Ich weiß, dass ich nichts weiß

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#161 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von closs » Sa 27. Sep 2014, 21:29

Pluto hat geschrieben:Versuchs mit dem Waldlauf mit verbundenen Augen. Ich glaube da wirst du sehr schnell die Wirklichkeit der Welt zu spüren bekommen.
Du hast es echt nicht verstanden. - Ob Du Dir eine Beule im Wald holst oder sogar den Daseins-Tod stirbst: Es ist DASSELBE in seiner Wirkung auf das "Res Cogitans" (="Ich"), egal ob der Grund dafür eine materialistische Wirklichkeit oder eine geistige Wirklichkeit ist. - Ein Bauchschuss mit Schmerzen und Todesfolge ist aus Sicht des "Ich" DASSELBE, egal ob der Grund dafür eine materialistische Wirklichkeit oder eine geistige Wirklichkeit ist.

"Dasselbe" will heißen: Es ist nicht falsifizierbar, ob es das Eine oder das Andere ist. - Wenn Du nun interpretierst (!), dass der Wald eine materialistische Wirklichkeit ist, ist das ja ok - aber es ist eben eine Interpretation. - Falsifizieren kannst Du diese Interpretation nicht.

Wir Mensch haben nur unsere Wahrnehmung - diese Wahrnehmung unterscheidet sich dadurch, dass sie "wahr-nehmen" und "falsch-nehmen" kann. - Zu der Frage, WAS davon "Wahr-Nehmung" und was "Falsch-Nehmung" (gemessen am Sein) ist, haben wir beide in der PRaxis vermutlich recht ähnliche Vorstellungen. - Aber das zählt nicht, wenn man sich klarwerden möchte über erkenntnis-theoretische Grundlagen - es geht hier um's Prinzip.

Im Alltag spielt diese Prinzipien-Reiterei KEINE Rolle - sie spielt jedoch sehr wohl eine Rolle in der Philosophie. - Denn nur so kann man erkennen, dass die Grundlage des Materialismus und somit auch des Kritische Rationalismus (GRUNDLAGE - und NICHT das, was INNERHALB des KR methodisch geschieht - bitte nicht verwechseln) ein nicht-falsifizierbares Dogma ist. - Und wenn man das erkannt hat, teilt man nicht mehr auf in "Wirklichkeit" und "Phantasie", sondern in "Wahr-Nehmung" und "Falsch-Nehmung".

Die materialistische Philosophie rekrutiert ihr Selbstbewusstsein aus einem geistigen Defekt, der sie hinter Descartes zurückgeworfen hat.

sven23 hat geschrieben:Daß es einen Unterchied zwischen Wahrnehmung der Realtität und Realität gibt
Das ist die Rede eines jeden Ontologen.

sven23 hat geschrieben: hatten wir an Hand von optischen Täuschungen nachgwiesen.
Das war aber ein irreführendes Beispiel gewesen. - Denn versteht man unter Realität einen physikalisch nachweisbaren Fakt ("dies ist kein Kreis"), kommt das eine raus. - Versteht man unter Realität eine authentische Wahrnehmung ("Ich sehe etwas, was authentisch ist im Bezug auf die absolute Entität des Kreises"), kommt das Gegenteil raus.

Was ist Realität? - Dass frühs die Sonne aufgeht oder dass frühs die Erde zur Sonne hindreht? - Was siehst Du (unbesoffen), wenn Du morgens bei klarem Himmel gen Osten guckst?

sven23 hat geschrieben:Es gibt also offensichtlich eine erhebliche Differenz in der Wahrnehmung dessen, was HP-Anhänger für die Realität halten und dem, was der Fall ist.
Dasselbe Thema: Physikalisch gewinnt der KR - substantiell das Resultat.

Pluto hat geschrieben:Beschreibe mir doch mal die Welt des Bewusstseins und erkläre mir mal warum das die richtige Sicht ist.
Der erste Schritt nach vorne wäre, wieder Descartes zu kapieren.

