Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#91 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » So 19. Nov 2017, 09:22

Münek hat geschrieben:Deine Setzung/Dein Glaube IST eine Festlegung.
Die aber jederzeit lösbar ist!!! - Eben WEIL ich weiß, dass es eine Setzung ist, bin ich Herr dieser Entscheidung und kann sie jederzeit revidieren. - Ich kann auch jederzeit in die Haut des anderen Schlüpfen: "Wie würde ich denken, wenn ich die Setzung des anderen hätte?".

Das ist dann anders, wenn man gar nicht auf die Idee kommt, dass eigenes Denken und Handlen auf Setzung beruht - denn dann ist man ideologisch gefangen. - Und genau das ist mein Vorwurf: Das Predigen von Unabhängigkeit aus der Position des Gefesselten, der nicht einmal weißt, dass er gefesselt ist. - Und das alles dann Fortschritt und Aufklärung nennt.

Pluto
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#92 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Pluto » So 19. Nov 2017, 10:50

closs hat geschrieben:Die aber jederzeit lösbar ist!!! - Eben WEIL ich weiß, dass es eine Setzung ist, bin ich Herr dieser Entscheidung und kann sie jederzeit revidieren. - Ich kann auch jederzeit in die Haut des anderen Schlüpfen: "Wie würde ich denken, wenn ich die Setzung des anderen hätte?".
Trotzdem ist es besser nicht zu setzen, damit man gar nicht erst in Versuchung gelangt, ideologische Dogmen aus den Setzungen zu machen.

closs hat geschrieben:Das ist dann anders, wenn man gar nicht auf die Idee kommt, dass eigenes Denken und Handlen auf Setzung beruht - denn dann ist man ideologisch gefangen.
Wie voller ideologischer Dogmen muss man sein, um so die Fakten zu verdrehen?
Glaubst du das wirklich? :o
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#93 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » So 19. Nov 2017, 11:22

Pluto hat geschrieben:Trotzdem ist es besser nicht zu setzen, damit man gar nicht erst in Versuchung gelangt, ideologische Dogmen aus den Setzungen zu machen.
Dann muss man bei Naturbeobachtungen bleiben und darf darüber hinaus nicht interpretieren - genau das geht aber nicht in der Philosophie.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Das ist dann anders, wenn man gar nicht auf die Idee kommt, dass eigenes Denken und Handlen auf Setzung beruht - denn dann ist man ideologisch gefangen.

Wie voller ideologischer Dogmen muss man sein, um so die Fakten zu verdrehen?
Glaubst du das wirklich?
Natürlich - Dir ist nicht bewusst, dass die Sachlage um 180° verdreht ist, wenn man solche DInge zu Ende denkt. - Ideologie-gefährdet ist der Materialismus, weil er meint, er habe keine Setzungen.

Pluto
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#94 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Pluto » So 19. Nov 2017, 11:42

closs hat geschrieben:Natürlich - Dir ist nicht bewusst, dass die Sachlage um 180° verdreht ist, wenn man solche DInge zu Ende denkt. - Ideologie-gefährdet ist der Materialismus, weil er meint, er habe keine Setzungen.
Logisch ist der Materialismus, der Marxismus oder das Nazitum, genau wie jede Religion, von ideologischem Denken durchzogen. Die meisten gläubigen Menschen dümpeln von einer Ideologe in die Nächste.

Nur, ich spreche von Wissenschaft, du von Materialismus. Wissenschaft ist aber frei von ideologischem Denken.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#95 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von JackSparrow » So 19. Nov 2017, 13:47

closs hat geschrieben:Ich kann auch jederzeit in die Haut des anderen Schlüpfen: "Wie würde ich denken, wenn ich die Setzung des anderen hätte?".
Nachdem du die Setzung gesetzt hast, dass Denken grundsätzlich nur von Setzungen abhängt und nicht zum Beispiel auch organische Ursachen haben könnte.

Das ist dann anders, wenn man gar nicht auf die Idee kommt, dass eigenes Denken und Handlen auf Setzung beruht
Deine Setzungen beruhen auf deinem bisherigen Denken und Handeln.

closs
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#96 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » So 19. Nov 2017, 14:00

Pluto hat geschrieben:Nur, ich spreche von Wissenschaft, du von Materialismus. Wissenschaft ist aber frei von ideologischem Denken.
Die Wissenschaft selbst ist frei von Setzungen (wir lassen hier radikal-skeptizistische Fragen weg, weil sie hier keine Rolle spielen). - Aber die Grenzen zwischen "Wissenschaft" und "weltanschaulicher Deutung wissenschaftlicher Sachergebnisse" sind in der Praxis auf undizplinierte Weise fließend - das ist doch das Problem.

