Das Gehirn und unser Bewusstsein.

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Halman
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#101 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Halman » Mo 13. Apr 2015, 00:46

Novalis hat geschrieben:Aus spiritueller Sicht manifestiert sich Bewusstsein/Geist als Form, wodurch die Welt und alle Lebensformen entstehen. Alles - Sterne, Pflanzen, Tiere, Menschen, die ganze Erde und alles weitere, nichts ist davon ausgenommen - selbst ein Stein repräsentiert ein elementares Bewusstsein, andernfalls könnte er nicht in dieser Form sein, er würde sich in seine atomaren Bestandteile auflösen und das Universum würde sich nicht ausdehnen und entwicklen, sondern kollabieren, wenn da keine universelle Energie wäre, die es aufrecht erhielte.
Ein toter Stein soll Bewusstsein repräsentieren? Das, was die Atome der Mineralien zusammenhält ist die EM-Wechselwirkung, welche u.a. die Chemie beherrscht. Für physikalische Wechselwirkungen bzw. chemische Kräfte bedarf es doch keines Bewusstseins.
Die Expansion des Universums lässt sich vereinfach gesagt durch Gravitation erklären. Hier geht es um die Wechselwirkung von Energiedichte (und Druck) und einem immateriellen "Geflecht", dass Physiker Raumzeit nennen. Dies ist ungemein faszinierend - aber was hat dies mit Bewusstsein zu tun?
Das Bewusstsein unseres Gehirn hängt offenbar mit der größten uns bekannten Komplexität zusammen, dem menschlichen Gehirn. Diesbezüglich verweise ich auf meien Beitrag vom Mi 8. Apr 2015, 16:12.

Novalis hat geschrieben:Bewusstsein bringt sich zweifellos in unterschiedlichen Graden zum Ausdruck - der Sprung von einer einzelnen Zelle oder einem Stein zu einem Menschen ist gigantisch - aber das gesamte Leben und die Evolution hängen mit dem Universum als einer belebten Ganzheit logisch zusammen, sonst wären wir nicht hier.
Möglicherweise verstehe ich die Tiefgründigkeit Deiner Worte nicht. Vertritts Du ein panentheistisches Weltbild?

Allegemein zum Leben möchte ich einen Film der Harvard Universität verlinken, der uns das Innenleben einer Zelle eindrucksvoll vor Augen führt:

Was ist Leben? Ein "Feinstoff"? Das glaube ich nicht. Ich denke, lebende Materie unterscheidet sich von toter durch die vielen, sehr komplizierten, biologischen Prozesse.

Könnte es nicht sein, dass auch unser Bewusstsein Resultat hochkomplexer, neurologischer Prozesse ist?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Novas
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#102 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Novas » Mo 13. Apr 2015, 00:50

Savonlinna hat geschrieben:So ist es. Das ist auch durch die strukturale Linguistik - Ferdinand de Saussure und seine Nachfolger - deutlich geworden

Für mich ist das eine Sache der Weisheit - es bringt sehr viel unnötiges Leid, wenn geglaubt wird, dass die eigene Sicht die einzig Richtige sei.

Man braucht dazu kein Christentum, keine spirituelle Begrifflichkeit. Das kann man alles über Bord werfen.

Ich bin Christ, deshalb sehe ich das anders. :) Jesus Christus ist ein Teil von mir selbst - so erlebe ich es - deshalb kann ich ihn nicht über Bord werfen.

Es genügt, sich dieser leeren Begrifflichkeiten bewusst zu werden, um "einfach" auf die Dinge schauen zu können. Man bekommt dann tatsächlich ein anderes Gefühl für "Realität".

Ja, aber zur "Leere" gehört auch die "Fülle". Sie will mit Inhalt und Bedeutung gefüllt werden.

