Alles Teufelszeug? V

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#181 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 23. Dez 2016, 22:37

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:istig plausibel" ist natürlich alles, was in den sog. Heiligen Schriften steht, eben weil es dort steht. Ein Zirkelschluss reiht sich an den nächsten.
Das ist aber Deiner. - "Geistig plausibel" ist eine universale Größe...
... sagte der Spiritist - und setzte sein spirituelles Gespräch mit dem Geist der verstorbenen Käthe Schabulke fort. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann spricht von primitiver Mythologie. Ich meine, das ist was dran.
Wenn man die Chiffrierung nicht versteht, ist das so. - Bultmann hätte wissen müssen, dass solche provokativen Sätze normativ verwendet werden.
Ich glaube nicht, dass der Theologe Bultmann die Absicht hatte, zu provozieren. Er hat seine Kritik genauso gemeint, wie er es ausgedrückt und formuliert hat - und er hat den Nagel genau auf den Kopf getroffen. Und von "Chiffrierung" kann ja wohl in den entsprechenden neutestamentlichen Aussagen über Jesu gehorsamen Sühnetod keine Rede sein. "Chiffrierung" ist lediglich Dein persönlicher verschleiernder Glaubensjargon. Da steckt nichts Substanzielles hinter. Hohler Bombast. Strohhalm.

Die meisten evangelischen Theologen können und wollen dem Dogma des angeblich heilsbringenden "Sühnetodes Jesu" nicht mehr folgen. Wie sieht es im katholischen Lager aus? Der fromme Theologe Klaus Berger beklagte sich vor einigen Jahren in einem Interview des Senders Bibel-TV (Titel der Sendung "Verfälscht die historische Exegese die Bibel?") bitter über den ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von Freiburg, Robert Zollitsch, der ganz offen bekannt haben soll:

" Ich leugne den SÜHNETOD JESU. Das sind mittelalterliche Vorstellungen."

Recht hat der katholische Erzbischof. Bravo! :thumbup: Die Vernunft schickt sich an, verkrustetes katholisches Glaubensterrain zu erobern. :thumbup:

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#182 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Fr 23. Dez 2016, 22:45

Münek hat geschrieben: Die Vernunft schickt sich an, verkrustetes katholisches Glaubensterrain zu erobern.
Wenn wir mit "Vernunft" dasselbe meinen, stimme ich Dir uneingeschränkt zu - denn auch innerhalb der RKK gibt es noch Verklebungen, die aufgelöst werden müssen.

Nur: Wir verstehen unter "Vernunft" mit großer Wahrscheinlichkeit Unterschiedliches. - Und es nützt jetzt auch nichts, Kant mit seinem berühmten Satz zur Vernunft zu zitieren, denn auch da werden wir beide zustimmen - und Unterschiedliches darunter verstehen. - Auch mit dem Wort "Aufklärung" ist es nicht getan - denn auch darunter kann man Unterschiedliches verstehen. - Und so kommt es, dass sich ein Ratzinger mit Fug und Recht als aufgeklärter bezeichnen kann als etwa Metzinger - was dieser selbstverständlich umgekehrt genauso sieht.

Was den "Sühnetod" angeht: Hier müsste man prüfen, was eigentlich damit gemeint ist. - Du wirst überrascht sein: Da stimme ich aus ontologischen Gründen Zollitsch zu (vorbehaltlich, dass hier jede Seite darunter dasselbe versteht).

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#183 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 23. Dez 2016, 23:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie sind genau so wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie alle anderen Mythen und Legenden.
Erst muss klar sein, was Mythos ist und was sich wirklich historisch zugetragen hat - da kann die HKM vieles dazu beitragen, aber bei Nicht-Falsifizierbarem muss auch sie passen.
Bei Nicht-Falsifizierbarem muss JEDER passen - natürlich auch die KIRCHE! Da hilft ihr auch ein noch so über viele Jahrhunderte pompös errichtetes Dogmengebäude nichts. Die HKM interessiert sich im Übrigen für Nicht-Falsifizierendes nicht die Bohne. Sie muss da also gar nicht "passen". ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Interimsethik ist seit Albert Schweizter Konsens, basierend auf der Naherwartung, die wiederum seit Strauss Konsens in der Forschung ist.
Und so jagt der eine Irrtum den nächsten. - Wie auch immer: Du musst Dein aufrechtes Häuflein schon klein halten, um die Konsens-Hypothese zu erhalten. - In der allgemeinen kirchlichen Theologie ist dieser Konsens nicht bekannt...
... sagte der liebe Kurt, nachdem er mit seinem Ortspfarrer im "Ochsenkrug" drei Bier getrunken und entsprechende Erkundigungen eingezogen hatte. :lol:

