Du scheinst voll und ganz in deiner Rolle eines gerechtfertigten "historischer Jesus"-Vertreters aufzugehen - allein es fehlt die Rechtfertigung.sven23 hat geschrieben:Selbstverständlich enthält das Markusevangelium auch schon Verklärungstheologie. Aber der hier präsentierte Jesus ist noch am wenigsten "verunstaltet"
Der Sachverhalt einer "Verunstaltung eines historischen Jesus" liegt nicht auf dem Tisch - in den Textversionen kam es vieleicht zu einer "Verunstaltung der ersten literarischen Version" aber mehr kann nicht ausgesagt werden.
In der "Jesus"-Figur an sich ist eher die Verunstaltung zu suchen, denn es stehen andere historische Vorgänge zur Verfügung, so dass ein "Wanderprediger Jesus" nicht als Ursprung benötigt wird und es liegt eine klare Motivationsgrundlage vor, eine verklärende Geschichte über die Untergangs-Geschehnisse zu legen.
Hinzukommt, dass die "christliche Gnosis" mit ihrem "Himmelswesen Jesus" durchaus auch das eigentliche Copyright "der ursprünglichen Erfindung" innehaben könnte.
Auch hierzu wird der wohl als historische Realität anzusehende Konflikt ("Kirchenväter" <-> "Gnosis") innerhalb der ersten Jahrhunderte einfach übergangen und der Alleinstellungsbehauptung der späteren "Jesus"-Behaupter vertraut (die aber ansonsten reichlich Abstrusitäten lieferten).
Der Umgang mit diesen Themen scheint mir ein ziemliches "Religions-Wissenschaftstheater" zu sein.
Du verdrehst die Sachlage (wie ich es ansonsten von "Gläubigen" gewohnt bin)sven23 hat geschrieben:Die nicht-Erwähung bei Josephus ist kein Beweis für die nicht Existenz, sondern ein Indiz dafür, dass dieser Wanderprediger völlig unbedeutend und nicht ewähnenswert war.
Es gilt:
1.
der "Jüdischer Krieg"-Text von "Flavius Josphus" zeigt nicht auf "diesen Wanderprediger".
2.
"dieser Wanderprediger" taucht im 2. Jahrhundert in Wundergeschichten ("Jesus"-Legende bzw. "Jesus"-Gnosis) auf.
3.
Es taucht nirgendwo eine wirkliche Liebes- und Friedensbewegung auf.
4.
Nachgewiesene Verklärung gibt es hinten und vorne, so dass die Verwertbarkeit der Religionstexte maximal anzuzweifeln ist.
5.
Wesentliche "Jesus"-Legenden-Teile liegen bei anderen historischen Personen vor -> "Menachem" (Bejubelter Einzug in Jerusalem, Verrat durch Priester, Ablehnung durch das Volk, Untergang) und bei anderen Führern z.B. die Folter und Kreuzigung.
Dies ist eine Ausgangssituation, bei der niemand die Nicht-Existenz beweisen muss, sondern es muss die Existenz bewiesen werden und zwar nicht in allgemeiner Form (Motto: "es hat schon irgendwie Wanderprediger gegeben"), sondern in konkreter Form (Motto: "es hat diesen Wanderprediger gegeben")
"Flavius Josephus" hat sieben Leute mit Namen "Jesus" erwähnt, ein Wanderprediger "Jesus" war nicht dabei.
Das ist die zweite Stelle aus dem "Flavius Josephus"-Text "Jüdische Altertümer", die als "Jesus-Christentum"-Quelle angesehen wird.sven23 hat geschrieben:In den "jüdischen Altertümern" erwähnt Josephus ja indirekt den guten Jesus als Bruder des gesteinigten Jakobus.
Das "Testimonium Flavianum" betrachtest du anscheinend für "zu stark christlich kontaminiert" als dass es von "Flavius Josephus" stammen könnte.
Diese zweite Stelle hältst du aber für authentisch und zwar im Sinne des "Jesus-Christentums".
=> Ganz so wie unsere "Forscher".
OK, schauen wir uns die Stelle mal genau an, denn immerhin steht sie (wie gesagt) in einem Text, den man bereits als "nicht ganz hasenrein" identifiziert hat.
Hier die "ganze" Passage (natürlich ist es nicht die ganze Passage - siehe unten)
Er versammelte daher den hohen Rat zum Gericht und stellte vor dasselbe den Bruder des Jesus, der Christus genannt wird, mit Namen Jakobus, sowie noch einige andere, die er der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung führen ließ
Dieser kleine Abschnitt soll also der Hinweis auf unseren gesuchten "Jesus" sein (das "Urchirstentum" spielt hier keine wirkliche Rolle).
Stellen wir doch einfach mal ein paar offensichtliche Fragen und schauen wir, wie sie zum Autor "Flavius Josephus" mit seinen Geschichtsschreiber-Absichten(!) passen:
1.
Zur Identifikation einer Person verwendet "Josephus" die Form "XYZ Sohn des/von ...", was hier aber irgendwie zu fehlen scheint. Sowohl Bei "Jesus" als auch bei "Jakobus".
