Alles Teufelszeug?

closs
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#401 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 13. Feb 2016, 20:56

Thaddäus hat geschrieben:Es gibt nur eine Art Physik oder Theologie wissenschaftlich zu betreiben.
Das ist eine rein wissenschafts-theoretische Frage, die unterschiedlich beantwortet wird. - Würdest Du sagen: Es gibt nur eine Art, kritisch-rationalistisch im Sinne Poppers zu arbeiten, würde ich Dir zustimmen - dann aber könnte man Jesus nicht unter dem Aspekt "Inkarnation Gottes" untersuchen, da selbigen nicht falsifizierbar ist.

Thaddäus hat geschrieben:Der Begriff "Wahrnehmungssystem" ist ohnehin falsch, denn alle Menschen verfüen über dasselbe Wahrnehmungssystem
Ist anders gemeint: Der Mensch baut sich Systeme zusammen, nach denen er seine Wahrnehmungen sortiert - das meine ich damit (Du kannst gerne ein besseres Wort dafür finden).

Thaddäus hat geschrieben:Der besteht genau darin, zu intersubjektiv vermittelbaren, wahren oder möglichst wahrscheinlich wahren Aussagen zu gelangen.
Das verkenne ich gerade NICHT (im Sinne der KR). :lol: - Das ist doch genau der Grund, warum die Bibel nur peripher kritisch-rationalistisch untersucht werden kann (ich verwechsle hier nicht "kritisch-rationalistisch" mit "historisch-kritisch", sondern unterstelle, dass die HKM sich an die Leitlinien des KR hält).

Thaddäus hat geschrieben:Will man sich dem historischen Jesus nähern, dann geht das ausschließlich über die Methoden, die die Theologie zu einer Wissenschaft machen
Das haut nicht hin - denn: ein Gedanken-Experiment:

Stelle Dir vor,

a) Jesus wäre ein ganz normaler Mensch wie Thaddäus und Closs, der später von einigen Schlaumeiern hochgeschrieben wurde.
Dann würde ich Dir zustimmen.

b) Jesus wäre wirklich inkarnierter Gott im Sinne des Christentums
Wie willst Du dann noch der Regeln der HKM anwenden? - Wie wolltest Du überhaupt Gott (in Jesus) per HKM erkennen wollen (unter Verzicht auf einen spirituell-geistigen Approach)? - Wie wolltest Du die Erfahrungs-Regeln der HKM, wonach ältere Quellen authentischer sind als jüngere, anwenden, wenn Gott Dir bedeuten würde, dass die Menschen leider wieder mal Jahrhunderte gebraucht haben, bis sie zum Kern des NT-Paradigmenwechsels vorgedrungen sind - also mit der Zeit authentischer in ihrer Rezeption wurden - gegen alle HKM-Regeln. ---???--- Etc., etc.

Mit anderen Worten: Wenn die historische Person Jesus WIRKLICH Gott (in Jesus) war, kann man ihn historisch nur geistig erkennen ("So war er WIRKLICH") - allerdings mit freundlicher Unterstützung der HKM, aber nicht unter deren Deutungs-Hohheit. - Wenn die historische Person Jesus ein Hochstapler war, hast Du allerdings recht.

Aber wie willst Du das ausschließen? - Tja, man macht es per KR-Kriterien (Nicht-Falsifizierbares = irrelevant). - Insofern ist ThomasM schon zuzustimmen, dass eine deutungs-hohheitliche HKM dazu neigt, Gott in diesem ganzen Spiel wegzukürzen (das sind jetzt meine Worte).

Thaddäus hat geschrieben:Noch einmal: du kannst nicht vorgeben, zu wissenschaftlichen Einsichten zu gelangen, ohne dafür die wissenschaftlichen Methoden anzuwenden.
Zunächst: Es geht unterm Strich nicht um wissenschaftliche oder nicht-wissenschaftliche Einsichten, sondern um authentische Einsichten in Bezug auf die Wirklichkeit. - Diese kann man mit und ohne Wissenschaft gewinnen oder verfehlen - der einzige Unterschied: Der Weg zu Wahrheit oder Irrtum ist in der Wissenschaft intersubjektiv nachvollziehbar aufgezeigt.

