Der Jesus der Gnosis

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Savonlinna
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#81 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Do 2. Jun 2016, 04:58

Josi hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Nein, ich lebe meinen Glauben.
Das möchte ich auch nicht bezweifeln.
Nur; was sagt das über die angebliche Existenz eines Gottes aus?
Dass das, was man lebt, auch existiert.
Das sage ich als Nicht-Gläubiger.
Aber wer das, was er als "Gott" bezeichnet, lebt, weist damit die Existenz dessen auf, was er als "Gott" bezeichnet.

Josi hat geschrieben: Für gewöhnlich lebt ein Scientologe auch seinen Glauben.
Und? Was heißt das?
Welcher Scientologe das lebt, was er als "Gott" versteht, weiß man von außen nicht.
Tut er es aber, dann ist das, was er lebt, existierend.

Novas
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#82 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Do 2. Jun 2016, 05:41

Savonlinna hat geschrieben:Der Unterschied zwischen "anthropozoentrisch" und "theozentrisch" basiert auf einer ganz unklaren und verschwommenen Weltsicht Deienrseits, und diese möchtest Du den Usern hier als "Grundlage" vortäuschen

Da stimme ich Dir gerne zu, liebe Savonlinna, denn gerade die christliche Mystik sucht Gott im Menschen, die scheinbare Grenze zwischen dem „anthropozentrischen“ und „theozentrischen“ wird also aufgehoben. Das will uns die religiöse Sprache sagen, wenn sie von der „Fleischwerdung des Wortes“ spricht in einem kleinen zerbrechlichen Kind in Betlehem: göttliches Leben ist Mensch geworden. Doch nicht nur in Jesus, in jedem von uns und durch das ganze Universum, das ist dann die erweiterte Aussage.

Gott und Mensch verhalten sich zueinander wie Gold und Ring. Sie sind zwei ganz verschiedene Realitäten. Gold ist nicht Ring und Ring ist nicht Gold. Aber in einem goldenen Ring können sie nur zusammen auftreten. Sie sind koexistent. Das Gold braucht eine Form, um zu erscheinen, und der Ring braucht ein Material, um sichtbar zu werden. Sie sind Nicht-Zwei. Das Gold offenbart sich als Ring. So offenbart sich Gott als Mensch. Sie können nur zusammen erscheinen. Das ist für mich der Sinn der Inkarnation Jesu. Es soll darin sichtbar gemacht werden, dass alles eine Inkarnation Gottes darstellt, von den Quarks und Leptonen bis hin zu den rein geistigen Formen, von denen wir keine Ahnung haben. Wir sind „Gottmenschen“. Ich kann auch sagen: Gott hat sich als Mensch manifestiert.

*****

Gott inkarniert sich im Kosmos. Er und seine Inkarnationen sind unlösbar miteinander verbunden. Er ist nicht in seiner Inkarnation, sondern er manifestiert sich als Inkarnation. Er offenbart sich im Baum als Baum, im Tier als Tier, im Menschen als Mensch und im Engel als Engel. Es sind dies also nicht Wesen, neben denen es dann noch einen Gott gäbe, der gleichsam in sie hineinschlüpfte, sondern er ist jedes einzelne dieser Wesen – und ist es auch wieder nicht, da er sich nie in einem von ihnen erschöpft, sondern immer auch alle anderen ist. Eben diese Erfahrung macht der Mystiker. Er erkennt den Kosmos als sinnvolle Manifestation Gottes, während sich manche Menschen dem Kosmos gegenüber verhalten wie Analphabeten gegenüber einem Gedicht: Sie zählen die einzelnen Zeichen und Worte, aber sie sind nicht imstande den Sinn zu verstehen, der dem ganzen Gedicht seine Gestalt gibt.

Willigis Jäger
https://mystikaktuell.wordpress.com/tag/inkarnation/

ʿĪsā عيسی, ... wie Jesus im Koran auch genannt wird ... wird im Islam auch als „sein (Gottes) Geist“ (rūḥ min-hu): und „Geist von ihm“: Sure 4,171 bezeichnet. Nun kann man natürlich fragen: sind wir nicht alle Geist und Leben von Ihm? :) Das würde ich mit einem großen Ja beantworten... das ist das spirituelle Wissen (Gnosis), um das es im Christentum eigentlich geht, die im Grunde über alle religiösen Begrenzungen hinaus geht.

In diesem Sinne kann man auch den Satz von Ernst Bloch verstehen: „Nur ein Atheist kann ein guter Christ sein, gewiss aber auch: Nur ein Christ kann ein guter Atheist sein“. meine These dazu: es ist an der Zeit das institutionalisierte Christentum los zu lassen, um in einem umfassenderen und wahrhaft schöpferischen Sinne Christ bleiben zu können. Das ist allerdings etwas, was der Einzelne nur für sich selbst entscheiden kann.

