Neuzeitliche Exegese der Bibel

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closs
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#331 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 01:28

Pluto hat geschrieben:An vielen Stellen der Bibel wird von der Naherwartung berichtet.
Zunächst wird erst einmal von der "Erwartung" gesprochen - ob nah oder fern ist Interpretation.

"Die Zeit ist nah" spricht für Naherwartung - "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" spricht für Späterwartung.

Und wenn jetzt die Vertreter beider Interpretationen fleissig sein wollen, werden sie jeweils eine Liste machen können. - Wo ist die Synthese - also das, in dem beides vereint ist - nun zu suchen? - Und da gibt es eben die Miteinbeziehung des "ontologischen" Moments - sprich: Nicht nur die geschichtliche Schiene, sondern auch die persönliche Schiene. - Demnach spräche aus meiner Sicht viel für eine späte geschichtliche Erwartung und viel für eine frühe persönliche Erwartung - manche werden das Kommen Jesu in sich selber noch erleben, bevor sie "den (Daseins-) Tod schmecken" (andere halt erst danach).

Davon abgesehen, dass diese Doppelschienigkeit geistig sehr naheliegend ist, werden damit auch die widersprüchlichen Zitate verständlich. Dass die Urchristen beides zusammengeworfen haben, darf man möglicherweise als Deutungs-Egoismus bezeichnen: Da war die Gier größer als der Geist.

Pluto hat geschrieben:Deshalb bin ich mehr als überrascht über Euren Standpunkt.
Wie würdest Du (nur EIN Beispiel) dasobengenannte Zitat interpretieren: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" ---???---

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sven23
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#332 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 08:31

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn dem so wäre, wäre das erhoffte Ereignis ja längst eingetreten, als Paulus und Petrus ihre Briefe verfaßten.
War es ja auch.

Moment, da entsteht ein neues Problem. Wenn Petrus selbst Zeuge der Verklärung Jesu war, warum schrieb er dann noch:

"In einem der jüngsten Texte des Neuen Testaments, dem so genannten Zweiten Petrusbrief wird explizit auf die Verwirrung in der christlichen Gemeinde wegen der ausbleibenden Parusie Bezug genommen: „Sie werden sich über euch lustig machen und sagen: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn? Inzwischen sind unsere Väter gestorben, aber alles ist noch so, wie es seit Beginn der Welt war... ""
Quelle: Wikipedia

Also scheidet die Verklärung schon mal aus, ebenso die Auferstehung und Pfingsten, denn die waren ja schon Geschichte, als der 2. Petrusbrief entstand.
Paulus geht allmählich in die gleiche Richtung und entwickelt die Idee von der Parusieverzögerung.
Man kann sowieso eine allgemeine Tendenz in den Texten erkennen. Je weiter sie sich zeitlich von Jesus entfernen, desto mehr rücken sie aus pragmatischen Gründen von der Naherwartung ab.

closs hat geschrieben: Weil sie dasselbe nicht gecheckt haben wie heute offensichtlich die Histroisch-Kritischen: Sie haben "das Reich Gottes" als äußeres Phänomen und nicht als inneres Phänomen verstanden. - "Phyloenetisch" ist es ein äußeres Phänomen, "ontogenetisch" ist es ein inneres Phänomen.

Also die Anhängerschaft Jesu waren ja keinen Gebildeten oder Schriftgelehrten, sondern in der Hauptsache einfache Menschen vom Rande der Gesellschaft, man könnte fast schon sagen: der Bodensatz der Gesellschaft, der aus benachteiligten und mit ihrer Lebenssituation unzufriedenen bestand. Denen braucht man mit Sicherheit nichts von phylogenetischen oder ontogenetischen Phänomenen zu erzählen. :lol:
Sie brauchten was Greifbares und Konkretes und da war die Naherwartung das ideale Versprechen, das sich noch zu ihren Lebzeiten erfüllen sollte.
Mit vagen und unbestimmten Versprechen lassen sich Unzufriedene nicht abspeisen, das war damals nicht anders als heute.
Deshalb ist es ja auch verständlich, daß die Naherwartung allgemein fester Glaubensbestandteil war, und Jesus ihnen dieses Versprechen gab.
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sven23
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#333 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 08:44

