Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#501 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 30. Mär 2019, 19:00

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:48
Die Forschung benötigt keine Vorannahmen
Das ist falsch, und so war es auch nicht gemeint. - Alternative: Es war richtig und Forschung ist in Geisteswissenschaften (die ja dann keine mehr wären) nur Wasserträger.

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:48
Definiere außen und innen.
Quellen, Textschichten, Wortbedeutungen, etc. wären außen - was damit spirituell vom Sinn her GEMEINT ist, wäre innen.

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:48
sie war schon immer so
Dass die Welt mit ihren Naturgesetzen ziemlich stabil ist, hat ja auch seinen Sinn . ABER: Niemand hat die Kompetenz, ideologisch auszuschließen, dass es keine Wunder (gegen die Naturgesetze) geben kann, FALLS es Gott gibt.

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:48
Sagt der Schwadronierer closs und wurde eines besseren belehrt.
Falsch - und schon wieder der Fall, dass Du etwas zitierst, was Du nicht verstehst. - Wenn ein Mensch 80 Jahre lang arbeitet, Familie gründet, gesellschaftlich aktiv ist, etc., steht er auch dann mitten im Leben, wenn er meint, die Erde sei flach - einfach deshalb weil er dieses Wissen fürs Leben nicht braucht (es sei denn er jettet um die Welt oder macht Weltreisen per Schiff - das war aber für 95% der Menschen so nicht bis vor wenigen Generationen, und auch in der Zukunft wird es auf die meisten Menschen zutreffen).

Du kannst doch Menschen nicht das Attribut des in der Mitte des Leben Stehens wegnehmen, weil sie etwas nicht wissen, was für Ihr Leben vollkommen irrelevant ist. - Wo simmer denn?

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:48
Mit Tautologien kommt man auch nicht weiter.
Oje - nicht nur mit Zirkelschluss, sondern auch mit Tautologie hast Du Deine Not.

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sven23
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#502 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Sa 30. Mär 2019, 19:07

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
Gott möchte ein Vertrauensverhältnis mit uns.
Und als vertrauensbildende Maßnahmen wären ein paar Wunder doch nicht schlecht. In der Bibel ging es doch angeblich auch. Warum wohl nur da? ;)


Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:18
Die Gesamtheit der Jesusworte der Evangelien schließt eine Naherwartung Jesu eindeutig aus.
Nur wenn man die Bibel selektiv nach der Steinbruchmethode liest.


Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:18
Die Texte, die durchweg von Gott sprechen, unter der Voraussetzung auszulegen, dass es Gott nicht gibt, um dann als Ergebnis zu präsentieren dass Jesus nur ein irrender Wanderprediger gewesen sei, ist sozusagen die Mutter aller Zirkelschlüsse.
Das sollte man trennen zwischen Gott und dem Wanderprediger, der als gläubiger Jude natürlich an Gott glaubte und seine nahe Herrschaft erwartete.

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:18
Es sei denn, man schickt voraus, dass dieses Ergebnis unter ganz bestimmten Vorannahmen zustande kam. Gerd Theissen tut das z.B., du dagegen glaubst immer noch, das seien voraussetzungslose Ergebnisse "DER Forschung".
Die Vorannahme besteht aus dem Weglassen von Glaubensbekenntnissen, Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten. :thumbup:

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:18
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:35
Der Glaube an Götter belegt den Glauben an Götter, aber nicht die Götter.
Das ist mit dem Glauben an den Naturalismus nicht anders.
Nö, die Welt ist nun mal, wie sie ist. Für alles andere sind gefälligst Belege vorzulegen.


Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:18
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 11:35
…die Forschung macht doch gar keine Aussage darüber, ob Jesus der Sohn Gottes ist oder nicht.
Gerade eben noch hast du aus den phantisevollen HKE-Jesus-Romanen zitiert, die mit dem Gesamtkontext des NT nichts zun tun haben: "Jesus erwartete das Kommen noch zu seinen Lebzeiten. Er irrte sich, wie wir wissen."
Die HKE macht hier die klare Aussage, dass Jesus ein irrender Apokalyptiker war – aber nicht Gottes Sohn. Von welcher "Forschung" redest du also, die angeblich über Jesu Göttlichkeit keine Aussagen macht?
Wer sagt denn, dass Götter sich nicht irren dürfen? :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Claymore
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#503 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » Sa 30. Mär 2019, 19:25

Andreas hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 16:44
Claymore hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 15:10
Unfassbar.
Ach was. Das ist nur die closssche K&K-Monarchie: Kant und Kandake. Für closs erwähnt closs Kant (weil das closs von der Pflicht mühsamen Zitierens pauschal entbindet).
closs hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 14:59
Aus dieser Phase bin ich draußen - ich halte es da mit Kant, der empfiehlt, erstmal "ohne Anleitung Dritter" zu denken.
Allen anderen zitiert er mit Vorliebe ...
Apg 8,30-31 hat geschrieben:Da lief Philippus hin und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest?
Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen.
... d.h. man muss sich von closs all das, was man so liest, erklären lassen, weil man ohne seine Anleitung ohnehin nichts richtig versteht. Selbst dann nicht, wenn man sich etwas dabei gedacht haben sollte, weil halt nur einer wirklich zu Ende gedacht hat. Nein, nein: Kant ist damit natürlich nicht gemeint, zumindest nicht der Kant, den man gegebenenfalls gelesen hat - und der andere Kant kann auch nur eine Vorstellung und gar nicht echt gewesen sein - nicht falsifizierbar.
Jepp. Ich werde daher jetzt zum Wiederherstellungspunkt der letzten stabilen Version zurückspielen – das war das folgende Programm :

Code: Alles auswählen

IF CLOSS == FEHLER THEN IGNORIEREN
IF CLOSS == KAPIERT_NICHTS THEN IGNORIEREN
IF CLOSS == MACHT_EINWAND THEN IGNORIEREN
Das hat gut funktioniert. Und es ist ihm selbst so ja auch das liebste.

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Thaddäus
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#504 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddäus » Sa 30. Mär 2019, 19:34

closs hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 14:59
Claymore hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 13:19
Die Frage ist, warum du von allen Dingen die Logik nun als völlig unproblematisch gegeben ansiehst. Da war Descartes schon weiter.
Descartes hat die Logik in Frage gestellt?
Ja, indem er die "Lügengeist-" oder "Wahnsinnshypothese" in sein skeptisches Szenario einführt: den genius aliquis malignus. Das ist die hypothetische radikalskeptische Überlegung, dass uns ein bösartiger Lügengeist mit göttlicher Macht sogar noch über die logischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten täuschen könnte. Ein solcher Lügengeist könnte verursachen, dass ich mich sogar noch darin täusche, dass 5+7=12 ist oder darin, dass der Satz vom Widerspruch ¬(P ∧ ¬P) tatsächlich ausgeschlossen ist, also eine Aussage niemals zugleich wahr und nicht-wahr sein kann.

Aber selbst, wenn ein solcher mächtiger genius malignus uns darüber täuschen könnte, dass 5+7=12 oder der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch gültig ist, so kann er mich niemals darüber täuschen, dass ICH es bin, der getäuscht wird. Das ist die unerschütterliche Gewissheit des Cogito: ich kann an allem zweifeln und sogar noch an den logischen und mathematischen Gewissheiten. Aber nicht daran, dass ich es bin, der zweifelt.
Das cogito ist das fundamentum inconcussum (= das „unerschütterliche Fundament"), auf dass Descartes methodisches Zweifeln hinausläuft.

Claymore hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 15:10
closs hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 15:24
Ist Gott für Dich KEINE Vorannahme???
Unfassbar.
Nein, Gott ist keine Voranahme, sondern Descartes führt an gleich zwei Stellen in den Meditationes ontologische Gottesbeweise. Gott ist nicht die Vorannahme, sondern das, was er beweisen will.

