Der totalitäre Gott.

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#351 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Mo 29. Dez 2014, 21:24

sven23 hat geschrieben:, aber Gott will das so?
Er verhindert es nicht. - Er hätte es verhindern können, indem er unmittelbar nach dem Sündenfall die Schotten dicht gemacht hätte und A+E bewusstlos belassen hätte - als Schafe auf der Weide (noch besser: den Baum erst gar nicht hingestellt hätte). - Aber bewusstlose Schafe scheint Gott auf Dauer nicht zu wollen - also bedarf es des dialektischen Raums von gut und böse - und da ist eben dann auch der Satan/das Satanische.

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sven23
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#352 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 29. Dez 2014, 21:29

closs hat geschrieben:Er verhindert es nicht. - Er hätte es verhindern können, indem er unmittelbar nach dem Sündenfall die Schotten dicht gemacht hätte und A+E bewusstlos belassen hätte - als Schafe auf der Weide (noch besser: den Baum erst gar nicht hingestellt hätte). - Aber bewusstlose Schafe scheint Gott auf Dauer nicht zu wollen - also bedarf es des dialektischen Raums von gut und böse - und da ist eben dann auch der Satan/das Satanische.

Dann war das Paradies von Anfang an eine Fehlkonstruktion, man könnt auch salopp Verarschung sagen, nach dem Motto: das wär ihr Preis gewesen und dann gabs den Arschtritt.

Und dann läßt er auch noch den Teufel "verhindern" und hindert ihn trotz seiner Allmacht nicht.

Also wenn man sich das so anhört, dann sehe ich mich geneigt, mich Albert Einstein anzuschließen:

"Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden .... Keine noch so feinsinnige Auslegung kann etwas daran ändern. Diese verfeinerten Auslegungen sind … höchst mannigfaltig und haben so gut wie nichts mit dem Urtext zu schaffen. ... Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie jede andere der Inbegriff des kindischsten Aberglaubens."
(Albert Einstein, Physiker,1879-1955)

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#353 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Mo 29. Dez 2014, 21:39

sven23 hat geschrieben:Dann war das Paradies von Anfang an eine Fehlkonstruktion
Das Paradies ist ein Gleichnis für die naive Idylle, die es nie gab - die es aber in Form dessen, was manche "Visio Beatifica" nennen, in bewusst erkannter Gestalt (wieder-)geben soll.

sven23 hat geschrieben:Und dann läßt er auch noch den Teufel "verhindern"
Wenn der dialektische Raum nötig ist, bedarf es auch des Teufels. - Wenn es dieses Raums NICHT bedarf, hätte es nie einen Urknall gegeben.

sven23 hat geschrieben:Also wenn man sich das so anhört, dann sehe ich mich geneigt, mich Albert Einstein anzuschließen
Deskriptiv bin ich da gar nicht so weit weg. - Aber hier geht es um Inhalte.

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#354 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Pluto » Mo 29. Dez 2014, 21:43

closs hat geschrieben:Wenn der dialektische Raum nötig ist, bedarf es auch des Teufels. - Wenn es dieses Raums NICHT bedarf, hätte es nie einen Urknall gegeben.
Hmm...
Eine erstaunliche Mutmaßung. — Wie kommst du denn darauf?

der Teufel war an allem schuld? :shock:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#355 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 29. Dez 2014, 21:47

closs hat geschrieben:Das Paradies ist ein Gleichnis für die naive Idylle, die es nie gab -

Häh, die gab es nie? Also erzählt die Bibel hier Märchen? Aber du bist aber sicher, daß es sie mal geben wird. :roll:

Tja, wie es aussieht, unterliegt dieser Gott also auch Sachzwängen. So ein Gott ist halt auch nur ein Mensch. Das spricht gegen seine Allmacht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#356 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Mo 29. Dez 2014, 22:11

sven23 hat geschrieben: Also erzählt die Bibel hier Märchen?
Es gibt Christen, die die Genesis historisch verstehen - so lange es substantiell zum selben Ergebnis führt, soll es mir recht sein. - Ich sehe die Genesis NICHT als historisches Geschehen, sondern als menschen-gemachte Chiffre zur Offenbarung einer transzendenten Wahrheit - das kann man dann Mythos nennen.

sven23 hat geschrieben: Das spricht gegen seine Allmacht.
Hatten wir auch schon - man kann sophistisch fragen, ob ein Gott, der Eigen-Bewusstsein des Menschen will, ihm dieses Eigen-Bewusstsein schenken kann, ohne dass der Mensch davon betroffen ist. - Ich meine NEIN, weil "eigen" gerade das ist, was man selber erwerben muss.