closs hat geschrieben: Parusie (griechisch Δευτέρα, Παρουσία, parusía, „Gegenwart, Anwesenheit“) bedeutet wörtlich „[Da]beisein“ oder „[Da]nebensein“ - das kann man innerlich oder äußerlich interpretieren. - Vor allem kann man daraus kein Wann herauslesen.

Parusie definiert sich so:
"Im Frühchristentum der ersten zwei bis drei Jahrhunderte nach der Zeitenwende wurde – aufgrund entsprechender Aussagen im Neuen Testament – diese zweite Ankunft für zeitlich nah erhofft, was als Naherwartung bezeichnet wird."

Die zeitlich nahe zweite Ankunft wird ja besonders durch Jesus selbst angekündigt. Den genauen Zeitpunkt gibt er nicht vor, aber er steckt den Zeitrahmen ab und der liegt so in etwa bei einer Generation.
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sven23
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#334 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 09:57

Die historisch kritische Methode kann ja schon auf eine lange Tradition zurückblicken. Sie hat sicher auch dazu beigetragen, die Bibel zu entmystifizieren und als Menschenwerk zu begreifen, das immer auch von Interessen gesteuert war und vielen Veränderungen und auch Fälschungen unterworfen war.

http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch ... he_Methode

"Durch die Erweiterung des naturwissenschaftlichen Weltbildes sind in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten ständig aufs Neue biblische Inhalte als veraltet und in ihrer oftmals lächerlich kleingeistigen, geschichtlichen Bedingtheit und ethnozentrischen (auf das eigene Volk bezogenen) Zweckmäßigkeit durchschaut worden. Die textkritische und historische Arbeit mehrerer Forschergenerationen hat zudem seit mehr als einem Jahrhundert die vielschichtige Herkunft der Texte der Bibel aufgezeigt, wodurch es immer schwerer fiel, sie als »Wort Gottes« anzusehen oder ihnen irgendwie »heilige« Ursprünge zuzusprechen"
http://www.glauben-und-wissen.de/M19.htm
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#335 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 09:57

sven23 hat geschrieben:„Sie werden sich über euch lustig machen und sagen: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn? Inzwischen sind unsere Väter gestorben, aber alles ist noch so, wie es seit Beginn der Welt war... ""
Da zitiert er die Leute - vielleicht ist es auch seine Meinung. - Du gehst zu wenig darauf ein, dass auch die Jünger den geistigen Charakter Jesu Aussagen oft genug nicht gepeilt haben.

Dann die Frage auch an Dich: Wie würdest Du (nur EIN Beispiel) dasobengenannte Zitat interpretieren: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" ---???---

sven23 hat geschrieben: Denen braucht man mit Sicherheit nichts von phylogenetischen oder ontogenetischen Phänomenen zu erzählen.
Das Erklären ist "gebildet" - das Phänomen selbst ist normal. - Behauptet doch keiner, dass man darüber diskutiert hat.

sven23 hat geschrieben:Sie brauchten was Greifbares und Konkretes und da war die Naherwartung das ideale Versprechen, das sich noch zu ihren Lebzeiten erfüllen sollte.
Das ist der richtige Ansatz - sie BRAUCHTEN etwas und haben es sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten geholt - und manche Jünger haben sie wohl darin bestärkt. - Kontaminierung.

sven23 hat geschrieben:und Jesus ihnen dieses Versprechen gab.
Nein - das heisst es nicht. Er wurde nicht verstanden - wie so oft.

sven23 hat geschrieben:Parusie definiert sich so
1) Parusie = Ankunft
2) Diese wurde nah erhofft,

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Andreas
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#336 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 09:59

