Homöopathie II

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closs
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#851 Re: Homöopathie II

Beitrag von closs » Sa 14. Feb 2015, 23:37

Münek hat geschrieben:wie unser lieber Kurt davon überzeugt ist, selbst die personifizierte :idea: :idea: "Erleuchtung" :idea: :idea: zu sein.
Nee - das Erleuchtetsein würde ich mir gerne noch 30 Jahre aufheben. - Aber in etwa wissen, wo das Licht herkommt, schadet wirklich nicht.

Davon abgesehen: Hier geht es nicht um Erleuchtung und nur am Rande um HP, die einfach nur gut geeignet ist, den Daumen auf die Wunde zu legen - nämlich: Unsere Zeit hat sich in eine erkenntnis-theoretische Falle manövriert:
a) Nicht nachweisbar, also nicht relevant ("Liebe Realität, wenn Du von uns nicht methodisch fassbar bist, gibt's Dich einfach nicht - Strafe muss sein - ätschebätsch")
b) HP-Wirkung ist nicht nachweisbar, also ist HP unwirksam ("Liebe HP, solange Du von uns methodisch nicht fassbar bist, werden Deine Patienten nicht wegen Dir gesund")

In beiden Fällen wird Phänomen ("das, was der Fall ist", egal ob wir es erkennen oder nicht) mit Wahrnehmung verkuppelt und von dieser falsifizert ("Was nicht methodisch wahrnehmbar ist, kann nicht sein"). - Man trennt also Realität und Wahrnehmung kategorial NICHT - was erkenntnis-theoretisch der Oberhammer schlechthin ist.

Jetzt KÖNNTE es theoretisch ja sein, dass es weder Gott gibt noch HP wirkt - aber dann muss man es auch so sagen, statt sich aus methodischen Gründen zur Aussage hinreißen zu lassen, die Nicht-Nachweisbarkeit sei mehr als ein Indiz für ein Nicht-Sein, nämlich ein Nachweis. - Dass dieser Unterschied nicht aufzufallen scheint, ist aus meiner Sicht erschütternd.

Pluto
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#852 Re: Homöopathie II

Beitrag von Pluto » So 15. Feb 2015, 00:39

closs hat geschrieben:a) Nicht nachweisbar, also nicht relevant ("Liebe Realität, wenn Du von uns nicht methodisch fassbar bist, gibt's Dich einfach nicht - Strafe muss sein - ätschebätsch")
b) HP-Wirkung ist nicht nachweisbar, also ist HP unwirksam ("Liebe HP, solange Du von uns methodisch nicht fassbar bist, werden Deine Patienten nicht wegen Dir gesund")
Es gibt zwei Probleme:
1.) Was nicht nachweisbar ist, ist von Fantasie nicht zu unterscheiden. Das macht sich die HP zu Nutze, in dem sie einfach behauptet, Wirkung zu haben, die nicht nachweisbar ist.
2.) Gegen 90% der praktizierenden Ärzte verurteilen die HP wegen ihrer Unwirksamkeit und der dahinter stehenden Scharlatanerie und Geldmacherei. Die Zahl dieser Ärzte steigt ständig an.

closs hat geschrieben:In beiden Fällen wird Phänomen ("das, was der Fall ist", egal ob wir es erkennen oder nicht) mit Wahrnehmung verkuppelt und von dieser falsifizert ("Was nicht methodisch wahrnehmbar ist, kann nicht sein"). - Man trennt also Realität und Wahrnehmung kategorial NICHT - was erkenntnis-theoretisch der Oberhammer schlechthin ist.
Also, ich finde es so wie es von der Wissenschaft gehandhabt wird, eigentlich ganz vernünftig, und ganz bestimmt nicht Oberhammer.

So lange es keinen Weg gibt, das "was der Fall ist" von Illusion zu unterscheiden, ist es ganz sicher NICHT falsch, dieses was immer auch sein mag (zunächst) von der Wirklichkeit auszuschließen, und es als minderwertige, unwichtige Vermutung zu bezeichnen. Wenn es in der Zukunft jemand gelingt, einiges davon nachzuweisen, hat man dennoch im Gros der Fällen richtig entschieden.

Einfach alles was der Fall sein könnte als zur Realität gehörend anzuerkennen, führt direkt in Willkür und Beliebigkeit.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#853 Re: Homöopathie II

Beitrag von closs » So 15. Feb 2015, 01:19

Pluto hat geschrieben: Was nicht nachweisbar ist, ist von Fantasie nicht zu unterscheiden.
Absolut richtig - wir haben es mit einem Feld zu tun, auf dem Irrtum und Wahrheit methodisch un-unterscheidbar sind.

