Der totalitäre Gott.

Säkularismus
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sven23
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#311 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Sa 20. Dez 2014, 13:13

closs hat geschrieben:Wie will der Wahrnehmende nachweisen, dass der Offenbarungs-Geber nicht auch Phantasie ist? -

Überhaupt nicht. Es kann alles auf reiner Fantasie gründen und wahrscheinlicht tut es das auch.

closs hat geschrieben: Das wäre doch normalerweise DEIN Argument. - Mit anderen Worten: Deine Unterscheidung kann ich substantiell nicht nachvollziehen.

Ist doch ganz einfach:
Offenbarung beruht auf subjektiver Fantasie, deshalb auch die vielen Sekten und Splittergruppen.

Gäbe es einen Gott, der sich selbst offenbart, würde er sich nicht auf so unterschiedliche und mißverständliche Weise darstellen. Da er das aber offensichtlich nicht tut, bleibt nur ein Schluß übrig.

closs hat geschrieben: Würde die historisch-kritische Methode (wider Erwarten) nachweisen, dass es Jesus nicht in der vom Christentum geglaubten Weise gäbe, würde mein Puls normal bleiben. - Dann wäre die phylogenetische Heilsgeschichte halt (wie bei den Juden) noch im AT - trotzdem wäre ich selber schon im NT.

Das wiederum ist mir unerklärlich. Und mit dieser Meinung stehst du sicher (in diesem Fall mit Recht) alleine da.
Es soll keinen Einfluß auf das Christentum haben, wenn es Christus nicht gegeben hat?
Kein Sohn Gottes, keine Jungfrauengeburt, keine heilsgeschichtliche Erlösung der Menschheit.
Man kann doch nicht einerseits die Bibel immer wieder als Zeuge für seinen Glauben benennen, und andererseits behaupten, es wäre egal, wenn das NT auf Betrug basiert.
Das solltest du unseren verehrten Lesern näher erläutern.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#312 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Sa 20. Dez 2014, 15:12

sven23 hat geschrieben:und wahrscheinlicht tut es das auch.
Nur dann wahrscheinlich, wenn man eine entsprechende Weltanschauung unterlegt.

sven23 hat geschrieben:Gäbe es einen Gott, der sich selbst offenbart, würde er sich nicht auf so unterschiedliche und mißverständliche Weise darstellen.
Unter authentischen Christen sind solche Offenbarungen intersubjektiv teilbar - so unterschiedlich kann also gar nicht sein. - Die historischen/biblischen Offenbarungen dagegen muss man im Licht der jeweiligen Epoche sehen - würde sich heute Gott einem Volk offenbaren, würde es ganz anders aussehen als im AT, weil sich unsere Wahrnehmungs-Muster geändert haben. - Gott ist derselbe - die Ausdrucksformen werden angepasst.

sven23 hat geschrieben:Es soll keinen Einfluß auf das Christentum haben, wenn es Christus nicht gegeben hat?
Das habe ich ganz sicher NICHT gesagt. :lol: - Denn in diesem Fall gäbe es überhaupt kein Christentum.

sven23 hat geschrieben:Das solltest du unseren verehrten Lesern näher erläutern.
Hätten die Juden recht, wäre die Religion der Bibel kein Wendepunkt, sondern ein Zwischenschritt. - An den grundlegenden Fragen zu Sein und Dasein, Erlösungs-Notwendigkeit, etc. würde sich nichts ändern. - Die Bibel er-findet nicht etwas, sondern findet etwas und zeigt es. - Gäbe es die Bibel nicht, müsste es woanders gefunden werden.

sven23 hat geschrieben: keine heilsgeschichtliche Erlösung der Menschheit
Doch - die muss eh stattfinden. - Und um eines zu unterstreichen: Es ist doch nicht so, dass Gott in Jesus am Kreuz hängt, und das war's dann. - Das Kreuz ist eine Wahrnehmungs-Größe in der Zeit für etwas, was Gott auch schon im AT erlitten hat und auch heute jeden Tag erleidet - nur eben nicht ersichtlich wie in Jesus. - Hier treffen wieder über-zeitliches Gottes-Wesen und zeitliche Menschen-Wahrnehmung aufeinander.

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sven23
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#313 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Sa 20. Dez 2014, 15:44

closs hat geschrieben: Unter authentischen Christen sind solche Offenbarungen intersubjektiv teilbar - so unterschiedlich kann also gar nicht sein.

Immerhin so unterschiedlich, daß sich das Christentum in eine Unzahl von Abteilungen aufspaltete mit zum Teil höchst unterschiedlichen Auslegungen.

closs hat geschrieben: - Die historischen/biblischen Offenbarungen dagegen muss man im Licht der jeweiligen Epoche sehen - würde sich heute Gott einem Volk offenbaren, würde es ganz anders aussehen als im AT, weil sich unsere Wahrnehmungs-Muster geändert haben.

Logisch, weil sich die Zeiten geändert haben. Gott als menschliche Projektion ist ein Spiegel der Zeit. Das würde ich aber nicht als Offenbarung bezeichnen, sondern als Fantasieprodukt. Es ist wieder mal die Vertauschung von Ursache und Wirkung.

closs hat geschrieben: Das habe ich ganz sicher NICHT gesagt.

Eigentlich schon:
"Würde die historisch-kritische Methode (wider Erwarten) nachweisen, dass es Jesus nicht in der vom Christentum geglaubten Weise gäbe, würde mein Puls normal bleiben."

closs hat geschrieben: - Gäbe es die Bibel nicht, müsste es woanders gefunden werden.

