Die Natur ist nicht kausal

Astrophysik, Kosmologie, Astronomie, Urknall, Raumfahrt, Dunkle Materie & Energie
klassische Physik, SRT/ART & Gravitation, Quantentheorie
Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#41 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Halman » Do 1. Sep 2016, 22:58

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn wir nun die Multiversum-Hypothese aufgeben, stellt sich die Frage, warum die Naturkonstanten so extrem fein abgestimmt sind.
Ich verstehe das Problem nicht. In Lindes Inflations-Modell entstehenund vergehen laufend alle möglichen Universen, aber nur wenige stabile "überleben" (wie Seifenblasen im Schaumbad).
Also befürwortest Du doch ein Multiversum-Modell, okay. :) Wieso schriebst Du dann?
Pluto hat geschrieben:Deshalb bin auch kein Fan der Multiversum-Hypothese.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wollte man an dieser Stelle ein göttliches Wirken postulieren, so müsste man an dieser Stelle von einem versteckten Parameter ausgehen, nicht wahr?
Ja, dieser Gedanke kam mir auch. Thomas erklärte mir, dass dem nicht so ist. Da verweise ich auf dem Fachmann. :thumbup:
Wieso ist Thomas hier der "Fachmann"?
Weil er Physiker ist.

Du hast Doch sein Buch gelesen, oder?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Soweit ich weiß, berücksichtigt Hawking dies bereits. Jedenfalls hatte ich seine Ausführungen in seinem ersten Buch über die Hawking-Strahlung so verstanden.
Hawking hat eine TOE postuliert? :shock: — Das ist mir nun ganz neu.
Nein, so weit ist er [noch] nicht. In seinem semiklassischen Ansatz zur Quantengravitation über Schwarze Löcher kam er auf die nach ihm benannte Hawking-Strahlung. Hängt diese denn nicht mit der Entropie Schwarzer Löcher zusammen?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was ist die einfachste Erkärung? Dies kann in manchen Fällen durchaus eine Frage der Interpretation sein. Als Beispiel verweise ich auf die fachliche Diskussion über Viele-Welten-Interpretation (nicht zu verwechseln mit kosmologischen Multiversen-Modellen):
Vergleich mit der Kopenhagener Interpretation

Pluto hat geschrieben:Mathematisch und physikalisch ist die Viele-Welten-Interpretation einfacher als die Kopenhagener Interpretation. Der Vorgang des Messens oder Beobachtens hat keinen Sonderstatus, und die Interpretation des Quadrats des Amplitudenbetrags der Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeit ist eine Folgerung der Theorie, anstatt ein notwendiges Axiom. Allerdings lehnen viele Physiker die Folgerung nicht beobachtbarer alternativer Universen auf der Basis von Ockhams Rasiermesser ab (beide Seiten argumentieren mit Ockhams Rasiermesser, wenden es aber an unterschiedlichen Stellen an). Einige Physiker haben festgestellt, dass die Unterstützung für die Viele-Welten-Interpretation zunimmt, vor allem deshalb, weil sich aus ihr Voraussagen zum Prozess der Quanten-Dekohärenz in einer natürlichen Weise zu ergeben scheinen, statt dass sie in Ad-hoc-Manier hinzugefügt werden müssen.
Ähnlich halte ich es für Interpretationssache, ob ein Multiversum oder Gott gem. Ockhams Rasiermesser sparsamer ist und mit dieser Ansicht bin ich nicht ganz allein.
Es geht nicht allein um Einfachheit, sondern auch und insbesondere um die empirische Bestätigung eines Modells.
Kann ein Modell nicht bestätigt werden, muss es entweder verworfen oder revidiert werden. Die Empirie hat natürlich Vorrang vor der Einfachheit.
Wir sprachen über Ockhams Rasiermesser, also war dies auch mein Thema. Nun führst Du ein NEUES Argument ins Feld. Die Empirie stößt allerdings an ihre Grenzen. Wir diskutieren über Muliversum vs. Gott. Da wird's mit der Empirie aber schwierig.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#42 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Pluto » Do 1. Sep 2016, 23:14

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn wir nun die Multiversum-Hypothese aufgeben, stellt sich die Frage, warum die Naturkonstanten so extrem fein abgestimmt sind.
Ich verstehe das Problem nicht. In Lindes Inflations-Modell entstehenund vergehen laufend alle möglichen Universen, aber nur wenige stabile "überleben" (wie Seifenblasen im Schaumbad).
Also befürwortest Du doch ein Multiversum-Modell, okay. :) Wieso schriebst Du dann?
Pluto hat geschrieben:Deshalb bin auch kein Fan der Multiversum-Hypothese.
Hab's verwechselt mit der Viele-Welten Theorie. :oops:
Ich halte sogar sehr viel von der Multiversum-Hypothese.

