Parusieverzögerung III

Themen des Neuen Testaments
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#411 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 11:16

sven23 hat geschrieben:Dabei ist sie doch eine Teildisziplin und ergänzt diese.
NEIN - das ist ein Treppenwitz.

Dass Hermeneutik auch in der HKM verwendet werden kann, ist unbestritten. Aber sie ist keine Teildisziplin davon, sondern HKM ist umgekehrt EIN Bereich, in dem Hermeneutik anwendbar ist. - Da versucht wieder mal jemand, mit dem Schwanz mit dem Hund zu wackeln. - Allerdings: "Hermeneutik" ist ein sehr unterschiedlich definierter Begriff, weshalb ich immer von "Hermeneutik" im Sinne von Friedrich Ast spreche.

sven23 hat geschrieben:Die HKM ist die umfassendere Methode, weil sie Texte unter allen möglichen Aspekten untersucht.
Wenn Du - ganz ohne Texte - eine Frau kennenlernst und mit ihr 50 Jahre lebst, sind diese 50 Jahre ebenfalls ein hermeneutischer Prozess. - Du gehst von einer verengten Definition von "Hermeneutik" aus.

Natürlich kann man "Hermeneutik" enger definieren (man kann alles). - Aber dann sollte man die Grundidee der Hermeneutik verstanden haben - hier ein textlicher Versuch zum Verständnis:

Nach Ast gelte es, „aus dem Einzelnen den Geist des Ganzen zu finden und durch das Ganze das Einzelne zu begreifen; jenes die analytische, diese die synthetische Methode der Erkenntnis.“[36] Nach Ast ist der Geist des Ganzen in jedem einzelnen Element repräsentiert. Die Idee des Ganzen werde nicht erst durch die Zusammensetzung aller seiner einzelnen Elemente geweckt, sondern schon „mit der Auffassung der ersten Einzelnheit“.[37] Das Verstehen und Erklären eines Werkes sei „ein wahrhaftes Reproduzieren oder Nachbilden des schon Gebildeten.“ (wik)

Wenn ich hier von "Hermeneutik" spreche, dann in diesem Sinne - andere Definitionen mag es gehen, mögen sogar zur Zeit mehr im Vordergrund stehen, aber es geht hier um Inhalte und nicht um "wer hat den längsten".

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#412 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 12. Jul 2015, 11:18

clausadi hat geschrieben: Wieso geirrt? Er kommt ja bald, nur dass vorher der Gesetzlose, der Sohn des Verderbens, enthüllt werden wird.
Nur daß das "bald" schon 2000 Jahre dauert. Und auch die nächsten 2000 Jahre werden ergebnislos verstreichen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#413 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 11:21

closs hat geschrieben: Der Hammer-Fehler von Kubitza scheint darin zu bestehen, dass er meint, diese Naherwartung Jesu sei eine äußere gewesen. - Er versteht das innere Gottesreich und die Wiederkunft Jesu laut Offenbarung offenbar als ein und dasselbe Ereignis. - Wenn man DAS glaubt, kann man Unsäglichstes daraus schlussfolgern. - Das grenzt dann an Kabarett.

Kubitza gibt lediglich den aktuellen Stand der neutestamentlichen Forschung wieder.

Benutzeravatar
clausadi
Beiträge: 1251
Registriert: Fr 29. Mai 2015, 14:49
Wohnort: Ahnatal bei Kassel

#414 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von clausadi » So 12. Jul 2015, 11:26

sven23 hat geschrieben:
clausadi hat geschrieben: Wieso geirrt? Er kommt ja bald, nur dass vorher der Gesetzlose, der Sohn des Verderbens, enthüllt werden wird.
Nur daß das "bald" schon 2000 Jahre dauert. Und auch die nächsten 2000 Jahre werden ergebnislos verstreichen.
Ja, und ...???

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#415 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 12. Jul 2015, 11:27

closs hat geschrieben: Nach Ast gelte es, „aus dem Einzelnen den Geist des Ganzen zu finden und durch das Ganze das Einzelne zu begreifen; jenes die analytische, diese die synthetische Methode der Erkenntnis.“[36] Nach Ast ist der Geist des Ganzen in jedem einzelnen Element repräsentiert. Die Idee des Ganzen werde nicht erst durch die Zusammensetzung aller seiner einzelnen Elemente geweckt, sondern schon „mit der Auffassung der ersten Einzelnheit“.[37] Das Verstehen und Erklären eines Werkes sei „ein wahrhaftes Reproduzieren oder Nachbilden des schon Gebildeten.“ (wik)
Das kennt man auch unter "pars pro totum", setzt aber voraus, daß es diese in sich schlüssige Ganzheit gibt, die sich aus kongruenten Einzelteilen zusammensetzt.
Bei der Bibel hat man es aber mit so vielen Widersprüchen und auch Fehlern zu tun, daß dieses Prinzip schnell hinten runter fällt. Sie ist nun mal ein zusammengestückeltes Konglomerat.
Manchmal habe ich den Eindruck, der Theologensprech ist nur deshalb entwickelt worden, um diese Fehler und Widersprüche glatt zu bügeln. ;)
Mit anderen Worten: es gibt keine der HKM ebenbürtige Methode, um sich die Texte der Bibel im historischen Konext zu erschließen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#416 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 12. Jul 2015, 11:27

clausadi hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
clausadi hat geschrieben: Wieso geirrt? Er kommt ja bald, nur dass vorher der Gesetzlose, der Sohn des Verderbens, enthüllt werden wird.
Nur daß das "bald" schon 2000 Jahre dauert. Und auch die nächsten 2000 Jahre werden ergebnislos verstreichen.
Ja, und ...???
Jesus hat sich geirrt, nicht mehr und nicht weniger.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Martinus
Beiträge: 3059
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:17
Wohnort: Kasane

#417 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Martinus » So 12. Jul 2015, 11:28

sven23 hat geschrieben:. Und auch die nächsten 2000 Jahre werden ergebnislos verstreichen.

