closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Was die Wissenschaft machen kann, ist: Modelle zu errichten, die eine mögliche Interpretation erlauben. Und verschiedene Theologen haben verschiedene Modelle; es wird eigentlich immer nur beschrieben, wozu man heute neigt. Und das wechselt, fast alle paar Jahre.
Das wäre eine (durchaus willkommene) Ehrenrettung der historisch-kritischen Forschung. - Warum stellt man sie dann so grob dar? Als würden sie ihr eigenes Geschäft nicht verstehen?
siehe unten
closs hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Dass die Naherwartung des Reiches Gottes von Jesus so oder anders verstanden werden kann, ist ebenfalls selbstverständliches Resultat der historisch-kritischen Forschung.
Man könnte also (je nach Modell) innerhalb der historisch-kritischen Forschung auf dieses oder jenes Ergebnis kommen? - Wenn Du das meinst: Sehe ich genauso.
Erst mal: das Zitierte ist nicht von Novalis, oder? Oder er hat zufällig Wort für Wort das Gleiche geschrieben wie ich.
Zum Inhaltlichen: Man untersucht in der historisch-kritischen Forschung die einzelnen Bibelautoren getrennt - versucht also herauszufinden, welches Jesus-Bild sie jeweils hatten und woher sie es hatten. Da hilft natürlich, wenn eine sachgemäße Stilanalyse vorliegt, die es erlaubt, verschiedene biblische Bücher demselben Autor zuzuordnen. Dann kann man auch zu klären suchen, ob dieser Autor überhaupt Jesus je gesehen hat und auf welche Quellen er sich bezieht. Hat man die Quellen halbwegs identifiziert - durch Vergleich meist -, dann kann man auch erkennen, wo der Autor die Quellen verändert hat - auch wenn er Jesus nie im realen Leben begegnet ist.
Das alles sind natürlich immer nur vorläufige Ergebnisse; es tauchen ja ab und zu neue Quellen auf, die alles wieder über den Haufen werfen. Oder es kommen neue Interpretationsansätze, an die bisher noch keiner gedacht hat und die auf manche oder viele überzeugend wirken.
Was ich vor allem sagen wollte: welche Auffassung der biblische Autor X vom - sagen wir - Reich Gottes hatte, kann bei einem biblischen Autor Y anders aussehen.
closs hat geschrieben:Mein Eindruck insgesamt ist, dass die Wissenschaft selbst sehr diszipliniert arbeitet und all das weiß, was Du dankenswerterweise in Erinnerung rufst. - Warum aber wird die Wissenschaft immer wieder von außen her ideologisiert? - Wo sind die Wissenschaftler, die sich das verbitten?
Zu letzterem: Die Religionswissenschaftler und wissenschaftlichen Theologen würden sicher öffentlich Stellung beziehen, wenn eine Ideologisierung der historisch-kritischen Forschung in Papierform zu kaufen wäre.
Es gibt Ideologisierungen anderer Wissenschaften, wo das auf jeden Fall der Fall ist.