Descartes und Glaube

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Münek
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#281 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Di 3. Mai 2016, 23:12

Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wunderberichte und Glaubensaussagen stehen zuhauf in der Bibel. Kann jeder Zuständige oder Unzuständige nachlesen. ;)
Ja, aber Du erkennst nicht die Wahrheit mancher Aussagen, da Du sonst plötzlich Puzzle spielen könntest. :lol:
Habe ich zwar puzzlemäßig nicht verstanden, aber wenn Du das sagst, wird es schon richtig sein. :)

closs
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#282 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Di 3. Mai 2016, 23:23

Münek hat geschrieben:Die Auferstehung eines Toten war auch damals alles andere als plausibel.
Wir sprachen von Menschen vor 500 Jahren, die im Christentum lebten - für sie war es in Kenntnis des NT plausibel. - Dass es vor 2000 Jahren, als es geschah, nicht plausibel war, ist wohl klar - es SOLLTE ja etwas Unerhörtes sein.

Münek hat geschrieben:Es geht nicht darum, ob die HKM heute anders arbeitet als vor 30 Jahren.
Doch - und wenn mir einer sagt, es hat sich nichts verändert, dann wird hier die HKM tonnenweise einseitig zitiert.

Münek hat geschrieben:Richtig - es sind Behauptungen, die allerdings sehr gut begründet sind.
Die Gegenbehauptungen sind doch EBENFALLS gut begründet. - Es hängt an den unterschiedlichen Weltanschauungen.

Münek hat geschrieben:Nein - der Wissenschaft sind ewig gültige Wahrheiten und Dogmen jeglicher Art wesensfremd.
Eigentlich schon ... Genau deshalb dringe ich doch darauf, das eigene Feld nicht zu verlassen.

Münek hat geschrieben:Der ewiggestrige Klaus Berger wünscht sich natürlich diese Zeiten zurück.
Fehleinschätzung. - Er sieht eine dogmatisch vorgetragene HKM und macht den Gegenspieler. - Ein klassischer weltanschaulicher Konflikt.

Münek hat geschrieben:Nein - sie beschränken sich, weil sie sich nicht für zuständig fühlen.
Nicht genug, wie es scheint. - Diese Beschränkung wäre übrigens nicht einmal nötig, wenn die HKM-Vertreter ALLE relevanten Perspektiven besetzen würden und nicht nur eine. - Ist mir nach wie vor ein Rätsel.

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Münek
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#283 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Mi 4. Mai 2016, 00:33

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Auferstehung eines Toten war auch damals alles andere als plausibel.
Wir sprachen von Menschen vor 500 Jahren, die im Christentum lebten - für sie war es in Kenntnis des NT plausibel. - Dass es vor 2000 Jahren, als es geschah, nicht plausibel war, ist wohl klar - es SOLLTE ja etwas Unterhörtes sein.
Für einen Kenner der Relativitätstheorie ist die "Zeitdehnung" bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit natürlich plausibel, für einen Normalsterblichen hingegen überhaupt nicht. Ich beziehe das Adjektiv "plausibel" (einleuchtend, auf Anhieb verständlich) nicht auf einen Experten (hier: glaubensmäßig Indoktrinierten in Bezug auf Jesu Auferstehung), sondern auf den "Normalsterblichen".

Deshalb nochmals:

Die Behauptung, es existiere im Irgendwo/Nirgendwo (Jenseits, Transzendenz) eine allmächtige Geistperson, die vor Milliarden Jahren das unendliche Universum mit Milliarden auseinanderstrebender Galaxien geschaffen hat - und seinen eingeborenen Sohn blutig opfern musste, um die intelligenten Lebewesen auf einem Planeten am Rande der Milchstraße von ihren Sünden zu erlösen, damit sie nach ihrem irdischen Tod in einem Geistleib die ewige Wonne und Seligkeit erhalten, IST UNPLAUSIBEL.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es geht nicht darum, ob die HKM heute anders arbeitet als vor 30 Jahren.
Doch - und wenn mir einer sagt, es hat sich nichts verändert, dann wird hier die HKM tonnenweise einseitig zitiert.
Sorry - Du schreibst Theologen wortwörtlich vor, wie sie ihre Forschungsergebnisse zu kommunizieren haben, OBWOHL Du keine Ahnung hast, WIE diese Wissenschaftler ihre Resultatae "rüberbringen". Das ist anmaßend und frech.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig - es sind Behauptungen, die allerdings sehr gut begründet sind.
Die Gegenbehauptungen sind doch EBENFALLS gut begründet.
Ich wüsste nicht, dass es zu der Einschätzung der HKM, die Kindheitsgeschichten seien bloße Erfindungen der Evangelisten Matthäus und Lukas, "Gegenbehauptungen" gäbe. Kannst Du das belegen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - der Wissenschaft sind ewig gültige Wahrheiten und Dogmen jeglicher Art wesensfremd.
Eigentlich schon .
Mit Sicherheit nicht. Kannst Du Deine Behauptung belegen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der ewiggestrige Klaus Berger wünscht sich natürlich diese Zeiten zurück.
Fehleinschätzung. - Er sieht eine dogmatisch vorgetragene HKM und macht den Gegenspieler. - Ein klassischer weltanschaulicher Konflikt.
Umgekehrt ist es richtig. Klaus Berger erwartet, dass seine Fakultätskollegen bei ihrer exegetischen Arbeit gefälligst die kirchlichen Glaubensdogmen zu berücksichtigen hätten. Es liegt auf der Hand, weshalb dieser alte fromme Mann in Fachkreisen nicht für voll genommen wird.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - sie beschränken sich, weil sie sich nicht für zuständig fühlen.
Nicht genug, wie es scheint. - Diese Beschränkung wäre übrigens nicht einmal nötig, wenn die HKM-Vertreter ALLE relevanten Perspektiven besetzen würden und nicht nur eine. - Ist mir nach wie vor ein Rätsel.
Die Beschränkung, die sich die Exegeten auferlegen, hat gute Gründe. Wissenschaft und Gottesglaube sind nun mal nicht kompatibel. Und der Glaube an einen Gott ist mit Sicherheit keine "wissenschaftlich-relevante Perspektive".

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#284 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Mi 4. Mai 2016, 01:11

Münek hat geschrieben:Die Behauptung, es existiere im Irgendwo/Nirgendwo (Jenseits, Transzendenz) eine allmächtige Geistperson, ... IST UNPLAUSIBEL.
Aus Deinem Weltbild heraus eine verständliche Aussage. - Wenn Du sie allgemein-verbindlich machst, steckts Du irgendwo, wo Begriffe wie Ideologie oder Dogmatik daheim sind.

Münek hat geschrieben:Du schreibst Theologen wortwörtlich vor, wie sie ihre Forschungsergebnisse zu kommunizieren haben
Nicht als Faktum, sondern als methodisches Ergebnis - falls Du das meinst. - Ja, das sollte man von einem Wissenschaftler erwarten. - Und ich nehme stark an, dass sie jenseits von hier zitierten Einzelaussagen diesem Anspruch im Kontext genügen.

Münek hat geschrieben:Ich wüsste nicht, dass es zu der Einschätzung der HKM, die Kindheitsgeschichten seien bloße Erfindungen der Evangelisten Matthäus und Lukas, "Gegenbehauptungen" gäbe. Kannst Du das belegen?
Mir fiele spontan Ratzi ein - da gibt es sicherlich noch andere. - Dabei stimme ich hier Ratzi nicht mal unbedingt zu. - Aber insgesamt ist die Historizität des NT incl. leibliche Auferstehung, etc. bei anderen Perspektiven sehr wohl gut begründbar.

Münek hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht.
Wie jetzt: Ja oder nein?

Münek hat geschrieben:Umgekehrt ist es richtig.
Bringt nix. - Da prallt Glaubensentscheid gegen Ideologisierung der Wissenschaft - und dann knallt's halt.

Münek hat geschrieben:Die Beschränkung, die sich die Exegeten auferlegen, hat gute Gründe.
Auch gut - dann hält man sich dann bitte dran und führt ein Trabantenleben. - Du versuchst ständig, zu duschen und nicht nass zu werden.

Entweder mal hält sich aus Interpretationen konsequent raus - oder man nimmt verschiedene relevante Perspektiven der Interpretation ein. -"Tertium non datur".