Pluto hat geschrieben:Gegen 90% der praktizierenden Ärzte verurteilen die HP wegen ihrer Unwirksamkeit und der dahinter stehenden Scharlatanerie und Geldmacherei.
Das heisst, dass es 10% nicht tun - mehr als ich dachte. - Verdienen tun Ärzte übigens normalerweise NICHT daran, weil die Mittel üblicherweise über Apotheken vertrieben werden (man kann allenfalls unterstellen, dass es Deals zwischen Arzt und Apotheker gibt - das gilt dann aber auch im schulmedizinischen Bereich).

Pluto hat geschrieben:ich finde es so wie es von der Wissenschaft gehandhabt wird, eigentlich ganz vernünftig
Auf der längsten Strecke der Wissenschaft tue ich es doch auch: Die Wissenschaft beobachtet, misst, randomisiert u.U. sogar - alles ok. - Am Ende dieser Prozedur steht ein "Wirkung nicht nachweisbar" - auch super ok.

Der Sündenfall besteht allein darin, wenn man aus dem "nicht nachweisbar" ein "deshalb nicht wirksam" macht. - Zwar ist die Nicht-Nachweisbarkeit ein schwerwiegendes, notwendiges Indiz für eine Unwirksamkeit, aber mitnichten hinreichend (Der Unterschied zwischen "notwendig" und "hinreichend" sollte doch auch heute noch verwendet werden - oder nicht?)

Pluto hat geschrieben: ist es ganz sicher NICHT falsch, dieses was immer auch sein mag (zunächst) von der Wirklichkeit auszuschließen
KEIN Mensch kann etwas von der Wirklichkeit ausschließen - das ist exakt der Punkt. - Man kann es allerdings methodisch so behandeln, als sei es nicht wirklich - wobei man immer im Augenwinkel haben sollte, dass dies zwar eine gut unterlegte Annahme ist, aber eben nur eine Annahme.

Mich stört eigentlich nur der etwas selbst-herrliche Anspruch, etwas sei nicht Realität, weil eine selbstgemachte (wenn sicherlich auch gute) Methodik zum Maßstab genommen wird, was zu sein hat und was nicht. Die begründet meinen Vorwurf der Anthropozentrik.

Pluto hat geschrieben:Einfach alles was der Fall sein könnte als zur Realität gehörend anzuerkennen
Das wäre natürlich auch falsch - man sollte methodisch positiv nachweisbare Dinge vorsichtig mit Realität gleichsetzen und das, was der Fall sein KÖNNTE, als das verstehen, was es eigentlich ausdrückt: ein Potentialis.

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#854 Re: Homöopathie II

Beitrag von Zeus » So 15. Feb 2015, 03:12

closs hat geschrieben:man sollte das, was der Fall sein KÖNNTE, als das verstehen, was es eigentlich ausdrückt:ein Potentialis

Können = möglicherweise der Fall sein (Duden)
Der Potentialis ist in der lateinischen und griechischen Grammatik die Bezeichnung für die semantische Funktion des Konjunktivs oder des Optativs, ein mögliches Geschehen darzustellen(Wiki)

Also:
Man sollte das, was möglicherweise der Fall ist, als ein mögliches Geschehen verstehen. :lol:
Kurtchen, fällt dir nichts Besseres zur Verteidigung der HP-Scharlatanerie als eine Tautologie ein?
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#855 Re: Homöopathie II

Beitrag von sven23 » So 15. Feb 2015, 07:24

closs hat geschrieben: Jetzt KÖNNTE es theoretisch ja sein, dass es weder Gott gibt noch HP wirkt - aber dann muss man es auch so sagen, statt sich aus methodischen Gründen zur Aussage hinreißen zu lassen, die Nicht-Nachweisbarkeit sei mehr als ein Indiz für ein Nicht-Sein, nämlich ein Nachweis. - Dass dieser Unterschied nicht aufzufallen scheint, ist aus meiner Sicht erschütternd.

Ah, daher weht der Wind, also doch alles ideoligsch begründet. Machen wir einen Deal: du darfst deinen Gott behalten und schwörst dafür der HP ab. :lol:

Im Ernst, du solltest dich an Manfred Spitzers Aussage halten, der du ja zugestimmt hast:

"Wer die Verlässlichkeit der Ergebnisse von Wissenschaft in Bausch und Bogen einfach ablehnt, der weiß entweder nicht, was er sagt, oder sagt bewusst die Unwahrheit."
[Prof. Manfred Spitzer]

Hp-Gläubige kommen mir vor wie jemand, der behauptet, die Lottozahlen vorraussagen zu können und sich dann 52 mal im Jahr darüber beschwert, daß das Ziehungsgerät zu blöd sei, seine Fähigkeiten zu erkennen. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#856 Re: Homöopathie II

Beitrag von closs » So 15. Feb 2015, 08:17

Zeus hat geschrieben:Können = möglicherweise der Fall sein (Duden)
Genau so.

