Moin,
die Interpretation von Demian kommt mE der Intention des Autors dieser Geschichte am nächsten. Was man einfach zu berüchsichtigen muss, ist die Gedankenwelt des Kulturkreises aus der die Geschichte stammt oder spezieller die Betrachtung der religiösen Wurzeln des Zen-Buddhismus, der eine taoistischen Variante des Mahayana-Buddhismus (Ur-Buddhismus n. Siddharta Gautama) ist.
Das Gedankengut Laotses lässt sich in diesem Fall leicht ausblenden, da die "Weisheit", welche die Geschichte bergen soll, buddhistisch erklärbar ist.
Demian hat geschrieben:Die Menschen glauben aber häufig, dass es eine von Wahrnehmungen, Gedanken und Empfindungen unabhängige und getrennte Welt gibt. Die Geschichte vermittelt, dass das eine Illusion ist. Und das, was aus dieser Illusion entsteht, ist das Leiden.
Siddharta, trotz Ablehnung des Hinduismus wesentlich von ihm geprägt, ging davon aus, dass das Ich eine Illusion sei und das durch "Anhaften" an diese Illusion Leiden enstehe, welches kausal die Gefangenheit in dem Rad der Wiedergeburten ("Samsara") bedinge. D.h. jedwedes Begehren vergänglicher Dinge schürt die Illusion der Existenz eines individuellen Ichs, welches wiederum Leiden bedeutet.
Daraus ergibt sich auch, wie im Buddhismus "Glück" definiert wird, welches übrigens weder bei Konfuzius noch bei Laotse eine Rolle spielt. Ich bin der Meinung, dass sich die chinesische Glücksphilosophie durch den Einfluss des Buddhismus entwickelt hat.
Demian hat geschrieben:Es geht in der Geschichte, um die essenzielle Einsicht aller Weisheitslehren: „Alles ist Geist, Bewusstsein, Gott“.
Nicht ganz. Der Zustand dem Leiden zu entkommen, ist im Buddhismus die "Leere". Der Weg ins Nirvana ist also wirklich ein Weg ins "Nichts". Der Geist ist uferlos und das Erfahren dieser Leere gilt als heilsam. So läuft es auch in der Meditationspraxis darauf hinaus, dass man versucht eine "Lücke" zwischen zwei Gedanken zu erfahren und künstlich (durch Übung) zu verlängern.
Der tibetische (Vajrayana-) Buddhismus geht noch einen Schritt weiter und behauptet, dass alle Phänomene an sich leer sind. Für den Weg zur Erleuchtung, so meinen sie, wird ein effizienteres Vehikel angeboten, um diesen Weg abzukürzen.
Es ist nicht überspitzt, wenn man behauptet, dass es im Buddhismus um die Zerstörung des Individuums, das im asiatischen Kulturkreis häufig wenig gilt, und das Freisetzen der
angeblich wahren Buddhanatur geht. Ein Schöpfergott hat in diesem Weltbild keinen Platz, sondern gilt auch als Illusion.
Das steht alles konträr dem christlichen Glauben gegenüber:
Kol 1,19
Angewandt auf die Geschichte:
JackSparrow hat geschrieben:Der Frosch war die ganze Nacht über real. Das Erleben des Mönchs, sein Empfinden, seine Gedanken wären nicht anders gewesen, wenn er wirklich einen Frosch zertreten hätte.
Illusion halt. Weitergehend müsste man sagen, dass das Zertreten der Frucht ebenso illusorisch ist. Und hier hinkt die Geschichte: Sie muss die Wirklichkeit gebrauchen, um die Unwirklichkeit derselben zu verdeutlichen. Das ist inkohärent.
Pluto hat geschrieben:Wenn es wirklich so ist, dass die Geschichte diesen Eindruck vermittelt, dann gründet das IMO auf ein falsches Verständnis der Geschichte.
Meinst du:
Wenn es wirklich so ist, dass die Story diesen Eindruck vermittelt, dann gründet das IMO auf ein falsches Verständnis der History... ?
Für fernöstliche Religionen spielt die Geschichte keine große Rolle. Sie denken nicht linear, sondern zirkulär. Es interessiert vielmehr das Wiederkehren der Dinge, als die Rekonstruktion des Vergangenen. In dem Zuge spielt auch die Gegenwart immer die größere Rolle. Ihre Ursache ist die Vergangenheit und ihre Wirkung die Zukunft. Deshalb konzentriert man sich auf das Augenblickliche als Ausgangspunkt.
Auch ein Urknall wäre nicht mit dem Buddhismus vereinbar. Das Problem wäre der Punkt von dem ein "Anfang" ausgeht. Ein Kreis hat keinen Anfang.
Während im Christentum die Tatsache der Kreuzigung und Auferstehung Jesu eine zentrale Rolle spielt. Hier ist also ein Bezug zum Geschehenen von immenser Bedeutung. Dem chronologischen Zeitablauf steht nicht ein Kreis gegenüber, sondern die Ewigkeit.
lg