Parusieverzögerung III

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Münek
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#371 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Sa 11. Jul 2015, 02:08

Halman hat geschrieben: Gem. eurer Interpretation müsste man eigentlich innerbiblische Spannungen oder Widersprüche konstatieren. Die Bibel fällt sich sogesehen gewissermaßen selbst ins Wort. Horch man in diesem innerbiblischen Dialog hinein, kann man durchhaus zu dem Fazit einer Stehtserwartung gelangen.

Sorry, mein lieber Halman,

die Naherwartung (Jesus = Reich Gottes, Urchristen = Parusie des Menschensohnes) durchzieht wie ein
roter Faden die gesamte neutestamentliche Literatur. Das ist eine Tatsache. Man muss diese Schriften
halt mal ohne Vorurteile und Glaubensbrille lesen...Zu diesem Schritt sind Gläubige nicht bereit.

Ich appelliere hier immer wieder an die Ehrlichkeit. Aber diese wird auf dem "Altar des Glaubens" geopfert...Schwach...

closs
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#372 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Sa 11. Jul 2015, 02:21

Münek hat geschrieben:Du magst ja Dein eigenes Modell haben.
Die hkM ist ebenfalls ein eigenes (begrenztes) Modell.

Münek hat geschrieben:ich finde es überhaupt nicht gut, wenn Du hier "aus Deiner Erinnerung" Dinge behauptest, die einfach nicht den Tatsachen entsprechen.
Substantiell haben Foristen (Savonnlinna?) von gegenteiligen Aussagen seitens Rahner und Kasper gesprochen, die ihnen/ihr bekannt sind. - Ich meine, dass da auch Zitate dabei waren, weiss es aber nicht mehr genau, weil ich mir 300 Seiten Austausch nicht merken kann. - Ich unterstelle anderen Foristen nicht, dass sie so etwas erfinden - zumal ich wirklich meine, dass dabei Zitate oder zumindest konkrete Umschreibungen von Zitaten im Spiel waren. - Kommt eine Aussage erst dann bei Dir an, wenn sie konkret zitiert wird? Eine Inhaltsbeschreibung kann doch auch schon nachdenklich machen - oder nicht?

Münek hat geschrieben:Der gläubige Theologe Lindemann hat mit den Ergebnissen der historisch-kritischen Exegese keine Schwierigkeiten.
Ja - weil er sie in ihrer Begrenztheit von seinem Glaubens-Bild trennt. - Im Grunde sagt Lindemann sinngemäß: "Fokussiert man exklusiv im Sinne der hkM, kann das rauskommen, was Kubitza sagt".

Münek hat geschrieben:Wieso tust Du Dich mit den Resultaten der theologischen Wissenschaft so unendlich schwer?
Weil es ein zeitgenössisches Schlaglicht ist, das schon morgen erloschen sein kann. - Es ist eine periphere Erscheinung im Gesamtkontext der Bibel.

Man müsste nur das Motiv des Paradigmen-Wechsels zwischen AT und NT thematisieren und würde dann diskutieren müssen, ob die Schreiber überhaupt die NT-Message Jesu verstanden haben. - Das tut man offensichtlich nicht, weil man methodisch korrekt sagt: "Wir müssen die Aussagen der Schreiber zur Grundlage nehmen, weil wir sonst nichts haben. Wir können also nicht überprüfen, ob die Schreiber falsch rezipiert haben, weil wir keine textlichen Korrektive haben. Also müssen wir setzen, dass die SChreiber authentisch in Bezug auf Jesu Aussagen schreiben, weil wir sonst erst gar nicht anfangen können". - Und schon sitzt man in der Falle.

Ungeachtet dessen finde ich es schockierend, dass man Jesu Aussage des nahen Gottesreichs äußerlich interpretiert - als wäre die Rede davon, dass Jesus innerhalb einiger Jahrzehnte als irdischer Herrscher die Macht auf Erden übernähme. - Tut man das, muss man sich nicht wundern, wenn Entsprechendes dabei herauskommt. - Zweite Falle.

Zur Ehrenrettung der hkM (WENN das Forschungsbild der hkM wirklich so homogen ist, wie Du es darstellst): Nimmt man die Perspektive ein ...

* Wir interpretieren die Schriften als inhaltlich übereinstimmend mit dem, was Jesus gemeint hat.
* Wir interpretieren den Begriff "nahes Gottesreich" äußerlich

... kann man zu Kubitzas Ergebnis kommen. - Die Frage, welchen Stellenwert eine solche Perspektive innerhalb der gesamten Bibel-Forschung spielen kann, ist damit jedoch nicht beantwortet.