Salome23 hat geschrieben:Was sahen sie denn, dass du es als "Reich Gottes" bezeichnest?
Ich beschreibe dir, was ich aus den Verklärungstexten an eigenen Erfahrungen wiedererkenne. Ich trage die Stellen mal aus Mt, Mk und Lk zusammen:

Sie kamen in einen anderen Bewusstseinszustand ...
Petrus aber und die bei ihm waren, waren voller Schlaf. Als sie aber aufwachten, sahen sie, wie er verklärt war
... was auch eine veränderte Wahrnehmungsfähigkeit zur Folge hat.
Intensivere Wahrnehmung von Farben - andere "Optik":
und seine Kleider wurden hell und sehr weiß, wie sie kein Bleicher auf Erden so weiß machen kann.
und sein Gewand wurde weiß und glänzte.
und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne
Wer schon mal mit LSD Erfahrungen gemacht hat, kennt solche Effekte. Ich meine jetzt aber keine Halluzinationen, bei denen man Sachen sieht, die nicht da sind. Es sieht alles so aus wie immer, nur die Farben sind anders, intensiver (aber nicht bunter), tiefer (aber nicht dunkler) irgendwie leuchtender und strahlender.

Ein anderer Effekt: Die Gesichter von Menschen verlieren irgendwie ihre "Fassade".
Sie erschienen verklärt
sahen sie, wie er verklärt war, und die zwei Männer, die bei ihm standen.
wurde das Aussehen seines Angesichts anders
Man erkennt das eigentliches "Wesen" der anderen viel deutlicher. Die kleinsten Gefühlsregungen des anderen "springen einen förmlich an" - stark gesteigerte Empathie (sehr aktive Spiegelneuronen?). Es ist, als würden die Gefühle des anderen auf einen selbst übertragen.

Die "normale" Distanz zum anderen bietet dem "Ich" einen gewissen Schutz, einen eigenen Raum. Diese Distanz verschwindet immer mehr. Man bekommt eine starke Verbindung, als wäre man "ein Fleisch". Den oder die anderen so "intim" zu erleben ist sehr ungewohnt. Manche erschreckt diese ungewöhnliche Intimität zunächst.
denn sie waren ganz verstört.
Wenn man sich ein wenig daran gewöhnt hat, weicht die Angst und man beginnt diese Nähe zu den anderen zu genießen. Diese Intimität wird immer umfassender, dehnt sich immer weiter aus, auf Pflanzen, Tiere selbst auf Steine, auf die ganze Umgebung, man steht auf "heiligem Boden" - diese liebevolle Intimität wird immer weiter, umfängt das gesamte Universum - bis man Eins mit Allem ist. Das sind die schönsten Erlebnisse, die ich je hatte - ohne Drogen und Jahrzehnte nach meinen spärlichen LSD Erfahrungen.

Der Begriff "Reich Gottes" trifft den Nagel auf den Kopf. Die Zeit steht still. Alles ist gut.
Und Petrus fing an und sprach zu Jesus: Rabbi, hier ist für uns gut sein.
Der Petrus will gar nicht mehr weg, will sich hier gleich mit den anderen häuslich einrichten - weil er sich da zu Hause fühlt, seine "Heimat" wiedergefunden hat.
Wir wollen drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.
Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Moses eine und Elia eine.
Das geht natürlich nicht, weil den drei Aposteln "das gelobte Land in dem Milch und Honig fließt" zunächst nur gezeigt wird, wie einst Abraham und Mose - wirklich hinein und für immer bleiben dürfen sie noch nicht.

Aus dieser Fülle wieder ins normale Bewusstsein zurückzukehren ist zunächst ebenfalls erschreckend.
Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein.
Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!
Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein.
Diese Qualität des Erlebens wird immer weniger, geht immer mehr verloren, es ist als würde man beraubt, man ist dem so ausgeliefert, man kann nichts dagegen tun. Dann ist alles wieder "normal" - nur die Erinnerung bleibt und das schmerzliche Gefühl des davon Getrenntseins.