Pluto hat geschrieben:Logisch ist der Materialismus, der Marxismus oder das Nazitum, genau wie jede Religion, von ideologischem Denken durchzogen.
Beim genaueren Hinschauen gibt es da einen Unterschied, den man sehr konkret festmachen kann - nämlich: Versteht sich eine Weltanschauung als
a) setzungslos universal richtig?
b) oder nur, falls ihre Setzungen richtig sind?

Bei (a) sind alle Türen offen zu ideologischem Denken, bei (b) ist diese Gefahr gebannt, weil die Betroffenen ja wissen, dass ihre Weltanschauung nur dann stimmt, wenn die Voraus-Setzungen dazu zutreffend sind. - Jetzt gehe mal verschiedene Ideologie-Verdächtige durch und prüfe, wer zu (a) und wer zu (b) gehört ....

JackSparrow hat geschrieben:Nachdem du die Setzung gesetzt hast, dass Denken grundsätzlich nur von Setzungen abhängt und nicht zum Beispiel auch organische Ursachen haben könnte.
"Organisch" klingt schon wieder nach "naturalistisch" (oder missinterpretiere ich das?) - falls ja, setzt man wie Descartes, dass Natur nicht nur Vorstellung, sondern auch Entität ist.

JackSparrow hat geschrieben:Deine Setzungen beruhen auf deinem bisherigen Denken und Handeln.
Naja - klar muss man etwas erkannt haben, dass man es sagen kann. :)

JackSparrow
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#97 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von JackSparrow » So 19. Nov 2017, 15:01

closs hat geschrieben:falls ja, setzt man wie Descartes, dass Natur nicht nur Vorstellung, sondern auch Entität ist.
Unter einer Vorstellung verstehe ich etwas, was sich in meinem Kopf abspielt. Beispielsweise könnte ich mir ein Zebra vorstellen.

Unter Natur verstehe ich, wenn ein Zebra neben mir steht und dessen lieblicher Geruch organisch spürbar auf meiner Nasenschleimhaut auftrifft.

Sollte Descartes ohne Hilfe seiner Setzungen zu dieser grundlegenden Unterscheidung nicht in der Lage gewesen sein, dann war er offensichtlich hochgradig pflegebedürftig und konnte nicht mal selbstständig aufs Klo gehen - mindestens eine der wahrgenommenen Klobrillen hätte ja nur in seiner res cogitans existiert.

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Detlef
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#98 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Detlef » So 19. Nov 2017, 16:14

closs hat geschrieben:Das ist schön geschrieben und die idealen Aspekte herausgefeiert - klingt nach wik.
Ja klar, das waren alles wikipedia-Zitate, völlig ausreichend,um zu zeigen dass du hier nicht mal Äppel mit Birnen- sondern gar mit Fahrradschläuchen vergleichst.
closs hat geschrieben:Nein - diese positiven Aspekte sind nicht, was den KR zum "Big Brother" macht. - Es ist vielmehr das Doppelspiel von Nicht-Festlegung (keine Letztbegründung) und Festlegung (was nicht falsifizierbar ist, ist irrelevant). - So entsteht eine materialistische Welt (denn Transzendenz ist prinzipiell nicht falsifizierbar), da alles andere per Festlegung (!) irrelevant ist. - Und daraus werden traditionell festgelegte Begriffe (s.o.) entankert und semantisch neu besetzt - und so schließt sich der Kreis zu "1984".
Detlef hat geschrieben:"Emmanuel Goldstein" alias "Jesus"
Selbst hier liegst du weit daneben, "Vorbild für diese Figur ist der in der Sowjetunion unter Stalin zur Hassfigur und zum Verräter erklärte Leo Trotzki."
Du Witzbold. - Wenn "1984" nur ein Spiegel für Zeitgenossen hätten sollen, wäre es kein großes Kunstwerk.
Tja w e n n, und es ist a u c h, aber nicht "nur ein Spiegel für Zeitgenossen".
closs hat geschrieben: - Große Kultur-Leistungen sind über die Lebenszeit des Künstlers hinausgeschrieben.Nein, "Goldstein" ist NICHT "Trotzki". - Trotzki ist lediglich eine Assoziation für das Motiv "Widerstand gegen das, was in '1984' 'Ozeanien' genannt wird".
Na, spätestens hier hättest du dir den entsprechenden wiki-Artikel mal ansehen können:"Die oligarchische Gesellschaft von Ozeanien ist wie eine Pyramide aufgebaut und an die Verhältnisse in der Sowjetunion angelehnt in drei hierarchische Gruppen unterteilt: Innere Partei, äußere Partei und Arbeiter (Proles)..."(wikipedia)
closs hat geschrieben:Auch eine Bestätigung meiner These: Im Gegensatz zu mir trittst Du mit Festlegungen an, um dann gleichzeitig als Jünger der Philosophie der Nicht-Festlegung zu schwadronieren. - Ich dagegen verweise bewusst auf den "Glaubensentscheid" ("Wenn meine Setzung wahr ist, gilt folgendes ...") und habe deshalb Platz für andere Glaubensentscheide (wie bspw. den Kritischen Rationalismus als Philosophie).Unsere Rollen sind exakt spiegelverkehrt zu dem, was Du beanspruchst: Ich vertrete Letztbegründungen ausschließlich mit dem Vorbehalt einer Setzung/eines Glaubensentscheids und bin damit letztlich NICHT festgelegt. - Du vertrittst Nicht-Letztbegründungen in einem VOR-gegebenen Rahmen und bist damit letztlich festgelegt.
Es war ein Hinweis, dass du mit diesen Orwellisierungs-Unterstellungen etliche Diskussionspartner unter der Hand in eine totalitaristische Ecke drückst. Jetzt sehe ich, dass dir das nicht aus Versehen passierte.
closs hat geschrieben:Du bist ein "Ozeaniker" - das entspricht exakt meiner These, die Dich fäschlich glauben lässt, in einer philosophisch aufgeklärteren Position zu sein. - Ihr Brüder dreht die Dinge um 180° auf den Kopf.
Was nichts anderes bedeutet wie: "Du bist ein Stalinist!" - Blickst du's noch?
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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#99 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Novas » So 19. Nov 2017, 16:22