Im übrigen ist dies auch der Fall bei einem professionellen Exegeten aus der fundamental-theologischen Fraktion. - Es ist wirklich nicht so, dass sich diese Leute verzückt von englischen Erscheinungen die Feder führen lassen. - Ich habe immer noch nicht im Ansatz verstanden, wie Du glaubst, per HKM zu geistigen Erkenntnissen in Bezug auf die Bibel-Substanz zu kommen.

Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist nicht wissenschaftlich und kann es gar nicht sein
Dies hängt - erneut - von der wissenschafts-theoretischen Definition ab - es gibt unterschiedliche. - Weiterhin versteht sich kanonische Exegese nicht als Konkurrenz zur HKM, sondern als Anschluss-Disziplin zur geistigen Deutung.

Thaddäus hat geschrieben:Du verstehst nicht, dass du keine Wissenschaftlichkeit für dich beanspruchen kannst, wenn du keine wissenschaftlichen Methoden anwendest.
Du hast noch nicht begriffen, dass es nicht primär um Wissenschaft, sondern um Erkenntnis geht. - Wie bereits ausführlich gesagt: Man kann durchaus Bibel-Wissenschaft im strengen KR-Sinne verstehen - aber man muss sich dann des Preises bewusst sein, dass man dann ausschließlich peripher unterwegs ist. - Suum cuique.

Thaddäus hat geschrieben: Es ist keine Frage der Ontologie, wie Wissenschaft definiert ist und worin ihre Aufgabe besteht.
Korrekt - das wurde auch nicht gefordert. - Es ist jedoch Sache der Ontologie, ein Verhältnis zwischen dem zu erkennen, was unwiderruflich und einmalig der Fall ist/war (also nicht je nach Perspektiven-Erkenntnis geklont werden kann, nur damit jeder zufrieden ist) und den Systemen, mit denen der Mensch wahrnimmt (nenne es "Modelle", "Methodiken", etc., wenn Dir "Systeme" nicht gefällt). - Konkret:

Das "System"/"Methodik-Gebilde"/"Konstrukt"/etc. "HKM" auf Basis des KR kann nur auf DIE Weise wahrnehmen, wie es fragen darf (es darf bspw. NICHT fragen: "Bist Du Gott", obwohl dies das Kindlich-Naheliegendste wäre). - Das ist meinerseits kein Vorwurf und keine Häme - es GEHT einfach nicht anders als methodik-konform.

Das "System"/"Methodik-Gebilde"/"Konstrukt"/etc. "Musik" geht ganz anders vor - und darf dafür nicht beanspruchen, intersubjektiv nachvollziehbar zu sein. - Dasselbe gilt für den spirituell-geistigen Ansatz, der Gott als Entität voraussetzt, was die HKM nicht darf - um den Preis, dass diese spirituell-geistige Ansatz nicht ergebnisoffen in Bezug auf das Ergebnis ("Es gibt Gott") ist.

Ach so - die Frage, was WIRKLICH wahr ist, haben wir jetzt gar nicht behandelt. :o - Und das ist kein Zufall, weil es primär gar nicht darum geht. :lol: - Es geht (zumindest in den Niederungen des Mittelmaßes) primär um einen Wettbewerb der Systeme (sorry, jetzt ist das Wort schon wieder da).

Sollte sich herausstellen, dass Jesus ein Hochstapler war, hat die HKM gewonnen. - Sollte sich herausstellen, dass Jesus tatsächlich inkarnierter Gott war, hat die kanonisches Exegese gewonnen. - Und sollte sich herausstellen, dass der Mensch aufhören soll zu denken und mehr zu fühlen, werden die Musiker mit ihrem Wahrnehmungs-Segment (besser?) gewonnen.