Mir kommt das so vor wie der Lord, der zu seinem Diener sagt "James, erbrechen Sie sich - mir ist schlecht" - geht nicht.

Pluto hat geschrieben:Eine erstaunliche Mutmaßung. — Wie kommst du denn darauf?
Sobald es Zeit und Materie gibt, gibt es Entwicklung und Dialektik (allein Proton und Neutron sind schon ein dialektisches Gebilde) - damit ist der rein geistige Raum verlassen (das, was man spirituell "Pax et Lux" oder "Visio Beatifica" oder auch "Gott" nennt).

Pluto hat geschrieben:der Teufel war an allem schuld?
Überhaupt nicht - der Teufel ist Folge davon, dass es Dialektik geben soll/muss.

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#357 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Salome23 » Mo 29. Dez 2014, 22:21

Überhaupt nicht - der Teufel ist Folge davon, dass es Dialektik geben soll/muss.
Was? Den gabs doch schon vor der Erschaffung der Welt-also muss es Dialektik auch schon "davor" gegeben haben...
Wo?

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#358 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Mo 29. Dez 2014, 22:41

Salome23 hat geschrieben: Den gabs doch schon vor der Erschaffung der Welt-also muss es Dialektik auch schon "davor" gegeben haben...
Das sind doch Chiffren. - Der Abfall des Licht (!)-Engels aus dem göttlichen Sein ist doch nichts anderes als die Blaupause für den Sündenfall beim Baum der Erkenntnis (Erkenntnis = Licht).

Sobald die Schöpfung (ob jetzt Engel oder Mensch) ein Potential zur Selbst-Reflexion hat, UND dieses Potenzial wird aktiviert, findet automatisch der "Sündenfall" statt, weil damit eine Gegenkraft zum Bisherigen (Einssein von Gott und Schöpfung/Mutter und Embryo) auf die Bühne kommt. - Gibt es aber zwei Orientierungs-Größen (Wurzel/Mutter/Gott contra Ich), haben wir automatisch unseren dialektischen Raum - gut und böse.

Diesen dialektischen Raum kann man entschärfen, indem man das eine ins andere integriert (besser "aufhebt" - natürlich im hegelschen Sinne :angel: ). - Vorgesehen ist, dass der Mensch am Ende in seinen Ursprung, also Gott aufgehoben wird, indem er sein Ich in Gott aufhebt/aufheben lässt.

En vogue seit dem 20. Jh. ist das Gegenteil: Man versucht, alles ins Ich aufzuheben (auch Gott) - modern nennt man das "Aufklärung", biblisch nennt man es "Babel". :devil: :engel: :angel: :silent: :lol:

Salome23
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#359 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Salome23 » Mo 29. Dez 2014, 23:33

Sobald die Schöpfung (ob jetzt Engel oder Mensch) ein Potential zur Selbst-Reflexion hat,
Du kannst doch nicht einfach die Paradiesstory, die sich nur auf die ersten beiden Menschen bezog , automatisch auf alle Menschen transferieren.
Da kommt dann nämlich diese katholisch erfundene "Erbsünde" bei raus.
Ich kann doch dich nicht die Scheisse ausbaden lassen, die eventuell dein Urururururururugrossvater begangen hat.

Eigentlich müsste jeder Mensch erst mal durch diesen "Garten Eden" durch (geht man von deiner Version aus)
Ist aber nicht so, denn wir werden schon so geboren, dass wir das Potenzial von Geburt an in uns tragen, sowohl richtig als auch falsch handeln zu können, ohne dass es uns unbedingt "bewusst" sein muss.
Und jetzt kommt Paulus und erklärt, warum das Gesetz gut ist-denn ohne Gesetz kann die Sünde nicht offenbar werden
Aber die Sünde erkannte ich nicht außer durchs Gesetz.
Die beiden Schätzchen aus dem Paradies wussten aber nicht mal , was Sünde ist.
Die Sünde aber nahm das Gebot zum Anlass und erregte in mir Begierden aller Art; denn ohne das Gesetz war die Sünde tot.
Nicht die Schlange, sondern die Begierde bringt zum Fall.
Upps...jetzt bin ich aber etwas ausgeschweift...
Diese Paradiesstory ist nicht mal als Chiffre nötig, denn Gott konnte sprechen und Adam und Eva erklären und erziehen, was Sache ist..wie Mr. Moses es tat
So einen Blödsinn mit Bäumen und sprechenden Schlangen kann sich nur ein Mensch ausgedacht haben.

closs
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#360 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Di 30. Dez 2014, 00:21

Salome23 hat geschrieben:Du kannst doch nicht einfach die Paradiesstory, die sich nur auf die ersten beiden Menschen bezog , automatisch auf alle Menschen transferieren.
Naja - A+E stehen da als Urbild für den Menschen an sich.