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#184 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 23. Dez 2016, 23:41

closs hat geschrieben: Was den "Sühnetod" angeht: Hier müsste man prüfen, was eigentlich damit gemeint ist.
Na - dann prüfe mal schön. Dass Du als gläubiger Christ das nicht weißt, wundert mich schon. Könnte natürlich auch daran liegen, dass Du bei Deinen intensiven Bibelstudien beim Buch "Hiob" hängengeblieben und seitdem nicht weitergekommen bist.
Zuletzt geändert von Münek am Sa 24. Dez 2016, 00:03, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#185 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Sa 24. Dez 2016, 00:02

closs hat geschrieben:Was den "Sühnetod" angeht: Hier müsste man prüfen, was eigentlich damit gemeint ist. - Du wirst überrascht sein: Da stimme ich aus ontologischen Gründen Zollitsch zu.
Wenn Du dem katholischen Erzbischof Zollitsch zustimmst, müsstest Du auch Bultmann zustimmen, was Du offensichtlich nicht tust. Deine Aversion gegen Bultmann könnte darin begründet liegen, dass dieser Jesu Irrtum ohne Umschweife und knallhart konstatiert hat:

"Es bedarf keines Wortes, dass sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat."

Aber das haben andere bedeutende Theologen wie Schweitzer, Rahner, Küng, Theißen, Kasper und viele andere theologische Experten aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit schließlich auch getan. Ehrlich währt am längsten. Frohe Weihnachten, mein lieber Kurt! :angel:

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#186 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 24. Dez 2016, 00:22

Münek hat geschrieben:Bei Nicht-Falsifizierbarem muss JEDER passen - natürlich auch die KIRCHE!
Das tut sie doch ganz bewusst, indem sie nicht Wissen vortäuscht, sondern durch zwar begründeten, aber trotzdem Glauben ersetzt. - Sie steht im Gegensatz zu anderen zu ihren Setzungen.

Münek hat geschrieben:Die HKM interessiert sich im Übrigen für Nicht-Falsifizierendes nicht die Bohne.
Das ist auch richtig so - ergo kann sie nur im Rahmen des Falsifizierbaren sprechen. Im Wissen, dass sie nur das kann.

Münek hat geschrieben:Dass Du als gläubiger Christ das nicht weißt, wundert mich schon.
Gerade, WEIL ich es weiss, frage ich genau nach.

Münek hat geschrieben:Wenn Du dem katholischen Erzbischof Zollitsch zustimmst, müsstest Du auch Bultmann zustimmen
Nein - weil Bultmann nicht zeigt, dass er ontologisch denkt. - Ich weiß nicht mal, ob Zollitsch so denkt. - Deshalb:
Münek hat geschrieben:Da stimme ich aus ontologischen Gründen Zollitsch zu.
Wenn es andere Gründe sind, stimme ich NICHT zu.

Münek hat geschrieben:Deine Aversion gegen Bultmann könnte darin begründet liegen, dass dieser Jesu Irrtum ohne Umschweife und knallhart konstatiert hat
Er hat nicht den Jesu Irrtum konstatiert, sondern konstatiert selber, dass es so ist.

Eine Aversion gegen Bultmann habe ich im übrigen (noch) nicht persönlich, weil ich sein Werk nicht gut genug kenne. - Aversionen gibt es allerdings gegen die Rezeption von Bultmann - also das, wie er heute bzw. im Forum interpretiert wird.

Und zwar deshalb, weil damit die Bibel zu einer rein technischen Auslegungs-Unterlage gemacht wird. Es fehlt am inneren Bezug zu spirituell-geistigen Texten, weil dieser Bezug ja gerade methodisch eliminiert wird. - Was soll dabei rauskommen?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#187 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 24. Dez 2016, 07:47

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Origenes bemühte sich um eine gesicherte Methode der Bibelauslegung
"Gesichert" ist wohl nicht das richtige Wort - aber interessant ist sein Ansatz schon. - Denn bei ihm scheint die göttliche Wahrheit unabhängig von der Darreichungs-Form im Mittelpunkt zu stehen. - Ob die Realität ihm recht gibt, wissen wir nicht.
Gesichert heißt in diesem Fall, dass die Methode transparent und für andere nachvollziehbar ist. Origenes spürt ebenso wie Platon, dass Mythen nur wenig mit tatsächlich Geschehenem, also Historie, zu tun haben. Deshalb verhöhnt und verachtet er diejenigen, die Mythen wörtlich nehmen. Derer gibt es ja heute noch. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie sind genau so wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie alle anderen Mythen und Legenden.
Erst muss klar sein, was Mythos ist..
Das ist relativ einfach:
Mythos
Wenn du davon genug intus hast, glaubst du alles. :lol:


closs hat geschrieben: Wir sind uns einig, dass man die Bibel auch aus anthropologischer Sicht analysieren kann - genauso wie man es aus feministischer Sicht tun kann. - Geht alles.
Eben, und aus anthropologischer Sicht waren religiöse Texte entstanden als Erklärung für die Welt, in Ermangelung alternativer (wissenschaftlicher) Erklärungsmodelle. Der "Sündenfall" der Kirche war die Kanonisierung, und damit Verabsolutierung der Text als das "Wort Gottes".

