Fügung vs. Freier Wille

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#231 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » So 11. Jan 2015, 10:22

Münek hat geschrieben:Also des Königs zukünftiges Verhalten beeinflusst Gottes Pläne, die er "vor der Zeit" schmiedete!?
Des Königs Verhalten ist für Gott nicht zukünftig, sondern in der Zeit.

Da scheint das ganze Problem zu liegen (ist auch bei Darkis Ausführungen ersichtlich): Man legt das eigene Zeitverständnis zugrunde. Dann allerdings kann man Fügung NICHT erklären. - Persönlich habe ich es so gemacht, dass ich dialektisch hochgedacht habe: "Wie soll man sich vorstellen, was eine Zeit in höherer Dimension ist?". - Und dazu muss man sich von seinem eigenen Zeitverständnis genauso lösen wie ein Schatten, der gewohnt ist, dass alles platt ist.

Münek hat geschrieben:Wenn eine eigentlich klare, nicht misszuverstehende Aussage eines biblischen Textes nicht in Dein persönliches Glaubenskonzept passt, ziehst Du reflexartig die "Chiffren-Notbremse".
Das ist dasselbe in Grün. - Wenn man ansatzweise das Wesen Gottes verstehen will, muss man es entweder spüren oder gedanklich erschließen. - Letzteres geht ebenfalls nicht, indem man in eigener Dimension denkt.

Würde man das tun, wäre Gott ein Mucki-Typ, der vor langer Zeit die Welt geschaffen hat, zwischenzeitlich mal sich korrigiert, wenn's anders läuft als gedacht, und auch den Menschen ab und zu korrigiert, wenn es sein muss. Dann würde er wie ein absolutistischer Herrscher ständig die Meinung ändern und jedem aufgeklärten Menschen auf die Nerven gehen. - Bei diesem Gottes-Verständnis würde ich dem ausdrücklich zustimmen - aber das Verständnis ist halt vollkommen ungeeignet.

Scrypt0n hat geschrieben:In den unendlichen Regress, in welchen Kurt seinen Gott positioniert, kommt er (bzw. Gott :D) nicht mehr heraus.
Das ist dasselbe in Dunkelgrün. - WENN man eine Zeit in höherer Dimension ("Über-Zeit") negiert, kriegt man natürlich den unendlichen Regress nicht weg. - Umgekehrt macht aber das Wort "Gott" keinen Sinn, wenn man ihm nicht Über-Zeit zuordnet - zumal Gott ja auch so biblisch so dargestellt wird. Nein, da steht NICHT "Über-Zeit" in der Bibel, aber "Himmel der Himmel der Himmel" oder "in den Vor-Tagen" (also vor den 7 Tagen der SChöpfung) oder anderes. - Man kann nicht Gott so definieren, dass es ihn nicht geben kann, und dann behaupten, es gäbe ihn nicht.

Münek hat geschrieben: Den möchte ich endlich mal geklärt haben.
Fügung ist, dass Gott vor der Schöpfung bereits das Ende der Schöpfung bestimmt hat. Aber nicht durch Beeinträchtigung der Wahlfreiheit des Menschen, sondern unter 1005iger Einbeziehung der Wahlfreiheit des Menschen (siehe König von Assur).
Zuletzt geändert von closs am So 11. Jan 2015, 10:30, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#232 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » So 11. Jan 2015, 10:28

sven23 hat geschrieben: Man behauptet einfach, daß der letzte Stand identisch ist mit Gottes Plan.
Falsifizierbar ist das nicht - schon richtig. - Aber lass es doch erst einmal auf der Ebene zu kapieren, was eigentlich Gott können muss, dass der Name "Gott" verwendbar ist.

sven23 hat geschrieben:Wie wahrscheinlich ist es, daß am gleichen Tag zwei Menschen in der gleichen Stadt jeweils 100000 € verlieren?
Warum zwei? - ENTWEDER der auf dem Weg zum Döner ODER der auf dem Weg zur Pizza.

sven23 hat geschrieben:Vielleicht wollen aber gar nicht alle Erbsen in der Erbsensuppe landen
Das wäre jetzt der Moment, in dem es innerhalb des Christentums unterschiedliche Meinungen gibt:

a) Der Mensch weiss, wohin ihn sein Weg führen soll, will es aber nicht - und schert deshalb aus, weil er es kann. (Wille, Entscheidung, Himmel versus Hölle).
b) Der Mensch kommt zu seinem Ursprung, egal was er meint (das wäre meine Allversöhnungs-Variante).

