Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

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Münek
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#271 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Fr 30. Jan 2015, 20:34

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Wenn Du nicht weißt, ob das Wesen X existiert oder nicht, kannst Du redlicherweise keine bestimmten Schlussfolgerungen aus Deinem Unwissen in Bezug auf dieses Wesen ziehen.
Wenn Du nicht weißt, ob die Natur existiert oder Vorstellung ist, kannst Du redlicherweise keine bestimmten Schlussfolgerungen aus Deinem Unwissen in Bezug auf die Natur ziehen.

Nein - man kann und muss setzen, soweit es plausibel ist, das Gesetzte als Realität anzunehmen. - Danach zieht man Schlussfolgerungen aus dieser Setzung - wie anders soll es gehen? - Wenn die Setzung wider Erwarten falsch war, war's halt nix.

Weltweit werden von Millionen Menschen (nicht nur Wissenschaftlern) aus irgendwelchen Sachverhalten Schlussfolge-
rungen gezogen
. Sehr häufig mit großem Erfolg. Dies gelingt aber nur deshalb, weil die Welt im Großen und Ganzen
so ist, wie wir sie wahrnehmen. Sonst könnte das überhaupt nicht klappen. Dabei spielt es nicht die mindeste Rolle,
ob ich die Existenz der Welt setze oder nicht. Wofür sollte das relevant sein? Setzungen schaffen bekanntlich keine
Realitäten. Ebensowenig die Leugnung dieser Realität. Der Realität - ob in irgendeiner Vorstellung oder sonstwie ex-
istierend, völlig unwichtig - entkomme ich nicht. Sie ist da, das weiß ich.


Völlig anders verhält es sich in Deinem Fall. Zunächst gehst Du wie jeder Mensch davon aus, dass unsere Welt existiert
(siehe oben). Dann gehst Du hin und postuliert die Existenz eines Wesens X, das noch kein Mensch gesehen und das in der
Welt keine Spuren hinterlassen hat (2. Setzung) - und ziehst Schlussfolgerungen aus Deiner Annahme, wobei Du einräu-
men musst und auch einräumst, keinerlei Wissen über dieses Wesen X zu besitzen. Auch ob Deine Schlussfolgerungen
zutreffen
, entzieht sich Deiner Kenntnis. Da sind nur Nichtwissen und Wunschvorstellungen (Fantasie).


Jetzt wirst Du vielleicht einwenden, ja aber, es könnte doch sein, dass...Richtig, es könnte aber auch alles andere sein...

closs
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#272 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Fr 30. Jan 2015, 23:32

Pluto hat geschrieben:Fazit: Es ist absolut kein Problem, die Welt um uns herum zu erkennen und zu beschreiben, und das ganz ohne irgendwelche "Setzungen".
Praktisch stimme ich Dir ja zu - aber es stimmt halt nur, wenn man das setzt, was Descartes einen "wohlwollenden Gott" genannt hat - dass man also annehmen darf, dass die Wahrnehmung selber keine Täuschung ist - in Bezug auf die Res extensa stimme ich da ausdrücklich zu.

Münek hat geschrieben: Dies gelingt aber nur deshalb, weil die Welt im Großen und Ganzen so ist, wie wir sie wahrnehmen.
Siehe oben. - Erkenntnis-theoretisch könnte es genauso ein Traum sein. Das glaube ich ausdrücklich NICHT - aber das ist kein Argument gegen zwingend logische Schlüsse der Erkenntnis-Theorien.

Münek hat geschrieben:Da sind nur Nichtwissen und Wunschvorstellungen (Fantasie).
Das ist eben die falsche Schlussfolgerung - richtig ist, dass es das sein KANN - es aber nicht sein muss.