Ein Prophet :o ..... Ein Prophet in 4Religion :clap:
Angelas Zeugen wissen was!

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#418 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 12. Jul 2015, 11:30

Martinus hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Und auch die nächsten 2000 Jahre werden ergebnislos verstreichen.

Ein Prophet :o ..... Ein Prophet in 4Religion :clap:
Ich glaube, dafür muß man kein Prophet sein. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#419 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 11:33

sven23 hat geschrieben: Es ist aber nicht das äußere, ereignishafte Gottesreich, das mit Pauken und Trompeten daherkommt.
Stimmt - und da geht eben einiges in den Texten und vor allem deren Interpretation durcheinander.

Wir haben
* inneres Reich
* äußeres Reich (Offb)
* Bezug auf Pfingsten
* Bezug auf Verklärung
* Bezug auf Auferstehung
* etc.

Diese Bezugspunkte werden munter durcheinander-gewürfelt - und zwar nicht nur von uns heute, sondern offensichtlich auch innerhalb mancher Bibel-Texte (Stichwort: äußere Naherwartung der Generation Jesu und danach).

Es sagt doch keiner, dass das nicht kompliziert und zum Teil widersprüchlich wäre. - Das berechtigt aber nicht dazu, mit einem dumpfen Wumms diese Fragen dadurch zu "klären", dass man sagt, Jesus selbst habe eine Naherwartung gehabt. (siehe Alexander und gordischer Knoten).

sven23 hat geschrieben:Selbst Rahner, Bultmann und viele andere Gläubige geben dies zu.
WENN es so ist (dazu müßte man tiefer bei Rahner und Bultmann reingehen - EIN Zitat reicht da nicht), ist das deren Problem.

sven23 hat geschrieben:Das ist selbstverständlich alles Gegenstand von Untersuchung.
Das ist ganz und gar nicht ersichtlich. - Da würde ich mal eine Ausarbeitung liebendgerne sehen - wie man das begründen will, OHNE selber dogmatisch zu sein.

sven23 hat geschrieben:Das zeigt mir, daß du dich noch nie wirklich mit historisch-kritischen Arbeiten beschäftigt hast.
Genau das Gegenteil ist der Fall: Gerade weil ich mich zu anderen Zeiten damit beschäftigt habe, bin ich irritiert.

sven23 hat geschrieben: Das macht ihn nicht satt.
Natürlich nicht - aber für einen Nicht-Satten ist es ein Unterschied, ob er um das innere Reich weiss oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Der Papst sagte es doch gerade auf seiner Reise durch Südamerika: eine Entwicklung, die nicht die Schwächsten mit einschließt, taugt nichts.
Eine tief christliche Haltung.

sven23 hat geschrieben:Genau so sieht es die NT-Forschung
Dass man es bei entsprechendem Ansatz so sehen kann, ist ja nicht in Abrede gestellt. Die Gegenposition ist jedoch wissenschaftlich genauso begründbar zu vertreten.

sven23 hat geschrieben:Das muß man unter Parusieverzögerung subsummieren.
Und andere "müssen" halt stärker miteinbeziehen, dass Jünger und SChreiber aus ihrer AT-Geprägtheit das NT-Gerede Jesu nicht verstehen konnten und deshalb dementsprechend rezipiert und somit geschrieben haben. - Je nach (wissenschaftlicher) Perspektive "muss" :devil: man das eine oder das andere stärker betonen.

sven23 hat geschrieben:Daß es eine äußere Naherwartung war, hat sie doch sauber herausgearbeitet.
Dazu braucht es keinen Kubitza - das sagt die (kirchliche) Theologie schon vor Kubitza. - Es ist aber doch ein Unterschied, ob die eigene Naherwartung des Volkes begründet ist durch Jesu eigener Naherwartung oder durch falsche Rezeption Jesu Reden.

Wo und wie diskutiert dies Kubitza? - Wo und wie diskutiert er den Unterschied zwischen "innerem Reich" und "Wiederkunft Jesu"?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#420 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 11:47

sven23 hat geschrieben:Das kennt man auch unter "pars pro totum", setzt aber voraus, daß es diese in sich schlüssige Ganzheit gibt
Prinzipiell richtig.

Aber diese Schlüssigkeit ist keine hkM-Schlüssigkeit, da diese Schlüssigkeit eine geistige Schlüssigkeit auf verschiedensten Ebenen und unter verschiedensten Perspektiven ist.

"Pars pro toto" ist auch nur halb richtig, da das eine (hkM-gefällige) Linearität voraussetzt, die es gerade NICHT gibt - hier geht es um dialektische Prozesse auf verschiedensten Levels.

sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: es gibt keine der HKM ebenbürtige Methode, um sich die Texte der Bibel im historischen Konext zu erschließen.
Das geht nur unter naivsten Voraussetzungen, die es nicht gibt. - Deshalb ist dieser Satz eben gerade falsch. - Man kann nicht den Level solange senken, bis er hkM-konform ist.

clausadi hat geschrieben: Er kommt ja bald, nur dass vorher der Gesetzlose, der Sohn des Verderbens, enthüllt werden wird.
Das ist genau die Ebene, auf der man zu Recht einem hkM-Agnostiker ins Messer läuft.

Münek hat geschrieben:Kubitza gibt lediglich den aktuellen Stand der neutestamentlichen Forschung wieder.
Wenn das stimmt, kann man das als Beschreibung eines Status Quo stehenlassen. - Wobei ich nach wie vor nicht verstehe, wo sich da die theologische neutestamentarische Forschung versteckt hält.

Antworten