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Thaddäus
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#285 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » Mi 4. Mai 2016, 07:33

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Plausibilität einer Erklärung, eines Gedankengangs oder einer Argumentation bedeutet, dass die Erklärung in sich logisch widerspruchsfrei, also konsistent ist
Das trifft auch auf bspw. Ratzingers Theologie zu - hier wird man keinen Teiler finden können.
Nein, die Ratzinger- bzw- kanonische Exegese beinhaltet - wie bereits festgestellt - mindestens zwei schwere Inkonsistenzen.
1. eine petitio principii ex hypothesi, indem schon im theoretischen Ansatz (= ex hypothesi) dieser Exegeseform von bestimmten konkreten Glaubensaussagen als wahr ausgegangen wird, die exegetisch überhaupt erst einmal gestützt werden müssten und die darüber hinaus als unkritisierbar der eigenen Exegese von vornherein entzogen sind. Damit werden als Voraussetzungen der Exegese Aussagen als wahr gesetzt, die nur Ergebnisse von Exegese sein können (= petitio pricipii).
2. geht sie davon aus, dass alle biblischen (jüdischen) und auch unbiblische (ägyptische, assyrische und babylonische) Autoren auf einen Kanon hingeschrieben haben, im Grunde also faktisch bereits christliche Autoren waren. Eine Annahme, die unplausibel ist und als rein spekulativ und unbelegbar zurückgewiesen werden muss, denn es finden sich weder bei den jüdischen noch bei den nicht-jüdischen Verfassern (z.B. des Gilgamesch-Epos), irgendwelche auch nur entfernten Hinweise darauf, dass sie sich als irgenwie christlich verstanden haben könnten, zumal es zu ihrer Zeit noch gar keine christliche Lehre ab. Ich habe auf diesen Punkt in Halmans Thread zur kanonischen Exegese hingewiesen.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:und sie muss auch rational-vernünftig für prinzipiell jedes vernünftige Wesen nachvollziehbar sein.
"Prinzipiell" ja - aber was ist der Maßstab?
Das steht da bereits ... - die Vernünftigkeit. Und die Vernünftigkeit besteht in der Fähigkeit, logische Widersprüche und Zusammenhänge zu erkennen. Das 2+3=5 ist und es nicht gleichzeitig regnen und nicht-regnen kann, sind Aussagen, die immer wahr sind und die nie falsch werden können, egal ob wir das jahr 3000 v.Chr. oder 2000 n.Chr. schreiben.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wächst man in einer Kultur auf, in der die Wissenschaften bereits erfunden sind und ein bestimmtes wissenschaftlich fundiertes Wissen über die Funktionsweise des Gehirns und neurologische Zusammenhänge existieren, dann wird dieses Wissen in diesem Kulturkreis auch vermittelt und man weiß, dass epileptische Anfälle eben nicht durch Götter oder Dämonen ausgelöst werden, die in Menschen fahren, sondern durch ein unkontrolliertes, kaskadisches Feuern von Neuronen im Gehirn, welches zu Krampfanfällen führt.
Dass es hier eine Korrelation gibt, ist ganz sicher richtigl. - Aber wie willst Du wissen, wie der kaustale Zusammenhang ist?
Es ist exakt die Aufgabe der Wissenschaften, die korrekten kausalen Zusammenhänge herauszufinden.
Dass epileptische Anfälle durch unkontrolliertes Feuern ganzer Neuronenbereiche im Gehirn ausgelöst werden, ist nachweisbar und es ist exakt erklärbar, weshalb es zu epileptischen Anfällen kommen kann und was in diesem Augenblick im Gehirn geschieht. Die Korrektheit der Erklärung erweist sich im weiteren, wenn auf der Basis dieses medizinischen und neurologischen Wissens Behandlungsmethoden und Medikamente entwickelt werden, die epileptische Anfälle erfolgreich verhindern. Dämonen- und Geisteraustribungen stellen hierzu keine Alternative dar. Deshalb ist die eine Erklärung richtig und die andere nachweislich falsch.

Weltbilder sind eben nicht gleich Erklärungsmächtig und der Fortschritt in den Wissenschaften ersetzt falsche Erklärungen aufgrund nicht korrekter Weltbild-Annahmen durch korrekte Erklärungen.

