Ich habe mal meine alten Physikbücher herausgekramt und eine sorgfältige Analyse durchgeführt (ist für mich ja schließlich schon 30 Jahre her). Um die Sache klar zu machen, gehe ich schrittweise vor. und zwar in der Reihenfolge
1.) Reine Rotationsbewegung
2.) Rotationsbewegung mit Schwerkraft
Ich habe auch eigene Bilder gemalt, damit meine Aussagen klar werden. Allgemeine Annahmen bei der Modellierung sind eine flache Erde (wenn die Gravitationskraft berücksichtigt wird), keine relativistischen Effekte, nur klassische Mechanik.
Teil 1: Reine Rotationsbewegung
Wie kommt eine Rotationsbewegung zustande? Da gibt es natürlich viele Möglichkeiten, aber die einfachste ist, dass eine
- radiale Kraft
ausgeübt wird.
Eine radiale Kraft ist eine Kraft, die ein Probeteilchen der Masse m immer auf ein (als fest angenommenes) Zentrum hin zieht. Die Kraft ist also vom Probeteilchen in Richtung dieses Zentrums gerichtet. Beispiel solcher Kräfte sind die Gravitationskraft, ein Gummiseil oder ein festes Seil. Die Kräfte unterscheiden sich in ihrem Verhalten.
- Die Gravitationskraft nimmt mit 1/r^2 ab.
- Die Kraft des Gummiseils nimmt proportional mit mit r zu.
- Die Kraft, die ein festes Seil ausübt ist idealerweise 0, solange das Seil nicht gespannt ist und wenn das Seil gespannt ist, ist die Kraft genauso groß, wie die Zentripetalkraft (zu der ich gleich komme)
Was passiert nun, wenn eine solche radiale Kraft wirkt?
Fall 1a: Das Teilchen ist zu Beginn in Ruhe in Bezug auf das Zentrum.
Dann kommt keine Rotationsbewegung zustande. Die Kraft zieht das Teilchen einfach auf das Zentrum zu und beschleunigt es. Im Zentrum wirkt die Kraft 0, also fliegt das Teilchen gerade auf die andere Seite. Da wirkt dann wieder die radiale Kraft und es entsteht eine Oszillation
Siehe Bilder 1-5

Das ist der auch woanders diskutierte Fall, dass man in die Erde ein Loch bohrt und eine Probemasse hindurchfallen läßt
Fall 1b: Rotationsbewegung
Eine Rotationsbewegung kommt zustande, wenn die Geschwindigkeit des Teilchens (aus welchen Gründen auch immer) senkrecht zu der radialen Kraft ist. Was passiert dann?
- Das Teilchen will wegfliegen in Richtung seiner Geschwindigkeit.
- Die radiale Kraft wirkt senkrecht dazu, verändert also die Richtung der Geschwindigkeit (das ist auch eine Beschleunigung)
- also fliegt das Teilchen eine Kurve
Im einfachsten Fall kommt eine Kreisbewegung zustande (allgemein nicht, aber das wäre hier jetzt zu viel Formelkram). Wann ist das der Fall?
- Die radiale Kraft zieht das Teilchen zum Zentrum hin
- Die Geschwindigkeit will sich nicht ändern, das Teilchen ist träge. Auf Grund der Geschwindigkeit v wirkt also eine Scheinkraft, das träge Teilchen wirkt den Bemühungen, es in eine Kreisbahn zu zwingen entgegen, das ist die Zentripetalkraft, die nach außen gerichtet ist. Die Zentripetalkraft hat die Größe
Fpetal = m v^2 / r
wobei r die Kreisbahn ist, in die man das Teilchen zwingen will.
Eine Kreisbahn ergibt sich, wenn
Fradial = Fpetal
Diese Situation ist im folgenden Bild gezeigt:

Das Besondere ist, dass v nicht konstant ist. Der Betrag ist konstant, aber die Richtung ändert sich ständig. Dies ist also eine ständig beschleunigte Beweguhng, was kein Wunder ist, weil ja auch ständig eine radiale Kraft wirkt. Die Zentripetalkraft kommt alleine dadurch zustande, dass man das Teilchen in eine Kurve zwingt, die reale Kraft ist die radiale Kraft.
Man kann diesen Fall verallgemeinern, indem man der Geschwindigkeit des Teilchens eine allgemeine Richtung gibt. Das macht die Formeln komplizierter, fügt aber nichts prinzipiell Neues hinzu.
Im Studium hieß es dann immer, dass diese Situation eine Übung für die Studenten zu Hause ist.
Teil 2: Rotationsbewegung mit Schwerkraft
Nun ergänzen wir das Ganze um die Schwerkraft. Wir nehmen an, dass das radiale Zentrum in der Höhe H über dem Erdboden ist, die Gravitationskraft ist bekanntermaßen -m*g. Wenn die Rotation ursprünglich waagerecht über dem Erdboden stattgefunden hat, dann senkt sich die Kugel ab.
Umgekehrt, war die radiale Kraft ursprünglich 0, dann liegt die Kugel still auf dem Erdboden. Setzt die Rotation ein, dann steigt die Kugel.
Die Frage ist, wie hoch steigt die Kugel bzw. wie weit senkt sie sich.
Das folgende Diagramm sollte das klar machen

Man sieht, dass die radiale Kraft in zwei Teile aufgespalten werden muss.
Frück sorgt für die Rotation, allerdings vermindert.
Fgegen spielt gegen die Gravitationskraft. Es gilt, so wie es eingezeichnet ist
Frück = Fradial * sin(phi)
Fgegen = Fradial * cos(phi)
wobei phi der Winkel ist, mit dem gegen die Senkrechte ausgelenkt ist.
Ein stabiler Zustand entsteht, wenn
Fschwer + Fgegen = 0
Aus dieser Bedingung kann man den Winkel ausrechnen, der sich einstellt, wenn man eine bestimmte Radialkraft anwendet.
Jetzt alles klar?
Gruß
Thomas