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#233 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » So 11. Jan 2015, 10:38

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Also des Königs zukünftiges Verhalten beeinflusst Gottes Pläne, die er "vor der Zeit" schmiedete!?
Des Königs Verhalten ist für Gott nicht zukünftig, sondern in der Zeit.
Nochmals...
Gottes Zeitlosigkeit ist irrelevant. Nach deiner These wurde alles zu Beginn unserer Zeit, sozusagen mit dem Urkall gefügt.

Man legt das eigene Zeitverständnis zugrunde.
Nicht "man", sonder das tut die Bibel, die die Geschichte von Assur erzählt, in dem sie Gott wörtlich in Jesaja 37,26 zitiert:

closs hat geschrieben:WENN man eine Zeit in höherer Dimension ("Über-Zeit") negiert, kriegt man natürlich den unendlichen Regress nicht weg.
Andersrum, lieber closs.
DU behauptest es gäbe eine "Überzeit", also muss es erlaubt sein, deine seltsam anmutende Behauptung zu hinterfragen. Es liegt dann an dir die Evidenzen vorzulegen.
Deshalb nochmals: Es gibt für uns Menschen, keine "Überzeit".
Ob es für einen nach deinem Denkmuster postulierten Gott eine solche "Überzeit" gibt, sei dahingestellt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#234 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » So 11. Jan 2015, 10:53

Pluto hat geschrieben:Nach deiner These wurde alles zu Beginn unserer Zeit, sozusagen mit dem Urkall gefügt.
Bei Beginn unserer Zeit, also "bevor" es Zeit gab, war alles gefügt - richtig.

Pluto hat geschrieben: Es gibt für uns Menschen keine "Überzeit".
DAS wiederum ist richtig - die gibt es nur für Gott.

Pluto hat geschrieben:Nicht "man", sonder das tut die Bibel, die die Geschichte von Assur erzählt, in dem sie Gott wörtlich in Jesaja 37,26 zitiert
Moment: In dem Moment, in dem Gott (gefügter-weise) in die Zeit eingreift, tut er es natürlich in der Zeit. - Aber auch das ist bekannt, "bevor" Zeit geschaffen wurde. (NB: "bevor" ist strenggenommen falsch, weil es kein "bevor" gibt, wenn erst "danach" die Zeit überhaupt geschaffen wird - deshalb in Anführungszeichen).

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#235 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von sven23 » So 11. Jan 2015, 11:22

closs hat geschrieben:Warum zwei? - ENTWEDER der auf dem Weg zum Döner ODER der auf dem Weg zur Pizza.

Dann muß also der Verlierer der 100000 € auch von Gott auf einen anderen Weg gelenkt werden, auf dem er vielleicht von einem Auto überfahren wird. Fügung bedeutet immer Eingreifen in Handlungsstränge, das geht per Definition gar nicht anders.
Wenn Gott sich auf dieses Spiel einläßt, ist der freie Wille oder die Entscheidungsfreiheit im Eimer.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#236 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » So 11. Jan 2015, 12:22

sven23 hat geschrieben:Dann muß also der Verlierer der 100000 € auch von Gott auf einen anderen Weg gelenkt werden
Das klingt so, als würde etwas umgelenkt werden - nein, es wird von vorneherein so gefügt.

sven23 hat geschrieben: Fügung bedeutet immer Eingreifen in Handlungsstränge, das geht per Definition gar nicht anders.
Fügung beschreibt den Korridor, in dem Wahlfreiheit besteht, durch welche der Korridor mitbestimmt ist. - Würde der Mensch anders wollen, wäre der Korridor im konkreten Fall ein anderer.

sven23 hat geschrieben:Wenn Gott sich auf dieses Spiel einläßt, ist der freie Wille oder die Entscheidungsfreiheit im Eimer.
Eben nicht - weil Gott erst auf die Entscheidungsfreiheit reagiert. - Was uns schwer fällt, ist der Gedanke, dass die Reaktion Gottes aus menschlicher (zeitlicher) Sicht "vor" der Aktion ist - aus göttlicher Sicht ist es aber NICHT so. - Da scheint es zu hapern.