Es stellt sich erst danach heraus, wer die ganze Zeit authentisch in Bezug auf die Wirklichkeit war. - Du stellst es aber so hin, als hätte Wissenschaft in Deinem Sinne ein Patent darauf - hat sie nicht. - Wobei wir wieder bei der Frage wäre, weshalb es die ontologische Ebene auch noch gibt.

Thaddäus hat geschrieben:Natürlich ist dieser wissenschaftliche Anspruch auch in geistigen Dingen umsetzbar, sonst gäbe es ja keine Geisteswissenschaften, sondern nur Naturwissenschaften.
Wenn die heutigen Geistes-Wissenschaft so mit Geist umgehen wie die von Dir dargestellte Theologie mit Gott umgeht, kannst Du recht haben. - Allerdings würde ich (im Ernst) unter diesen Umständen vorschlagen, dass man all das unter "Naturwissenschaft" subsummiert. - Wie lange wird es dauern bis man Goethes "Faust" neuronal interpretiert? :devil:

Hemul
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#402 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Hemul » Sa 13. Feb 2016, 21:02

Wer hier bisher noch keine Hämorrhoiden hatte-hat dieses Teufelszeug spätestens jetzt(in) an den Backen. :mrgreen:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#403 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Savonlinna » Sa 13. Feb 2016, 21:08

Thaddäus hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Du verstehst closs an dieser Stelle noch immer falsch, in meinen Augen.
Dabei ist closs doch hier sehr deutlich.
Es gibt ein Objekt Z, das unter anderem von der Physik untersucht wird.
Dieses Objekt Z kann auch von der Geschichtswissenschaft untersucht werden.

Das ist der Alltag interdiszplinärer Forschung. Jede Disziplin hat ihr eigenes "Wahrnehmungssystem".
Ich verstehe dich sehr gut, nur hat das nichts mit dem zu tun, was hier verhandelt wird.
Man kann ein Bild Rembrandts kunstgeschichtlich analysieren und man kann z.B. die Farben des Bildes chemisch analysieren.

Man kann ein Bild Rembrandst aus unterschiedlichen kunstgeschichtlichem Verstehen analysieren.
Es gibt kein allgemeines "kunstgeschichtlich".

Ich wende es auf die Literaturwissenschaft an, weil ich mich da besser auskenne.
Ich kann ein Werk Goethes aus seiner Biographie erklären, ich kann es aus seiner Struktur erklären, ich kann es aus seiner Zeit erklären, ich kann es aus der Rezeptionsgeschichte - die nach Goethes Tod bist heute erfolgt ist - erklären, ich kann es aus der Gesellschaft seiner Zeit erklären und und und.

Thaddäus hat geschrieben:Die kunstwissenschaftliche Analyse eines Bildes bringt Verständniseinsichten zu diesem Bild, die anders als wissenschaftlich nicht erreicht werden können.
Natürlich ist eine kunstwissenschaftliche Analyse nur über Kunstwissenschaft zu erzielen, das wird wohl von keinem angezweifelt.
Aber - ich gehe wieder über zu literarischer Kunst - es gibt zuhauf literarische Dichter, die auf nicht-wissenschaftlichem Weg in die Werke ihrer Vorgänger eingedrungen sind und dadurch zu ihrem eigenen Werk inspiriert wurden.

Es gibt also Verstehenswege, die nicht über die Wissenschaft laufen, und ich denke, dass Dir das persönlich auch bekannt ist - Du hast da mal irgendwo angedeutet.