Aber von "Wahrheit" spreche ich dennoch nicht. Auch dieser Begriff gehört über Bord geworfen, so ist es meine Erfahrung

Weshalb nicht? Wahrheit ist „das, was wirklich ist“. Ich bin dafür, dass wir die Sichtweisen über Bord werfen, die nicht im Einklang mit der Realität sind (und deshalb Leid verursachen)

Prüfet alles und behaltet das Gute ein biblischer Grundsatz!

closs
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#103 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 13. Apr 2015, 00:58

Halman hat geschrieben:Könnte es nicht sein, dass auch unser Bewusstsein Resultat hochkomplexer, neurologischer Prozesse ist?
Das, was man aus Daseins-Sicht als Bewusstsein wahrnimmt, kann es sein. - Aber nicht das, was es ermöglicht, dass es so sein kann.

Richtig ist aus meiner Sicht ganz sicher, dass Bewusstsein in der naturalistischen Welt durch hochkomplexe, neurologische Prozesse abgebildet wird.

Novas
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#104 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Novas » Mo 13. Apr 2015, 01:15

@Halman: Ich gehe davon aus, dass "Bewusstsein" oder "Leben" (Gott) die Quelle von Raum und Zeit ist und somit auch alles (in verschiedenen Graden der Komplexität) belebt ist. Das bringen Buddhisten zum Ausdruck, wenn sie sagen: "der RAUM ist REINE FREUDE, die LEERE ist reines POTENTIAL" usw. Wenn wir sagen, dass ein Stein "tot" ist, dann ist das eine anthropozentrische Beurteilung. Wissen wir das wirklich oder ist das nur ein mögliches Konzept?

@Savonlinna: WAHRHEIT

Wahrheit ist, was anderen Wesen hilft.
Und so ist Falschheit das, was nicht hilfreich ist.

Nagarjuna

:thumbup:

closs hat geschrieben:Richtig ist aus meiner Sicht ganz sicher, dass Bewusstsein in der naturalistischen Welt durch hochkomplexe, neurologische Prozesse abgebildet wird.

Das ist die "korrekte" (diplomatische) Formulierung. :)
Zuletzt geändert von Novas am Mo 13. Apr 2015, 01:18, insgesamt 1-mal geändert.

Novas
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#105 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Novas » Mo 13. Apr 2015, 03:42

*

barbara
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#106 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von barbara » Mo 13. Apr 2015, 08:42

JackSparrow hat geschrieben:
barbara hat geschrieben:Ein O2, das eingeatmet wird, wird von "tot" zu "lebendig",
Moleküle sind nicht lebendig. Ihnen fehlt die Fähigkeit der Fortpflanzung.

Ah. Aber ein Lebewesen IST lebendig
Ein Lebewesen besteht aus Atomen.
Wenn du von einem Lebewesen alle nicht-lebendigen Atome wegnimmst, bleibt am Schluss - gar nichts übrig.

Und von Molekülen, sobald sie DNA oder RNA heissen, haben die Fähigkeit, Kopien von sich herzustellen, und das tun sie auch.

Dieses Prinzip eingebettet in ein vielzelliges Lebewesen... und auf einmal fühlen sich solche Lebewesen dazu bemüssigt, Dinge wie die Menschenrechte aufzuschreiben und zu fordern, dass man nicht einfach jemandem, zum Beispiel, eine Hand abhacken darf. Warum denn eigentlich nicht? - sind ja nur Atome. Unlebendig. Kleine Steine, quasi.

Wann, wie, wo kommt auf einmal diese Würde her, und diese Rechte? Die Lebewesen bestehen ja immer noch aus denselben angeblich nicht-lebendigen Atomen... die als Einzelne diese Rechte nicht haben. Und dann auf einmal schon?

gruss, barbara

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Savonlinna
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#107 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Savonlinna » Mo 13. Apr 2015, 10:08

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Könnte es nicht sein, dass auch unser Bewusstsein Resultat hochkomplexer, neurologischer Prozesse ist?
Das, was man aus Daseins-Sicht als Bewusstsein wahrnimmt, kann es sein. - Aber nicht das, was es ermöglicht, dass es so sein kann.