JackSparrow
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#162 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von JackSparrow » Sa 27. Sep 2014, 21:35

closs hat geschrieben:Was ist Realität? - Dass frühs die Sonne aufgeht oder dass frühs die Erde zur Sonne hindreht? - Was siehst Du (unbesoffen), wenn Du morgens bei klarem Himmel gen Osten guckst?
Und wer hat eigentlich definiert, dass eine unbesoffene Wahrnehmung die Realität und eine besoffene Wahrnehmung nicht die Realität darstellt? Würden mehr als 50 Prozent aller Menschen LSD konsumieren, müsste man die LSD-Wahrnehmung als Realität und die Nicht-LSD-Wahrnehmung als Halluzination betrachten...

closs
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#163 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von closs » Sa 27. Sep 2014, 21:53

JackSparrow hat geschrieben:Und wer hat eigentlich definiert, dass eine unbesoffene Wahrnehmung die Realität und eine besoffene Wahrnehmung nicht die Realität darstellt?
Im christlichen Sinne: Gott. - Denn nur aus dem Gesamten kann man beurteilen, ob das Einzelne zum Gesamten hin wahrnimmt oder vom Gesamten weg wahrnimmt - das ist übrigens eine Definition von "gut" und "böse".

JackSparrow hat geschrieben: Würden mehr als 50 Prozent aller Menschen LSD konsumieren, müsste man die LSD-Wahrnehmung als Realität und die Nicht-LSD-Wahrnehmung als Halluzination betrachten...
"Man" vielleicht schon - jede Zeit hat ihre Definitionen - momentan ist es die materialistische Anschauung. - Gott (im obigen Sinne) würde es (mutmaßlich) NICHT als Realität anerkennen.

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Demian
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#164 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von Demian » Sa 27. Sep 2014, 22:40

JackSparrow hat geschrieben:Das ist falsch. Man kann die ganze Zeit davon überzeugt sein, dass im Kühlschrank noch ein Bier übrig war, und dann trotzdem feststellen, dass man sich bei der Anzahl der Flaschen einfach nur verzählt hat.

Gemeint ist damit, dass wir REALITÄT in jedem Moment in und als die PRÄSENZ von BEWUSSTSEIN direkt und wissentlich erleben und entdecken. Das heißt hingegen nicht, dass alle Ideen und Vorstellungen, die wir uns machen, real seien. Ganz im Gegenteil.

Denn dann ist die Vorstellung, dass es eine unabhängige und von BEWUSSTSEIN getrennte Welt gibt eine Illusion. Bekanntlich glauben das aber viele Menschen.

Pluto
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#165 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von Pluto » Sa 27. Sep 2014, 22:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Versuchs mit dem Waldlauf mit verbundenen Augen. Ich glaube da wirst du sehr schnell die Wirklichkeit der Welt zu spüren bekommen.
Du hast es echt nicht verstanden. - Ob Du Dir eine Beule im Wald holst oder sogar den Daseins-Tod stirbst: Es ist DASSELBE in seiner Wirkung auf das "Res Cogitans" (="Ich"), egal ob der Grund dafür eine materialistische Wirklichkeit oder eine geistige Wirklichkeit ist. - Ein Bauchschuss mit Schmerzen und Todesfolge ist aus Sicht des "Ich" DASSELBE, egal ob der Grund dafür eine materialistische Wirklichkeit oder eine geistige Wirklichkeit ist.
"Dasselbe" will heißen: Es ist nicht falsifizierbar, ob es das Eine oder das Andere ist.
Wenn Du nun interpretierst (!), dass der Wald eine materialistische Wirklichkeit ist, ist das ja ok - aber es ist eben eine Interpretation. - Falsifizieren kannst Du diese Interpretation nicht.
Entschuldige, aber weder interpetiere ich, noch will ich irgendetwas falsifizieren.
Ich fordere dich lediglich auf, die Empirie als Maß der Dinge anzuerkennen, und das Experiment am eigenen Leib durchzuführen.
Erfahrungsgemäß behauptet nämlich Keiner mehr hinterher, die Vorstellung eines Baums sei dasselbe wie ein realer Baum. ;)

