Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#181 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 16. Jul 2015, 15:31

Queequeg hat geschrieben:denn wohl grundsätzlich jeder wirklich tief glaubende Christ definiert die biblischen Aussagen und Inhalte auf eine absolut intime und persönliche Ebene, in der der (theologisch/exegetische) Geist Gottes immer den absoluten Vorrang hat, die geschichtlich kritischen Deutungsebenen haben hier höchstens eine periphäre Zweitrangigkeit.
Toller Satz - genau so sehe ich es auch. :thumbup:

Queequeg hat geschrieben:Mit einem Satz gesagt: wenn das Neue Testamend nicht grundsätzlich geistig, oder geistlich...
.. ist, dann ist die Beschäftigung damit nur lohnend für antike Philologen, die mit genau demselben Interesse die Klo-Ordnung von Ostia (gibt es tatsächlich) studieren.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#182 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 16. Jul 2015, 15:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Konstellationen können aber auch nur erdachte Konstrukte sein.
Der Unterschied zwischen "er-funden" und "ge-funden" ist leider nicht mit säkularen Mitteln (mit historisch-kritischen Mitteln eh nicht) beschreibbar
Die Wahrscheinlichkeiten für die eine oder andere aber durchaus - und zwar auch OHNE willkürlichen Glaubensdogmen. Bringt man letztere ins Spiel kann das nur in Zirkelschlüsse enden.

closs hat geschrieben:Geistige Dinge dagegen sind generell nicht falsifizierbar - man kapiert oder nicht.
Falsch.
Man besitzt diesen oder jenen Wahn (= Glaubensdogmen) - oder nicht.

So ist es richtig. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Denkt man daran, daß die Bergpredigt nicht von Jesus ist, sondern eine Eigenkomposition von Matthäus, dann ist das gar nicht so weit her geholt.
Auch das ist nicht falsifizierbar
Falsch.
Vieles ist durch die Geschichtswissenschaft selbstverständlich auch dann falsifizierbar, unabhängig davon ob es Vergangenes Betrift.
Niedliche Ausrede aber.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#183 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 16. Jul 2015, 15:35

closs hat geschrieben:Du setzt (!!) in Deiner Definition, dass "Wahrheit" dasselbe wie "Historizität" sei.
Ist es, historisch gesehen auch - ob du nun willst oder nicht.
Du setzt(!) innerhalb deiner Glaubensdogmen, dass "Wahrheit" dasselbe ist wie deine Glaubensannahmen oder diese zumindest annähernd richtig beschreiben.

Willkür und Beliebigkeit... :D

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#184 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Do 16. Jul 2015, 16:06

closs hat geschrieben:Angenommen, Matthäus hätte diese Bergpredigt sprachlich gestaltet: Wie will man unterscheiden, ob er sie primär erfunden oder sprachlich von Jesus nachgezeichnet hat?
Ich war ja selbst überrascht, daß die Bergpredigt eine Eigenkomposition von Matthäus ist. Selbst ein Lindemann gibt das zu. Aber man lernt halt nie aus. ;)

sven23 hat geschrieben:Wie der Name schon sagt, ist die Methode historisch-kritisch, d. h. sie gleicht Historie mit biblischen Texten ab
Da sind wir uns einig.

closs hat geschrieben: Es meinst also eigentlich: "um die Historizität zu überprüfen". - Das ist etwas ganz anderes.
Meinetwegen auch das. Wenn aber ein Ereignis historisch nicht stattgefunden hat, dann ist es auch nicht "wahr" in dem Sinne, daß es stattgefunden hat. Dann sind es eben Märchen von Geschichtenerzählern.

closs hat geschrieben: Das ist in der Tat HKM-Terrain - allerdings würde ich dazu gerne mal Experten-Gespräche hören.
Die kann man nachlesen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn bei der Geburt schon geschummelt wird, warum dann später nicht auch?
Falscher Ansatz - das muss nichts mit "Schummeln" zu tun haben. - Da wären jetzt wieder Schrift-Gelehrte gefragt, die solche Passagen dechiffrieren.
Naivität oder Selbstbetrug?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#185 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 16. Jul 2015, 16:12