Richtig ist aus meiner Sicht ganz sicher, dass Bewusstsein in der naturalistischen Welt durch hochkomplexe, neurologische Prozesse abgebildet wird.

Auf jeden Fall ist nicht außer Acht zu lassen, dass jeder beliebige Begriff geblidet wurde, um irgendetwas damit zu bezeichnen.
Also kann man nicht fragen, was Bewusstsein ist, sondern nur, was jemand damit bezeichnen will.

Es geht also letztlich um den Kampf um Begriffshoheit. Wer hat das Recht, letztgültig einen Begriff zu definieren? Wer hat das Recht, anderen das Recht abzussprechen, einen Begriff anders zu verstehen?
Es handelt sich also eigentlich um Machtfragen. Definitionsfragen sind fast immer Machtfragen.

Es geht also nicht darum, ob ein Stein Bewusstsein hat, ob es jenseits der Gehirntätigkeit Bewusstsein gibt, sondern darum, was ich mit diesen Definitionen konkret bewirken will. ->

Angenommen, ein Staat hat das Recht, Menschen als Maschinen zu definieren, dann darf er sie auch wie Maschinen behandeln.
Wenn andererseits der Mensch als Abbild Gottes definiert wird, dann darf man ihn eben nicht einfach wie eine Maschine behandeln, wenn man "Gott" als das Unverfügbare definiert.
Definitionen müssen also nach ihrem ideologischen Gehalt untersucht und bewertet werden.

Und das geschieht - weil es sich hier um die Anwendung von Sprache handelt - mittels sprachwissenschaftlicher Methoden. Besser: Methoden der Sprachkritik.
Ein nicht unwesentlicher Teil der Ideologiekritik läuft über Sprachkritik.

Fazit:
Im Dialog miteinander kann man und sollte man verschiedene Definitionen, die man als Favoriten hat, diskutieren.
Sobald aber jemand eine Wissenschaft als Beleg dafür nimmt, dass eine bestimmte Definition die Oberhoheit habe und andere Definitionen damit ausschalten will, ist Gefahr in Verzug. Da wird die Wissenschaft als Machtinstrument missbraucht.
Und dann muss man handeln.

Pluto
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#108 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Pluto » Mo 13. Apr 2015, 10:34

Halman hat geschrieben:Möglicherweise verstehe ich die Tiefgründigkeit Deiner Worte nicht. Vertritts Du ein panentheistisches Weltbild?
Gute Frage.
Darauf hätte ich auch gerne eine Antwort.

Halman hat geschrieben:Allegemein zum Leben möchte ich einen Film der Harvard Universität verlinken, der uns das Innenleben einer Zelle eindrucksvoll vor Augen führt:
Der Film hat mir gefallen Sehr hübsche Bilder. :)
Er wirkt aber wie ein Vorspann — ich habe den ganzen Clip hindurch auf den Anfang gewartet. :silent:

Halman hat geschrieben:Was ist Leben? Ein "Feinstoff"? Das glaube ich nicht. Ich denke, lebende Materie unterscheidet sich von toter durch die vielen, sehr komplizierten, biologischen Prozesse.
Ja. Wir sind (wie Calr Sagan einst sagte) ein Sack voller Atome. Aber diese Atome haben eine ganz bestimmte Anordnung die wir "Leben" nennen.

Halman hat geschrieben:Könnte es nicht sein, dass auch unser Bewusstsein Resultat hochkomplexer, neurologischer Prozesse ist?
So ähnlich emmpfinde ich auch.
Ich sehe Bewusstsein als einen geistigen Prozess unseres Gehirns, der dem Körper in seinem täglichen Kampf ums Überleben dient.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#109 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von ThomasM » Mo 13. Apr 2015, 10:48

Pluto hat geschrieben: Ich sehe Bewusstsein als einen geistigen Prozess unseres Gehirns, der dem Körper in seinem täglichen Kampf ums Überleben dient.
Diese Sichtweise ist allgemein verbreitet, man sollte aber auch betonen, dass es keineswegs klar ist, dass diese Definition durchgehalten werden kann. Es ist also eine reine Vermutung.