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Münek
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#373 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Sa 11. Jul 2015, 03:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Johannes der Täufer und in seiner Nachfolge auch Jesus von Nazareth erwarteten, dass Gott persönlich seine Herrschaft hier auf Erden in naher Zukunft antreten wird.
Das ist ein belegbarer Glaubens-Satz. - Mein belegbarer Glaube ist ein anderer.

Das wissen wir schon lange, lieber Kurt. Jedem Tierchen... :)

Ich argumentiere hier im Forum völlig frei von Wunschvorstellungen möglichst sachlich auf der Grundlage
der Schriften des "Neuen Testaments"
. Persönliche Gaubensvorstellungen können und dürfen bei der "Ehr-
lichkeitsfrage
" keine Rolle spielen. Sonst ist der Beliebigkeit Tor und Tür geöffnet. Da hilft auch die sog.
"Unterscheidung der Geister" keinen Millimeter weiter...

Entscheidend ist: Was hat Jesus verkündigt und gewollt?

Die neutestamentliche Forschung hat hier eindeutige Antworten geliefert und renommierte Theologen wie
Bultmann, Rahner, Küng u.a. haben hier klar und deutlich in aller Ehrlichkeit konstatiert:

Jesus hat sich in seiner Naherwartung geirrt.

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Münek
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#374 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Sa 11. Jul 2015, 03:18

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Rahner, Bultmann, Küng, Lindemann (siehe SPIEGEL-Interview) sind bzw. waren tiefgläubige Christen.
Erstens: Das "sind bzw. waren" ist eine wichtige Differenzierung.

Zweitens: Das Spiegel-Interview hat mich anfangs verwirrt - inzwischen meine ich:

Gerade bei Lindemann scheint das Problem, das ich meine, deutlich zu werden. Denn er stimmt den Ergebnissen der hkM in deren Rahmen einerseits zu - andererseits lehnt er sie in seinem Glaubens-Rahmen ab.

Unsinn,

Lindemann lehnt die Ergebnisse der neutestamentlichen Forschung überhaupt nicht ab. Im Gegenteil.
Er vertritt sie. Er integriert sie jedoch in seinen Glauben.

Damit hat dieser Theologieprofessor ganz offensichtlich weniger Schwierigkeiten als Du, scheint mir... :)

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Münek
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#375 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Sa 11. Jul 2015, 03:41

closs hat geschrieben:Ungeachtet dessen finde ich es schockierend, dass man Jesu Aussage des nahen Gottesreichs äußerlich interpretiert - als wäre die Rede davon, dass Jesus innerhalb einiger Jahrzehnte als irdischer Herrscher die Macht auf Erden übernähme.

Selbstverständlich darfst Du Dich selbst belügen...suum cuique...

Klopp die Bibel mit ihren merkwürdigen Aussagen einfach in die Tonne; die taugt doch offen-
sichtlich nichts, weil den Autoren der "geistige Durchblick" fehlte, den allein Du besitzt... :thumbup:

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sven23
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#376 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » Sa 11. Jul 2015, 07:36

closs hat geschrieben:Es scheint nicht vermittelbar zu sein, dass Ergebnisoffenheit nur INNERHALB des Systems stattfindet, aus dem heraus sie postuliert wird.
Mit System meinst du wohl wissenschaftliche Methodik. Das ist aber immer noch 1000 mal besser, als ein reines Glaubenssystem, um sich dem zu nähern, was "der Fall" ist.
Du hast es ja selbst bewiesen, indem du die HKM ablehntest, weil dir die Ergebnisse nicht gefallen. So kann man natürlich nicht vorgehen.

closs hat geschrieben: Da bist Du gar nicht weit weg von der Wahrheit: "Kugelform" ist eine Aussage aus der naturalistischen Sichtweise. - Wenn man spirituell vom Irdischen spricht, meint man nicht rund oder eben, sondern bezieht sich auf Begriffe der menschlichen Verwirklichung.
Warum tun sich manche bis heute so schwer damit zu sagen, daß die Erde eine Kugel ist und nicht im Zentrum des Sonnensystems, geschweige denn des Universums ist? Hat das ideologische Gründe? :roll:

closs hat geschrieben: Für einen Kannibalen ist ein Mensch ein Nahrungsmittel. -
Nicht nur, es gab auch die spirituelle/rituelle Tötung und Verspeisung von Feinden.