Zu den Personen werden also nur die Vornamen präsentiert und sonst keine familiäre Einordnung - Wieso?
2.
"Flavius Josephus" schreibt im "Jüdischen Krieg" über sieben Personen mit Namen "Jesus", die er einzeln kennzeichnet (-> alle "Sohn des/von ..." samt Handlungen und Geschehnissen).
Hier besteht die Kennzeichnung aber aus "der Christus genannt wird".
Wer nennt diesen "Jesus" "Christus", welcher der sieben "Jesusse" soll damit gemeint sein und wieso ist für "Josephus" die Bezeichnung "Christus" (also "Messias") plötzlich ein Merkmal, das eine Person samt Verwandtschaft für die Leserschaft eindeutig kennzeichnet, wenn er doch in seinem vorherigen Text ("Jüdischer Krieg") zahlreiche Messiasse samt Anhängerschaft beschrieben hat?
Wieso nennt "Jospehus" keinerlei Lehrinhalte dieses Messias (insbesondere keine Liebes-/Friedensbotschaft), keinen Wanderpredigerstatus?
3.
Wieso schreibt "Jospehus" am Ende des 9.Kaptitels (Buch 20 Seite 667), also im gleichen Abschnitt(!) aber weiter hinten zur obigen Passage: "Agrippa aber entsetzte ihn infolge dieses Vorfalls schon nach dreimonatlicher Amtsführung seiner Würde und ernannte Jesus, den Sohn des Damnaeus, zum Hohepriester" und grenzt diesen "Jesus" (den er übrigens wieder mit "Sohn des ..." bezeichnet) nicht zum "Jesus der Christus genannt wird" ab (insbesondere wo doch eine Messias-Tradition auf Hohepriester abzielt)?
Hatte "Damnaeus" vielleicht zwei Söhne, von denen einer "Jesus" und der andere "Jakobus" genannt wurde? Ist das Ganze nur ein lustiges Vornamensspielchen?
Wieso wird bei unseren "Forschern" kein Zusammenhang zum zweiten Vorkommen des Namens "Jesus" (im selben Abschnitt!) gezogen? Wieso wird dies im obigen Link (immerhin eine theologische Uni!) verschwiegen?
Welche Antworten passen zu Josephus, der wohl einem römischen Publikum das Judentum näher bringen möchte?
Ist das Voraussetzen einer generellen Kenntnis (und auch Akzeptanz) über "den Einzigen, den man Christus nennt" nicht ein wenig unpassend für die Zeit und das Publikum?
Laut Wiki soll "Jüdische Altertümer" ein Informationstext für Römer sein, der helfen soll die damalige Judenfeindlichkeit abzuschwächen (eine Judenfeindlichkeit, die auf die Kriegskonflikte also die Messias-Bewegungen zurückgeht?).
Für den "Jüdischen krieg"-Text erklären manche "Forscher" das Fehlen jeglicher Informationen zur Jesus-Bewegung mit der Absicht des Autors "nur" über das Judentum schreiben zu wollen. In "Jüdische Altertümer" will nun der Autor tatsächlich nur über das Judentum schreiben, soll aber dabei dann doch wieder das Jesus-Christentum erwischt haben.
Die Messias-Anhänger waren damals ein Feindproblem für die Römer (entstanden ist "Jüdische Altertümer" ca. 95 n.Chr. und Messiasaufstände gab es bis ca. 135 n.Chr.) - wir sind mit dem Text also mitten in den Spannungen.
Wenn "Flavius Josephus" tatsächlich auf eine derart umfassende Messias-Bewegung abzielen wollte, dass er den Römern nur ein lustiges "der Christus genannt wird" hinklatscht, dann hat er es auffällig versäumt das Judentum von dieser "Räuberbewegung" auszunehmen (die Messias-Fanatiker nannte er "Räuber").
Die Interpretation unserer "Forscher" passt (meiner Meinung nach) hinten und vorne nicht zusammen und auch zu dieser Textstelle muss man diesen "Forschern" einen enormen Glaubenssprung attestieren.
Hältst du so ein Zeugs tatsächlich für Wissenschaft?
Immerhin(!) scheint es Diskussionen gegeben zu haben, wobei man sich wohl für den Glaubenssprung entschieden hat.
Auf welcher Grundlage hast du dich entschieden diese Textpassage als Hinweis auf den "Wanderprediger Jesus" zu verwenden?
Schau dir das 9.Kaptiel mal genau an: "Josephus" spricht über "Jesus den Hohepriester" (dem Leser wird aufgelöst, um "welchen" Jesus es sich handelt), der tatsächlich einer der sieben Jesusse ist und zwar schon in "Jüdischer Krieg" - da fügt sich alles ohne Probleme zusammen (kleine neuen Personen) - erst die "Christen-Forscher" verklären diesen Text!
Der Zusatz "der Christus genannt wird" könnte original von "Josephus" stammen, denn im Judentum wurde der Messias wohl tatsächlich unter den Hohepriestern erwartet, oder es ist wieder einmal eine lustige Einfügung eines späteren Abschreiberlings, der ein wenig "sehr eifrig" war, immerhin ist der Text ja bereits kontaminiert.