Descartes glaubte, dass es des Beweises Gottes bedürfe, um die Existenz der Außenwelt (der res extensa) sicherzustellen, und dass der Mensch diese Außenwelt auch adäquat erkennen kann (dadurch, dass der vollkommene Gott kein Betrüger-Geist sein kann, weil das logisch nicht mit seiner Vollkommenheit vereinbar ist).

Der britische Philosoph Crispin Wright hat in seinem Artikel "Scepticism and Dreaming: Imploding the Demon", in: Mind 100/1 (1991), S. 87-116 allerdings nachweisen können, dass sich die Hypothese, wir könnten durch einen genius malignus jederzeit auch in unserer elementaren vernünftigen Diskursfähigkeit getäuscht werden, selbst unterminiert. Und zwar dadurch, dass in diesem Falle das Paradoxon entsteht, das sichere Wissen darüber zu haben denken zu können, dass wir getäuscht werden und gleichzeitig zu denken und die Gewissheit zu haben, dass wir genau darin wiederum getäuscht werden, welches wir als Paradoxon erkennen können, das wir aber nicht erkennen können dürften, weil wir auch hierüber getäuscht würden.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 30. Mär 2019, 19:53, insgesamt 4-mal geändert.

Claymore
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#505 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » Sa 30. Mär 2019, 19:44

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
Nein, Gott ist keine Voranahme, sondern Descartes führt an gleich zwei Stellen in den Meditationes ontologische Gottesbeweise. Gott ist nicht die Vorannahme, sondern das, was er beweisen will.
Es ist sinnlos. Closs versteht nicht den Unterschied zwischen folgenden Arten von Aussagen:
  • “Albert Camus hat sich zum Existentialismus bekannt.” (100% falsch)
  • “Albert Camus war Existentialist.” (diskutierbar)

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Andreas
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#506 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 30. Mär 2019, 19:53

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
Andreas hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 13:23
Du unterstellst der historisch-kritischen Exegese permanent einen dogmatischen Atheismus.
Nein, und das Lüdemann-Zitat hab ich sogar dir gegenüber schon einmal in größerem Zusammenhang zitiert, incl. des Satzes "… der freilich von einem dogmatischen Atheismus zu unterscheiden ist":
viewtopic.php?p=364769#p364769
Auch da hast du schon so zitiert, dass der entscheidende Bezug fehlte. Ohne dass man dir alles mehrmals farbig anmalt, scheinst du nicht imstande zu sein Texte zu verstehen.
Roland hat geschrieben:
So 10. Mär 2019, 15:33
Zitat eines der bekannten Verfechter der historisch-kritischen Methode, Gerd Lüdemann:
"Für die historische Methode sind drei Voraussetzungen grundlegend: die Kausalität, die Berücksichtigung von Analogien und die Erkenntnis von der Wechselbeziehung der historischen Phänomene zueinander, Ihre Arbeitsweise folgt dem methodischen Atheismus der Neuzeit ("als ob es Gott nicht gäbe"), der freilich von einem dogmatischen Atheismus zu unterscheiden ist."
Du kannst anscheinend immer noch nicht unterscheiden zwischen der historischen Methode der Theologie wenn sie sich der Geschichtswissenschaften bedient um das Christentum zu untersuchen und der historisch-kritischen Methode der Schriftauslegung. Das sind zwei paar Stiefel zu zwei ganz unterschiedlichen Themengebieten.
Lüdemann Homepage hat geschrieben:Im Gegensatz zu Dalferth ist Theologie für mich nur dann eine wissenschaftliche Disziplin, wenn sie die wissenschaftlichen Normen der modernen europäischen Universität einhält und von Erkenntnisprivilegien jeglicher Art - auch von dem Privileg der Erkenntnis Gottes - Abschied nimmt. Theologie ist insofern eine geschichtliche Disziplin, als sie das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht. Und für die historische Methode gelten drei Voraussetzungen: die Kausalität, die Berücksichtigung von Analogien und die Erkenntnis von der Wechselbeziehung der historischen Phänomene zueinander. Ihre Arbeitsweise folgt dem methodischen Atheismus der Neuzeit ("als ob es Gott nicht gäbe"), der freilich von einem dogmatischen Atheismus zu unterscheiden ist. Befreit von den übernatürlichen Voraussetzungen und ausgerüstet mit einem Instrumentarium historischer Kritik, hat die so verstandene Theologie als wissenschaftliche Disziplin geradezu eine kopernikanische Wende für alle Kirchen- und Religionsgemeinschaften zur Folge. Sie hat sich in den geisteswissenschaftlichen Disziplinen behauptet und völlig neue Einsichten geliefert.