closs hat geschrieben: Unter dem Aspekt: Wie sieht die nicht-geistige Welt das Christentum kann man das sicherlich auch in Schulen besprechen - aber nicht im Religions-Unterricht, sondern im kultur-geschichtlichen oder historischen Kontext.
Hauptsache, es würde überhaupt vermittelt. Ich bin weder in der Schule noch in der Kirche damit jemals in Berührung gekommen. Erst die Beschäftigung mit dem Thema hat mir sozusagen die Augen geöffnet. Aber davor fürchtet man sich in der Kirche - wohl zu Recht, wie Conzelmann sagt:
"Die Kirche lebt praktisch davon, daß die Ergebnisse der wissenschaftlichen Leben-Jesu-Forschung in ihr nicht publik sind."

closs hat geschrieben: Naja - wenn Gott/Jesus auf einer Wolke herunterfährt und die jetztigen Machthaber wegputscht, ist das schon von dieser Welt. - Dann ist halt nicht Pilatus der Chef, sondern Jesus - oder wie stellst Du Dir Deine Version praktisch vor?
Wenn Gott auf einer Wolke herabfährt oder wie auch immer, wäre das naturalistisch nicht erklärbar und damit nicht "von dieser Welt".
IMO hat man auch gerade aus diesem Grund die umstrittene Offenbarung in den biblischen Kanon aufgenommen, um mehr Pep und Action rein zu bekommen. Von einem inneren Gottesreich, von dem man nicht mal merkt, daß es kommt, ließen sich wohl die meisten nicht vom Hocker reißen.

closs hat geschrieben: Das war ja nie geplant - Jesus ging es darum, dass das Gottesreich nahe ist.
Laut Jesus (und vor ihm auch Johannes dem Täufer) war es sehr nahe. Die Aussicht auf große Umwälzungen war doch gerade der Köder für die Unzufriedenen. Die wohlhabende Oberschicht hatte aus nachvollziehbaren Gründen kein Interesse an Umwälzung und Veränderung.
Wenn man verstehen will, muß man auch den historischen Kontext und die Lebensumstände berücksichtigen.
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 11. Jul 2015, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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sven23
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#377 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » Sa 11. Jul 2015, 07:52

closs hat geschrieben: Doch - oder meinst Du, Jesus will Schoppen trinken im äußeren Gottesreich auf Erden?

Warum nicht, immerhin bezeichneten einige Zeitgenossen Jesus als Säufer. :lol:
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 11. Jul 2015, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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sven23
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#378 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » Sa 11. Jul 2015, 08:10

closs hat geschrieben: von gegenteiligen Aussagen seitens Rahner und Kasper gesprochen, die ihnen/ihr bekannt sind. - Ich meine, dass da auch Zitate dabei waren, weiss es aber nicht mehr genau, weil ich mir 300 Seiten Austausch nicht merken kann. -
Dafür gibt es die gut funktionierende Suchfunktion und die bringt bei Rahner kein Ergebnis außer dem hier:
"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"

Rudolf Bultmann meint:
„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
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Samantha

#379 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Samantha » Sa 11. Jul 2015, 08:36

Münek hat geschrieben:Sorry, mein lieber Halman,

die Naherwartung (Jesus = Reich Gottes, Urchristen = Parusie des Menschensohnes) durchzieht wie ein
roter Faden die gesamte neutestamentliche Literatur. Das ist eine Tatsache. Man muss diese Schriften
halt mal ohne Vorurteile und Glaubensbrille lesen...Zu diesem Schritt sind Gläubige nicht bereit.

Ich appelliere hier immer wieder an die Ehrlichkeit. Aber diese wird auf dem "Altar des Glaubens" geopfert...Schwach...
Jetzt komm, ... Ehrlichkeit ist doch gar nicht Deine Stärke ... aber sie von anderen erwarten oder Gläubigen Unehrlichkeit unterstellen ... das kannst Du. Brav! :mrgreen: :clap:

R.F.
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#380 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von R.F. » Sa 11. Jul 2015, 09:55

sven23 hat geschrieben: - - -
Rudolf Bultmann meint:
„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“

Ah, Du meinst den Bultmann mit der auffallenden Leseschwäche; der besser Spargelstecher oder Erdbeerpflücker geworden wäre, weil er dann nicht so viel Unfug angerichtet hätte?

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