closs hat geschrieben:WAS davon "Wahr-Nehmung" und was "Falsch-Nehmung" (gemessen am Sein) ist, haben wir beide in der PRaxis vermutlich recht ähnliche Vorstellungen. - Aber das zählt nicht, wenn man sich klarwerden möchte über erkenntnis-theoretische Grundlagen - es geht hier um's Prinzip. Im Alltag spielt diese Prinzipien-Reiterei KEINE Rolle - sie spielt jedoch sehr wohl eine Rolle in der Philosophie. - Denn nur so kann man erkennen, dass die Grundlage des Materialismus und somit auch des Kritische Rationalismus (GRUNDLAGE - und NICHT das, was INNERHALB des KR methodisch geschieht - bitte nicht verwechseln) ein nicht-falsifizierbares Dogma ist.
Ich denke, genau hierin liegt der Überlegungsfehler.
Der KR ist eine pragmatische Methodik, die sich immer an der Wahrnehmung der Wirklichkeit hält. Darin spielt die Empirie eine ganz entscheidende Rolle (vgl. Poppers Beispiel der schwarzen Schwäne). Der ultimative Test ist demnach immer der Vergleich mit der Realität (z. Bsp. die Bäume im Wald). Offenbar scheust du diesen empirischen Test aber nach wie vor.
Warum eigentlich?

closs hat geschrieben:Und wenn man das erkannt hat, teilt man nicht mehr auf in "Wirklichkeit" und "Phantasie", sondern in "Wahr-Nehmung" und "Falsch-Nehmung".
Die materialistische Philosophie rekrutiert ihr Selbstbewusstsein aus einem geistigen Defekt, der sie hinter Descartes zurückgeworfen hat.
Seit den Vorstellungen des Herrn Descartes ist viel Wasser den Rhein heruntergelaufen, und die Philosophie hat uns viele neue Erkenntnisse beschert (u.a. auch die Demontage der res cogitans).
ich bleibe deshalb lieber beim Kritischen Realismus mit seiner empirischen Grundlage weil er mir ein zuverlerläßigerer Begleiter zu sein scheint.

Welchen triftigen Grund haben wir denn, an Descartes Irrtum der Dualität festzuhalten, der während drei Jahrhunderteden Fortschritt der Psychiatrie behinderte und dabei so viel menschliches Leid verursachte?

closs hat geschrieben:Was ist Realität? - Dass frühs die Sonne aufgeht oder dass frühs die Erde zur Sonne hindreht? - Was siehst Du (unbesoffen), wenn Du morgens bei klarem Himmel gen Osten guckst?
Das ist in der Tat ein verwirrendes Beispiel weil es sich um eine optische Täuschung handelt.
Mir wäre es lieber, etwas handfestes zu nehmen, wie z. Bsp. die falsifizierbaren Vorhersagen der Urknalltheorie, die den ultimativen Nachweis der Realität der Welt erbringen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#166 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von closs » Sa 27. Sep 2014, 23:15

Pluto hat geschrieben:Ich fordere dich lediglich auf, die Empirie als Maß der Dinge anzuerkennen
Das sei Dir unbenommen. - Die Empirie kann selbst nicht unterscheiden, ob sie Teil einer Vorstellung oder Teil dessen ist, was Du "Wirklichkeit" nennst.

Pluto hat geschrieben:Erfahrungsgemäß behauptet nämlich Keiner mehr hinterher, die Vorstellung eines Baums sei dasselbe wie ein realer Baum.
Das ist nicht die Alternative. - Die Frage ist, ob das, was Du "Wirklichkeit" nennst, unabhängig von unserer Wahrnehmung "ist" oder nicht. - Und diese (meinetwegen theoretische) Frage kannst Du nicht beantworten, weil die Empirie selbst Teil des einen oder anderen ist.

