Savonlinna hat geschrieben:Ich lerne:
Hunde und Naturalisten reflektieren nicht transzendent. Der Rest der Menschheit reflektiert transzendent.
Gratulation, du sprichst also für „den Rest der Menschheit“.
Du könntest zur Absicherung ein Experiment machen:
Starte ein Grafikprogramm und färbe den gesamten Bildschirm komplett Blau ein.
Dann setzt du dich davor und versuchst zu spüren, zu fühlen, wahrzunehmen, was da abläuft, damit du Blau siehst.
Danach kannst du die eine Hälfte Blau und die andere Gelb machen und dann versuchst du den Unterschied zu fühlen, zu spüren, zu erfassen.
Zuletzt schaust du lange auf die Farben am Bildschirm und dann versuchst du zu fühlen, zu spüren, zu erfassen, dass da gar keine Farben sind.
Fragen:
Konntest du herausfinden, was genau vor sich geht?
Warst du auch nur einen Moment überzeugt davon, dass diese Farben nicht existieren?
Warum nicht?
Du musst dir klar machen, dass vom Auge nur elektrische Impulse ins Gehirn wandern und zwar an die Rückseite deines Kopfes.
Waren die Farben auch nur einen Moment an der Rückseite?
Nein, sie waren ausserhalb deines Kopfes und zwar durch die Augenhöhlen in Blickrichtung.
Tja, es gibt da draussen aber gar keine Farben.
Es gibt nur Licht, die abgeleiteten elektrischen Impulse und die neuronale Auswertung in deinem Gehirn - keine Farben.
Wenn du wirklich mal etwas „Transzendieren“ möchtest, dann fühl, spür und erfasse, wie die elektrischen Impulse hin- und herwandern, denn das ist die Substanzgrundlage von „Farben“.
Das wäre ein gigantisches Kunststück und du musst dir klar machen, dass diese Impulse exakt da sind, wo du dich jetzt gerade fühlst: hinter den Augen, zwischen den Ohren.
Die elektrischen Impulse sind unsere engsten Kontaktstellen zur Aussenwelt – wir haben sozusagen keine anderen.
Du bist da, wo sie sind – warum kannst du sie nicht spüren?
Ich weiss nicht, ob ich es dir hiermit vermitteln konnte, aber das Rätsel des Bewusstseins ist ein kleinwenig umfangreicher, als dass man sich in aller Stille hinsetzen, einfach mal hineinfühlen und die aufkommenden Ideen ohne jegliche Absicherung und Prüfung als „Transzendenz“ bezeichnen sollte.
Aus meiner Sicht gibst du dich einer reinen Denktäuschung hin.
Wie willst du Kontakt zu einem anderen Weltkonzept haben, wenn du noch nicht einmal Kontakt zum Hintergrund von „Farben“ herstellen kannst, der zudem genau dort stattfindet, wo du dich „aufhältst“?
(Kontakt zu deinem eigenen Kopf)
Farbsehen ist keine Besonderheit. Selbst eine kleine Biene, ein Gehirn mit 1 Million Neuronen, kann Lichtfrequenzen verarbeiten. Es ist gut möglich, dass dies auch phänomenal, also in Form von „Farben“ stattfindet.
Viele Lebewesen können Farbsehen und du, ein „überlegen ausgestatteter“ Mensch, kannst es mit all der „Transzendenz“ nicht durchschauen, nicht erfassen, obwohl du „genau drauf sitzt“.
Aber du willst ja sogar etwas erfassen können, was man nicht nachweisen kann:
einen Nicht-XXXX-Welt-Zusammenhang…
Ich vermute, jetzt werden deine Gedanken kreisen und einen Ausweg suchen.
Ich gebe ihn dir:
Du kannst dir einreden, ein „Geistwesen“(?) zu sein, das die elektrischen Impulse zu dem „geistigen Inhalt“ Farbe aufbereitet und dann „sieht“.
In diesem Fall bist du ein „sehr erstaunliches Geistwesen“, das elektrische Impulse aus einer der kompliziertesten und dynamischsten Strukturen, die uns bekannt sind, abgreifen, wahrnehmen kann, aber keinen Zugang zu genau diesen Impulsen hat und auch nicht haben kann. Und das alles, ohne Schnittstelle – man hat im Gehirn nichts dergleichen gefunden.
Auf der einen Seite also super schlau, so dass man sich wundert, wozu das Gehirn überhaupt benötigt wird (es wäre einfacher, das "Geistwesen" würde direkt Licht "sehen"), auf der anderen Seite kein Durchblick, was da vor sich geht.
Und zusätzlich hast du keine Ahnung, was ein „Geistwesen“, also du selbst, sein soll.
Wenn du möchtest, kannst du diese Geschichte mehr und mehr entwerfen, aber du wirst nichts weiter aufbauen als eine Selbsttäuschung: an den elektrischen Impulsen wist du nie vorbeikommen – sie sind vorhanden, sie existieren…