Zeus hat geschrieben:
Das weiß ich. Da ist etwas gewaltig schief gegangen. Das ändert aber nichts an den freiheitlichen Prinzipien, für die damals gekämpft wurde und die letztendlich verwirklicht wurden.
Das ist richtig. Die Idee war gut und edel, aber es sind immer die Menschen, die sie korrumpieren, wer sonst? Und ebenso ist es im Christentum. Es geht um Gottes- und Nächstenliebe, dass sind die Prinzipien, für die ein Christ "kämpft" und die auch im Leben jedes Menschen verwirklicht werden könnten. Aber auch hier kann manchmal etwas gewaltig schief laufen. Deshalb ist es nicht angebracht über der Französischen Revolution oder dem Christentum in Lobhudelei auszubrechen oder beides generell zu verdammen, es gilt zu differenzieren.
Aber nehmen wir einmal die Aufhebung der Sklaverei.
Es waren Christen wie William Wilberforce, Thomas Clarkson, Granville Sharp, Quäker und Methodisten (auch Christen), welche die Abschaffung der Sklaverei vorantrieben und auch erreichten.
Oder die Frauenemanzipation.
In einer patriarchalen Gesellschaft, in welches das Christentum hineingegründet worden ist, konnten Frauen im Mittelalter in Europa kaum Bildung erhalten, sie hatten keine Rechte, nicht einmal Adelige. Die ersten Ausbildungsstätten für Mädchen waren Klöster und viele junge Frauen traten nur ein, weil sie einer Zwangsverheiratung und dem Schicksal einer billigen Arbeitskraft entgehen wollten. Etwa Kirchenfrauen wie Brigitta von Schweden, Mechthild von Magdeburg, Hildegard von Bingen, Mechthild von Hackeborn waren einflussreiche Frauen und Vorreiter der Emanzipation. Stichwort: Beginenorden. Nicht falsch verstehen: Natürlich förderte das Christentum nicht jene Emanzipation, die heute darunter verstanden wird, aber es war eine kleine Verbesserung der Stellung der Frau und es wurde der Keim gelegt für weitere Verbesserungen.
Oder Freiheit der Kunst.
Gerade das Christentum war es, welches die Schönheit als Ausdruck Gottes und die Schönheit der Schöpfung erkannte, auch dort wo zuvor nur Geister und dämonische Naturgewalten vorherrschten. In den Kathedralen der Gotik, im Barock und im Rokoko konnten Künstler erstmals von ihrer Kunst leben, sie konnten frei schaffen, sie erhielten kirchliche Aufträge. Dies führte erst zu einer Künstlerschaft, die dann auch unabhängig von der Kirche existieren konnte, sie schuf aber die Voraussetzungen dafür. Dass dann durch die Kirche wieder künstlerische Schöpfungen verboten oder bekämpft wurden, die gegen die Hl. Schrift standen, steht auf einem anderen Blatt. Man muss aber dies alles differenziert betrachten und nicht einfach behaupten: Die Kirche ist gegen die Freiheit der Kunst, die Kirche ist für die Folter, gegen die Pressefreiheit.
Etwa erste Rechtssprechung, Tierrechte oder Meinungsfreiheit werden bereits im AT angesprochen, da würden Juden zurecht protestieren, würde man das negieren. Und Menschenrechte gäbe es nicht ohne Menschenwürde, das Grundthema des Christentums, auf dem auch Kant aufbaute. Deshalb auch die Bezüge darauf in zahlreichen Verfassungen und dem Grundgesetz.
Es geht hier um die geistige Veränderung, das Ändern im Denken des Menschen, welches das Christentum in Gang setzte. Plötzlich wurden andere Werte wichtig oder zumindest ins Spiel gebracht. Deshalb begann die Aufklärung bereits im 1. Jh. n. Chr., in Europa seit dem 5. Jh.
Servus aus dem OT
