Alles Teufelszeug? IV

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sven23
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#451 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Mo 26. Sep 2016, 16:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ein Astronom muss nicht Gott voraussetzen, um das Universum zu untersuchen.
Das stimmt doch auch - innerhalb der Setzung, dass hier kein Gott notwendig ist, IST er doch ergebnisoffen - und an seiner Stelle würde ich auch keinen Gott setzen - der Kontext macht es nicht nötig..
Eben, es ist nicht notwendig.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:ÄH, durch ergebnisoffene Forschung?
H - eben NICHT. - "Befundlage" findet ausschließlich innerhalb des methodisch möglichen Korridors statt...
Genau, der methodische Korridor ist ein wissenschaftlicher und kein glaubensdogmatischer, insofern sind die Ergebnisse belastbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, normal ist das nicht, eher schizophren.
"SChizophren" wäre, wenn man Gegensätze NICHT erkennt - aber genau tut doch Lindemann (er erkennt), wenn er (wissenschaftlich professionell!!) zwischen methodischem Ergebnis und persönlichem Ergebnis unterscheidet.

Er erkennt, was rauskommt/rauskommen kann, wenn man einen speziellen Weg durchdekliniert - um am Ende in diesem speziellen Fall zu sagen: "Dies stimmt NICHT mit dem überein, was ich persönlich als Wirklichkeit (und somit auch historische Wirklichkeit) erkenne". - Sehr emanzipiert - er macht sich nicht zum Büttel von methodischen Obrigkeiten.
Das ist alles großer Unsinn. Welcher Historiker würde eine historische Untersuchung schreiben, und dann sagen: aber privat glaube ich nicht daran. :roll:
Das sind mal wieder die bekannten und aberwitzigen Ausweichmanöver einiger Theologen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#452 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » Mo 26. Sep 2016, 17:23

closs hat geschrieben:Der Punkt ist ein anderer - nämlich dass man beansprucht, dass die eigene Untersuchungs-Methodik alternativlos ist. - Konkreter Fall: So wie die HKM hier dargestellt wird (ich bin sicher, dass sie in der Praxis NICHT so ideologisch ist), schließt sie aus, dass Jesus Gott ist, weil sie dies nicht untersuchen kann - das geht nicht. - In solchen Fällen muss eingesehen werden, dass die eigenen methodischen Setzungen ("relevant" ist ausschließlich Falsifizierbares) nicht alles in der Welt untersuchen können.
Tja... ich habe dich wiederholt aufgefordert geeignetere Alternativen aufzuzeigen. Doch bisher war das ergebnislos. Du hast von Hermeneutik gesprochen, die aber nur als Vorstufe einer wissenschaftlichen Analyse gesehen werden kann. Nicht umsonst wurde die HKM im 19. Jahrhundert als Methode der Wahl eingeführt um sich der Wahrheit zu nähern.

closs hat geschrieben:Was Faktum ist, ist doch nicht bekannt.
Soweit man sie durch das Studium der Bibel ermitteln kann, stehen die Fakten selbstverständlich fest.

closs hat geschrieben:Es ist NICHT bekannt, ob Jesus nur ein Wanderprediger oder Gott ist.
Genau. Deshalb sollte man von der Bezeichnung "Wanderprediger" oder "Gott" absehen.

closs hat geschrieben:"Wir können nur Falsifizierbares untersuchen - also können wir die Frage, was Jesus ist, gar nicht beantworten").
Warum besteht man in kanonischen Kreisen dann ständig darauf, dass er Gott ist?

closs hat geschrieben:Lindemann stellt seinen spirituellen Glauben über methodischen Glauben (nicht über "Fakten") - innerhalb seiner spirituellen Setzungen könnte er sogar "nachweisen", dass Jesus Gott ist. - Natürlich ein Zirkelschluss
Eben. Auch Lindemann kann es demnach nicht wissen.
Er sollte innehalten und das offen zugeben, anstatt spirituellen Vorstellungen und Hoffnungen über dem Gefundenen zu setzen. Er überschreitet mMn hier die unsichtbare Linie der Redlichkeit.

closs hat geschrieben:...aber dieser Zirkelschluss gilt auch für diejenigen, die es als erwiesen ansehen, dass Jesus nur Mensch war.
Ja natürlich.
Erwiesen ist ein starkes Wort. Wer sieht denn das als erwiesen an?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#453 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Mo 26. Sep 2016, 18:34

Auf die Frage des SPIEGEL-Redakteurs, ob Jesus sich für den Sohn Gottes gehalten habe, antwortete Lindemann kurz und bündig: "NEIN".