Salome23 hat geschrieben:Da kommt dann nämlich diese katholisch erfundene "Erbsünde" bei raus.
Natürlich.

Salome23 hat geschrieben:Ich kann doch dich nicht die Sch**** ausbaden lassen, die eventuell dein Urururururururugrossvater begangen hat.
So ist es ja nicht. - Das ist einer dieser Irrtümer, den auch manche Glaubensgemeinschaften verbreiten - als hätten sich A+E einer persönlichen Schuld (im Sinne von bewusster Schuld) schuldig gemacht. - "Schuld" ist anders gemeint als es heute verstanden wird - es ist ein Attribut des Menschen, wie es ein Arm oder ein Bein auch ist - einfach da, muss man gar nichts selbst machen.

Salome23 hat geschrieben: denn wir werden schon so geboren, dass wir das Potenzial von Geburt an in uns tragen, sowohl richtig als auch falsch handeln zu können, ohne dass es uns unbedingt "bewusst" sein muss.
Und jetzt kommt Paulus und erklärt, warum das Gesetz gut ist-denn ohne Gesetz kann die Sünde nicht offenbar werden
Genau so ist es.

Salome23 hat geschrieben:Und jetzt kommt Paulus und erklärt, warum das Gesetz gut ist-denn ohne Gesetz kann die Sünde nicht offenbar werden
Stimmt - erst durch eine Kalibrierung (= Gesetz) wird ersichtlich, was links von Null und rechts von Null ist ("böse"/"gut").

Wobei (siehe Röm. 2,14) mit "Gesetz" nicht notwendigerweise ein geschriebenes Gesetz gemeint sein muss - dieses kann nur der Versuch sein, das innere "Gesetz in mir" (Kant) zu formulieren. - "Gewissen" (gotisch: "mit-wizzei") ist das Mit-Wissen (Con-Scientia" = Bewusstsein) des Menschen an göttlichen Gesetzen - Gewissen ist gemeint als göttliche Exklave im Menschen.

Salome23 hat geschrieben:Die beiden Schätzchen aus dem Paradies wussten aber nicht mal , was Sünde ist.
Das sehen manche Glaubensgemeinschaften NICHT so, weil sie händeringend die Delikt-Fähigkeit des Menschen brauchen, um "Schuld" im heute gängigen Sinne des Wortes ("Selbstverantwortung" und Gedöns) verteilen zu können. - Ich stimme Dir jedoch hier ausdrücklich zu.

Deshalb nochmals: Schuld ist ein Attribut, das man auch ohne Eigenanteil hat.

Salome23 hat geschrieben:Nicht die Schlange, sondern die Begierde bringt zum Fall.
Die Schlange erregt die Begierde, die zu Fall bringt. - Da aber auch Begierde eine ich-orientierte Größe ist, platzt auch damit der Dualismus/die Dialektik auf - die Ich-Begierde ist in Konkurrenz zur Gott-Orientierung.

Salome23 hat geschrieben: denn Gott konnte sprechen und Adam und Eva erklären und erziehen, was Sache ist
Erklär mal einem 3Jährigen, dass er nicht auf die Herdplatte langen darf - das nützt sogar dann nichts, wenn Du einen Rechtsanwalt als Verstärkung holst. ;)

"Erwirb es, um es zu besitzen", sagt Goethe. - Erfahrung kann man nicht verordnet bekommen, sondern sich nur selber erwerben - oft über Leid.

Salome23 hat geschrieben:So einen Blödsinn mit Bäumen und sprechenden Schlangen kann sich nur ein Mensch ausgedacht haben.
Das sind halt Chiffren - Gleichnisse - Bilder ---- und als solche gut gemacht.
Zuletzt geändert von closs am Di 30. Dez 2014, 00:34, insgesamt 1-mal geändert.

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