Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#571 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Mo 15. Dez 2014, 23:22

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Es heißt, dass es sich bei dem, was unabhängig davon ist, um Fantasien und Mutmaßungen handelt.
Ein vollkommen willkürliche Behauptung.
Welche Beobachtungen stützen denn die Existenz von Sein?

closs hat geschrieben:Realität ist, was der Fall ist - vollkommen unabhängig von Wahrnehmungen und Mutmaßungen.
Und was ist Realität für uns Menschen anderes als Wahrnehmung und Vermutung?
Die Katze beißt sich wieder mal in den Schwanz. ;)

closs hat geschrieben:Licht = Licht - das reicht doch. - Und mit den Wahrnehmungs-Worten "Welle" und "Korpuskel" kommt man dem doch sehr nah - was will man als Wahrnehmender mehr?
An der Existenz von Dingen wie Licht, die prinzipiell überprüfbar sind, wurde niemals gezweifelt. Alles Weitere könnte aber sehr wohl das Konstrukt einer überbordenden Fantasie sein.
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closs
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#572 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mo 15. Dez 2014, 23:35

Pluto hat geschrieben:Welche Beobachtungen stützen denn die Existenz von Sein?
Bei naturalistischem Sein sind es bspw. naturwissenschaftliche Beobachtungen - bei geistigem Sein sind es bspw. persönliche Erfahrungen und logisches Denken - bei wieder anderem Sein ist es nichts von all diesem, weil es nichts mit uns zu tun haben soll - manches andere Sein kann erst nach dem Daseins-Tod für uns fällig sein. - Wie es halt kommt.

Am Ende bleibt: Was von all dem "ist", ist Realität. - Nur wissen wir nicht zwingend, was es ist.

Pluto hat geschrieben:Und was ist Realität für uns Menschen anderes als Wahrnehmung und Vermutung?
Wahrnehmungsmäßig ist das richtig - und damit näherst Du Dich Sokrates an ("Ich weiss, dass ich nichts weiss"). - Trotzdem bemühen wir uns, mit unserer Wahrnehmung (sein sie naturalistischer oder geistiger Art) der Realität so nah wie möglich auf die Pelle zu drücken - das ist ein Grundbedürfnis des Menschen - und (christlich gesprochen) gott-gewollt.

Pluto hat geschrieben:Die Katze beißt sich wieder mal in den Schwanz.
Nein - überhaupt nicht. - Das passiert nur dann, wenn man beansprucht, mit Wahrnehmung mehr zu erreichen, als was sie leisten kann.

Pluto hat geschrieben:An der Existenz von Dingen wie Licht, die prinzipiell überprüfbar sind, wurde niemals gezweifelt.
Wurde auch nicht - wie kommst Du darauf? - Das war eine Antwort auf eine Frage von Jack in einem speziellen Zusammenhang.

Eigentlich ist das ganze Thread-Thema ausreichend abgehandelt, wenn man in aller Konsequenz (!!!) zur Kenntnis nimmt, dass Sein/Realität unabhängig von unserer Wahrnehmung ist, UND somit Wahrnehmung und Sein/Realität zwei verschiedene Kategorien sind.

Pluto
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#573 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 16. Dez 2014, 00:13

closs hat geschrieben:Am Ende bleibt: Was von all dem "ist", ist Realität. - Nur wissen wir nicht zwingend, was es ist.
Eines dürfte allen klar sein: wenn wir nicht wissen was es ist, können wir auch keine Vermutungen darüber anstellen.

closs hat geschrieben:Trotzdem bemühen wir uns, mit unserer Wahrnehmung (sein sie naturalistischer oder geistiger Art) der Realität so nah wie möglich auf die Pelle zu drücken - das ist ein Grundbedürfnis des Menschen - und (christlich gesprochen) gott-gewollt.
Das halte ich für falsch.
Auch halte ich es für verantwortungslos, einem solchen menschlichen Bedürnis nachzugeben und Antworten zu suchen die mit der Rationiltät unvereinbar sind.
Verantwortungsbewusst handeln wäre:
Bei vermeintlichen Antworten, die Fantasie zügeln, inne halten und in aller Ehrlichkeit und Redlichkeit, sokratisch sagen: "Ich habe keinen blassen Schimmer".