Das kann nicht von oben bestimmt werden, das kommt von Innen aus dem Wunsch nach Individuation oder eben nicht, weil der Impuls nicht stark genug ist.
Zuletzt geändert von Novas am Do 2. Jun 2016, 11:28, insgesamt 2-mal geändert.

closs
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#83 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Do 2. Jun 2016, 09:17

Josi hat geschrieben:Zudem weiß ich ebenso sicher die gnostische Position zu definieren, weil sie nun mal klar definiert ist.
Dann versuche mal, diese klare Definition klar zu vermitteln. Wenn Du es schaffst, einen Begriff, der historisch ziemlich unterschiedlich besetzt ist, klar zu vermitteln, darfst Du Dich zur intellektuellen Elite zählen.

Josi hat geschrieben:Für wen und was eine grundlegende Frage?
Für Leute, die nicht nur auf einem Ölfilm von Worten rumrutschen wollen.

Josi hat geschrieben:Tja, das kommt wohl darauf an, wie Gnostiker sich kleiden.
Warum weichst Du aus, wenn es konkret wird?

Savonlinna hat geschrieben:Der Unterschied zwischen "anthropozoentrisch" und "theozentrisch" basiert auf einer ganz unklaren und verschwommenen Weltsicht Deienrseits
Du meidest die intellektuelle Klarheit wie der Teufel das Weihwasser.

Novas
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#84 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Do 2. Jun 2016, 09:21

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Der Unterschied zwischen "anthropozoentrisch" und "theozentrisch" basiert auf einer ganz unklaren und verschwommenen Weltsicht Deienrseits
Du meidest die intellektuelle Klarheit wie der Teufel das Weihwasser.

Savonlinna mit dem Teufel zu vergleichen ist nun ein bisserl daneben. Hast Du gut geschlafen? :P

closs
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#85 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Do 2. Jun 2016, 09:26

Novalis hat geschrieben:Savonlinna mit dem Teufel zu vergleichen ist nun ein bisserl daneben.
Bitte setze keine Unwahrheiten ins Netz: Das ist eine Redensart, die nicht wörtlich zu verstehen ist - und das weisst Du auch.

Novalis hat geschrieben: Hast Du gut geschlafen?
Ja - aber ich habe mir vorgenommen, im Forum weniger zu schreiben und nicht mehr so geduldig zu sein. Lieber auf den Punkt bringen und andere machen lassen.

Novas
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#86 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Do 2. Jun 2016, 09:41

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Savonlinna mit dem Teufel zu vergleichen ist nun ein bisserl daneben.
Bitte setze keine Unwahrheiten ins Netz: Das ist eine Redensart, die nicht wörtlich zu verstehen ist - und das weisst Du auch

Wenn man bedenkt, dass der „Teufel“ - zumindest als Sprachform - hier im Forum ziemlich oft sein Unwesen treibt – und das finde ich sehr bedenklich (denn in der realen Geschichte führte das tatsächlich, nicht nur sprichwörtlich, sehr häufig zur Verteufelung Andersdenkender, die Gefahr sehe ich besonders deutlich im Dialog zwischen Christentum und Islam) – dann finde ich es angebracht mit solchen Redensarten vorsichtig zu sein.

closs
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#87 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Do 2. Jun 2016, 09:50

Novalis hat geschrieben: dann finde ich es angebracht mit solchen Redensarten vorsichtig zu sein.
Wenn man "Teufel" so ernst nimmt, wie er eigentlich ernstzunehmen wäre, hast Du recht. Ich gehe jedoch davon aus, dass im säkularen Umfeld "Teufel" nicht als etwas Reelles verstanden wird - und wir sind hier mehrheitlich im säkularen Umfeld. - Absolut gesehen hast Du jedoch recht - vielleicht sollte man sich lieber selber treu bleiben, als sich dem Umfeld anpassen. So gesehen dürfte ich es tatsächlich NICHT sagen - danke für den Anstoß.

Pluto
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#88 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Pluto » Do 2. Jun 2016, 10:01

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Der Unterschied zwischen "anthropozoentrisch" und "theozentrisch" basiert auf einer ganz unklaren und verschwommenen Weltsicht Deienrseits
Du meidest die intellektuelle Klarheit wie der Teufel das Weihwasser.
Nein. Da gebe ich Savonlinna Recht.
closs, du verwendest die Worte als eine Art Waffen, dabei sollte klar sein, dass beide Begriffe sich sehr nahe stehen.