closs
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#507 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 30. Mär 2019, 20:26

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
Das ist die unerschütterliche Gewissheit des Cogito: ich kann an allem zweifeln und sogar noch an den logischen und mathematischen Gewissheiten. Aber nicht daran, dass ich es bin, der zweifelt.
In der Tat - mich wundert dabei eigentlich nur, dass Descartes diese Erkenntnis 1000 Jahre nach Augustinus neu finden musst - dessen "Si enim fallor, sum" ist eigentlich dasselbe.

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
Gott ist nicht die Vorannahme, sondern das, was er beweisen will.
Nee - Descartes zweifelt keinen Moment an der Existenz Gottes und bringt alles auf die Grundlage "Gott". - Dass er ihn auch noch beweisen will, setzt nur noch eins drauf. - Selbst wenn es ihm (aus seiner Sicht) NICHT gelungen wäre, Gottes Existenz zu beweisen, würde er nicht den geringsten Zweifel an Gott haben - er würde immer alles auf ihn als "Vorannahme" zurückführen.

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
Descartes glaubte, dass es des Beweises Gottes bedürfe, um die Existenz der Außenwelt (der res extensa) sicherzustellen
Da, meine ich, hätte "Glaube" gereicht.

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
und dass der Mensch diese Außenwelt auch adäquat erkennen kann (dadurch, dass der vollkommene Gott kein Betrüger-Geist sein kann, weil das logisch nicht mit seiner Vollkommenheit vereinbar ist).
Ja - das war er seinem Bedürfnis, als Mensch autonom forschen zu können, schuldig. - Wobei Claymore und ich unterschiedlicher Meinung sind, ob Descartes "weiß" oder "glaubt", dass Gott kein Betrüger sein könne - ich ziehe letztere Version vor.

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:34
Der britische Philosoph Crispin Wright hat in seinem Artikel "Scepticism and Dreaming: Imploding the Demon", in: Mind 100/1 (1991), S. 87-116 allerdings nachweisen können, dass sich die Hypothese, wir könnten durch einen genius malignus jederzeit auch in unserer elementaren vernünftigen Diskursfähigkeit getäuscht werden, selbst unterminiert.
Ja - das sind die Manöver im Stile "Ein Kreter sagt: Alle Kreter lügen". - Da halte ich mich ferne.

Claymore hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 19:44
Es ist sinnlos.
Na - Du scheinst ja ziemlich waidwund getroffen zu sein. - Wenn ich in meinem Leben so empfindlich gewesen wäre, hätte ich weder Haus noch Altersversorgung noch wäre ich lange in diesem Forum geblieben.

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Thaddäus
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#508 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddäus » Sa 30. Mär 2019, 21:06

closs hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 20:26
Nee - Descartes zweifelt keinen Moment an der Existenz Gottes und bringt alles auf die Grundlage "Gott".
Leider falsch. Descartes zweifelt an ALLEM. Das ist ja gerade der Witz der Meditationes. Und nicht Gott ist die Grundlage von allem, sondern das unhintergehbare Cogito. Gott muss lediglich bewiesen werden, um mit ihm die Erkennbarkeit der res extensa zu gewährleisten.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 30. Mär 2019, 21:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Andreas
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#509 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 30. Mär 2019, 21:07

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
Ganz so plump geht man natürlich nicht vor, dass man einen "dogmatischen Atheismus" vertritt. Die Leute dürfen gern an Gott glauben, auch Bultmann stellt das jedermann frei, wie wir hier schon einemal gesehen haben. Aber kann man als Christ schon deshalb zufrieden sein mit einer Exegeseform, nur weil sie immerhin den Glauben an Gott nicht verbietet, ansonsten die Bibel aber so auslegt, als gäbe es ihn nicht?
Der selbe polemische "Fehler" wie eben auch: Exegese ist nicht Geschichtswissenschaft.