closs hat geschrieben:... wenn man in aller Konsequenz (!!!) zur Kenntnis nimmt, dass Sein/Realität unabhängig von unserer Wahrnehmung ist, UND somit Wahrnehmung und Sein/Realität zwei verschiedene Kategorien sind.
Soweit ich es beurteilen kann, geht es hier um drei (nicht zwei) Kategorien.
Es wäre mal an der Zeit zu erklären, warum du darauf bestehst, Sein und Realität als untrennbares Duo hinzustellen, wo es sich doch um zwei völlig unterschiedliche Dinge handelt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#574 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Di 16. Dez 2014, 00:43

Pluto hat geschrieben:Eines dürfte allen klar sein: wenn wir nicht wissen was es ist, können wir auch keine Vermutungen darüber anstellen.
Das passiert doch in der QM ständig - und ist normal: Man hat diverse Hinweise, dass da was "ist", weiß nicht genau, was es ist, stellt aber Vermutungen an, was es sein könnte. - Finde ich überhaupt nicht ungewöhnlich.

Pluto hat geschrieben:Auch halte ich es für verantwortungslos, einem solchen menschlichen Bedürnis nachzugeben und Antworten zu suchen die mit der Rationiltät unvereinbar sind.
Dieser Satz ist nur dann richtig, wenn man den Begriff "Ratio" materialistisch verkürzt - dies ist erst in unserer Epoche en vogue. - Die großen Philosophen von Platon an wären nie auf die Idee gekommen, so zu denken - ich vermute, dass nicht einmal Popper so gedacht haben kann (weiss es aber nicht).

Pluto hat geschrieben:Es wäre mal an der Zeit zu erklären, warum du darauf bestehst, Sein und Realität als untrennbares Duo hinzustellen, wo es sich doch um zwei völlig unterschiedliche Dinge handelt.
Jede Realität ist Sein (also "der Fall"). - Allerdings ist in heutiger vorwiegender Definition "Realität" offensichtlich ausschließlich auf nachweisbares und materialistisches Sein gemünzt - nehmen wir dies als semantischen Shift hin - dann ist "Realität" eben eine Teilmenge von "Sein".

Jede materialistische Realität ist Sein, nicht jedes Sein muss materialistische Realität sein. - Eine 100%ige Koinzidenz (= Identität) von (materialistischer) Realität und Sein gäbe es für den Fall, dass jegliches postuliertes Sein fälschlich als solches postuliert wäre - in diesem Sonderfall hättest Du recht - aber nur da.

Träte dieser Sonderfall ein, wäre jegliche transzendente und spirituell-geistige Anlage des Menschen in Form von hermeneutischen Fragestellungen (im Sinne von Schelling/Ast) sowie jegliche persönliche Gott-Erfahrung eine Täuschung - dies erscheint, sachte gesagt, sehr unwahrscheinlich.

Pluto
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#575 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 16. Dez 2014, 11:13