Fragen, die damit verbunden sind, sind:
- Wie unterscheiden sich die Prozesse, die "Bewusstsein erzeugen" von denen, die das nicht tun?
- Was ist Bewusstsein eigentlich?
- Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein Prozess ein Bewusstsein erzeugt?
- Was sind die evolutionären Vorteile von Bewusstsein?
- Wenn Bewusstsein dem Kampf ums Überleben dient, warum ist es dann "nach innen" gerichtet und nicht nach außen?
- usw.

Wir können also lediglich von einer materialistischen Hypothese sprechen, die wissenschaftliche Fundierung der Hypothese zu einer Theorie steht noch aus.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#110 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 13. Apr 2015, 11:01

Savonlinna hat geschrieben:Sobald aber jemand eine Wissenschaft als Beleg dafür nimmt, dass eine bestimmte Definition die Oberhoheit habe und andere Definitionen damit ausschalten will, ist Gefahr in Verzug. Da wird die Wissenschaft als Machtinstrument missbraucht.
Dies ist sehr schwer zu vermitteln, weil "Wissenschaft" in der allgemeinen Wahrnehmung als Heilige Kuh gilt. Dabei arbeitet Wissenschaft methodisch wirklich vorbildlich - das Problem liegt in den Voraus-Setzungen und den Umgang mit Definitionen (mit dem Ziel der Deutungs-Hoheit). - Zur Erinnerung einige wenige Beispiele hier auf dem Forum:

* Man bezeichnet es als "Fakt", dass Jesus seilbst eine Naherwartung hatte - weil man seine Voraus-Setzungen für diese Aussage nicht benennt (oder noch schlimmer: nicht kennt).
* Man bezeichnet es als "Fakt", dass ein Drittel aller deutschen Moslems extremistisch seien - verschweigend oder nicht wissend, dass der Begriff "extremistisch" windelweich definiert ist.
* Man bezeichnet es als "Fakt", dass über die Hälfte aller Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt werden würden - verschweigend oder nicht wissend, dass die Aussage "Hui - Du siehst heute aber sexy aus" das selbe Häkchen in der Statistik gekommt, wie wenn man einer Frau in den Ausschnitt greifen würde.
* Man bezeichnet es als "Fakt", dass "Geist" Folge von Materie sei, weil man dem voran ein materialistisches Weltbild setzt.
* Man bezeichnet es als "Fakt", dass nur das "Realität" sein könne, was prinzipiell vom Menschen nachweisbar sei, weil man methodische Nicht-Relevanz mit ontologischem Nicht-Sein verwechselt.
* Man definiert "Ontologie" als Teilbereich des Materialismus, um methodische Nicht-Relevanz erst gar nicht mit ontologischem Nicht-Sein verwechseln zu müssen.

* Und dann das Härteste: Man setzt mit Hinweis auf die Objektivität der wissenschaftlichen Methodik, dass wissenschaftliche Ergebnisse setzungs-frei seien - man setzt also, keiner Setzung unterworfen zu sein und immunisiert sich damit geradezu perfekt. - Und so ist die Kreisbahn geschlossen, auf der man dann mit Hochgeschwindigkeit rotieren kann.

Nochmals: Die wissenschaftliche Methodik ist top - aber deren weltanschauliche Ausschlachtung ist ideologisch.

Savonlinna hat geschrieben:Ein nicht unwesentlicher Teil der Ideologiekritik läuft über Sprachkritik.
Schwer einzuführen - Akzeptanz für solche Fragestellungen ist gering.

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