran, daß die Bergpredigt nicht von Jesus ist, sondern eine Eigenkomposition von Matthäus, dann ist das gar nicht so weit her geholt.
Auch das ist nicht falsifizierbar
Falsch.
Vieles ist durch die Geschichtswissenschaft selbstverständlich auch dann falsifizierbar, unabhängig davon ob es Vergangenes Betrift.
Niedliche Ausrede aber.

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Scrypt0n
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#242 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Fr 17. Jul 2015, 17:05

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Spiritualität ist überhaupt nicht überprüfbar, weder weltlich noch spirituell.
Intersubjektiv nicht
Auch unabhängig davon nicht - nur mit willkürlichen subjektiven Glaubensdogmen, aber das entspricht keiner "Überprüfung".
In keinster Weise.

closs
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#243 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Fr 17. Jul 2015, 17:07

Scrypt0n hat geschrieben: aber das entspricht keiner "Überprüfung". In keinster Weise.
Korrekt: Geist ist nicht beweisbar, sondern erkennt sich gegenseitig (nach Chr. M. Wieland)

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Scrypt0n
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#244 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Fr 17. Jul 2015, 17:07

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben: aber das entspricht keiner "Überprüfung". In keinster Weise.
Korrekt: Geist ist nicht beweisbar, sondern
... erfunden... :D

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sven23
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#245 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Fr 17. Jul 2015, 19:03

closs hat geschrieben: "Wer ist Conzelmann, dass man ihn als maßstäblich verstehen dürfte".
Ein angesehener Theologe, der ein wahres Wort gelassen ausspricht. ;)

closs hat geschrieben: Die Leute sind nicht so dumm, wie es immer unterstellt wird. - Sie benutzen zwar nicht das Wort "Chiffre", aber sie "wissen", dass die erzählten Geschichten für einen Inhalt stehen, egal ob neben der Krippe eine Dattelpalme oder eine Fichte steht. - Insofern sind Erkenntnisse innerhalb der HKM nicht bedrohlich.
Dann sollte man ihnen auch die Wahrheit zumuten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#246 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Fr 17. Jul 2015, 20:55

sven23 hat geschrieben:Dann sollte man ihnen auch die Wahrheit zumuten.
Das meine ich mit "Ideologie": Du meinst, dass die Linie Conzelmann/Kubitza für die "Wahrheit" steht. - Dass es sich lediglich um historische Aspekte handeln könnte, die substantiell am Christentum nichts verändern: darauf kommst Du nicht. - Wir haben es immer noch nicht geschafft, Wissenschaft und Weltanschauung zu trennen.

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sven23
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#247 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Sa 18. Jul 2015, 09:30

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann sollte man ihnen auch die Wahrheit zumuten.
Das meine ich mit "Ideologie": Du meinst, dass die Linie Conzelmann/Kubitza für die "Wahrheit" steht. - Dass es sich lediglich um historische Aspekte handeln könnte, die substantiell am Christentum nichts verändern: darauf kommst Du nicht. - Wir haben es immer noch nicht geschafft, Wissenschaft und Weltanschauung zu trennen.

Daß die Erkenntnisse der HKM nichts am Christentum verändern könnten, ist ja schon mal die größte Ideologie, mit der man sein Glaubensbild immunisieren will. Wie gesagt: wenn die Bergpredigt das geistige Eigentum von Matthäus ist, mußt du ihn anbeten und nicht Jesus, der nur ein einfacher Wanderprediger war und das baldige Kommen des Gottesreiches verkündete.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#248 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Sa 18. Jul 2015, 10:35

sven23 hat geschrieben:Daß die Erkenntnisse der HKM nichts am Christentum verändern könnten, ist ja schon mal die größte Ideologie, mit der man sein Glaubensbild immunisieren will.
Nein - es ist der Versuch zu vermitteln, dass historisch-kritische und geistige Ebene prinzipiell nicht interferieren.

sven23 hat geschrieben: wenn die Bergpredigt das geistige Eigentum von Matthäus ist, mußt du ihn anbeten und nicht Jesus
Wir sind hier nicht auf dem europäischen Patentamt. - Selbst wenn Matthäus im Geist des NT die Bergpredigt formuliert hätte, wäre es eine NT-Aussage - oder kennst Du AT-Aussagen, die den damit verbundenen geistigen Paradigmen-Wechsel machen?

sven23 hat geschrieben:Jesus, der nur ein einfacher Wanderprediger war
Das wird nicht bestritten - Jesus wanderte und predigte und war schon aus programmatischen Gründen einfach - und andere Prediger gab es auch. - Ich kann nicht erkennen, welche Schlussfolgerungen man hieraus ziehen könnte, die irgendwie neu wären.