Dass es keine objektiven Nachweise für Gott gibt, hat schlicht und ergreifend damit zu tun, dass Gott (im Gegensatz zur Natur) auf einer anderen Seins-Ebene "daheim" ist als wir. - Subjekt und Objekt sind also auf verschiedenen Ebenen. - Da das (vermutete) Objekt auf der höheren Ebene ist, kann es nur gleichnishaft abgebildet werden, aber nicht im Original - deshalb gibt es keine objektiven Befunde.

Münek hat geschrieben:es könnte doch sein, dass...Richtig, es könnte aber auch alles andere sein...
Stimmt - deshalb heisst es ja "Glauben". - Und dieser wird genährt von persönlichen Erfahrungen und einer universalen Glaubenskultur in allen Kontinenten über alle Epochen. - Es ist zu einfach, zu sagen, dass sei alles nur Einbildung, weil es für Daseins-Dinge Methoden zur objektiven Erkenntnis gibt.

Pluto
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#273 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Jan 2015, 23:43

closs hat geschrieben:Praktisch stimme ich Dir ja zu - aber es stimmt halt nur, wenn man das setzt, was Descartes einen "wohlwollenden Gott" genannt hat - dass man also annehmen darf, dass die Wahrnehmung selber keine Täuschung ist - in Bezug auf die Res extensa stimme ich da ausdrücklich zu.
Descartes' "cogitatio" ist für die naturwissenschaftliche Untersuchung der Welt völlig irrelevant. Selbst wenn ich noch niemals von Descartes gehört hätte, würde das nichts an den drei erwähnten Möglichkeiten der Erkenntnis ändern.

closs hat geschrieben:Siehe oben. - Erkenntnis-theoretisch könnte es genauso ein Traum sein.
Das ist ein Scheinargument, denn eine solche Traumwelt führt uns direkt in einen naiven und sinnlosen Solipsismus.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#274 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Sa 31. Jan 2015, 00:37

Pluto hat geschrieben:, denn eine solche Traumwelt führt uns direkt in einen naiven und sinnlosen Solipsismus.
Das ist kein erkenntnis-theoretisches Argument - das es Blödsinniges gibt, ist doch unbestritten. - Die Frage lautet: Ist es erkenntnis-theoretisch möglich? - Und da lautet die Antwort JA - also muss man diese Möglichkeit für das weitere Vorgehen ausschließen - also weg-"setzen". - Nur darum geht es mir.

Pluto hat geschrieben:Selbst wenn ich noch niemals von Descartes gehört hätte, würde das nichts an den drei erwähnten Möglichkeiten der Erkenntnis ändern.
Weil Du als Naturwissenschaftler erst anfängst, wenn es pragmatisch wird - das ist kein Vorwurf (Popper hat es genauso gemacht). - Aber es ändert nichts an der Validität dieser Aussagen von Descartes.

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#275 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Sa 31. Jan 2015, 02:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dies gelingt aber nur deshalb, weil die Welt im Großen und Ganzen so ist, wie wir sie wahrnehmen.
Siehe oben. - Erkenntnis-theoretisch könnte es genauso ein Traum sein. Das glaube ich ausdrücklich NICHT - aber das ist kein Argument gegen zwingend logische Schlüsse der Erkenntnis-Theorien.

Wessen Traum? Wer könnte sich eine solche Welt erträumen, in der wir leben?

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#276 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Sa 31. Jan 2015, 02:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da sind nur Nichtwissen und Wunschvorstellungen (Fantasie).
Das ist eben die falsche Schlussfolgerung - richtig ist, dass es das sein KANN - es aber nicht sein muss.

Dein Nichtwissen ist keine Schlussfolgerung, sondern Tatsache. Das wirst Du nicht ernstlich
bezweifeln können. Du kannst von Gott nichts wissen.

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#277 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Sa 31. Jan 2015, 02:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:es könnte doch sein, dass...Richtig, es könnte aber auch alles andere sein...
Stimmt - deshalb heisst es ja "Glauben". - Und dieser wird genährt von persönlichen Erfahrungen und einer universalen Glaubenskultur in allen Kontinenten über alle Epochen. - Es ist zu einfach, zu sagen, dass sei alles nur Einbildung, weil es für Daseins-Dinge Methoden zur objektiven Erkenntnis gibt.

