Savonlinna hat geschrieben:entweder man beruft sich auf "das steht doch klar und deutlich in der Bibel" - und dann steht man in der Tat auf der Seite inspirationstechnischen Denkens -, oder man lässt sich darauf ein, dass historisches Geschehen immer nur annähernd und nie als "Fakt" rekonstruiert werden kann.
Und dann produziert diese Methode immer wieder neue Einsichten und es gibt mehrere Deutungsarten, die ständig parallel vorhanden sind.
Wer das nicht ertragen kann, sondern unumstößliche Fakten braucht, wird mit der wissenschaftlichen Methode nichts anfangen können.
Danke für diese klaren Worte.
Die historisch-kritischen
Exegese (du korrigiertes zur -
Methode) lernte ich begrifflich vor knapp sechs Jahren im Rahmen von Dikussionen in einem anderen Forum kennen und zwar von einem User, mit dem ich mit angefreudet hatte. Im Verlauf der Diskussionen lernte ich, dass es verschiedene Rezeptionsebenen gibt, verschiedene "Dimensionen" und insbesondere die
symbolische Dimension, welche vieldeutig und niemals vollkommen ausdeutbar ist. Dass, was Du hier also schreibst, stimmt mMn mit dem überein, was ich von meinen "alten Freund" über die historisch-kritische Methode aufgeschnappt hatte.
Natürlich muss sich meine Rezeption von der akademisch-fachlichen unterscheiden, so auch von der meines "alten Freundes", dessen theologisch-agnostische Sichtweise verschieden von meiner christlichen ist. Da ich glaube, dass seine kurzen Ausführungen zur Exegese hier gut herpassen, möchte ich ihn hier zitieren, auch wenn Folgendes sich in Teilen von meinem subjektiven Glaubensbild unterscheidet, aber hier geht es ja um die historisch-kritische Forschung und nicht um meinen persönlichen Glauben.
Zitat von
Logan5:
Wer die Bibel ernsthaft für einen Tatsachenbericht im heutigen, geschichtlichen Sinn hält, hat sich vermutlich nie mit historisch-kritischer Exegese auseinander gesetzt.
Wer die Bibel für einen Fantasy-Roman hält, versteht auf der anderen Seite nicht besonders viel von Mythen und Symbolen.
Letztere sind die Sprache der Religionen. Ich habe das hier ja schon etliche Male ausgeführt und weiß eigentlich gar nicht so recht, warum ich mich mal wieder dazu hinreißen lasse, hier überhaupt noch etwas zu schreiben, denn entweder wird es ignoriert oder missverstanden. Das hat allerdings auch seine Gründe, denn der Mensch von heute ist traurigerweise ein mythologisch-symbolischer Analphabet.
Es gibt jedenfalls durchaus einen Weg, eine biblische Geschichte als theologische Wahrheit zu betrachten, ohne dass es notwendig wäre, sie auch zur historischen Wahrheit zu machen.
Der Mythos des Exodus beispielsweise ist in historischer Hinsicht so, wie er in der Bibel geschrieben steht, relativ eindeutig nachweisbar nicht geschehen. Aber etwas anderes, was in diesen uralten Texten zusätzlich mitschwingt entspricht durchaus den Tatsachen, nämlich die Erfahrung von Unterdrückung und der kollektive Glaube daran, von einer höheren Macht gerettet worden zu sein.
Hier ist verschiedenen Gruppierungen mit ähnlichen Erfahrungen ein Erlebnis zuteil geworden, das für sie einen Offenbarungscharakter hatte und diese Erfahrung des Volkes Israel mit seinem Gott, wurde dann in der Tora in Form einer mythologischen Geschichte manifestiert.
Als Geschichtsbuch hat die Bibel eher geringen Wert. Als ein Buch, das gottgläubigen Menschen Hilfe, Trost, Unterstützung und Wegweiser in ihrem Leben sein kann aber schon.
Im Übrigen wird historisch-kritische Exegese von der Amtskirche sehr befürwortet, während der konservative, wortgläubige, fundamentalistische Ansatz in der Regel offiziell abgelehnt wird. Wenigstens war das noch zu Zeiten des vorherigen Papstes der Fall und mir ist nicht bekannt, dass sich unter Bendedikt XVI daran etwas geändert hätte - auch wenn ich es ihm zutrauen würde.

(Dieser Text wurde 2011 verfasst.)
Savonlinna, gibt es sowas wie einen
Mainstream unter den Exegeten? Wie werden
Wunder bewertet? Fanden sie niemals statt, weil Wunder unmöglich sind, oder wird ihre Möglichkeit in Erwägung gezogen? (bspw. die Auferstehung Jesu)
Nachtrag:
Eine fachliche Bitte habe ich noch: Bist Du so nett, mir im Groben kurz zu erläutern, was ich mir unter der
literaturkritischen Exegese vorzustellen habe? Ich frage deshalb, weil mein "alter Freund"
HIER davon sprach. Damals hatte ich leider vergessen, danach zu fragen.