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#404 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Sa 13. Feb 2016, 21:10

Novalis hat geschrieben: Was sind denn Religion, Musik und Kunst, wenn nicht "alternative Wahrnehmungssysteme"?
Es sind eben keine unterschiedlichen Wahrnemungssysteme. Alle Menschen haben dasselbe Wahrnehmungsystem. Religionswissenschaftler, Musikwissenschaftler und Kunstwissenschaftler haben alle dasselbe Wahrnehmungssystem. Sie sind lediglich Wissenschaftler in unterschiedlichen Disziplinen. Aber ihnen allen gemeinsam ist wiederum, dass sie Wissenschaftler sind, die innerhalb ihrer Disziplin eben wissenschaftlich arbeiten. Und ihre Wissenschaftlichkeit bedeutet, dass sie auch ihre jeweiligen wissenschaftlichen Methoden anwenden, - sonst sind sie nämlich keine Wissenschaftler. Closs und Ratzinger wollen theologische Wissenschaftler sein, ohne die theologisch wissenschaftlichen Methoden anwenden zu müssen. UND DAS GEHT NICHT!

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#405 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Hemul » Sa 13. Feb 2016, 21:14

Thaddäus hat geschrieben: Closs und Ratzinger wollen theologische Wissenschaftler sein,........
Clösschen ist ein theologischer Wissenschaftler? :shock: Von der Fakultät weiß nix richtig-genannt Chiffre? :lol:
PS: Wieso biste eigentlich net Tango schwofen? :roll:
Zuletzt geändert von Hemul am Sa 13. Feb 2016, 21:20, insgesamt 1-mal geändert.
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#406 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Sa 13. Feb 2016, 21:20

sven23 hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Du verstehst es wirklich nicht: Historisch-kritische Aussagen zum Thema "War Jesus Gottes Sohn" sind in sich blödsinnig, da methodisch nicht erreichbar.

DU verstehst es nicht. Historisch-kritische Aussagen zum Thema "War Jesus Gottes Sohn?" gibt es nicht.

Solche unwissenschaftlichen Aussagen trifft lediglich die Dogmatik, obwohl auch sie es unmöglich
wissen kann. Hier wird ohne Grundlage lediglich postuliert - so nach dem Motto: Wir glauben es
aber
. Schön. Glauben kann man schließlich alles.

Das ist aber nicht das Thema.

Genau so ist es. :thumbup:
Ob der Kurt das je verstehen wird? (oder überhaupt verstehen will)
Ich habe so meine Zweifel
.

Nee - will er nicht. Sein Glaube lässt es nicht zu.

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#407 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Sa 13. Feb 2016, 21:22

Hemul hat geschrieben:Wer hier bisher noch keine Hämorrhoiden hatte-hat dieses Teufelszeug spätestens jetzt(in) an den Backen. :mrgreen:
Hier bin ich ausnahmsweise mal bei dir. Bei so viel Geschwurbele besteht sogar die Gefahr von Gehirn-Hämorrhoiden. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#408 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Hemul » Sa 13. Feb 2016, 21:25

sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Wer hier bisher noch keine Hämorrhoiden hatte-hat dieses Teufelszeug spätestens jetzt(in) an den Backen. :mrgreen:
Hier bin ich ausnahmsweise mal bei dir. Bei so viel Geschwurbele besteht sogar die Gefahr von Gehirn-Hämorrhoiden. :lol:
Lass das aber nicht den Duisburger lesen. :lol:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#409 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 13. Feb 2016, 21:27

Thaddäus hat geschrieben:Und es gibt Theologen, die verlieren ihren Glauben, wenn sie über ihr wissenschaftliches Arbeiten herausfinden, dass Jesus sich selbst nie als Gott verstanden hat
Gutes Beispiel für die Selbst-Erhebung der HKM: Wie um Gottes Willen will man wissenschaftlich HERAUSFINDEN, dass Jesus sich NICHT als Gott verstanden hat? - Das ist eine Chuzpe ohne Vergleich. - Und das dann auch noch als "Wissenschaft" verkaufen.