Da auch alles andere sein könnte, besitzt Dein Glauben an Gott keinen Erkenntniswert
- außer für Dich selbst. Der Konjunktiv bedeutet schlicht Nichtwissen. Du wünschst und
erhoffst Dir Gott. Das ist alles. Die "universale Glaubenskultur" lässt sich naturalistisch er-
klären.

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#278 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Sa 31. Jan 2015, 09:15

Münek hat geschrieben:Wer könnte sich eine solche Welt erträumen, in der wir leben?
Das jeweilige Ich - solipsistisch, wie Pluto sagt.

Münek hat geschrieben: Du kannst von Gott nichts wissen.
Im wissenschaftlich-methodischen Sinne ist das nach wie vor richtig. - Es geht hier darum, dass geistige Plausibilitäten und Erfahrungen wahr (also Realität) sein können, auch wenn man sie nicht wissenschaftlich nachweisen kann.

Münek hat geschrieben: besitzt Dein Glauben an Gott keinen Erkenntniswert - außer für Dich selbst.
Bingo - so ist es auch gemeint. - Der Erkenntniswert ist eine Sache zwischen Ich und Geist/Gott. - Und diese Erkenntnisse teilen sich jeweils Milliarden Menschen auf der Welt. - Geist ist nicht nachweisbar, sondern erkennt sich gegenseitig.

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#279 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Jan 2015, 10:31

closs hat geschrieben:Es geht hier darum, dass geistige Plausibilitäten und Erfahrungen wahr (also Realität) sein können, auch wenn man sie nicht wissenschaftlich nachweisen kann.
So lange wie man die Plausibilitätskriterien weder nennen noch beschreiben kann, kann man auch nicht feststellen, was plausibel ist, und was nicht.

closs hat geschrieben:Der Erkenntniswert ist eine Sache zwischen Ich und Geist/Gott. - Und diese Erkenntnisse teilen sich jeweils Milliarden Menschen auf der Welt. - Geist ist nicht nachweisbar, sondern erkennt sich gegenseitig.
Das Problem des Geistes ist schon seit rund 250 Jahren bekannt:
Immanuel Kant hat geschrieben:Wenn alles dasjenige, was von Geistern der Schulknabe herbetet, der große Haufe erzählt, und der Philosoph demonstriert, zusammen genommen wird, so scheinet es keinen kleinen Teil von unserm Wissen auszumachen. Nichts destoweniger getraue ich mich zu behaupten, daß, wenn es jemand einfiele, sich bei der Frage etwas zu verweilen: was denn das eigentlich vor ein Ding sei, wovon man unter dem Namen eines Geistes so viel zu verstehen glaubt, er alle diese Vielwisser in die beschwerlichste Verlegenheit versetzen würde.
[ Quelle: Träume eines Geistersehers ]
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#280 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Jan 2015, 10:43

closs hat geschrieben:Das ist kein erkenntnis-theoretisches Argument - das es Blödsinniges gibt, ist doch unbestritten. - Die Frage lautet: Ist es erkenntnis-theoretisch möglich? - Und da lautet die Antwort JA - also muss man diese Möglichkeit für das weitere Vorgehen ausschließen - also weg-"setzen". - Nur darum geht es mir [...] ...Weil Du als Naturwissenschaftler erst anfängst, wenn es pragmatisch wird
Verstehe den Einwand nicht.
Pragmatismus ist in solchen Sitautionen sehr nützlich. Ich sehe nicht wo man irgendetwas setzen müsste, um die Welt an sich zu erkennen.
closs hat geschrieben:Aber es ändert nichts an der Validität dieser Aussagen von Descartes.
Descartes ist in diesem Fall nicht relevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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