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Eines dürfte allen klar sein: wenn wir nicht wissen was es ist, können wir auch keine Vermutungen darüber anstellen.
Das passiert doch in der QM ständig - und ist normal: Man hat diverse Hinweise, dass da was "ist", weiß nicht genau, was es ist, stellt aber Vermutungen an, was es sein könnte. - Finde ich überhaupt nicht ungewöhnlich.
Natürlich geht man auch in der Forschung Vermutungen nach, mit dem Ziel diese zu überprüfen. Wenn sie sich als nicht falsifizierbar herausstellen, lässt man die Vermutungen nach ein bis zwei Versuchen fallen, und bauscht sie nicht zu Glaubensdoktrinen und Katechismen auf.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Auch halte ich es für verantwortungslos, einem solchen menschlichen Bedürnis nachzugeben und Antworten zu suchen die mit der Rationiltät unvereinbar sind.
Dieser Satz ist nur dann richtig, wenn man den Begriff "Ratio" materialistisch verkürzt
Seit wann ist Ratio ein materialistischer Begriff? Soweit ich weiß ist er allgemeingültig.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es wäre mal an der Zeit zu erklären, warum du darauf bestehst, Sein und Realität als untrennbares Duo hinzustellen, wo es sich doch um zwei völlig unterschiedliche Dinge handelt.
Jede Realität ist Sein (also "der Fall").
Realität ist nur dann Wirklichkeit, wenn sie überprüfbar ist.
Dein Dilemma, lieber closs, ist, dass das was nicht prinzipiell überprüfbar ist, von einer Illusion nicht zu unterscheiden ist.

closs hat geschrieben:Allerdings ist in heutiger vorwiegender Definition "Realität" offensichtlich ausschließlich auf nachweisbares und materialistisches Sein gemünzt
Sehe ich nicht so. Es gibt prinzipiell überprüfbare Realität, und es gibt geglaubte Realität. Man muss unterschieden.
Aber zu sagen, es gäbe irgendwo "da Draußen" eine Ralität die nicht prinzipiell überprüfbar sein soll, ist reine Fiktion, über die wir nichts wissen können - auch prinzipiell nicht.

closs hat geschrieben:Jede materialistische Realität ist Sein, nicht jedes Sein muss materialistische Realität sein.
Ich verstehe nicht, wie du das so kategorisch behaupten kannst, wo du keine Ahnung hast, was Sein überhaupt ist.
Selbst wenn du es wüsstest, könntest du es nicht von Fiktion unterscheiden, es sei denn es wäre prinzipiell überprüfbar.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#576 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von JackSparrow » Di 16. Dez 2014, 12:47

closs hat geschrieben:Ein vollkommen willkürliche Behauptung.
Eine völlig unwillkürliche Beobachtung, da uns neben Wahrnehmung und Fantasie keine weiteren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die unser Weltbild formen könnten.

Nein - Realität ist, was der Fall ist - vollkommen unabhängig von Wahrnehmungen und Mutmaßungen.
Bei dem Gedanken, etwas könne vollkommen unabhängig von irgendwas anderem der Fall sein, handelt es sich um eine Mutmaßung. Welche als solche einen Teil der Realität darstellt. Nämlich als Mutmaßung, im Gegensatz zu einer Wahrnehmung.

Allerdings ist in heutiger vorwiegender Definition "Realität" offensichtlich ausschließlich auf nachweisbares und materialistisches Sein gemünzt
Das ist nicht ganz richtig, da nicht nachweisbare Dinge ebenfalls einen Teil der Realität darstellen. Wir bezeichnen solche nicht nachweisbaren Dinge als "Hypothesen", damit wir sie nicht versehentlich mit den nachweisbaren Dingen verwechseln.

closs
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#577 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Di 16. Dez 2014, 13:21

Pluto hat geschrieben:Natürlich geht man auch in der Forschung Vermutungen nach
Das nennt man "hermeneutisches Vorgehen" (im Sinne von SChelling/Ast).

Pluto hat geschrieben: mit dem Ziel diese zu überprüfen.
Da unterscheiden sich halt Naturwissenschaft und Philosophie - was in der Natur der Sache liegt: Geistige Phänomene (abzugrenzen von neuronalen Phänomenen) kann man nicht objektiv überprüfen. - Insofern bleibt der geistig Suchende immer im Stadium der Suche - man kann immer plausiblere Gründe finden, nie aber verifizieren - allenfalls logisch falsifizieren. - Soll man deshalb die Suche nach Realität/Sein außerhalb naturwissenschaftlichen Zugriffs aufgeben?