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#286 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Mi 4. Mai 2016, 10:09

Deine Aussage habe ich gelesen - sie sind alle in sich konsistent (eigentlich die Regel bei Dir) - das Problem liegt woanders, ich weiss aber nicht, ob das vermittelbar ist.

Thaddäus hat geschrieben:1. eine petitio principii ex hypothesi, indem schon im theoretischen Ansatz (= ex hypothesi) dieser Exegeseform von bestimmten konkreten Glaubensaussagen als wahr ausgegangen wird
Zunächst geht Ratzi in der Tat davon aus, dass es Gott gibt. Das verstehe ich. - Denn es ist auch aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, Theologie zu betreiben. - Was die HKM tut, ist aus meiner Sicht entweder Zuarbeit zur Theologie oder - wenn sie interpretiert - Religions-Wissenschaft ("Die Nordmänner haben geglaubt, dass die Welt aus der Hirnschale des Gottes x entstand - bei den Christen ist es anders", etc.).

Thaddäus hat geschrieben:von bestimmten konkreten Glaubensaussagen als wahr ausgegangen wird, die exegetisch überhaupt erst einmal gestützt werden müssten
Da wird es jetzt besonders schwierig - denn aus meiner Sicht hängt Exegese maßgeblich davon ab, ob man vorher setzt
a) Jesus ist als normaler Mensch zu verstehen, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist - da Jesu Gott-Schaft nicht beweisbar ist, legen wir also auf der Basis aus "Jesus ist Thaddäus/Closs oder sonst irgendein ein Menschen-Heini".
b) Jesus ist als inkarnierter Gott zu verstehen.

Ich meine nach wie vor, dass Wissenschaft/HKM BEIDE Möglichkeiten modellhaft durchspielen sollte:
a) Wie würde ich auslegen, wenn Jesus "normaler" Mensch wäre.
b) Dito, wenn er Gott wäre.

Dazu muss man als Wissenschaftler keinen persönlichen "Glaubensentscheid" treffen.

Thaddäus hat geschrieben: geht sie davon aus, dass alle biblischen (jüdischen) und auch unbiblische (ägyptische, assyrische und babylonische) Autoren auf einen Kanon hingeschrieben haben, im Grunde also faktisch bereits christliche Autoren waren.
Natürlich haben die Autoren NICHT gedacht: "Der Messias kommt noch - und jetzt leiste ich meinen Beitrag für einen Kanon aus NT-Sicht, der das, was ich schreibe, dann als AT bezeichnen wird". - Insofern Zustimmung.

Andererseits gibt es für den Fall, dass es Gott über unsere Vorstellung hinaus gibt, sehr wohl den Begriff der "Fügung", also das, was "in den Vortagen" geplant ist, weil es im Wissen allen Geschehens in der "Weltzeit" daraus etwas Zielgerichtetes macht. Insofern haben jegliche geistig-spirituellen Schriften einen teleologischen Zweck. - Ob man das dann "Kanon" nennen muss, ist wieder Menschensache und eigentlich irrelevant.

Also haben wir hier bereits einen Fall, der unter spirituellen (= HG-) Kriterien ganz anders zu bewerten ist als unter säkular-philosophischen. - Bereits hier sind die "Plausibilitäten" unterschiedlich.

Thaddäus hat geschrieben:es finden sich weder bei den jüdischen noch bei den nicht-jüdischen Verfassern (z.B. des Gilgamesch-Epos), irgendwelche auch nur entfernten Hinweise darauf, dass sie sich als irgenwie christlich verstanden haben könnten, zumal es zu ihrer Zeit noch gar keine christliche Lehre ab.
Vollkommen richtig. - Aber aus obigen Gründen nicht entscheidend - es greift einfach nicht, wenn man davon ausgeht, dass es Gott gibt.

Thaddäus hat geschrieben:. Und die Vernünftigkeit besteht in der Fähigkeit, logische Widersprüche und Zusammenhänge zu erkennen.
Da machst Du Dir es zu einfach. - Aus der Perspektive, dass es Gott (Allmacht, Allwissen, Überzeitlichkeit, Fügung, etc.) gibt, wäre es 2+2=5, wenn man annehmen wollte, dass spirituelle Schriften NICHT teleologisch sind. - Es wäre komplett unlogisch.