Roland hat geschrieben:
Do 14. Mär 2019, 12:52
Andreas hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 23:51
Sieh selbst, was Bultmann in Wirklichkeit zu diesem Thema sagt:
Bultmann, Rudolf: Ist voraussetzungslose Exegese möglich. Aus Theologische Zeitschrift 13, 1957, S. 409-417 hat geschrieben:Die historische Methode schließt die Voraussetzung ein, daß die Geschichte eine Einheit ist im Sinne eines geschlossenen Wirkungs-Zusammenhangs, in dem die einzelnen Ereignisse durch die Folge von Ursache und Wirkung verknüpft sind. ...
...
Dieses Geschlossenheit bedeutet, daß der Zusammenhang des geschichtlichen Geschehens nicht durch das Eingreifen übernatürlicher, jenseitiger Mächte zerrissen werden kann, daß es also kein "Wunder" in diesem Sinne gibt. Ein solches Wunder wäre ja ein Ereignis, dessen Ursache nicht innerhalb der Geschichte läge. Während z.B. die alttestamentliche Geschichtserzählung vom handelnden Eingreifen Gottes in die Geschichte redet, kann die historische Wissenschaft nicht ein Handeln Gottes konstatieren, sondern nimmt nur den Glauben an Gott und sein Handeln wahr. Als historische Wissenschaft darf sie freilich nicht behaupten, daß solcher Glaube eine Illusion sei, und daß es kein Handeln Gottes in der Geschichte gäbe. Aber sie selbst kann das als Wissenschaft nicht wahrnehmen und damit rechnen: sie kann es nur jedermann freistellen, ob er in einem geschichtlichen Ereignis, das sie selbst aus seinen inntergeschichtlichen Ursachen versteht, ein Handeln Gottes sehen will.
Nun mal ganz langsam. Deine Frage war, ob Bultmann sage, dass die einzig vernünftige Voraussetzung für biblische Exegese die wäre, so zu tun, als ob es Gott nicht gäbe.
Und genau das sagt er in diesem Zitat.
Auch Bultmann spricht hier - wie Lüdemann vorhin - von ganz was anderem als von Exegese. Kein Wort von Exegese in diesem Zitat. Kein Wort von "als ob es Gott nicht gäbe" in Bezug zur historisch-kritischen Exegese oder zur historisch-kritischen Methode. Nach wie vor hast du nicht belegt, dass Bultmann in Bezug zur historisch-kritischen Methode die Formel "als ob es Gott nicht gäbe" verwendet hätte.

Diese Formel bzw. dieses Schlagwort "als ob es Gott nicht gäbe" stammt übrigens von Bonhoefer - natürlich in einem ganz anderen Zusammenhang OHNE jeden Bezug zur historisch-kritischen Methode. Diese Kombination von beidem findet sich nur auf biblizistischen und atheistischen Seiten, die gegen die HKM der liberaleren Theologien bzw mit der HKM besonders gegen die biblizistischen Theologien im Besonderen und gegen alle Theologien im Allgemeinen angehen.



Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
Andreas hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 13:23
Lüdemann hingegen schließt einen solchen dogmatischen Atheismus aber explizit aus. Er spricht zudem von etwas ganz anderem, als du ihm unterstellst: Lüdemann spricht vom methodischen Atheismus der Theologie als wissenschaftlicher Disziplin in der Neuzeit, welche mit Hilfe der historisch-kritischen Methode das Christentum geschichtlich untersucht - UND NICHT von der historisch-kritischen Exegese, die Texte der Bibel auslegt.
Selbstverständlich gehört zur HKM die HKE, das hatten wir doch schon.
Wiki: ""Die historisch-kritische Methode ist ein im 18. und 19. Jahrhundert entwickelter Methodenapparat zur Untersuchung von historischen Texten. Bekannt ist sie vor allem aus der biblischen Exegese. Sie hat zum Ziel, einen (biblischen) Text in seinem damaligen historischen Kontext zu verstehen und schließlich auszulegen."
Lüdemann macht hier aber doch gar keine Aussagen über die HKE oder die HKM sondern über die Geschichtswissenschaft innerhalb der Theologie. Es ist wirklich nicht schwer, die Absicht und das Ziel dieser paar wenigen Zeilen des ganzen Lüdemannzitates in ihrem inhaltlichen Zusammenhang zu verstehen, wenn man sich an das Original hält - was du allerdings immer wieder nicht tust. So auch hier wieder:
Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
Wenn "das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht" wird (Lüdemann) ...
Wie oft willst du hier noch mit entstellten Zitaten hantieren? Nutze die Zitatfunktion, wie es sich gehört. Das Original:
Lüdemann Homepage hat geschrieben:Im Gegensatz zu Dalferth ist Theologie ist insofern eine geschichtliche Disziplin, als sie das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht.

Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
... geht das doch gar nicht, ohne die biblischen Texte auszulegen, auf denen das Christentum beruht. Und sie legt sie so aus, dass sie ein wirkliches Handeln Gottes in der Geschichte, gemäß des methodischen Atheismus, ausschließt.
Du differenzierst einfach nicht zwischen historischer Methode der Geschichtwissenschaft und der historisch-kritischen Methode von Texten. Um das Christentum mit der historischen Methode geschichtlich zu untersuchen, muss man tatsächlich eine Menge profaner und sakraler Texte berücksichtigen und die Bibel spielt dabei in der Masse der dabei zu verarbeitenden historischen Fakten und Daten nur eine sehr kleine Rolle. Bei allen Texten die dabei anfallen, wird die historisch-kritische Methode gleichermaßen angewendet.

Du erwartest doch sicherlich nicht, dass man sakrale Texte aus dem nicht jüisch-christlichen Umfeld so behandelte, als ob es die darin erwähnten Götter gäbe, denn dann gäbe es "historische Tatsachenberichte" vom Handeln all der anderen Götter in der Geschichte und dein christlicher Monotheismus wäre dahin! Das kannst du nicht wirklich wollen, dass die anderen Götter auch "wissenschaftlich" als historische Tatsachen belegt werden wie Jahwe. Das wäre aber die unausweichliche Konsequenz davon. Deine Entscheidung. Du findest ein konsequentes Vorgehen anderer ja schon mal gut:
Roland hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 18:40
bezeichnet sich selbst übrigens nicht mehr als Christ. Immerhin ist er konsequent.

closs
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#510 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 30. Mär 2019, 21:21

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 30. Mär 2019, 21:06
Leider falsch. Descartes zweifelt an ALLEM. Das ist ja gerade der Witz der Meditationes. Und nicht Gott ist die Grundlage von allem, sondern das unhintergehbare Cogito. Gott muss lediglich bewiesen werden, um mit ihm die Erkennbarkeit der res extensa zu gewährleisten.
Ich verstehe Deine Argumentation, glaube sie aber nicht in Bezug auf Descartes.

Du hast recht, dass Gott, wenn nur das Cogito sicher ist, selbst nicht sicher ist. Aber genau das hat Descartes subjektiv nicht für möglich gehalten, ob ihm sein beweis gelänge oder nicht. - Es war also NICHT so, dass Descartes gebibbert hat "Hoffentlich gelingt mein Beweis", sondern dass er rausfinden wollte, ob ihm das gelingt, was er persönlich schon "weiß" alias "glaubt".

Und wie gesagt: Aus meiner Sicht hätte er sich diesen Versuch sparen können - die Aussage "Ich GLAUBE als Cogito an die Existenz Gottes" hätte für seine Zwecke gereicht.

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