Pluto hat geschrieben: Soweit ich weiß ist er allgemeingültig.
Das meinst bspw. Kant auch - also bezieht er sich auch auf geistige Phänomene.

Pluto hat geschrieben:Dein Dilemma, lieber closs, ist, dass das was nicht prinzipiell überprüfbar ist, von einer Illusion nicht zu unterscheiden ist.
Das ist
a) nicht MEIN Dilemma
b) überhaupt kein Dilemma
c) sachlich vollkommen richtig.

Rein methodisch (zu Deiner Bestätigung) ist geistige/s Sein/Realität von geistiger Illusion NICHT unterscheidbar - genau so ist es. - Heisst das, dass es deshalb kein/e geistige/s Sein/Realität der Fall sein kann?

Pluto hat geschrieben:Aber zu sagen, es gäbe irgendwo "da Draußen" eine Ralität die nicht prinzipiell überprüfbar sein soll, ist reine Fiktion
Wahrnehmung ist IMMER Fiktion, weil sie nur keine Fiktion ist aufgrund von System-Setzungen.

Trotzdem ist es (in Deinem Sinne) selbstverständlich ein Unterschied, ob man Realität im Sinne seines Wahrnehmungs-Systems nachweisen kann oder nicht - die Naturwissenschaft kann es, die Spiritualität kann es (prinzipiell) NICHT.

Wie würdest Du "Fiktion" nennen, wenn sie sich herausstellen würde, dass sie sich überraschenderweise auf Realität bezieht? - Nennt man unbewiesene Hypthesen in der Naturwissenschaft als "Fiktion"?

Pluto hat geschrieben:Ich verstehe nicht, wie du das so kategorisch behaupten kannst, wo du keine Ahnung hast, was Sein überhaupt ist.
"Sein" ist hinreichend dadurch definiert, dass es "der Fall ist", also unabhängig von Wahrnehmung ist. - Ob dieses Der-Fall-Seiende uns bekannt ist oder nicht, ist irrelevant - die Definition stimmt trotzdem.

Pluto hat geschrieben:Selbst wenn du es wüsstest, könntest du es nicht von Fiktion unterscheiden, es sei denn es wäre prinzipiell überprüfbar.
Das ist kein Problem des Seins/der Realität, sondern der Wahrnehmung. - Was ich kann oder nicht kann, ist komplett irrelevant in Bezug auf Realität/Sein.

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#578 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Di 16. Dez 2014, 13:36

JackSparrow hat geschrieben: da uns neben Wahrnehmung und Fantasie keine weiteren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die unser Weltbild formen könnten.
Zwischen Wahrnehmung und Fantasie gibt es noch etwas, was man (Arbeitstitel) als "geistige Hypothesen" bezeichnen könnte. - Aber prinzipiell hast Du recht: Wir haben nur unsere Wahrnehmung - sei sie naturalistischer oder geistiger Art.

JackSparrow hat geschrieben:Bei dem Gedanken, etwas könne vollkommen unabhängig von irgendwas anderem der Fall sein, handelt es sich um eine Mutmaßung.
Da kann man leicht Gedanken-Experimente machen: Wenn man die gesamte Menschheit in einen 3000 m tiefen Schacht verbunkern würde (oder sie wären seit jeher dort verbunkert): Gäbe es deshalb die Sonne nicht?

JackSparrow hat geschrieben:Wir bezeichnen solche nicht nachweisbaren Dinge als "Hypothesen", damit wir sie nicht versehentlich mit den nachweisbaren Dingen verwechseln.
Dann sind wir uns ja im Sinne meiner obigen Anmerkung einig.