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn bei der Geburt schon geschummelt wird, warum dann später nicht auch?
Falscher Ansatz - das muss nichts mit "Schummeln" zu tun haben. - Da wären jetzt wieder Schrift-Gelehrte gefragt, die solche Passagen dechiffrieren.
Naivität oder Selbstbetrug?
Beides, natürlich.
:D

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#186 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 16. Jul 2015, 16:12

Scrypt0n hat geschrieben:Ist es, historisch gesehen auch
"Historisch" ist das richtig - das ist doch meine Rede.

Scrypt0n hat geschrieben:Du setzt(!) innerhalb deiner Glaubensdogmen, dass "Wahrheit" dasselbe ist wie deine Glaubensannahmen
Nein - ich setze, dass "Wahrheit" etwas ist, was nicht durch menschliche Systeme bestimmt werden kann.

sven23 hat geschrieben:Ich war ja selbst überrascht, daß die Bergpredigt eine Eigenkomposition von Matthäus ist.
Wieso "ist"? - Außerdem beantwortet das meine Frage nicht.

sven23 hat geschrieben: Wenn aber ein Ereignis historisch nicht stattgefunden hat, dann ist es auch nicht "wahr" in dem Sinne, daß es stattgefunden hat.
Dann ist es historisch nicht "wahr" in dem Sinne, dass es historisch nicht stattgefunden hat.

sven23 hat geschrieben:Naivität oder Selbstbetrug?
Allein der Anschein, dass Du nur diese beiden Alternativen siehst, ist Ausdruck ideologischer Haltung.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#187 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 16. Jul 2015, 16:14

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Ist es, historisch gesehen auch
"Historisch" ist das richtig - das ist doch meine Rede.
Wenn die Historie nachweislich der geistigen Dogmatik widerspricht, ist letztere zu verwerfen.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Du setzt(!) innerhalb deiner Glaubensdogmen, dass "Wahrheit" dasselbe ist wie deine Glaubensannahmen
Nein
Doch - und zwar immer wieder.

closs hat geschrieben:ich setze, dass "Wahrheit" etwas ist, was nicht durch menschliche Systeme bestimmt werden kann.
Das entspricht aber ebenfalls nicht der Richtigkeit.
Und sowieso gehören kurtische Fantasien nicht dazu.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#188 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 16. Jul 2015, 16:16

Scrypt0n hat geschrieben:Wenn die Historie nachweislich der geistigen Dogmatik widerspricht, ist letztere zu verwerfen.
Wie oft muss ich noch sagen, dass beides nicht interferiert.

Scrypt0n hat geschrieben:Das entspricht aber ebenfalls nicht der Richtigkeit.
Das ist die Ideologie unserer Zeit.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#189 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » Do 16. Jul 2015, 16:17

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Wenn die Historie nachweislich der geistigen Dogmatik widerspricht, ist letztere zu verwerfen.
Wie oft muss ich noch sagen, dass beides nicht interferiert.
Wenn sie sich vom Inhalt her widersprechen, dann eben doch!
;)

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das entspricht aber ebenfalls nicht der Richtigkeit.
Das ist die Ideologie unserer Zeit.
Nein, das ist die Erkenntnis unserer heutigen Zeit ohne willkürliche Glaubensdogmane als Basis zu nehmen, wie in der Vergangenheit üblich.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#190 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Do 16. Jul 2015, 16:30

Scrypt0n hat geschrieben:Wenn sie sich vom Inhalt her widersprechen, dann eben doch! ;)
Du hast "Dialektik" nicht verstanden - wenn man so eindimensional denkt, muss man zu Deinen Ergebnissen kommen.

Antworten