Thaddäus hat geschrieben:Es ist exakt die Aufgabe der Wissenschaften, die korrekten kausalen Zusammenhänge herauszufinden.
Aber sie kann es doch nur in ihrem säkularen Zusammenhang tun - also (zu Ende gedacht) unter der Setzung, dass es Gott NICHT gibt, weil es für Wissenschaft Gott nur geben kann, wenn er nachgewiesen bzw. nachweisbar ist. - Bis dahin muss sie säkular denken (das ist KEIN Vorwurf), also immer.

Folglich kann sie nur im Rahmen ihrer Methodik herausfinden, was korrekte kausale Zusammenhänge sind. - Genau das ist aber nichtig, sobald es Gott gibt. - Man ist also nur folgerichtig, wenn es Gott NICHT gibt - was wiederum lustig ist, weil man dann (letztlich) über Gott spricht unter der Voraussetzung, dass es ihn nicht gibt. :lol: - Sorry, ich finde das wirklich so was von lustig.

Thaddäus hat geschrieben:Dass epileptische Anfälle durch unkontrolliertes Feuern ganzer Neuronenbereiche im Gehirn ausgelöst werden, ist nachweisbar und es ist exakt erklärbar
Erstens: Das ist auch von Ratzinger unbestritten - das weiss nun wirklich jeder, der es wissen will. - Zweitens: Insofern irrelevant, weil das Ausgelöst-Werden durch Neuronen als Faktum KEINE Aussage darüber ist, WARUM es ausgelöst wird.

Denn jeder Neurologe wird Dir erzählen, dass die Wissenschaft immer feiner einschlägige Zusammenhänge erkennt, aber auch, dass Wissenschaft nur inner-materielle Vorgänge beschreiben und in diesem Rahmen kausal verknüpfen kann. - Ich hatte zu diesem Thema wiederholt Gespräche mit einem Jugend-Kumpel, der jetzt Ordinarius für Neuro-Psychologie ist (also kein Arzt, aber ständig mit Neuronen beschäftigt). - Er betont, dass es auch unter Wissenschaftlern völlig ungeklärt ist, warum etwa ein "endogener" Epileptiker plötzlich mit oder ohne Medikamente seine Epilepsie lebenslang loswird, und selbst, warum ein "posttraumatischer" Epileptiker bei gleichem Krankheitsbild einmal zu ständigen Anfällen und ein andermal zu keinen Anfällen kommt - obwohl die Narbe im Hirn an derselbe Stelle ist und vergleichbar groß ist.

Unter spirituellen Gesichtspunkten ist das Gehirn DER Vermittler von Geistigem in die materielle Welt - unabhängig davon, ob das Geistige in der Materie individuell angelegt ist oder "von draußen" gefüttert wird (das ist ein eigenes Thema). - In BEIDEN Fällen findet eine Transferstörung statt, wenn ein physiologische Krankheit ("MAterieschaden") vorliegt - diese Transferstörung kann in manchen Fällen medikamentös/operativ behoben werden, in anderen Fällen nicht.

Es kann sogar unter dem Aspekt der Fügung so geplant sein, dass jemand aufgrund einer körperlichen Störung plötzlich ganz außergewöhnliche Fähigkeiten hat - das können auch spirituelle Fähigkeiten sein. - Nicht, dass ich das behaupten würde, aber ich weiss, dass man es im größeren Kontext, der eben über den methodischen Kontext der Wissenschaft hinausgeht, so sein KANN.

Nebenbei: Schau DIr mal das Phänomen der "Savants" an. - Deren ganz besonderen Eigenschaften sind in der Regel Folge einer Anomalie alias "Krankheit". - Das ist alles nicht so einfach!!

Thaddäus hat geschrieben:Deshalb ist die eine Erklärung richtig und die andere nachweislich falsch.
Genau das ist im übergeordneten Kontext FALSCH. - Richtig ist es nur im methodischen Rahmen der (Natur-) Wissenschaft. - Der übergeordnete Rahmen ist ein GRÖSSERE Rahmen als der wissenschaftliche - es ist anthropozentristisch, den eigenen Wahrnehmungs-Rahmen als absolut ("Deshalb ist die eine Erklärung richtig und die andere nachweislich falsch") zu verstehen, nur weil er methodisch (zweifellos) sehr gut organisiert ist.

