Rembremerding hat geschrieben: Ob der Verfasser dies ebenso betrachtete oder vielmehr die sicherlich über alle Maßen weise göttliche Inspiration mit seinen geringen menschlichen Mitteln adäquat umzusetzen vermochte, wage ich zu bezweifeln.
Ich auch - aber auch das ist ein Motiv, das mir in der Bibel schon oft begegnet ist: Ein Akteur/ein Verfasser sagt etwas und beweist einen Satz oder einige Absätze später, dass er selbst nicht kapiert hat, was er da gerade gesagt hat. - Das ist übrigens der Punkt, an dem ich konkret von "göttlicher Inspiration" sprechen würde: Dem Menschen wird etwas in den Mund gelegt, was dieser selber nicht kapiert.
Rembremerding hat geschrieben:Du gibst dem Menschen nichts mit, ich gebe ihm alles mit, was Gott in ihn hineinlegte.
Jein - mitgegeben als Potential ist dem Menschen alles, aber er muss es sich erst während der Heilsgeschichte erwerben.
Rembremerding hat geschrieben:1. Kapitel seines Römerbriefs
Wahrscheinlich interpretieren wir auch hier unterschiedlich - für mich steht hier (bewusst pointiert gesagt): "Gott macht dem Menschen spürbar deutlich, dass sie in ihrem Nicht-Erkennen die Wahrheit niederhalten. Sie könnten es sehen, wenn sie geklärte Augen für das Wahre hätten. - Gesagt wurde es ihnen, aber sie checken es einfach nicht. Und so lässt sie Gott in ihrem Irrtum (bis der Moment da ist, an dem Schluss mit Irrtum ist".
Rembremerding hat geschrieben: Du sprichst eher davon, dass sie zwar da ist, aber vom Menschen nicht erkannt werden kann, ehe sie sich nicht entfaltet durch Lehre.
Nicht ganz. Die Wahrheit ist als Phänomen da, wird aber nicht wahrgenommen. - Dass sie durch Lehre (der Bibel) wahrgenommen werden könnten, glaube ich nur sehr bedingt. - Ich glaube eher, dass die Lehrmeister die Liebe und die Not/das Leid sind - DANN macht das Gehörte der Bibel Sinn,´weil man dann versteht, was man gehört hat.
Rembremerding hat geschrieben: Man kann/muss sich für Liebe entscheiden können
Lassen wir das für einen Moment stehen und fragen uns, WAS eigentlich die Grundlage ist, sich dafür zu entscheiden. - Dazu eine persönliche Erfahrung: Ich habe immer aus dem Glauben an einen Sinn gelebt - das heisst bspw. konkret: Man muss nicht jedem Rock nachrennen, wenn es eine Ehekrise gibt, weil man weiss, dass ein großer Sinn dahinter steht.
In Deinem Sprachgebrauch KÖNNTE man jetzt sagen: "Aha - da hat sich jemand für Liebe entschieden". - Dann würde ich antworten: "Jein - eigentlich habe ich mich für einen göttlichen Sinn entschieden, und damit kann man sich auch für Leid entscheiden". - Dann fragt der Nächste: "Was hat das mit 'Liebe' zu tun?" - Und schon sind wir wieder im Sprach-Ragout.
Aus meiner Sicht ist man begnadet oder nicht, einen göttlichen Sinn zu erkennen und folgt dem, so weit man es kann (man kann es erfahrungsgemäß nicht immer). Das Entscheidende dabei scheint mir zu sein, dass man merkt, wenn man es nicht schafft und somit überhaupt in der Lage ist, darunter zu leiden. - Dieses Leid wiederum hilft, den Weg zum göttlichen Sinn leichter wiederzufinden, weil dann das Leiden weniger wird.
Diese (aus meiner Sicht: christliche) Denkweise wird imo heute überhaupt nicht mehr verstanden - und damit sind wir wieder am Anfang: Wie will sich jemand für etwas entscheiden, was für ihn von seiner ganzen Formatierung her fremd ist?
Rembremerding hat geschrieben:Denn gerade eine Feindesliebe ist keine gefühlsmäßige "Naturgewalt" der Liebe, sondern eine Liebe, welche durch Vernunft und Glaube ihr Ziel findet.
Ich könnte aus purer Panik Feinde erschießen - das soll man nicht ausschließen. - Trotzdem kann ich Dir versichern, dass ich es schon als natürliche Regung empfinde, im Menschen, der zufällig Dein Feind ist, den Nächsten zu sehen. - Das soll kein Widerspruch zu Deiner Aussage sein, sondern eigentlich eher ein weiterer Hinweis, dass dem Menschen etwas zu erkennen gegeben ist oder nicht - denn es gibt sicherlich Menschen, die WIRKLICH meinen, der Feind sei persönlich ein "Böser".
Rembremerding hat geschrieben:Es gilt, um heilig zu werden, dass unser Geist den Leib beherrscht, und nicht umgekehrt.
Zustimmung.
Rembremerding hat geschrieben: aber die Liebe, die uns vom Geist angeboten wird und von uns gewollt ist,
Siehst Du - da bin ich einfach pessimistischer, vielleicht auch realistischer. Vielleicht hat das mit unserer Einschätzung des Bewusstseins-Status von A & E zu tun.
Du könntest meinen, dass Adam ein vollkommen bewusster Mensch war, der im Bewusstsein göttlicher Liebe diese verworfen hat, sie also nicht gewollt hat. - Ich sehe es ganz anders so, dass Adam ein Bewusstseins-Embryo war, der vom Baum der Erkenntnis essen MUSST, um überhaupt ein bewusster Mensch werden zu können. - Insofern ist für mich das "Essen vom Baum der Erkenntnis von gut uns böse" der Anfang der Heilsgeschichte, also Bewusstseins-Geschichte. - Der Mensch fängt mit allem Potential aber mit null Aktivierung dieses Potentials an. Er muss also in den Zustand gebracht werden, dass er das, was Du wahrscheinlich als gegeben setzt, mühsam ("unter Schmerzen") erlernen/erkennen.
Insofern ist MEINE entscheidende heilsgeschichtliche Frage: Wann ist der Mensch (ontogenetisch) so weit, dass er die Liebe Gottes erkennen und dadurch wollen KANN.