Viele alte Mythologien enthalten Schöpfungsgeschichten, die aber gerade in den griechischen und römischen Mythologien fehlten. Wie Aristoteles, glaubten auch die späteren Philosophen, die Welt sei schon immer vorhanden gewesen. In ihrem damals zyklischen Zeitbild gab es keinen Platz für die Vorstellung eines Anfangs von Allem. Im Gegensatz dazu, hatte das Christentum vom alten Judentum eine Geschichte der Schöpfung geerbt, in der Gott in klar nachvollziehbaren Schritten zuerst das Licht, dann die Erde und die Himmelskörper, und schließlich das Leben auf der Erde kreierte. Gott schuf Adam und danach aus ihm auch Eva. Nach dieser Geschichte war es der Mensch der den Tieren und Pflanzen ihre Namen gab. Damit erhielt er die Herrschaft über alle anderen Lebewesen. Gott hat alles ausschließlich für die Menschheit geschaffen — Alles was Gott mit seiner Schöpfung hervorbrachte war da, um dem Wohl des Menschen zu dienen; obwohl Gott den Mensch aus einem Erdklumpen schuf, ist er dennoch nicht Teil der Natur, sondern er wurde als Ebenbild Gottes erschaffen.

Mit dieser Schöpfungsgeschichte ist das Christentum die deutlich anthropozentrischste Religion die die Welt jemals gesehen hat. Der Mensch teilt somit die Transzendenz Gottes und steht laut der Bibel mit Gott über der Natur. Diese Vorstellung steht nicht nur im krassen Gegensatz zum Glauben der alten Heiden und der meisten asiatischen Religionen, sondern widerspricht auch den Erkenntnissen der modernen Biologie die unsere wahre niedere Herkunft belegt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#89 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Do 2. Jun 2016, 10:28

Pluto hat geschrieben:Diese Vorstellung steht nicht nur im krassen Gegensatz zum Glauben der alten Heiden und der meisten asiatischen Religionen, sondern widerspricht auch den Erkenntnissen der modernen Biologie die unsere wahre niedere Herkunft belegt.
Das ist richtig - und bei entsprechender Perspektive kann man dies in der Tat anthropozentrisch nennen.

Bei der Gnosis geht es aber um einen anderen Zusammenhang:
Hier ist die Frage, ob der Mensch glaubt, dass er mit seinen Möglichkeiten der Vernunft (= anthropozentrisch) Gott und die Welt hinreichend begründen kann, oder ob dies nur über eine höhere Vernunft (= theozentrisch) geht. Die Fragestellung ist also eine ganz andere.

Und bei der Gnosis ist mir die Antwort auf diese Frage selber nicht klar - zumal "Gnosis" auch historisch sehr heterogen besetzt ist, was die Sache noch verkompliziert. - Mein Wunsch wäre nun, dass ein Mit-Forist diesbezügliche Klarheit bringen kann, weil er es einfach kompetenterweise weiss. - Dies scheint nicht der Fall zu sein.

Das macht nichts - schließlich handelt es sich um eine knifflige Frage. Es macht aus meiner Sicht sehr wohl etwas, wenn man sich mit sprachlichen Akrobatien dieser Frage entziehen will mit der Begründung "Verstehe die Frage nicht, kann also nicht wichtig sein" oä.

Dabei ist diese Frage sehr wohl wichtig, weil sie den Kern dessen berührt, was (nicht nur) das Buch "Hiob" ausmacht. Wenn man also das Christentum verstehen möchte, kommt man also nicht an dieser Frage herum. - Wenn nicht, natürlich nicht.

Pluto
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#90 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Pluto » Do 2. Jun 2016, 10:35

closs hat geschrieben:Bei der Gnosis geht es aber um einen anderen Zusammenhang:
Hier ist die Frage, ob der Mensch glaubt, dass er mit seinen Möglichkeiten der Vernunft (= anthropozentrisch) Gott und die Welt hinreichend begründen kann, oder ob dies nur über eine höhere Vernunft (= theozentrisch) geht. Die Fragestellung ist also eine ganz andere.
Bei der Vielfalt der von Menschen erfundenen Gottheiten (es gibt ca. 10'000) spricht die Statistik dafür, dass JHWH ebenfalls eine Erfindung des Menschen ist, und somit aus dem Anthropzentrismus des judäo-christlichen Glaubens hervorging.

closs hat geschrieben:Und bei der Gnosis ist mir die Antwort auf diese Frage selber nicht klar - zumal "Gnosis" auch historisch sehr heterogen besetzt ist, was die Sache noch verkompliziert.
Gnosis bedeutet vom Wortstamm her "Wissen". Die Gnostiker des 3. und 4. Jahrhunderts meinten, sie hätten ein geheimes Wissen, was anderen Menschen nicht zugänglich war. Das hat zu Neid und letztendlich zum Niedergang der Gnostiker geführt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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