Thaddäus hat geschrieben:Weltbilder sind eben nicht gleich Erklärungsmächtig und der Fortschritt in den Wissenschaften ersetzt falsche Erklärungen aufgrund nicht korrekter Weltbild-Annahmen durch korrekte Erklärungen.
Du hast wie üblich im Rahmen unserer menschlichen Erklärungs-Mächtigkeit recht - für Theologie reicht das aber nicht - es sei denn, wir reden von Religions-Wissenschaft.

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Münek
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#287 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » Mi 4. Mai 2016, 15:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Behauptung, es existiere im Irgendwo/Nirgendwo (Jenseits, Transzendenz) eine allmächtige Geistperson, ... IST UNPLAUSIBEL.
Aus Deinem Weltbild heraus eine verständliche Aussage. - Wenn Du sie allgemein-verbindlich machst, steckts Du irgendwo, wo Begriffe wie Ideologie oder Dogmatik daheim sind.
Meine Begründung hat weder mit meiner Weltanschuung noch mit Dogmatik und Ideologie zu tun. Das "Neue Testament" selbst weist auf die Unplausibilität hin. Siehe die Reaktionen der Jünger Jesu auf den Bericht der Frauen, siehe Pauli persönliche Einschätzung seiner Auferstehungsbotschaft.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du schreibst Theologen wortwörtlich vor, wie sie ihre Forschungsergebnisse zu kommunizieren haben
Nicht als Faktum, sondern als methodisches Ergebnis - falls Du das meinst. - Ja, das sollte man von einem Wissenschaftler erwarten. - Und ich nehme stark an, dass sie jenseits von hier zitierten Einzelaussagen diesem Anspruch im Kontext genügen.
Du redest Dich mal wieder raus.

="closs"
Münek hat geschrieben:Ich wüsste nicht, dass es zu der Einschätzung der HKM, die Kindheitsgeschichten seien bloße Erfindungen der Evangelisten Matthäus und Lukas, "Gegenbehauptungen" gäbe. Kannst Du das belegen?
Mir fiele spontan Ratzi ein - da gibt es sicherlich noch andere.
Also kannst Du Deine Behauptung nicht belegen! Das habe ich mir gleich gedacht. Ratzinger ist Dogmatiker; er hält sämtliche biblischen Texte für göttlich inspiriert und deshalb für wahr.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Umgekehrt ist es richtig.
Bringt nix. - Da prallt Glaubensentscheid gegen Ideologisierung der Wissenschaft - und dann knallt's halt.
Blödsinn. Klaus Berger greift die HKMler als solche an. Diese sind ganz gewiss keine "Ideologen der Wissenschaft". Völlig daneben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Beschränkung, die sich die Exegeten auferlegen, hat gute Gründe.
Auch gut - dann hält man sich dann bitte dran und führt ein Trabantenleben. - Du versuchst ständig, zu duschen und nicht nass zu werden.
Die HKM ist weder ein Trabant der Dogmatik noch ist sie übergriffig. Alles unbelegte Behauptungen.

closs hat geschrieben:Entweder mal hält sich aus Interpretationen konsequent raus - oder man nimmt verschiedene relevante Perspektiven der Interpretation ein. -"Tertium non datur".
Der war gut. :lol: :lol: :lol:

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#288 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Mi 4. Mai 2016, 16:49

closs hat geschrieben:Zunächst geht Ratzi in der Tat davon aus, dass es Gott gibt. Das verstehe ich. - Denn es ist auch aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, Theologie zu betreiben.
Eben das macht die Theologie unwissenschaftlich, denn durch diese Setzung macht man alle nachfolgenden Erkenntnisse zum Zirkelschluss.
closs hat geschrieben:Was die HKM tut, ist aus meiner Sicht entweder Zuarbeit zur Theologie...
Nein. Die HKM ist eine selbstständige Disziplin. Sie dient allein der Wahrheitssuche und befriedigt dadurch NICHT das Wunschdenken der kanonischen Exegeten die ihre Kartenhäuser auf dem morastigen Grund von fragwürdigen Prämissen (s.o.) aufbaut.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#289 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Mi 4. Mai 2016, 20:11

closs hat geschrieben: Wenn Theißen und meinetwegen Rahner beispielsweise sagen würden:
"Bei gewohnter Anwendung der HKM muss davon ausgegangen werden, dass Jesus eine Naherwartung hatte", ist dieser Satz wissenschaftlich korrekt (und entspricht übrigens auch meiner Meinung).
So ähnlich sagt sie es doch: die Mehrheit der neutestamentlich forschenden Theologen geht davon aus, dass Jesus eine Naherwartung hatte. Was ist dagegen einzuwenden?