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wieso ist Thomas hier der "Fachmann"?
Weil er Physiker ist.
Ja. Aber NICHT auf dem Gebiet der EPR und der versteckten Parameter. Da gibt es Andere. Z.B. Niels Bohr oder John Bell.

Halman hat geschrieben:Du hast Doch sein Buch gelesen, oder?
Etwa zu drei viertel.

Halman hat geschrieben:In seinem semiklassischen Ansatz zur Quantengravitation über Schwarze Löcher kam er auf die nach ihm benannte Hawking-Strahlung. Hängt diese denn nicht mit der Entropie Schwarzer Löcher zusammen?
Ja. Genau genommen geht es um das Informations-Paradoxon: Wie wird Information trotz der Hawking-Srahlung erhalten?
Aktuelle Antwort: Feuerwand.

Aber all das hat nichts mit einer TOE zu tun.

Halman hat geschrieben:Wir diskutieren über Muliversum vs. Gott. Da wird's mit der Empirie aber schwierig.
Allerdings. :thumbup:
Da bleibt nur noch der Glaube.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#43 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von JackSparrow » Fr 2. Sep 2016, 08:38

Halman hat geschrieben:Dem möchte ich die Frage hinzufügen: "Warum war Gottes Handel regional auf Israel und die geographische Region des nahen Orients beschränkt?"
Weil vor der Reichseinigung jeder winzigste Nomadenstamm seine eigenen privaten Götter hatte und der Tanach allein die Macht der Priesterkaste festigen sollte, indem man sich für das angebliche "Volk" Israel eine gemeinsame glorreiche "Geschichte" ausdachte und alle im Umlauf befindlichen Götter zu einem monotheistischen Hauptgott zusammenfasste.


lovetrail hat geschrieben:Von Aristoteles habe ich einmal gerlernt, dass es vier Ursachen (causae) gibt:
Der hat auch behauptet, dass Frauen weniger Zähne hätten als Männer und dass Wasserdampf aus einem anderen Stoff bestünde als Wasser.

Durch den Geist Gottes, welcher in allen Dingen wirkt.
Wenn es nicht messbar und beobachtbar ist, dann ist es keine Wirkung. Das semantisch hierfür geeignete deutsche Wort lautet "Fantasie".

Dieser Geist gibt den Dingen die entsprechende Information.
Information wird überbewertet. Die Leute behaupten auch, unsere DNA würde "Information" enthalten. Dabei ist die DNA doch bloß ein Molekül, wo an manchen Stellen Enzyme andocken können und anderen Stellen eben nicht. So wie bei allen anderen Molekülen auch.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#44 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Pluto » Fr 2. Sep 2016, 10:03

ThomasM hat geschrieben:Verstehst du wirklich nicht, was ich sage?
Ich denke schon. :D

ThomasM hat geschrieben:An deinem Beispiel kann man es doch sehen.
Hochintelligente Frauen heiraten meist dümmere Männer.

Frage nun einmal eine bestimmte hochintelligente Frau, die einen dümmeren Mann geheiratet hat. Welche Gründe wird sie nennen? Mit SICHERHEIT nicht "Ich wollte die Statistik erfüllen" oder auch nicht "ich fühle mich mit einem dümmeren Mann besser" oder so. Sie wird ihre ganz persönlichen Gründe nennen, die gar nichts mit Intelligenz zu tun.
Es ist natürlich menschlich nach einem kausalen Grund zu suchen. Aber diese Suche ist zwecklos, denn der Zufall garantiert den Ausgang, nicht die Kausalität.

ThomasM hat geschrieben:Und sie hat gewählt.
Ja. Aus dem verfügbaren "Pool". Und sie könnten einen klügeren Mann aussuchen. Aber die meisten Frauen werden dümmere Männer wählen. weil es gar nicht anders geht.

ThomasM hat geschrieben:Du wirst auch hochintelligente Frauen finden, die noch intelligentere Männer geheiratet haben. Die Statistik wird es ihnen nicht verbieten.
Das behaupte ich auch nicht. Aber das wäre der Ausnahmefall.

ThomasM hat geschrieben:Auch diese werden ihre ganz persönlichen Gründe haben, die deine Statistik gar nicht sieht.
Ja natürlich.