Natürlich, wer sucht der findet oder erfindet. ;)

closs hat geschrieben: Und um eines zu unterstreichen: Es ist doch nicht so, dass Gott in Jesus am Kreuz hängt, und das war's dann. -

Das meinte auch schon Goethe:

"Mir willst du zum Gotte machen. Solch ein Jammerbild am Holze!"
(Johann Wolfgang Goethe, Dichter 1749-1832)
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#314 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Sa 20. Dez 2014, 15:52

sven23 hat geschrieben:Immerhin so unterschiedlich, daß sich das Christentum in eine Unzahl von Abteilungen aufspaltete mit zum Teil höchst unterschiedlichen Auslegungen.
Das stimmt - wenn der Mensch anfängt zu denkt, geht`s meistens schief. - Anders gesagt: Es gibt überall authentische Christen, die die Substanz des Christentums aufgenommen haben, sie aber zum Teil sehr unterschiedlich interpretieren. - ALLES ist durchmischt mit Irrtum und Wahrheit.

sven23 hat geschrieben:Es ist wieder mal die Vertauschung von Ursache und Wirkung.
Das ist exakt der gegenseitige Vorwurf von Materialisten und geistigen Menschen - das Ding ist einfach um 180° gedreht.

sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon
Nee - ich habe den Satz extra nochmal durchgelesen.

sven23 hat geschrieben:Natürlich, wer sucht der findet oder erfindet.
Stimmt - deshalb ist die Unterscheidung der Geister so wichtig.

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#315 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Sa 20. Dez 2014, 16:01

closs hat geschrieben:Es gibt überall authentische Christen, die die Substanz des Christentums aufgenommen haben, sie aber zum Teil sehr unterschiedlich interpretieren. -

Ja, alle sind so authentisch, daß sie sich gegenseitig bekriegen, manchmal sogar im wörtlichen Sinn.


closs hat geschrieben: Nee - ich habe den Satz extra nochmal durchgelesen.

Doch, du sagst, es sei eigentlich wurscht, ob der in der Bibel beschriebene Jesus Erfindung ist oder nicht. Mit dieser Figur steht und fällt aber das Christentum.
Sollte sich das Christentum als eine auf Sand gebaute Fantasie erweisen, wirds auch für Gott eng.
Dann kann auch das AT, das dann die letzte Bastion der Gläubigen wäre, auch auf reiner Fantasie beruhen.
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#316 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Sa 20. Dez 2014, 16:56

sven23 hat geschrieben: Mit dieser Figur steht und fällt aber das Christentum.
Richtig - deshalb habe ich geschrieben, dass es ohne Jesus überhaupt kein Christentum gäbe.

sven23 hat geschrieben:Sollte sich das Christentum als eine auf Sand gebaute Fantasie erweisen, wirds auch für Gott eng.
Alter Fehler - die menschliche Wahrnehmung macht der göttlichen Realität Vorschriften. :lol:

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#317 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Pluto » Sa 20. Dez 2014, 20:18

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die wahrheit kommt erst bei der Erfüllung (oder Nichterfüllung) heraus.
Richtig - aber diese Wahrheit gibt es bereits, bevor sie (für uns) herauskommt.
Das kann nur postuliert werden, aber es gibt keine Berechtigung für diese Annahme.
closs hat geschrieben:Wenn aber diese Wahrheit wichtig ist, versucht man sich schon zu Lebzeiten dahin zu orientieren...
Wie will man wissen, ob es diese Wahrheit überhaupt gibt?
closs hat geschrieben:also glaubt man das, was man für plausibel halten darf - und dazu bedarf es des (spirituellen) Geistes.
Wenn du das so sehen willst, ist es Okay. Aber selbst die Plausibilität ist nur eine Expression deines Glaubens.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#318 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Sa 20. Dez 2014, 20:46

Pluto hat geschrieben: Aber selbst die Plausibilität ist nur eine Expression deines Glaubens.
Alles richtig, was Du schreibst. - Es geht nicht anders, weil das "Objekt" (Gott) seinen Ursprung nicht im Dasein hat. - "Glaube" ist, wenn man das, was man spürt oder geistig analysiert, verfolgt - im Wissen, dass die Verifizierung erst nach dem Dasein sein kann.

Natürlich hat dies auch Auswirkungen auf das Dasein - man steht nicht unter dem Druck, "etwas werden" zu müssen - und das ist genau eine gute Grundlage, dann doch "etwas zu werden", weil man eben nicht unter Druck steht. - Müsste ich mich fürs Dasein verwirklichen, würde ich Panik schieben.

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#319 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Pluto » Sa 20. Dez 2014, 21:19

closs hat geschrieben: im Wissen, dass die Verifizierung erst nach dem Dasein sein kann.
Möglicherweise... ;)
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#320 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » So 21. Dez 2014, 06:44

closs hat geschrieben:
Natürlich hat dies auch Auswirkungen auf das Dasein - man steht nicht unter dem Druck, "etwas werden" zu müssen -

Oder auch eine Ausrede (jetzt nicht bei dir persönlich), sich nicht anstrengen zu müssen. Habe ich auch schon bei Fundamentalen erlebt nach dem Motto: Gott wirds schon richten. Es kam aber wie es kommen mußte: Gott hat überhaupt nichts gerichtet und es gab ein böses Erwachen.
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