Detlef hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Du bist ein "Ozeaniker" - das entspricht exakt meiner These, die Dich fäschlich glauben lässt, in einer philosophisch aufgeklärteren Position zu sein. - Ihr Brüder dreht die Dinge um 180° auf den Kopf.
Was nichts anderes bedeutet wie: "Du bist ein Stalinist!" - Blickst du's noch?

Ich werde als orthodoxer Christ regelmäßig angegriffen, weil ich mit der Mehrheitsmeinung der Masse nicht übereinstimme. Daran bin ich inzwischen schon so gewöhnt, dass ich meistens sehr ruhig und gelassen bleibe und es mit einem gewissen Humor nehme :) Menschen die anders denken, anders glauben, anders leben bekommen einen deutlichen Druck zu spüren, was bei vielen Menschen den Effekt hat, dass sie sich lieber anpassen und mit dem Strom schwimmen. Meistens läuft das eher subtil, manchmal aber auch sehr konfrontativ. Wenn religiösen Menschen ein Gotteswahn unterstellt wird, weil sie sich dem herrschenden Materialismus und Atheismus verweigern, dann ist das keine Einladung zu einer freundschaftlichen Gesprächsrunde. Das klingt eher nach einer ideologisch motivierten Kriegserklärung: alles und jeder wird bekämpft, der das von oben verordnete Welt- und Menschenbild, so wie die damit verbundenen Wertvorstellungen, Lebensziele und Lebensweise nicht teilen möchte. Als Christ bekenne ich mich dazu, dass ich anders leben möchte, als die restliche Welt, denn das beinhaltet schon das Wort Ekklesia (von altgr. ἐκκλησία, wörtlich „die Herausgerufenen“)

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#100 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » So 19. Nov 2017, 16:55

JackSparrow hat geschrieben:Sollte Descartes ohne Hilfe seiner Setzungen zu dieser grundlegenden Unterscheidung nicht in der Lage gewesen sein, dann war er offensichtlich hochgradig pflegebedürftig und konnte nicht mal selbstständig aufs Klo gehen - mindestens eine der wahrgenommenen Klobrillen hätte ja nur in seiner res cogitans existiert.
Du hast Descartes echt nicht verstanden - vermutlich weil Du (wie es neumodisch üblich ist) nicht über das Materielle hinausdenkst. - Aus Deiner Position verstehe ich Dich - aber Descartes ist weiter.

Detlef hat geschrieben: spätestens hier hättest du dir den entsprechenden wiki-Artikel mal ansehen können
Du hat die Hauptsache nicht verstanden: Die sowjetischen Verhältnisse sind doch nur eine Blaupause für das, was Orwell generell sagen will - er spricht davon, was passiert, wenn Absolutismus regiert - egal ob kirchlich, kommunistisch oder kritisch-rational. - Ist Dir eigentlich klar, wie nahe wir heute mit unserer Mischung aus Datensammlung und Sittenwächterei an "1984" sind?

Detlef hat geschrieben:Es war ein Hinweis, dass du mit diesen Orwellisierungs-Unterstellungen etliche Diskussionspartner unter der Hand in eine totalitaristische Ecke drückst.
Das ist nicht persönlich gemeint - es läuft hinaus auf: "Merkt Ihr eigentlich, dass Ihr, zu Ende gedacht, weltanschaulich

Detlef hat geschrieben:Was nichts anderes bedeutet wie: "Du bist ein Stalinist!"
Nein - die ursprüngliche Blaupause ist irrelevant.

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