Pluto hat geschrieben:Offenbar scheust du diesen empirischen Test aber nach wie vor. Warum eigentlich?
Weil dieser Test nichts bringt - siehe oben. - Ich wäre danach genauso schlau wie zuvor, weil die Empirie als die gleiche wahrgenommen wird, ob "Wirklichkeit" unabhängig von unserer Wahrnehmung "ist" oder nicht.

Pluto hat geschrieben: auch die Demontage der res cogitans
Wieso? - Natürlich kann man den Dualismus (falls es überhaupt einer ist) widerlegen, wenn man ein materialistisches Weltbild zugrundelegt. - Voraussetzung - Behauptung - Beweis.

Pluto hat geschrieben:ich bleibe deshalb lieber beim Kritischen Realismus mit seiner empirischen Grundlage weil er mir ein zuverlerläßigerer Begleiter zu sein scheint.
Der KR passt problemlos zu Descartes - er hätte sich über Popper gefreut.

Pluto hat geschrieben:Das ist in der Tat ein verwirrendes Beispiel weil es sich um eine optische Täuschung handelt.
Was würde man sehen, wenn es KEINE optische Täuschung wäre?

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#167 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von Pluto » Sa 27. Sep 2014, 23:51

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich fordere dich lediglich auf, die Empirie als Maß der Dinge anzuerkennen
Das sei Dir unbenommen. - Die Empirie kann selbst nicht unterscheiden, ob sie Teil einer Vorstellung oder Teil dessen ist, was Du "Wirklichkeit" nennst.
Nicht die Empirie soll entscheiden... sie ist schließlich nur ein Werkzeug. DU sollst den Test machen, und hinterher selbst entscheiden.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erfahrungsgemäß behauptet nämlich Keiner mehr hinterher, die Vorstellung eines Baums sei dasselbe wie ein realer Baum.
Das ist nicht die Alternative.
Ich kenne keine bessere Alternative, als ein einfaches Experiment an sich selbst durchzuführen! :mrgreen:
closs hat geschrieben:Die Frage ist, ob das, was Du "Wirklichkeit" nennst, unabhängig von unserer Wahrnehmung "ist" oder nicht. - Und diese (meinetwegen theoretische) Frage kannst Du nicht beantworten, weil die Empirie selbst Teil des einen oder anderen ist.
Du hast Recht. Es ist eine theoretische Frage. Ich aber bin ein pragmatischer Mensch.
Deshalb halte ich das vergleichende Experiment für so enorm wichtig, um unsere Erwartungen in der Realität zu bestätigen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Offenbar scheust du diesen empirischen Test aber nach wie vor. Warum eigentlich?
Weil dieser Test nichts bringt - siehe oben.
Mit Verlaub, wer solche Tests nicht selber durchführt, kann nicht entscheiden, ob sie etwas bringen oder nicht!

Ich wäre danach genauso schlau wie zuvor, weil die Empirie als die gleiche wahrgenommen wird, ob "Wirklichkeit" unabhängig von unserer Wahrnehmung "ist" oder nicht.
Genau darin liegt mE dein Überlegungsfehler.
Die Bäume im Wald existieren wirklich. Wenn du mir nicht glaubst, bleibt nichts anderes übrig, als das Experiment durchzuführen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: auch die Demontage der res cogitans
Wieso? - Natürlich kann man den Dualismus (falls es überhaupt einer ist) widerlegen, wenn man ein materialistisches Weltbild zugrundelegt. - Voraussetzung - Behauptung - Beweis.
Es mag ja sein, dass dies ein materialistischer Beleg ist.
Das geht am Thema vorbei, denn der Fakt bleibt: Wegen der irrtümlichen Annahme des Dualismus konnte vielen Patienten drei Jahrhunderte lang nicht geholfen werden.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist in der Tat ein verwirrendes Beispiel weil es sich um eine optische Täuschung handelt.
Was würde man sehen, wenn es KEINE optische Täuschung wäre?
Man würde nichts anderes sehen, als dass was man sieht: Die Sonne geth auf.