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#579 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 16. Dez 2014, 14:29

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Natürlich geht man auch in der Forschung Vermutungen nach
Das nennt man "hermeneutisches Vorgehen" (im Sinne von SChelling/Ast).
Hauptaufgabe der Wissenschaft ist es Vermutungen anhand von Beobachtungen zu überprüfen. Das erscheint mir mit den Mitteln der Hermeneutik allein völlig ausgeschlossen zu sein.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: mit dem Ziel diese zu überprüfen.
Da unterscheiden sich halt Naturwissenschaft und Philosophie
Richtig.
Viele Philosophen von Rang haben diesen Unterschied erkannt, und überprüfen ihre Aussagen, mttels wissenschaftlicher Methoden. Deshalb wendet man seit 100 Jahren die analytische Philosphie an.

closs hat geschrieben:Soll man deshalb die Suche nach Realität/Sein außerhalb naturwissenschaftlichen Zugriffs aufgeben?
Man soll anerkennen, dass man nichts als Realität hinstellen darf, was nicht zumindest prinzipiell überprüfbar ist. Damit werden Feen, Dämonen und sonstige Fantasieprodukte automatisch ausgeschlossen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dein Dilemma, lieber closs, ist, dass das was nicht prinzipiell überprüfbar ist, von einer Illusion nicht zu unterscheiden ist.
Das ist
a) nicht MEIN Dilemma
b) überhaupt kein Dilemma
c) sachlich vollkommen richtig.
Wenn es sachlich richtig ist, warum sträubst du dich ständig dagegen, es auf dein Seinspostulat anzuwenden?

closs hat geschrieben:Heisst das, dass es deshalb kein/e geistige/s Sein/Realität der Fall sein kann?
Wenn es nicht zumindest prinzipiell überprüfbar ist, dann auf jeden Fall. Welche Kriterien sollte man denn sonst anwenden?

closs hat geschrieben:Wahrnehmung ist IMMER Fiktion, weil sie nur keine Fiktion ist aufgrund von System-Setzungen.
Das ist ein Denkfehler: Man muss nichts setzen, wo nichts zu finden ist.

closs hat geschrieben:Nennt man unbewiesene Hypthesen in der Naturwissenschaft als "Fiktion"?
Kleine Korrektur. Das trifft auf prinzipiell nicht überprüfbare Hypothesen zu: Sofern Hypothesen nicht überprüfbar sind, kann man sie in der Tat als Fiktion bezeichnen. Welche Kriterien sollte man denn anwenden, um "Sein" von Fiktion zu unerscheiden?

closs hat geschrieben:"Sein" ist hinreichend dadurch definiert, dass es "der Fall ist" also unabhängig von Wahrnehmung ist. - Ob dieses Der-Fall-Seiende uns bekannt ist oder nicht, ist irrelevant - die Definition stimmt trotzdem.
Genau das ist die unbegründete Behauptung die ich bezweifle. Du kannst gar nicht wissen, ob es dieses "was der Fall ist" überhaupt gibt. So lange bleibt es ein Glaubensbekenntnis ohne Inhalt.

closs hat geschrieben:Das ist kein Problem des Seins/der Realität, sondern der Wahrnehmung. - Was ich kann oder nicht kann, ist komplett irrelevant in Bezug auf Realität/Sein.
Russel beschreibt solche Dinge mit seinem "Teekanne" Postulat.
"Ich behaupte, es gibt eine Teekanne zwischen Erde und Mars... vorausgesetzt, ich würde vorsichtshalber hinzufügen, dass man sie nicht nachweisen kann ... müsste man mir glauben".

Man sollte sich weniger mit der Existenz von Teekannen oder quixotischen Windmühlen befassen. Besser ist es, seine Zeit damit zu verbringen, diejenigen Dinge zu identifizieren, die prinzipiell überprüfbar sind.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#580 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Di 16. Dez 2014, 15:00

Pluto hat geschrieben:Das erscheint mir mit den Mitteln der Hermeneutik allein völlig ausgeschlossen zu sein.
Objektiv ja - ich bezog mich auf die Phase, bis überprüft ist - bis dahin ist es ähnlich. - Nur dass in geistigen u.U. erst nach dem Daseins-Tod der Nachweis erfolgt.