Thaddäus hat geschrieben:Die HKM kann aber begründete Aussagen darüber machen, ob Jesus sich selbst als Gott verstanden hat oder nicht und wie die Autoren des NT dies sahen.
Ersteres nein, zweiteres ja. - Da sich die HKM NUR auf Rezeptions-/Sekundär-Ebene bewegen kann, kann sie etwas über Verfasser sagen ("Autor x meint, dass ..."), aber nicht über Jesus selbst. - Auf das von Dir bestens unterlegte Motiv des "Der Mensch versteht Gott nicht" wurde mehrfach hingewiesen.

Thaddäus hat geschrieben:Doch, genau das kann die HKM herausfinden, sogar sehr gut.
Du übersiehst, dass in diesem Fall spätere Rezeption authentischer sein kann als frühere (Querverweis "Heilsgeschichte"). - Davon abgesehen: Dass die Kirche öfter mal was pro domo gedeichselt hat, glaube ich auch.

Thaddäus hat geschrieben:Übrigens verwechselst du auch die beiden Begriffe geistig und geistlich.
Auch hier: Definitions-Sache. - Im christlichen System ist "geistig" wesensmäßig mit "transzendenz-fähig" verknüpft, weil Gott un-transzendent nicht verstanden werden kann. - Im materialistisch geprägten System ist "geistig" semantisch komplett umdefiniert - also auch hier wieder Begriffs-Salat durch Umwertung per Sprachregelung.

Thaddäus hat geschrieben:Ich habe weiter oben arg verkürzt dargelegt, was die HKM darüber herausfinden kann, was Jesus am Kreuz historisch wahrscheinlich gesagt hat und auf welcher geistigen Grundlage (Psalmzitat) er es sagte.
Deine Ausführungen dazu waren sehr plausibel und somit glaubwürdig - ob es deshalb gleich "wahrscheinlich" ist, steht auf einem ganz anderen Blatt (aus geistigen Gründen halte ich diese Version tatsächlich für wahrscheinlicher - der Rex triumphans passt nicht ins NT).

Nein - die HKM trägt hier nachvollziehbare Argumentationen vor - ob sich die Wirklichkeit daran hält, ist eine andere Frage.

Thaddäus hat geschrieben:Ratzinger will wie du, den Wissenschaftsbegriff so umdefinieren, wie er ihn für seinen GLAUBEN braucht.
Gar nicht. - Die HKM soll bleiben was sie ist - aber bitte im doppelten Wortsinn "diszpliniert" bleiben, was sie heute offenbar nicht immer ist.

Thaddäus hat geschrieben:HKM als Hilfswissenschaft (hahaha) und wenn sie nachweist, dass Jesus eine Naherwartung hatte, dann schnell ignorieren und sich auf die höhere Weisheit der kanonischen Exegese oder anderes Erleuchtungswissen berufen. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun und hat auch nichts mit Geist zu tun.
Das ist ein gutes Beispiel für Disziplinlosigkeit - denn:

Die HKM kann sich nicht erdreisten "nachzuweisen" (sic!), dass Jesus eine Naherwartung hatte. :o
a) WENN Jesus ein geisteskranker Hochstapler war UND man ältere Quellen als authentischer setzt als jüngere, kann man diese Aussage gerade so hinkriegen - Prämissen über Prämissen.
b)Wenn Jesus aber tatsächlich inkarnierter Gott war, dann ganz sicher nicht - denn dann hätte er sicherlich gewusst, was er sagt - und er hätte auch gewusst, dass die Menschen Zeit brauchen, bis sie es raffen.

Seriös wäre, wenn man diese beiden Szenarien durchspielen würde (Prämissen a und Prämissen b) und dann guckt, wie dann die Quellen zu verstehen sind. - So, wie Du es vorträgst, ist es aus meiner Sicht - Achtung: WISSENSCHAFTLICH - extrem unseriös.