ThomasM hat geschrieben:Die Statistik kommt zustande, weil Frauen gewählt haben, die Statistik ist das Ergebnis von Einzelereignissen.
Ich glaube du irrst. Wahrscheinlichkeiten bestimmen unser Leben weit mehr als wir denken.
Sieh dir doch die Statistik der Autofahrer an: 90% glauben, sie fahren besser als der Durchschnitt. An der Geschichte ist doch was faul.

ThomasM hat geschrieben:Nehmen wir das einfachste Quantenmechanische Beispiel der Ausrichtung eines magnetischen Spins im Magnetfeld. Die Ausrichtung kann parallel oder antiparallel sein. Die Statistik ist 50%. Die Energie ist vollkommen gleich.
Trotzdem kannst du ein einzelnes Elementarteilchen messtechnisch isolieren und feststellen, welche Richtung der Spin hat. Es wird das eine oder das andere Ergebnis sein.
Das Einzelergebnis hat ein eindeutiges, klares entweder-oder Ergebnis.
Aber du hast nichts in der Hand, genau dieses Ereignis vorherzusagen.
Das stimmt.
Wenn aber Gott darüber entscheidet, wie macht er das? Verwendet dazu nicht so was wie versteckte Parameter?

ThomasM hat geschrieben:Ich habe lediglich Ockhams Messer gegen dich gewendet.
So soll es auch sein! :mrgreen:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#45 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Halman » Fr 2. Sep 2016, 13:29

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich verstehe das Problem nicht. In Lindes Inflations-Modell entstehenund vergehen laufend alle möglichen Universen, aber nur wenige stabile "überleben" (wie Seifenblasen im Schaumbad).
Also befürwortest Du doch ein Multiversum-Modell, okay. :) Wieso schriebst Du dann?
Pluto hat geschrieben:Deshalb bin auch kein Fan der Multiversum-Hypothese.
Hab's verwechselt mit der Viele-Welten Theorie. :oops:
Ich halte sogar sehr viel von der Multiversum-Hypothese.
Okay, gut dass wir das MIssverständnis geklärt haben.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wieso ist Thomas hier der "Fachmann"?
Weil er Physiker ist.
Ja. Aber NICHT auf dem Gebiet der EPR und der versteckten Parameter. Da gibt es Andere. Z.B. Niels Bohr oder John Bell.
Unterschätz Du hier nicht einen promovierten Physiker, lieber Pluto? Von einem Fachman erwarte ich, dass er mit der EPR-Korrelation und die Einstein-Bohr-Debatte über verborgene Parameter vertraut ist. Die Quantenmechanik wurde in den 1920er Jahren entwickelt.

:x Ganz allgemein möchte ich an dieser Stelle eine Kritik am Diskussionsverhalten äußern, das mir hier allgemein aufgefallen ist: Es wird hier sehr hoch getapelt, so als wäre für das Niveau dieses Forum sogar ein Fachmann wie Thomas nicht qualifiziert genug (dies erklärt auch, warum ich hier von einigen offenbar nicht ernst genommen werde, weil ich ja sowohl auf dem Gebiet der Physik wie auch der Theologie ein Laie bin).
Aus meiner Sicht ist unser Forum ein gehobener Stammtisch, an dem auch Lieschen Müller mitreden dürfte. Dies ist kein Fachforum. Daher bin ich der Meinung, dass man hier die Messlatte nicht so hoch legen sollte.
Oder willst Du etwas behaupten, dass meine Beiträge zur Quanteninformation, zur Verschränkung, zum Doppelspalt-Versuchsaufbau und zur Lokalität unter dem Niveau dieses Forums liegen? Nun, dann erwarte ich, dass meine Beiträge erstmal verstanden werden, dann reden wir weiter. :P

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Du hast Doch sein Buch gelesen, oder?
Etwa zu drei viertel.
Dann lies doch auch das letzte Viertel. Es lohnt sich. ;)

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:In seinem semiklassischen Ansatz zur Quantengravitation über Schwarze Löcher kam er auf die nach ihm benannte Hawking-Strahlung. Hängt diese denn nicht mit der Entropie Schwarzer Löcher zusammen?
Ja. Genau genommen geht es um das Informations-Paradoxon: Wie wird Information trotz der Hawking-Srahlung erhalten?
Aktuelle Antwort: Feuerwand.