Aufschlussreich auch Lindemanns Antwort auf folgende SPIEGEL-Frage:

"Was von all dem, was Christen sonst noch glauben oder glauben sollen, hat Jesus schon geglaubt? Dass er präexistent war, es ihn also schon gab, bevor er gezeugt wurde? Dass er wiederkehren werde am Ende der Tage?"

"All das ist christlicher Glaube, und Jesus hat dies nicht geglaubt. ... Die urchristliche Gemeinde hat ihren Glauben in Worte Jesu gekleidet."

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#454 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Mo 26. Sep 2016, 18:59

Hemul hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Jesus hat in seiner Botschaft nicht von "Erlösung" gesprochen, sondern dringend zur Umkehr/Buße gemahnt, um dem drohenden Zornesgericht Gottes zu entgehen. Die "Erlösung" ist eine Erfindung des Paulus.


Meine Güte? :roll: Solch einen Stuss kannste clössken unterjubeln-aber doch nicht mir. ;) Schau was der "ERLÖSER" selbst in Johannes 6:47-58 diesbezgl. unmissverständlich aufzeigt:...

Und schon ist Müneki erneut wieder ganz Baff-gelle? :Smiley popcorn:
Ich vertraue hier voll und ganz den Ergebnissen der historisch-kritischen Bibelforschung, nach denen NAHEZU ALLE Reden Jesu ERFINDUNGEN des 70 Jahre nach dessen Tod schreibenden Johannes-Evangelisten sind.

Dazu gehört selbstverständlich auch der berühmte Johannes-Prolog...

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#455 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 19:25

sven23 hat geschrieben: der methodische Korridor ist ein wissenschaftlicher und kein glaubensdogmatischer, insofern sind die Ergebnisse belastbar.
Kanonisch-methodisch und historisch-kritisch-methodisch können beide wissenschaftlich sein - solange Du nicht erkennst, dass die Wahl einer Perspektive nicht darüber entscheidet, ob etwas wissenschaftlich ist, sondern die Art der Bearbeitung dieser Perspektive, wird das nix.

sven23 hat geschrieben: Welcher Historiker würde eine historische Untersuchung schreiben, und dann sagen: aber privat glaube ich nicht daran. :roll:
Das sind mal wieder die bekannten und aberwitzigen Ausweichmanöver einiger Theologen.
Nein - das ist Ausdruck von Souveränität. - Sie können das Modellhafte einer historisch-kritischen Untersuchung nachvollziehen und selber abgleichen, ob der historisch-kritische Weg hier ausreichend ist.

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#456 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 19:39

Pluto hat geschrieben:ich habe dich wiederholt aufgefordert geeignetere Alternativen aufzuzeigen
Kanonisch/hermeneutisch/systematisch - diese Antwort hast Du bekommen. - Was "geeignet" ist, hängt wieder von der Perspektive ab - sicherlich ist die kanonische Exegese nicht geeignet, dasselbe beeser zu tun als die HKM. - Die kanonische Exegese macht etwas anderes (Halman hat dazu was Gutes eingestellt - Uni Duisburg).

Pluto hat geschrieben:Soweit man sie durch das Studium der Bibel ermitteln kann, stehen die Fakten selbstverständlich fest.
Allenfalls nach menschlichem Ermessen - aber hier nicht einmal das. - Fakten sind in Geisteswissenschaften oft Folge weltanschaulicher Bewertung.

Pluto hat geschrieben: Deshalb sollte man von der Bezeichnung "Wanderprediger" oder "Gott" absehen.
Was nützt das, wenn man in der Folge die Bibel durchgängig so auslegt, als sei Jesus nur Wanderprediger. - Man sieht ab, handelt aber so, als habe man NICHT abgesehen.

Pluto hat geschrieben:Warum besteht man in kanonischen Kreisen dann ständig darauf, dass er Gott ist?
Weil nur so der innere/isolierte Inhalt eines Textes korreliert werden kann mit dem geistigen Umfeld, in dem er steht. - Gegenfrage: Warum untersucht die HKM die Bibel so, als Jesus Gott NICHT? - Antwort: Zwei unterschiedliche Perspektiven.

Pluto hat geschrieben:Er sollte innehalten und das offen zugeben, anstatt spirituellen Vorstellungen und Hoffnungen über dem Gefundenen zu setzen.
Nicht "das Gefundene", sondern das "historisch-kritisch Gefundene". - Finden tut Lindemann auch außerhallb der HKM.