Novas
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#410 Re: Theologie als Wissenschaft I

Beitrag von Novas » Sa 13. Feb 2016, 21:32

Thaddäus hat geschrieben:Und wenn man noch so sehr möchte, dass ein bestimmtes Bild echt ist; wenn es nicht echt ist, ist es nicht echt

Es gibt ein fortschreitendes Offenbarungsgeschehen und die Bilder sind ein Resultat dieses Geschehens. Dieses Geschehen ereignete sich in der Vergangenheit, jetzt in unsrer Zeit und wird sich auch in Zukunft ereignen. Für mich ist das Evangelium ein Mythos, der sich in der historischen Wirklichkeit abspielt, gleichzeitig Mythos und historische Tatsache. C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien sahen das so.

Menschen halten in Geschichten ihre Erfahrung fest, wenn sie spüren, dass Gott ihr Leben berührt. Die alten biblischen Berichte sind Zeugen für etwas, das sich menschlichem Begreifen entzieht: den Glauben an einen lebendigen Gott, der mit den Menschen und dieser Welt durch ihre Geschichte geht
http://www.ekhn.de/glaube/glaube-leben/ ... -wort.html

* * *

Judentum und Christentum nennen die Bibel auch „Wort Gottes“, „Heilige Schrift“. Das führt manchmal zu dem Missverständnis, Gott habe die Bibel sozusagen Wort für Wort „diktiert“. Die Bibel selbst zeichnet hier jedoch ein ganz anderes Bild. So erzählt z.B. der Anfang des Lukasevangeliums ganz offen von dem komplizierten und offensichtlich nicht immer im gewünschten Maß zuverlässigen Prozess der Weitergabe der Botschaft Jesu, der den Verfasser des Evangeliums dazu gebracht hat, „all diesen Überlieferungen bis hin zu den ersten Anfängen“ selbst „sorgfältig nachzugehen“, um sie dann „in der rechten Ordnung und Abfolge niederzuschreiben“ (Lukas 1,3). Was ist es also, das die Bibel zum „Wort Gottes“ macht?

Es gibt Erfahrungen, die wie Fenster sind, in denen unsere „normale“ Lebenswirklichkeit plötzlich ganz anders erscheint als zuvor, in denen sie auf einmal durchsichtig wird auf einen Grund, der sie trägt, auf einen Sinn, der unverlierbar ist: auf die Hand Gottes, in der die Welt und alles Leben steht. Solche Erfahrungen sind nicht nur angenehm. Viele Menschen haben Gottes Nähe gerade in Zeiten der Not erfahren – mitunter auch solche, die zuvor mit der Botschaft der Bibel gar nicht viel anfangen konnten. Die Bibel erzählt an vielen Stellen von solchen Erfahrungen – und mehr noch: Wer sich intensiv auf ihre Botschaft einlässt, kann selbst die Erfahrung machen, dass hier Gott zu ihm, zu ihr spricht. Dann werden die Worte der Bibel zum erlösenden Wort, das aus Ängsten und Zweifeln befreit, zum Sinn stiftenden Wort, das dem Leben Halt gibt. So gesehen ist die Bibel Gottes Wort, ist sie Heilige Schrift. Aber dieses Wort wird hörbar und erfahrbar in Menschenworten.

Einige biblische Autoren betonen ausdrücklich, dass das, was sie zu sagen haben, eine Botschaft ist, die Gott ihnen aufgetragen hat. Dies gilt natürlich besonders für die Propheten. Der Prophet Ezechiël z.B. erzählt, wie Gott ihm befahl: „Du Mensch, geh nun zu den Leuten von Israel und verkünde ihnen die Worte, die ich dir sage“ (Ezechiël 3,4). Aber auch wenn es – wie in großen Teilen des Alten Testaments – um scheinbar ganz weltliche Geschichte geht, wurde sie aufgeschrieben, weil Menschen in ihr das Wirken Gottes erkannten und weil die Erzählung davon anderen die Augen für Gottes Wirken auch in ihrem Leben öffnen kann.
http://apostelkirche.com/glaube-fur-ein ... schenwort/

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