closs hat geschrieben: - ABER: Dies sagt aber nichts darüber aus, ob die HKM zu dieser Frage das geeignete Mittel der Wahl ist - es sagt also nichts Verbindliches darüber aus, ob Jesus WIRKLICH der ist, den die HKM als METHODIK projeziert. -
Die Forschung projiziert überhaupt nichts, sie wendet diejenige Methode an, die wissenschaftlichen Kriterien genügt. Und das ist nun mal die historisch-kritische Methode und nicht die kanonische Exegese.

closs hat geschrieben:Was die HKM tut, ist aus meiner Sicht entweder Zuarbeit zur Theologie...
Das hättest du wohl gerne und zwar in der Art, dass nur für das Glaubenskonstrukt positive Befunde berücksicht werden. Offensichtlicher kann man seine Unkenntnis wissenschaftlicher Arbeitsweise nicht kundtun.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#290 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » Mi 4. Mai 2016, 20:47

closs hat geschrieben:Deine Aussage habe ich gelesen - sie sind alle in sich konsistent (eigentlich die Regel bei Dir) - das Problem liegt woanders, ich weiss aber nicht, ob das vermittelbar ist.
Du bestätigst in deiner Antwort sämtliche Bedenken, die man gegen eine kanonische Exegese haben kann. Insofern ist deine Haltung nicht vermittelbar.

closs hat geschrieben:Zunächst geht Ratzi in der Tat davon aus, dass es Gott gibt. Das verstehe ich.
Das stimmt zwar, ist aber im Grunde geschenkt, denn andere Glaubenssetzungen der kanonischen Exegese sind viel problematischer, da sie Ergebnisse von Exegese als deren Voraussetzungen setzen, was eine schwere Inkonsistenz ist. Keine Exegese will Gott beweisen, deshalb kann man getrost an Gott glauben und dennoch ein guter Exeget sein, der nicht das Ergebnis seiner Exegese als deren Voraussetzung setzt.

Viel problematischer ist beispielsweise die Setzung der kanonischen Exegese, Jesus habe sich selbst als Messias und Gott gesehen. Hierüber kann die HKM nämlich plausible Vermutungen anhand der im NT vorfindbaren Jesusworte und Selbstbetitelungen treffen. In der kanonischen Exegese wird aber das Ergebnis dieser Untersuchungen vorweggenommen, was auch gar nicht mehr kritisierbar sein soll und sein kann. Und das ist eine petitio principii in Reinform, die wissenschaftlich verboten ist, da sie inkonsistent ist. Denn es ist klar, dass man eine Behauptung, deren Wahrheit erst exegetisch erwiesen werden muss, nicht bereits als wahr für die Exegese voraussetzen darf.

closs hat geschrieben:denn aus meiner Sicht hängt Exegese maßgeblich davon ab, ob man vorher setzt
b) Jesus ist als inkarnierter Gott zu verstehen.
Auch, wenn man glaubt, Jesus sei ein inkarnierter Gott gewesen, ändert das nichts am Text des gr. NT und auch nichts an den dort vorfindbaren Selbstbetitelungen und Selbstausssagen, nichts an der textkritischen, literarkritischen und überlieferungsgeschichtlichen Ausgangslage usw.
Wenn nun die historisch-kritische Analyse zu dem Ergebnis kommen sollte, dass sich Jesus vermutlich nicht selbst für den Messias oder gar Gott gehalten hat, dann fordert die kanonische Exegese, dieses Ergebnis zu ignorieren und damit konterkariert sie den ganzen Sinn wissenschaftlicher Forschung. Die kann man sich sparen, wenn die Ergebnisse ohnehin ignoriert werden sollen, weil das Ergebnis bereits feststeht.
Es ist mir schleierhaft, wie man diese Inkonsistenz schon im theoretischen Ansatz der kanonischen Exegese ignorieren kann. Jedenfalls wird die kanonische Exegese hierdurch inkonsistent und damit unplausibel.