Und gerade er hält doch inne, indem er überhaupt merkt, dass der eine Ansatz nicht mit dem anderen korreliert. - Andere gehen einfach unreflektierend weiter und handlen nach dem Modus "Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen".

Pluto hat geschrieben:Er überschreitet mMn hier die unsichtbare Linie der Redlichkeit.
Wir sehen das genau umgekehrt. - Gerade das Infragestellen können METHODISCHER Ergebnisse gehört aus meiner Sicht zu den höheren Weihen der Redlichkeit.

Pluto hat geschrieben:Erwiesen ist ein starkes Wort. Wer sieht denn das als erwiesen an?
Ich würde dieses Wort auch nie selber benutzen - mir geht es darum, dass der historisch-kritische Ansatz methodisch mit dem Status Jesu so umgeht, als sei es erwiesen, dass er nur Mensch sei.

Was ist der Unterschied,
* ob man wirklich nachweist, dass Jesus nur Mensch war
* oder methodisch ausschließt, dass er mehr als nur Mensch gewesen sein kann

???

Münek hat geschrieben:Auf die Frage des SPIEGEL-Redakteurs, ob Jesus sich für den Sohn Gottes gehalten habe, antwortete Lindemann kurz und bündig: "NEIN".
Das darf er doch glauben.

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#457 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » Mo 26. Sep 2016, 19:41

closs hat geschrieben:Kanonisch-methodisch und historisch-kritisch-methodisch können beide wissenschaftlich sein
Das verstehe ich nicht.
Wie kann kanonisch überhaupt wissenschaftlich sein, wenn es nicht ergebnisoffen ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#458 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Mo 26. Sep 2016, 20:35

Pluto hat geschrieben:Wie kann kanonisch überhaupt wissenschaftlich sein, wenn es nicht ergebnisoffen ist?
So lange Du nicht erkennst, dass BEIDE nicht ergebnisoffen sind (nicht einmal sein KÖNNEN), musst Du so denken.

Zum gefühlten 10tausendesten Mal:

* Kanonische Exegese setzt im Wissen, dass Gott wissenschaftlich nicht nachweisbar ist, dass es ihn gibt - und arbeitet in der Folge systematisch/wissenschaftlich ab, wie die Bibel unter dieser Expressis-Verbis-Setzung ("Glaubensentscheid") zu verstehen ist.

* Historisch-kritische Exegese setzt zwar nicht expressis verbis (das ist ja das eigentliche Problem, dass es damit nicht allseits erkannt wird), aber methodisch, dass es Gott nicht gibt, weil er nicht nachweisbar ist, was unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten gleichkommt mit "irrelevant" - und arbeitet in der Folge systematisch/wissenschaftlich ab, wie die Bibel unter dieser methodischen Setzung ("Als-gäbe-es-Gott-nicht") zu verstehen ist.

Beide arbeiten INNERHALB des von ihnen selbst vorgegebenen Korridors ergebnisoffen - aber eben nicht außerhalb. - Die Kanonik kann nicht auslegen, als gäge es Gott NICHT - die HKM kann nicht auslegen, als gäbe es Gott.

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#459 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Di 27. Sep 2016, 00:35

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: der methodische Korridor ist ein wissenschaftlicher und kein glaubensdogmatischer, insofern sind die Ergebnisse belastbar.
Kanonisch-methodisch und historisch-kritisch-methodisch können beide wissenschaftlich sein - solange Du nicht erkennst, dass die Wahl einer Perspektive nicht darüber entscheidet, ob etwas wissenschaftlich ist, sondern die Art der Bearbeitung dieser Perspektive, wird das nix.
Sobald man als Prämisse "Gott" an Bord holt, katapultiert man sich automatisch aus dem historisch-wissenschaftlichen Lager. An dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei. Daran ändert auch Deine glaubensgetränkte Wortakrobatik nichts.

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#460 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Di 27. Sep 2016, 00:44

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Er überschreitet mMn hier die unsichtbare Linie der Redlichkeit.
Wir sehen das genau umgekehrt. - Gerade das Infragestellen können METHODISCHER Ergebnisse gehört aus meiner Sicht zu den höheren Weihen der Redlichkeit.
Lindemann stellt an keiner Stelle die Ergebnisse historisch-kritischer Auslegung, zu denen er als Exeget schließlich selbst beigetragen hat, auch nur andeutungsweise in Frage.

Da liegst Du leider völlig falsch.

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