Aber all das hat nichts mit einer TOE zu tun.
Meiner Meinung nach hat es schon miteinander zu tun, denn Schwarze Löcher können eigentlich nur von einer vollständigen Theorie der Quantengravitation zutreffend beschrieben werden.
Beim semiklassischen Ansatz der Quantengravitation wird die nichtklassische Quantenfeldtheorie mit der klassischen ART kombiniert. Diese theoretische Grundlage wandte Hawking meiner Kenntnis nach auch auf die Kosmologie an, um eine Urknallsingularität zu vermeiden. Allerdings betrete ich jetzt ein Terrain, welches nicht mehr in meinem "grünen Kompetenzbereich" liegt. :silent:

Beim Informations-Paradoxon und der Feuerwand war ich noch gar nicht. Ich habe schon Schwierigkeiten die Hawking-Strahlung zu verstehen. Als Hawking diese in den 1970er Jahren theoretisch herleitete, war von der Feuerwand noch gar nicht die Rede.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wir diskutieren über Muliversum vs. Gott. Da wird's mit der Empirie aber schwierig.
Allerdings. :thumbup:
Da bleibt nur noch der Glaube.
Eben. :)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#46 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Pluto » Fr 2. Sep 2016, 14:20

Halman hat geschrieben:Beim Informations-Paradoxon und der Feuerwand war ich noch gar nicht. Ich habe schon Schwierigkeiten die Hawking-Strahlung zu verstehen. Als Hawking diese in den 1970er Jahren theoretisch herleitete, war von der Feuerwand noch gar nicht die Rede.
Da wird es noch skurriler... Verschränkte Teilchen treten IMMER paarweise auf. Die Feuerwand verlangt aber ein weiteres Teilchen, was mit den anderen Beiden verschränkt ist.

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wir diskutieren über Muliversum vs. Gott. Da wird's mit der Empirie aber schwierig.
Allerdings. :thumbup:
Da bleibt nur noch der Glaube.
Eben. :)
Es ist in der Tat schwierig festzustellen, ob am Anfang ein Schöpfer oder ein Quantenvakuum war. Doch selbst wenn man an einen Anfang mit einem Schöpfer glaubt, so wäre das Deismus. Es ist aber immer noch ein sehr, sehr weiter Weg hin zum Gott Noahs und Abrahams der Bibel. Ist es überhaupt derselbe Gott? closs würde sagen, "Nicht beantwortbar".

Bleiben wir also bei der Frage nach der Kausalität.
Ich will die Kausalität in der Welt nicht ausschließen; ich will nur darauf hinweisen, dass es auch Dinge gibt die rein statistisch ablaufen. Die Quantenphysik ist so ein Phänomen. welches praktisch nur über Wahrscheinlichkeiten zu verstehen ist (da wird mir Thomas hoffentlich zustimmen). Wenn man behauptet, Gott würde hinter einem Phänomen wie dem Zufall stehen, warum spart man sich nicht diesen Erstbeweger, und sagt gleich es hätte eine quantenphysikalische Ursache?
(Ockham lässt wieder grüßen)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#47 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von ThomasM » Fr 2. Sep 2016, 16:29

Pluto hat geschrieben: Die Quantenphysik ist so ein Phänomen. welches praktisch nur über Wahrscheinlichkeiten zu verstehen ist (da wird mir Thomas hoffentlich zustimmen). Wenn man behauptet, Gott würde hinter einem Phänomen wie dem Zufall stehen, warum spart man sich nicht diesen Erstbeweger, und sagt gleich es hätte eine quantenphysikalische Ursache?
(Ockham lässt wieder grüßen)
Man kann sich jegliche Vermutung sparen, also sowohl Gott als auch etwas anderes, indem man sagt: Ich konzentriere mich nur auf Naturwissenschaft.

Allerdings - und das ist mein Hauptpunkt - dies ist das bewusste Ausblenden eines Teils der Realität. Eine solche Sicht auf die Welt ist nicht vollständig und wird auch dann unvollständig bleiben, wenn man sich entschließt, nicht weiter zu fragen. Du schneidest also mit besagtem Messer die Realität kleiner als sie tatsächlich ist.