sven23 hat geschrieben: und das baldige Kommen des Gottesreiches verkündete.
Der Kontext des AT und die Botschaft des NT legen insgesamt nah, dass mit diesem nahen Gottesreich ein inneres Gottesreich gemeint war (siehe: Paradigmenwechsel). - Es ist aus meiner Sicht unredlich (um dieses eingeführte Wort wieder einmal zu bemühen), wenn man den Eindruck erweckt, es sei historisch nachgewiesen, es habe sich dabei um eine äußere Naherwartung gehandelt - über die Differenzierung zwischen Aussage des Autors und Rezeption der Schreiber haben wir ausführlich gesprochen.

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#249 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Sa 18. Jul 2015, 10:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Konstellationen können aber auch nur erdachte Konstrukte sein.
Der Unterschied zwischen "er-funden" und "ge-funden" ist leider nicht mit säkularen Mitteln (mit historisch-kritischen Mitteln eh nicht) beschreibbar
Die Wahrscheinlichkeiten für die eine oder andere aber durchaus - und zwar auch OHNE willkürlichen Glaubensdogmen. Bringt man letztere ins Spiel kann das nur in Zirkelschlüsse enden.

closs hat geschrieben:Geistige Dinge dagegen sind generell nicht falsifizierbar - man kapiert oder nicht.
Falsch.
Man besitzt diesen oder jenen Wahn (= Glaubensdogmen) - oder nicht.

So ist es richtig. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Denkt man daran, daß die Bergpredigt nicht von Jesus ist, sondern eine Eigenkomposition von Matthäus, dann ist das gar nicht so weit her geholt.
Auch das ist nicht falsifizierbar
Falsch.
Vieles ist durch die Geschichtswissenschaft selbstverständlich auch dann falsifizierbar, unabhängig davon ob es Vergangenes Betrift.
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sven23
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#250 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Sa 18. Jul 2015, 11:27

closs hat geschrieben:Nein - es ist der Versuch zu vermitteln, dass historisch-kritische und geistige Ebene prinzipiell nicht interferieren.
Du verstehst nicht. Wenn die HKM die Basis der "geistigen" Erkenntnisse als faules Fundement entlarvt, dann muß das unweigerlich auch Konsequenzen haben. Oder man immuniseriert sich wie Lindemann: es ist egal, ob Jesus der Sohn Gottes war oder nicht.
Du könntest auch sagen: meinen Glauben an die Homöopathie laß ich mir doch nicht durch Doppelblindstudien kaputt machen. :lol:

closs hat geschrieben: Wir sind hier nicht auf dem europäischen Patentamt. - Selbst wenn Matthäus im Geist des NT die Bergpredigt formuliert hätte, wäre es eine NT-Aussage - oder kennst Du AT-Aussagen, die den damit verbundenen geistigen Paradigmen-Wechsel machen?
Es geht um geistige Urheberschaft. Wenn man den unbedeutenden Wanderprediger Jesus dazu instrumentalisiert hat, um eine neue Relgion zu etablieren und das meiste ihm in den Mund gelegt wurde, dann muß das aufhorchen lassen.
Es ist, wie im Lüdemann Interview gesagt wird: die historisch kritische Methode hat in den letzten 250 Jahren eine christliche Kernsaussage nach der anderen gefressen. Das nehmen ihr viele übel.

closs hat geschrieben: Das wird nicht bestritten - Jesus wanderte und predigte und war schon aus programmatischen Gründen einfach - und andere Prediger gab es auch. - Ich kann nicht erkennen, welche Schlussfolgerungen man hieraus ziehen könnte, die irgendwie neu wären..
Stimmt, neu sind sie nicht. Seit über 100 Jahren ist das innere Gottesreich, als das Gottesreich, das Jesus verkündete, passe.

closs hat geschrieben: Es ist aus meiner Sicht unredlich (um dieses eingeführte Wort wieder einmal zu bemühen), wenn man den Eindruck erweckt, es sei historisch nachgewiesen, es habe sich dabei um eine äußere Naherwartung gehandelt - über die Differenzierung zwischen Aussage des Autors und Rezeption der Schreiber haben wir ausführlich gesprochen.
Siehe oben.
Dann wäre es auch unredlich, wenn die Kirche die Bergpredigt als originär von Jesus verkündet.
Die Evangelien wurden nicht von Aposteln oder Jüngern geschrieben sondern unter pseudoepigrafischen Namen. Die Berpredigt Jesu wäre demnach eine pseudoepigrafische Erzählung des Schreibers, der später von der Kirche als Matthäus bezeichnet wurde.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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