Aber wie gesagt, das Beispiel wird durch die Täuschung der Erdrotation unnötig kompliziert.
Die Vorhersagen der Urknalltheorie gefallen besser, weil sie letztlich deutlicher sind.
Beispiel: Das Vorkommen der vier hauptsächlichen Elemente im jungen Universum werden exakt durch die Theorie vorhergesagt und durch Messungen in der heutigen Zeit bestätigt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#168 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von closs » So 28. Sep 2014, 00:24

Pluto hat geschrieben: DU sollst den Test machen, und hinterher selbst entscheiden.
Ja - und wenn ICH den Test machen würde, würde ich NICHTS herausfinden können - denn die Beule wäre in meiner Wahrnehmung dieselbe.

Pluto hat geschrieben:Ich kenne keine bessere Alternative, als ein einfaches Experiment an sich selbst durchzuführen!
Du verstehst es wirklich nicht. - Das Experiment würde kein Ergebnis im Sinne unserer Fragestellung bringen. - Ich hatte auch schon mehrere Unfälle in meinem Leben - mit unterschiedlichen Folgen. - Diese Folgen habe ich gespürt ("Empirie"). - Aber dadurch konnte ich nicht herausfinden (weil es NIEMAND kann), ob sie Teil meiner Vorstellung oder dessen ist, was Du "Wirklichkeit" nennst. - Das Bein ist in beiden Fällen GENAUSO gebrochen - es tut GENAUSO weh - die Zähne fehlen GENAUSO - sie müssen für GENAUSO viel Geld ersetzt werden - etc.

Man kann empirisch herausfinden, was passiert, wenn man gegen einen Baum fährt. - Man kann aber empirisch NICHT herausfinden, ob die Wahrnehmung Teil meiner Vorstellung oder Teil dessen ist, was Du "Wirklichkeit" nennst. - Man kann es deshalb nicht herausfinden, weil beide Wahrnehmungen EXAKT identisch sind.

Pluto hat geschrieben: Wenn du mir nicht glaubst, bleibt nichts anderes übrig, als das Experiment durchzuführen.
Siehe oben.

Pluto hat geschrieben:Wegen der irrtümlichen Annahme des Dualismus konnte vielen Patienten drei Jahrhunderte lang nicht geholfen werden.
Diesen Zusammenhang habe ich nie begriffen. - Descartes war naturwissenschaftlich sehr interessiert und sicherlich nicht gegen medizinische Fortschritte. - Der cartesianische Dualismus (wenn wir es so nennen wollen) ist eine basis-philosophische Erkenntnis, die sich nicht als kontraproduktiv im Dasein versteht - wenn das jemand draus gemacht hat, dann liegt das nicht an der Philosophie.

Pluto hat geschrieben:Die Vorhersagen der Urknalltheorie gefallen besser, weil sie letztlich deutlicher sind.
Da kann man aber Alltags-Wahrnehmung und naturwissenschaftliche Wirklichkeit nicht gegenüberstellen.

Eigentlich geht es letzten Endes um den Wirklichkeitsbegriff. - Der eine sagt "Wirklichkeit ist das, was nachweisbar ist" - der andere sagt "Wirklichkeit ist, was wirkt". - Nehmen wir dazu vielleicht Deinen "lila Kreis".

Der eine sagt "Es ist nachweisbar, dass dieses lila Gebilde unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten kein Kreis ist". - Der andere sagt "In diesem Gebilde, das als Kreis erscheint, wirkt die absolute Entität des Kreises" - Beide Seiten haben recht.