closs hat geschrieben: Ich meine nach wie vor, dass Wissenschaft/HKM BEIDE Möglichkeiten modellhaft durchspielen sollte:
Nein, das geht gar nicht, denn die HKM müsste dann im einen Falle ein mögliches Ergebnis ihrer Forschung bereits als wahr voraussetzen und damit wird die historisch-kritische Analyse völlig sinnlos. Warum sollte man eine Aussage noch kritisch untersuchen, wenn die Wahrheit dieser Aussage ohnehin vorausgesetzt ist?

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: es finden sich weder bei den jüdischen noch bei den nicht-jüdischen Verfassern (z.B. des Gilgamesch-Epos), irgendwelche auch nur entfernten Hinweise darauf, dass sie sich als irgenwie christlich verstanden haben könnten, zumal es zu ihrer Zeit noch gar keine christliche Lehre ab.
Vollkommen richtig. - Aber aus obigen Gründen nicht entscheidend - es greift einfach nicht, wenn man davon ausgeht, dass es Gott gibt.
Schlimmer geht es eigentlich nicht mehr.
Es existieren in den ägyptischen, babylonischen und assyrischen Texten, von denen die AT-Autoren ganze Erzählungen übernommen haben (Archebau, Sintflut, Mose Aussetzung im Bastkorb usw.), keinerlei Hinweise auf eine Art christliches Selbstverständnis dieser nicht-jüdischen Autoren. Dieser offensichtliche literarkritische Befund soll nun aber komplett ignoriert werden und gegen die Faktenlage soll stattdessen angenommen werden, dass die ägyptischen, babylonischen und assyrischen Autoren lange vor Christi Geburt bereits auf einen christlichen Kanon wissentlich oder unwissentlich hingearbeitet hätten! Das ist komplett spekulativ und durch nichts zu rechtfertigen.
Die Annahme, dass es den christlichen Gott gibt, macht die Inkonsistenz dieser exegetischen Spekulation sogar noch schlimmer!
Denn, wenn es tatsächlich einen christlichen Gott gäbe, dann hätte er die ägyptischen, babylonischen und assyrischen Autoren schon lange vor Entstehung des Christentums Hinweise auf ein christliches Verständnis in ihre Texte hineinschreiben lassen können. Es wäre ihm doch wohl ein Leichtes gewesen, den Autor oder die Autoren z.B. des Gilgamesh-Epos in dieses Epos hineinschreiben zu lassen, dass dereinst in Nazareth ein Zimmermannssohn geboren wird, der der Sohn des einen wahren Gottes ist oder Änliches. Gerade wenn man einen christlichen Gott annimmt, wird die Grundvermutung der kanonischen Exegese noch viel inkonsistenter, als sie es sowieso schon ist.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:. Und die Vernünftigkeit besteht in der Fähigkeit, logische Widersprüche und Zusammenhänge zu erkennen.
Da machst Du Dir es zu einfach. - Aus der Perspektive, dass es Gott (Allmacht, Allwissen, Überzeitlichkeit, Fügung, etc.) gibt, wäre es 2+2=5, wenn man annehmen wollte, dass spirituelle Schriften NICHT teleologisch sind. - Es wäre komplett unlogisch.
Was? Wie?
Nein, Plausibilität bedeutet immer, dass etwas logisch und vernünftig einleuchtend ist. Je nach Weltbild, in das man hineingeboren wird, kann es zwar auch logisch und plausibel sein, dass Dämon A, aber nicht Dämon B in einen Menschen fahren kann, um epileptische Anfälle auszulösen. Aber diese Plausibilität geht von falschen Weltbild-Prämissen aus, nämlich dass überhaupt Dämonen für epileptische Anfälle die kausalen Auslöser sind. Wissenschaftlicher Fortschritt kann die Fehlerhaftigkeit dieser Weltbild-Prämissen offenlegen. Dennoch bleibt Plausibilität immer Plausibilität.

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