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#237 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von sven23 » So 11. Jan 2015, 12:36

closs hat geschrieben:Das klingt so, als würde etwas umgelenkt werden - nein, es wird von vorneherein so gefügt.

Jedes Eingreifen, also Fügen, von außen bewirkt eine Veränderung der Handlungsstränge. Wer hat denn gefügt, daß jemand 100000 € verliert? Das paßt doch hinten und vorne nicht.

closs hat geschrieben: Fügung beschreibt den Korridor, in dem Wahlfreiheit besteht, durch welche der Korridor mitbestimmt ist. - Würde der Mensch anders wollen, wäre der Korridor im konkreten Fall ein anderer.

Ja gut, das ist das alte Lied der nachgelagerten Begründung. (siehe oben)

closs hat geschrieben: Eben nicht - weil Gott erst auf die Entscheidungsfreiheit reagiert. - Was uns schwer fällt, ist der Gedanke, dass die Reaktion Gottes aus menschlicher (zeitlicher) Sicht "vor" der Aktion ist - aus göttlicher Sicht ist es aber NICHT so. - Da scheint es zu hapern.

Das wäre nicht mal das Entscheidende. Das Wissen um etwas ist doch was anderes als ein aktives Eingreifen, was man unter Fügung versteht.
Jedes aktive Eingreifen hätte Konsequenzen für die gesamte Menschheit und damit selbstverständlich auch Konsquenzen für die Entscheidungsfreiheit.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#238 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » So 11. Jan 2015, 12:58

sven23 hat geschrieben:Jedes Eingreifen, also Fügen, von außen bewirkt eine Veränderung der Handlungsstränge.
Nein - es ist keine Veränderung. - Da bekannt ist, dass der Mensch sich letztlich im Einzelfall so und nicht anders entscheiden wird, gibt es nur einen Handlungsstrang, um den herum gefügt wird.

sven23 hat geschrieben:Wer hat denn gefügt, daß jemand 100000 € verliert?
Gott. - Er weiß (bspw.), dass der Mensch, der das Geld verliert, aus Versehen die falsche Hose mit der defekten Hosentasche aus dem Schrank nimmt.

sven23 hat geschrieben: Das paßt doch hinten und vorne nicht.
Was passt da nicht?

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#239 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von sven23 » So 11. Jan 2015, 13:28

closs hat geschrieben:Nein - es ist keine Veränderung. - Da bekannt ist, dass der Mensch sich letztlich im Einzelfall so und nicht anders entscheiden wird, gibt es nur einen Handlungsstrang, um den herum gefügt wird.

Ja was wird denn gefügt?

closs hat geschrieben: Gott. - Er weiß (bspw.), dass der Mensch, der das Geld verliert, aus Versehen die falsche Hose mit der defekten Hosentasche aus dem Schrank nimmt.

Ja und? Das Wissen darum ist eine Sache. Die andere ist, was wird denn jetzt konkret gefügt?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#240 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » So 11. Jan 2015, 13:39

closs hat geschrieben:Da bekannt ist, dass der Mensch sich letztlich im Einzelfall so und nicht anders entscheiden wird, gibt es nur einen Handlungsstrang, um den herum gefügt wird.
Du kannst dich drehen und winden wie du willst; an der Logik kommst du nicht vorbei.
Wenn bekannt ist, wie der Mensche sich letztlich im Einzelfall so und nicht anders entscheiden wird, wird er zur "Marionette" Gottes, und sein Freier Wille ist nur noch Illusion.
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