In manchen Kulturen werden Drogen, z.B. Peyote in einem religiösen Kontext genutzt. Andere erleben so etwas durch Meditation oder Exerzitien. Wieder anderen wurden solche Geschenke spiritueller Erfahrungen einfach so, "aus heiterem Himmel" gemacht und viele bringen das nicht mal mit Religion in Verbindung. Die christlichen Mystiker scheinen irgendwie aus der Mode gekommen zu sein.

Hier in der Bibel wird bei der Verklärung sicher kein Drogentrip beschrieben sondern ein Geschenk, dass Jesus seinen Jüngern machte.
Zum Thema Naherwartung: "Das Reich Gottes ist nahe." Das ist nicht zeitlich gemeint. Es ist immer da - Hier und Jetzt auch. Wir leben jetzt "im Garten Eden", im "gelobten Land, wo Milch und Honig fließt", im "Sein" - nur unsere Wahrnehmung ist eingeschränkt auf die materiellen Erscheinungen, das "Dasein". Nur das können wir im Augenblick wahrnehmen. Unser Blick - auf das "Sein", das uns umfängt - ist durch unser Ego verstellt, behindert, getrennt und irgendwie in der Materie gefangen.

Im Markus Evangelium schließt die "Verklärung" unmittelbar an die "Nachfolge" an. Das ist kein Zufall.
Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten. Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?
Dieses "der verleugne sich selbst" meint unser Ego, unser verhaftet sein in der Welt, das diese scheinbare Distanz von Gott verursacht.

Die "Nachfolge" wiederum schließt direkt an die erste Ankündigung des Leidens und der Auferstehung an und endet mit
Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
Das muss man alles im Zusammenhang sehen, dann wird auch klar, warum Jesus den Petrus mit auf den Berg nimmt: Damit er einen Blick für das Göttliche bekommt, und das Menschliche nicht mehr so wichtig nimmt.

Ist jetzt ein wenig lang geworden. Macht nix, wird bestimmt gleich wieder mit einem Zweizeiler "pulverisiert". :lol:
Zuletzt geändert von Andreas am So 4. Jan 2015, 11:54, insgesamt 1-mal geändert.

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#337 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 10:03

So, wie Du zitierst, ist das ja auch gut. - Auch aus meiner Sicht gab/gibt es im traditionellen Christentum eine Menge Aberglauben, den man mit Hilfe der h.k.M. zum Teil austreiben kann. - Allerdings fehlt mir der Kompass seitens der h.k.M. - um das satirische Beispiel noch mal zu wiederholen:

Wenn Jesus gesagt hätte "Ich bin total im Eimer", wäre es KEINE Lösung, wenn in man sämtlichen Eimer der Antike nachschauen würde, nichts findet, um dann triumphierend zu sagen: "Jesus lügt hier/täuscht sich hier". - Das ist Satire, könnte aber ein Hinweis sein, wo's bei der h.k.M. hapert.

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#338 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 10:09

closs hat geschrieben: Wenn Jesus gesagt hätte "Ich bin total im Eimer", wäre es KEINE Lösung, wenn in man sämtlichen Eimer der Antike nachschauen würde, nichts findet, um dann triumphierend zu sagen: "Jesus lügt hier/täuscht sich hier". - Das ist Satire, könnte aber ein Hinweis sein, wo's bei der h.k.M. hapert.

Ach komm schon, so bescheuert muß man die h.k.M. nun auch nicht hinstellen.
Der Vorwurf geht wohl eher an die Wortwörtlichen.
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#339 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 10:24

closs hat geschrieben:Da zitiert er die Leute - vielleicht ist es auch seine Meinung. - Du gehst zu wenig darauf ein, dass auch die Jünger den geistigen Charakter Jesu Aussagen oft genug nicht gepeilt haben.