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Interimsethik ist seit Albert Schweizter Konsens, basierend auf der Naherwartung, die wiederum seit Strauss Konsens in der Forschung ist.
Und so jagt der eine Irrtum den nächsten. - Wie auch immer: Du musst Dein aufrechtes Häuflein schon klein halten, um die Konsens-Hypothese zu erhalten. - In der allgemeinen kirchlichen Theologie ist dieser Konsens nicht bekannt.
Deshalb betone ich doch immer, dass dies in der historischen Jesusforschung gilt, in der eine wissenschaftliche Methode zur Anwendung kommt. Das ist der große Unterschied zu glaubensdogmatischer Behandlung der Texte, eine ganz andere Baustelle.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#188 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 24. Dez 2016, 07:49

closs hat geschrieben: Eine Aversion gegen Bultmann habe ich im übrigen (noch) nicht persönlich, weil ich sein Werk nicht gut genug kenne. - Aversionen gibt es allerdings gegen die Rezeption von Bultmann - also das, wie er heute bzw. im Forum interpretiert wird.

Und zwar deshalb, weil damit die Bibel zu einer rein technischen Auslegungs-Unterlage gemacht wird. Es fehlt am inneren Bezug zu spirituell-geistigen Texten, weil dieser Bezug ja gerade methodisch eliminiert wird. - Was soll dabei rauskommen?
Die historische Wahrheit, die ja manche fürchten wie der Teufel das Weihwasser?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#189 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 24. Dez 2016, 07:51

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Interimsethik ist seit Albert Schweizter Konsens, basierend auf der Naherwartung, die wiederum seit Strauss Konsens in der Forschung ist.
Und so jagt der eine Irrtum den nächsten. - Wie auch immer: Du musst Dein aufrechtes Häuflein schon klein halten, um die Konsens-Hypothese zu erhalten. - In der allgemeinen kirchlichen Theologie ist dieser Konsens nicht bekannt...
... sagte der liebe Kurt, nachdem er mit seinem Ortspfarrer im "Ochsenkrug" drei Bier getrunken und entsprechende Erkundigungen eingezogen hatte. :lol:
:lol: :lol: :lol:
Prost und frohe Weihnachten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#190 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 24. Dez 2016, 08:47

sven23 hat geschrieben:Gesichert heißt in diesem Fall, dass die Methode transparent und für andere nachvollziehbar ist.
Das gilt auch für die Kanoniker: Sie geben ihre Setzung bekannt und arbeiten ihre Forschung auf dieser Basis transparent ab.

sven23 hat geschrieben:Origenes spürt ebenso wie Platon, dass Mythen nur wenig mit tatsächlich Geschehenem, also Historie, zu tun haben.
Dieser Unterschied ist auch Ratzinger geläufig.

sven23 hat geschrieben:Der "Sündenfall" der Kirche war die Kanonisierung, und damit Verabsolutierung der Text als das "Wort Gottes".
Diesem Satz liegt ein fundamentales Missverständnis zugrunde.

sven23 hat geschrieben:Deshalb betone ich doch immer, dass dies in der historischen Jesusforschung gilt
Selbst das ist nicht richtig - aber sei's drum. - Viel wichtiger: Hier liegt das Missverständnis zugrunde, dass man Sachaussagen mit Interpretationen vermischt. - Den Satz "Bei Zugrundelegung historisch-kritischer Kriterien bei kompletter Ignoranz geistig-spiritueller Komponenten erscheint es so, als habe Jesus eine Naherwartung gehabt", würde ich zustimmen. - Da kann es Konsens geben.

sven23 hat geschrieben:Die historische Wahrheit, die ja manche fürchten wie der Teufel das Weihwasser?
Manche, ja. - Es gibt auch heute noch viele Christen, die unreflektiert Texte abglauben. - Aber diese Unaufgeklärtheit gibt es überall - auf anderen Gebieten auch bei den Säkularen.

sven23 hat geschrieben:Prost und frohe Weihnachten.
Ebenso - aber wir haben es ruhig. - Die Kinder sind seit Jahren aus dem Haus und laden uns erst ab morgen ein, so dass wir uns über die Feiertage durchreichen lassen.

Gesperrt