Pluto hat geschrieben:Viele Philosophen von Rang haben diesen Unterschied erkannt, und überprüfen ihre Aussagen, mttels wissenschaftlicher Methoden.
Dann ist das eine Schwestern-Disziplin der Naturwissenschaft - absolut ok. - Aber damit kann man nicht an Themen herangehen, wie es Platon, Kant, Hegel, Heidegger, etc. konnten. - Wenn man mit der Selektion der analytischen Philosophie als Philosoph zufrieden ist - sei's drum.

Pluto hat geschrieben:Man soll anerkennen, dass man nichts als Realität hinstellen darf, was nicht zumindest prinzipiell überprüfbar ist.
Mit Verlaub: Das ist Quatsch. - Man sagt ja nicht: "Hiermit 'ist' dies Realität", sondern man sagt "In Summe von logischen Erwägungen und persönlichen Erfahrungs-Werten ist davon auszugehen, dass (konkretisiert) "Gott" Realität ist". - Man beschränkt sich also (wie sich das gehört) auf Wahrnehmungs-Parameter, aus denen man Schlussfolgerungen zieht. - Kein christlichen Philosoph sagt (hoffentlich): "Gott ist als Realität bewiesen".

Pluto hat geschrieben:Damit werden Feen, Dämonen und sonstige Fantasieprodukte automatisch ausgeschlossen.
Damit schüttet man aber das Kind mit dem Bade aus - das ist gerade so, als würde man Getreide wegwerfen, weil damit die Gefahr von Spreu ausgeschlossen ist.

Pluto hat geschrieben:Wenn es sachlich richtig ist, warum sträubst du dich ständig dagegen, es auf dein Seinspostulat anzuwenden?
Genau das tue ich doch ständig - ich verstehe Deine Bemerkung nicht.

Pluto hat geschrieben:Das ist ein Denkfehler: Man muss nichts setzen, wo nichts zu finden ist.
Wenn man weiß, dass nichts zu finden ist, sucht man erst gar nicht.

Pluto hat geschrieben:Wenn es nicht zumindest prinzipiell überprüfbar ist, dann auf jeden Fall.
Was hat Realität mit Überprüfbarkeit zu tun? - Realität ist Sein - Überprüfbarkeit ist Wahrnehmung. - Wie oft denn noch?

Pluto hat geschrieben:Welche Kriterien sollte man denn anwenden, um "Sein" von Fiktion zu unerscheiden?
"Sein" und "Fiktion" unterscheiden sich in erster Linie selber - das eine ist Sein, das andere Nicht-Sein.

Wahrnehmungs-mäßige Kriterien zur Unterscheidung sind zum Beispiel naturwissenschaftliche Methodik - wenn diese nicht greift, muss man hermeneutisch vorgehen. - Normalerweise kann man auch auf dem Weg der Hermeneutik die Spreu vom Weizen trennen - logisch nachvollziehbar, aber nicht objektiv nachweisbar.

Pluto hat geschrieben:Du kannst gar nicht wissen, ob es dieses "was der Fall ist" überhaupt gibt.
Wenn es es nicht gibt, ist es nicht der Fall - so einfach ist das. - Dann hat man sich halt getäuscht - aber das ändert nichts an Sein oder Nicht-Sein.

Pluto hat geschrieben:Russel beschreibt solche Dinge mit seinem "Teekanne" Postulat
Wenn man seine Philosophie hermetisch von der Möglichkeit meta-physischer Realität abschottet, kann man das meinen. - Das Problem von Russel: Er bringt ein methodisch richtiges Argument, das ontologisch irrelevant ist. - Er spricht von Wahrnehmung, nicht von Sein.

Man definiert mögliches Sein, das nicht nachweisbar ist, als irrelevant. Damit leistet man seiner Methodik Genüge - mit Philosophie im geistigen Sinne hat das wenig zu tun.

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