Natürlich zitiert er die Leute, die Jesu Wort noch im Ohr haben und er selbst war ja als Augen-und Ohrenzeuge dabei. Deshalb wäre leugnen zwecklos und total unglaubwürdig.
Und wenn die Jünger ihn (Jesus) nicht verstanden haben, hat er doch alle Zeit der Welt, die Mißverständnisse zu korrigieren. Wenn er (Jesus) es nicht mal bei seinen engsten Vertrauten schafft, seine Botschaft klar zu vermitteln, was erwartet er da von andern Zuhörern?

closs hat geschrieben: Dann die Frage auch an Dich: Wie würdest Du (nur EIN Beispiel) dasobengenannte Zitat interpretieren: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" ---???---

Es wird ja nicht konkret. Welches Volk, welches Königreich, wann? Alles bleibt nebulös wie beim Astrologen. Die Welt ist groß und irgenwo ist immer was. Jedenfalls widerspricht es nicht der Naherwartung innerhalb einer Generation/Menschenlebens.
Und innerhalb eines Menschenlebens kann viel passieren. Ich erinnere daran, daß manche innerhalb ihrer Lebensspanne 2 Weltkriege erleben mußten.


closs hat geschrieben: Das ist der richtige Ansatz - sie BRAUCHTEN etwas und haben es sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten geholt - und manche Jünger haben sie wohl darin bestärkt. - Kontaminierung.

Sie brauchten es und Jesus gab es ihnen, so wie viele andere Heilsbringer und Messiasse zu dieser Zeit auch. Heilsversprechen waren das Kerngeschäft der vielen Propheten und Messiasse und diese mußten zeitnah erfolgen, sonst hätten sie keine Anhänger gefunden.


Die Naherwartung ist ein geschichtliches Faktum, das durch Aussagen Jesu befördert wird.
Zuletzt geändert von sven23 am So 4. Jan 2015, 10:39, insgesamt 1-mal geändert.
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#340 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » So 4. Jan 2015, 10:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allein die diesbezüglichen Angaben in der "Offenbarung des Johannes" .... beweisen, dass Du falsch liegst.
Diese Stellen sind gute Indizien für Deine Version - Beweis sind sie nicht. - Denn dann müsste man dagegenfragen:
1) Warum macht sich Jesus noch die Mühe, eine Ecclesia zu installieren?
2) Was sollen die 7(?) Zeitalter in der Offenbarung? - Da müsste es ja ganz schön flott zugehen, wenn sie innerhalb einer "Generation" ablaufen sollten.
3) etc.

Ach Kurt,

es ist schon beinahe rührend zu sehen, wie Du Dich abstrampelst. :mrgreen:

Selbstverständlich sind die von mir aus der Johannesapokalypse zitierten
Zeitangaben ("in Kürze", "die Zeit ist nahe", "ich komme bald") keine Indi-
zien, sondern nicht wegzudiskutierende Beweise für seine vom auferstan-
denen Christus in der Apokalypse selbst angekündigten kurz bevorstehen-
den Wiederkunft
(Parusie) Offb. 1,7:

"Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und
alle, die ihn durchbohrt haben".

Tja, da beißt die Maus keinen Faden ab. :thumbup:

Im Übrigen herrscht unter den wissenschaftlich forschenden Theologen Ei-
nigkeit darüber, dass Jesus angesichts der Nähe des von ihm angekündigten
Gottesreiches ganz bestimmt keine Kirche gründen wollte. Entsprechende
Aussagen sind ihm von Matthäus in dessen etwa im Jahr 80 n. Chr. verfass-
ten Evangelium (16:18) nachträglich in den Mund gelegt worden.

Sagt Dir übrigens der Begriff "Parusieverzögerung" etwas und welches Problem
dieses Ausbleiben der Wiederkunft Christi den urchristlichen Gemeinden berei-
tete und wie diese versuchten, dieses Problem in den Griff zu kriegen? Google
mal nach. Du wirst überrascht sein.

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