Das ist eine Bankrotterklärung an den philosophischen Naturalismus. Denn dieser beruht auf der Annahme, dass eine naturalistische Erklärung für die gesamte Realität möglich ist. Natürlich kann man sich auf das Prinzip "Pfeifen im Wald" zurückziehen und glauben, dass das Problem irgendwann, irgendwie von irgendwem mal gelöst wird.
Aber das ist doch nur eine weitere Methode zu glauben.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#48 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von Pluto » Fr 2. Sep 2016, 17:12

ThomasM hat geschrieben:Eine solche Sicht auf die Welt ist nicht vollständig und wird auch dann unvollständig bleiben, wenn man sich entschließt, nicht weiter zu fragen. Du schneidest also mit besagtem Messer die Realität kleiner als sie tatsächlich ist.
Keineswegs.
Ich finde, du machst dein Modell größer als es sein braucht. Aber dir sei verziehen (bin darin großzügig ;)), denn Du machst denselben Fehler wie viele große Persönlichkeiten der Geschichte, indem sie hinter dem Rand des aktuellen Wissens Gott vermuten.
Wenn er des Nachts in den Himmel blickte, wähnte sich der große Astronom Ptolemäus in der Gegenwart des allmächtigen Zeus (der Glaube an Zeus war damals weiter verbreitet als Jahwe). Ptolemäus sah die Bewegungen der Planeten, aber er konnte sie nicht erklären, und vermutete dahinter stünde Gott. Selbst der große Isaac Newton, der mit seiner Gravitation die Bewegungen der Planeten später erklären konnte, glaubte fest daran, dass Gott persönlich ihnen hin und wieder eine Schubs gab, um sie auf ihre Bahnen zu halten. Erst spätere Generationen von Forschern gelang es den Glauben dieser Männer mit neuen Entdeckungen zu entkräften.

Das große Problem mit dieser Denkweise ist, dass sie den Gott der Lücken fördert. In der heutigen Zeit können wir nur hilflos zusehen, wie fast täglich durch neue Entdeckungen der Spielraum eines Lückenbüßer-Gottes kleiner wird. Das passt irgendwie nicht zu meinen Vorstellungen von einem allmächtigen Wesen und sollte jedem, auch dir, zu denken geben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#49 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von JackSparrow » Fr 2. Sep 2016, 18:35

ThomasM hat geschrieben:Man kann sich jegliche Vermutung sparen, also sowohl Gott als auch etwas anderes, indem man sagt: Ich konzentriere mich nur auf Naturwissenschaft.
Wenn man unbedingt einen Gott haben will, der für alles verantwortlich ist, kann man sich allerdings auch jegliche Naturwissenschaft sparen. Man weiß dann ja vorher schon, was man am Ende herausfinden wird. Beziehungsweise herausfinden muss.

Allerdings - und das ist mein Hauptpunkt - dies ist das bewusste Ausblenden eines Teils der Realität.
Die Realität blendet man aus, indem man Fantasien für real hält. Im Extremfall - wenn jemand beispielsweise der Meinung sein sollte, die Bibel berichte über Angela Merkel oder prophezeie den dritten Weltkrieg - ist religiöses Gedankengut sogar kaum noch von einer behandlungsbedürftigen Paranoia abzugrenzen.

Eine solche Sicht auf die Welt ist nicht vollständig und wird auch dann unvollständig bleiben, wenn man sich entschließt, nicht weiter zu fragen.
Wer Fabelwesen aus der christlichen Mythologie für einen "Teil der Realität" hält, sollte konsequenterweise auch dem Maya-Gott Kukulkan monatlich ein Menschenopfer darbringen. Es übersteigt meine intellektuellen Kapazitäten, inwiefern Kukulkan weniger ein "Teil der Realität" sein sollte als Jesus Christus.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#50 Re: Die Natur ist nicht kausal

Beitrag von ThomasM » Sa 3. Sep 2016, 16:48

Pluto hat geschrieben: Das große Problem mit dieser Denkweise ist, dass sie den Gott der Lücken fördert. In der heutigen Zeit können wir nur hilflos zusehen, wie fast täglich durch neue Entdeckungen der Spielraum eines Lückenbüßer-Gottes kleiner wird. Das passt irgendwie nicht zu meinen Vorstellungen von einem allmächtigen Wesen und sollte jedem, auch dir, zu denken geben.
Du hast diesen Einwand schon einmal gebracht und damals hatte ich dir erläutert, dass es einen Unterschied zwischen Lückenmodellen und Erweiterungen gibt. Darauf hast du nicht geantwortet. Wieso sollte ich dir diesen Unterschied jetzt noch einmal erklären?

Was würdest du denn als Erweiterung des Naturalismus nehmen?
Was siehst du denn jenseits des Bereiches, den man mit den Methoden der Naturwissenschaft erreichen kann?

Ich habe auch bereits mehrmals betont, dass ich gar nicht auf einem Gott bestehe. Es kann auch vollkommen andersartige Glaubensvorstellungen geben. Die bei vielen Physikern sehr populäre Everett Vorstellung wäre nach deiner Formulierung also auch ein Lücken Modell. Was würdest du denn anstatt einer solchen Lücken Theorie denken?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Antworten