Zeus hat geschrieben:Man sollte das, was möglicherweise der Fall ist, als ein mögliches Geschehen verstehen.
Ja - man sollte sich dessen bewusst werden, was Begriffe eigentlich bedeuten
closs hat geschrieben: was es eigentlich ausdrückt: ein Potentialis
Denn das scheint gelegentlich vergessen zu werden: Man sagt "könnte" und schließt daraus, dass es "nicht sein" heisst, bis es nachgewiesen ist - das ist unseriös.

sven23 hat geschrieben:"Wer die Verlässlichkeit der Ergebnisse von Wissenschaft in Bausch und Bogen einfach ablehnt, der weiß entweder nicht, was er sagt, oder sagt bewusst die Unwahrheit."
Genau auf diesen Satz hatte ich mich ja bezogen - konkret: Wenn die Wissenschaft sagt, dass Wirkung von HP nicht nachweisbar ist, dann ist das eine schwerwiegende Aussage, die man nicht ablehnen darf.

Nur daraus zu schließen, dass aus der Nicht-Nachweisbarbarkeit dieser Wirkung folgt, dass es deshalb keine Wirkung geben KÖNNE, ist ein von mir ausführlich begründete Unsitte.

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#857 Re: Homöopathie II

Beitrag von Zeus » So 15. Feb 2015, 10:39

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Man sollte das, was möglicherweise der Fall ist, als ein mögliches Geschehen [ein Potentalis] verstehen.
Das war doch nicht MEINE "Weisheit", sondern das von mir als TAUTOLOGIE entlarvte :lol: Argument :lol: des weisen Kurt.
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(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#858 Re: Homöopathie II

Beitrag von Münek » So 15. Feb 2015, 11:31

Zeus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:
Das war doch nicht MEINE "Weisheit", sondern das von mir als TAUTOLOGIE entlarvte :lol: Argument :lol: des weisen Kurt.

Ist mir auch schon mehrmals aufgefallen. Unser Kurt hat eine gewisse Vorliebe für Tautologien.
Als Argumente taugen diese aber leider, leider nicht.

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#859 Re: Homöopathie II

Beitrag von sven23 » So 15. Feb 2015, 11:44

closs hat geschrieben: Nur daraus zu schließen, dass aus der Nicht-Nachweisbarbarkeit dieser Wirkung folgt, dass es deshalb keine Wirkung geben KÖNNE, ist ein von mir ausführlich begründete Unsitte.

Dann müssen wir wohl auch hier noch 2000 Jahre auf eine Wirkung warten. :lol:

Was mich immer so fassungslos macht, ist die pseudoreligiöse Inbrunst, mit der man die kleinen Zückerkügelchen wie ein Monstranz vor sich her trägt und dann auch noch mit pseudowissenschaftlichen Argumenten zu verteidigen sucht. :shock: :roll: :thumbdown:

Die Homöopathie treibt auch seltsame Blüten. So meint der Bund katholischer Ärzte, Homosexualität mit HP heilen zu müssen. Dabei liefern sie lediglich den Beweis, daß es in jeder Berufgruppe Vollpfosten gibt.

http://www.bkae.org/index.php?id=439&L=0
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#860 Re: Homöopathie II

Beitrag von Zeus » So 15. Feb 2015, 18:24

sven23 hat geschrieben: Die Homöopathie treibt auch seltsame Blüten. So meint der Bund katholischer Ärzte, Homosexualität mit HP heilen zu müssen. Dabei liefern sie lediglich den Beweis, daß es in jeder Berufgruppe Vollpfosten gibt.

http://www.bkae.org/index.php?id=439&L=0
Ich lese da gerade:
WARNUNG vor Selbstbehandlung

Homöopathische Medikamente - nicht harmlos!
Im Namen der homöopathischen Ärzte innerhalb der BKÄ-Vereinigung (10) weisen wir besonders darauf hin:

KEINE SELBSTBEHADLUNG mit homöopathischen Medikamenten!

Schon gar nicht mit Mitteln in Hochpotenz.
(Hochpotente Mittel dürfen nur alle 5-6 Wochen in EINMAL-Dosis genommen werden!)

http://www.bkae.org/index.php?id=946&L=0
:lol: :lol: :lol:
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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