Homöopathie

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sven23
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#2431 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mär 2014, 11:56

closs hat geschrieben:Die wären ja automatisch bei einem pauschalen Abschlag abgeschafft.

Das hätte man aber deutlicher kommunizieren müssen. Wenn es stimmt, daß die Reichen sich mit dem Modell schlechter stünden, wäre es auch zu verstehen, daß man das Scheitern Kirchhoffs in der eigenen Partei gar nicht so ungern gesehen hat. Mal davon abgesehen, daß es Quereinsteiger in der Politik sowieso schwer haben.

closs hat geschrieben: Ganz bestimmt nicht. - Er hat sich sicherlich auch ab und zu geirrt, aber Deine Aussage ist typisch demokratistisch. - Es gibt schon noch Unterschiede, die aber in einer Meinungs-Gesellschaft nicht wahrgenommen werden.

Bei Goethe könnte man es auch rumdrehen. Viel Wahrheit und wenig Irrtum, auch ein bekömmlicher Trunk. ;)


closs hat geschrieben: Und wenn man Agnostiker gegen das Christentum aufbringen will, muss man nur auf die Inquisition verweisen - was Christentum ist, ist damit natürlich nicht geklärt, aber man hat halt Stimmung.

Das läßt sich halt schwer trennen. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Wenn herauskäme, daß Jesus Ablaßbriefe verkauft hätte, dann hätte das natürlich auch Konsequenzen für die Beurteilung seiner Person und der Wahrhaftigkeit seiner Lehre.


closs hat geschrieben: Und wenn man die moderne Intelligenzia gegen Heidegger aufbringen will, muss man auf seine nationalistischen Zweifelhaftigkeiten verweisen - was Ontologie ist, ist damit natürlich nicht geklärt, aber man hat halt Stimmung.

Dieser Mechanismus beschreibt geradezu exemplarisch die Geistlosigkeit unserer Zeit - geistiger Anspruch wird durch Meinung ersetzt.

Du vergißt die "Seinslosigkeit unserer Zeit". :lol:
Es ist ja schon schwer bei Wissenschaftlern und Technikern Arbeit und Verstrickung in Systeme zu trennen (Werner von Braun). Aber bei Philosophen wie Heidegger muß man sich fragen, was bringt seine ontologische Differenz, wenn dabei Antisemitismus und Führerkult herauskommt?
Vielleicht unterlag er bei der Konstruktion der ontologischen Differenz genau so einem Wahrnehmungsirrtum wie bei der Wahrnehmung der Nazis?
Womit wir wieder bei Hahneman wären. Der arme Tropf unterlag mit Sicherheit einer falschen Wahrnehmung, wie alle zeitgenössischen, späteren und erst recht heutigen Untersuchungen zeigen.
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#2432 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 15. Mär 2014, 13:02

sven23 hat geschrieben: Wenn herauskäme, daß Jesus Ablaßbriefe verkauft hätte, dann hätte das natürlich auch Konsequenzen für die Beurteilung seiner Person und der Wahrhaftigkeit seiner Lehre.
Wäre er nur Prophet gewesen, dann nicht - als Jesus JA.

sven23 hat geschrieben:Bei Goethe könnte man es auch rumdrehen. Viel Wahrheit und wenig Irrtum, auch ein bekömmlicher Trunk.
Stimmt - aber unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unrentabel - zu wenig Publikum - es sei denn, man wird (wie geschehen) als National-Held hochgetunt, so dass amn in jedem Bücherregal steht. - Dazu hatten wir mal ein Seminar mit dem Thema: "Anthologie der ungelesenen Bestseller". :lol:

sven23 hat geschrieben:Aber bei Philosophen wie Heidegger muß man sich fragen, was bringt seine ontologische Differenz, wenn dabei Antisemitismus und Führerkult herauskommt?
Davon abgesehen, dass man das nicht von Einzelzitaten ("Heureka") abhängig machen kann, gilt immer wieder: Bote und Botschaft sind autonome Größen. - Hätte Stalin gesagt "Gott ist die Liebe", wäre dieser Satz auch vor dem Hintergrund der Gulags richtig - dissoziative Identitätsstörungen sind normal.