Umgekehrt hätten beide Seiten UNrecht, wenn sie sagen würden "Es ist nachweisbar, dass dieses lila Gebilde unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten ein Kreis ist" bzw. "In diesem (demselben) Gebilde wirkt die absolute Entität des Kreises NICHT".

Es ist eine völlig unterschiedliche Frage, ob man die naturwissenschaftliche Beschaffenheit eines Objekts untersucht oder dessen Wirk-Lichkeit. - Verstehst Du?

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#169 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von Demian » So 28. Sep 2014, 01:01

Weshalb sind Menschen ständig davon überzeugt, dass die begrenzten und abstrakten Konzepte des Verstandes, ein richtiges Verständnis der Wirklichkeit widerspiegeln? Wenn wir unsre Vorstellungen mit der Wirklichkeit verwechseln, ist das nichts anderes, als Ignoranz.

Wie können wir WAHRHEIT verstehen, die außerhalb unsrer Sphäre des Wissens und aller begrenzten Vorstellungen liegt? Und wie können wir – mit Jesus gesprochen – beginnen 'in der WAHRHEIT zu leben'?

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#170 Re: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Beitrag von Pluto » So 28. Sep 2014, 01:13

closs hat geschrieben:Man kann empirisch herausfinden, was passiert, wenn man gegen einen Baum fährt. - Man kann aber empirisch NICHT herausfinden, ob die Wahrnehmung Teil meiner Vorstellung oder Teil dessen ist, was Du "Wirklichkeit" nennst. - Man kann es deshalb nicht herausfinden, weil beide Wahrnehmungen EXAKT identisch sind.
Das stimmt. Aber objektiv betrachtet ist es in einen Fall Realität, im anderen ist es Solipsismus. Da ich aber mit der Vorstellung des Solipsismus nichts anfangen kann, schließe ich ihn aus.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wegen der irrtümlichen Annahme des Dualismus konnte vielen Patienten drei Jahrhunderte lang nicht geholfen werden.
Diesen Zusammenhang habe ich nie begriffen. - Descartes war naturwissenschaftlich sehr interessiert und sicherlich nicht gegen medizinische Fortschritte.
Vor Descartes' Zeit glaubten die meisten Menschen an die Eigenständigkeit der Psyche (Seele). Descartes war ein sehr einflussreicher Mensch, und so hielt sich seine Vorstellung viel länger als notwendig (bis zur Mitte des 20. Jahrhuderts) in den Köpfen der Menschen. Sicher ahnten Leute wie Darwin oder Freud den Irrtum, aber sie kamen gegen den "Mainstream" ihrer Zeit nicht an.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Vorhersagen der Urknalltheorie gefallen besser, weil sie letztlich deutlicher sind.
Da kann man aber Alltags-Wahrnehmung und naturwissenschaftliche Wirklichkeit nicht gegenüberstellen.
Das ist nicht relevant.
Der Punkt ist: Die Existenz der Welt ist KEINE Setzung, sondern eine heute falsifizierbare Folge des Urknalls der vor 13,6 Milliarden Jahren stattfand.

closs hat geschrieben:Der eine sagt "Wirklichkeit ist das, was nachweisbar ist" - der andere sagt "Wirklichkeit ist, was wirkt".
Nicht ganz. Wegen dem Urknall kann ich sagen, die Welt existiert. Du kannst nun erwidern, "es gibt noch mehr", aber dann stehst du in der weiteren Pflicht der Beweisführung.

- Nehmen wir dazu vielleicht Deinen "lila Kreis".
Der eine sagt "Es ist nachweisbar, dass dieses lila Gebilde unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten kein Kreis ist". - Der andere sagt "In diesem Gebilde, das als Kreis erscheint, wirkt die absolute Entität des Kreises" - Beide Seiten haben recht.
Darin liegt der Irrtum der optischen Täuschung, denn es gibt gar keinen lila Kreis. Man braucht das Bild nur um einiges zu vergrößern (näher zu betrachten), und man nimmt den Kreis nicht mehr wahr.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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