sven23 hat geschrieben:Womit wir wieder bei Hahneman wären. Der arme Tropf unterlag mit Sicherheit einer falschen Wahrnehmung, wie alle zeitgenössischen, späteren und erst recht heutigen Untersuchungen zeigen.
Hätte ich nichts einzuwenden, wenn diese Behauptung ohne den Preis nicht möglich wäre, dass auch heute erhebliche medizinische Felder mit HP mindestens genauso gut wie mit Schulmedizin behandelbar sind. - Der nächste Preis daraus wäre, dass "Effekte" voraussagber in beliebiger Menge reproduzierbar sind. - Daraus würde am Ende beispielsweise die Aussage stehen: "Pseudokrupp ist durch Effekte heilbar". - Da tue ich mir nach wie vor schwer.

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sven23
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#2433 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mär 2014, 13:23

closs hat geschrieben: Hätte ich nichts einzuwenden, wenn diese Behauptung ohne den Preis nicht möglich wäre, dass auch heute erhebliche medizinische Felder mit HP mindestens genauso gut wie mit Schulmedizin behandelbar sind. - Der nächste Preis daraus wäre, dass "Effekte" voraussagber in beliebiger Menge reproduzierbar sind. - Daraus würde am Ende beispielsweise die Aussage stehen: "Pseudokrupp ist durch Effekte heilbar". - Da tue ich mir nach wie vor schwer.

Ich darf daran erinnern, daß der Placebo Effekt über Autosuggestion immer mitspielt. Wenn Placebo Probanden über 120 Symptome an sich bemerken, dann zeigt das doch, wie fragwürdig das ganze Verfahren der homöopathischen Arzneimittelprüfung ist. Und trotzdem stellt es das Fundament der HP Behandlung dar.
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#2434 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 15. Mär 2014, 13:48

sven23 hat geschrieben: dann zeigt das doch, wie fragwürdig das ganze Verfahren der homöopathischen Arzneimittelprüfung ist
Kann ich nicht mitreden - ich spreche von den Patienten. - Hältst Du es für möglich, dass im Zeitraum x 100 Kinder zum HP-Arzt gebracht werden und anstandslos geheilt werden UND das alles eine Ansammlung von Placebo-Effekten ist? - Während im besten Fall andere 100 Kinder zum Schulmediziner gehen und (der Einfachheiut halber) auch geheilt werden?

Gruppe A würde durch Placebo-Wirkung geheilt, Gruppe B durch Medikamente? - Welchen Sinn haben Medikamente für Gruppe B? - Dann hätte man ihnen doch auch Placebos geben können - wenn man unterstellt, dass HP keine Wirkung hat. - Nach wie vor: Irgendwas passt da nicht.

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#2435 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mär 2014, 13:57

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: dann zeigt das doch, wie fragwürdig das ganze Verfahren der homöopathischen Arzneimittelprüfung ist
Kann ich nicht mitreden - ich spreche von den Patienten. - Hältst Du es für möglich, dass im Zeitraum x 100 Kinder zum HP-Arzt gebracht werden und anstandslos geheilt werden UND das alles eine Ansammlung von Placebo-Effekten ist? - Während im besten Fall andere 100 Kinder zum Schulmediziner gehen und (der Einfachheiut halber) auch geheilt werden?

Gruppe A würde durch Placebo-Wirkung geheilt, Gruppe B durch Medikamente? - Welchen Sinn haben Medikamente für Gruppe B? - Dann hätte man ihnen doch auch Placebos geben können - wenn man unterstellt, dass HP keine Wirkung hat. - Nach wie vor: Irgendwas passt da nicht.

Also zunächst müßte man mal klären, ob es wirklich 100 waren, ob sie wirklilch alle nachhaltig geheilt waren, ob es keine Rückfälle gab und ob die Schulmedizin nicht doch besser war. Wäre das Ergebnis das gleiche gewesen, wenn der Arzt echte Placebos verteilt hätte? (im Grunde tut er ja nichts anderes) Da sind so viel anekdotischen Unsicherheiten drin, daß man keine belastbaren Aussagen treffen kann.
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#2436 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 15. Mär 2014, 13:59

sven23 hat geschrieben:Wäre das Ergebnis das gleiche gewesen, wenn der Arzt echte Placebos verteilt hätte? (im Grunde tut er ja nichts anderes)
Warum hätte dann der Schulmediziner KEINE Placebos verteilt (wenn's eh wurscht ist)?

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#2437 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 15. Mär 2014, 14:02

sven23 hat geschrieben:Also zunächst müßte man mal klären, ob es wirklich 100 waren, ob sie wirklilch alle nachhaltig geheilt waren, ob es keine Rückfälle gab und ob die Schulmedizin nicht doch besser war.
Man müsste unterstellen, dass die Eltern ihre Kinder bewusst schädigen wollten und selbst regelmäßige Anfälle von Wahrnehmungs-Störungen gehabt hätten (Kind hat wahrnehmungs-mäßig keinen Schafshusten mehr, obwohl er noch da ist. - Dazu käme, dass deren Umfeld dieselben Störungen hätte. - Alles möglich, aber gleichzeitig auch irgendwie schräg.

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#2438 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mär 2014, 14:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wäre das Ergebnis das gleiche gewesen, wenn der Arzt echte Placebos verteilt hätte? (im Grunde tut er ja nichts anderes)
Warum hätte dann der Schulmediziner KEINE Placebos verteilt (wenn's eh wurscht ist)?

Daß die Schulmedizin besser sein soll, ist ja lediglich eine unbewiesene Behauptung.
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#2439 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mär 2014, 14:19

closs hat geschrieben:Man müsste unterstellen, dass die Eltern ihre Kinder bewusst schädigen wollten und selbst regelmäßige Anfälle von Wahrnehmungs-Störungen gehabt hätten (Kind hat wahrnehmungs-mäßig keinen Schafshusten mehr, obwohl er noch da ist. - Dazu käme, dass deren Umfeld dieselben Störungen hätte. - Alles möglich, aber gleichzeitig auch irgendwie schräg.

Unsinn, die meisten Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Manche Eltern sind halt ungeduliger und genervter als andere. Diese Stresssituation kann sich auch auf das Kind auswirken und den Stress noch vergrößern. Da kann ein charismatischer Therapeut allein schon mit seiner persönlichen Art beruhigend wirken. Die Globuli würden dann das Eingreifen des Arztes sozusagen symbolisch untermauern.
Im übrigen verwenden auch Schulmediziner manchmal Placebos, wenn die Beschwerden so unspezifisch sind, daß sie sich keinen Rat mehr wissen. Verspürt der Patient dann Besserung, könnte das ein Indiz dafür sein, daß auch psychische Probleme mit reinspielen. Die Verwendung von Placebos ist zwar umstritten, aber ich denke, als letztes Mittel zur Diagnose kann man sie vertreten.
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 15. Mär 2014, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
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#2440 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 15. Mär 2014, 14:48

sven23 hat geschrieben: Da kann ein charismatischer Therapeut
Unter den HP-Ärzten, die ich kenne, war keiner dabei, der irgendwie "charismatisch" war - das waren alles nüchterne Handwerker. - Und ich glaube auch nicht, dass (beispielsweise) Pseudokrupp (auch im weiteren Sinne) psychisch großartig beeinflussbar ist. - Die Kinder bellen und sind froh, wenn es vorbei ist.

"Anekdotisch" (im begrenzten Sinne des Wortes) kann alles sein: Ein Einzelfall kann wirklich just zu einem Zeitpunkt reinkommen, wenn etwas eh ausgeheilt werden würde. - Mich stört aber die Masse, gar vorhersehbare Masse an Einzelfällen - als sei die Anekdote die Norm und die "normale" Ausheilung die Ausnahme. - Und das wäre ja der Fall, wenn man die Fließband-Heilungen des HP-Arztes alle als Anekdoten bezeichnen würde. - Deshalb mein Ruf nach einem Stochastiker: Kann sowas statistisch gesehen überhaupt möglich sein?

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