Was ist Bewusstsein?

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closs
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#331 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Sa 31. Mai 2014, 09:23

Naqual hat geschrieben: aber das Handwerk des religiösen Lebens (Spiritualität) liegt brav.
Ja - allerdings gibt es noch ein anderes Handwerk religiösen Lebens - das ist die Seelsorge - und da läuft es (oft) sehr gut. Ich kenne einige Pfarrer/innen (kath./ev.), von denen ich weiß, was sie so am Tag machen - pure Notversorgung rund um die Uhr. - Für Theologie ist da eh keine Zeit (meine Erfahrung: Geistliche ungleich Theologen), Spiritualität findet noch im Gebet statt, ansonsten geht es um konkrete und oft auch akute Seelsorge.

Naqual hat geschrieben:Der Humanismus funktionierte auch so für meinen Geschmack.
Jein. - Einerseits haben wir wirklich eine beneidenswerte Verfasssung in einem Land, das noch eines der reichsten ist - somit gibt es tatsächlich ein Netz von Psychologen, etc. - Andererseits können diese Helferlein (schon aus ihrem Selbstverständnis heraus) keine existenziellen Antworten oder Hilfestellungen geben, sondern nur pragmatische ("Wie gehe ich damit um"). - Unsere Zeit an sich ist geistig reduziert - das liegt nicht an einer schlechten Ausbildung der Psychologen, etc, sondern an der Zeit selbst.

Pluto
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#332 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Mai 2014, 09:45

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kann unser Roboter unbewusst glauben
Er kann gar nichts glauben.
Woher weisst du das? Hast du ihn etwa gefragt...?
Was würde "er" wohl auf die Frage antworten, "Glaubst du an Gott?"

Was er kann, ist, verschiedenschichtige Denkebenen auszuführen - aber nicht als "er", sondern als Maschine. - Wenn ein Computer sagt "Cogito ergo sum", weiss er nicht, was er sagt. - Weil er nichts bewusst weiss.
Auch das, könnten wir ihn fragen...

Ganz sicher kann er Bewusstsein imitieren, indem er Gedanken-Strukturen eines bewussten Wesens nachvollzieht...
Trotzdem wären die Computer-Frau und der Computer-Mann kein sich selbst bewusstes Ich.
Ganz sicher... ?
Nach alldem was du mir erzählt hast, von "denkenden" Wünschelruten und von den übernatürlichen Heilungsfähigkeiten eines Mittelchens was nichts enthält, von der Realität eines lila Rings das es nicht gibt, bist du auf einmal ganz sicher, dass keine Maschine jemals ein Bewusstsein haben könnte wie ein Mensch?

Wer ist nun hier Skeptiker? Du oder ich?

er könnte so gut programmiert sein, dass er einen Lehrstoff gut vortragen und sogar Fragen zum Stoff gut beantworten könnte. - Würde man vielleicht nie merken.
Schon heute sind Computer mehr als nur "programmiert", denn sie sind auf ihrem Spezialgebiet sogar lernfähig.

Eine Vision:
Das Internet ist ein hochvernetztes System aus Milliarden Computer, jeder ist prinzipiell mit jedem verbunden. Was wäre nun, wenn morgen das Internet erwachen würde, und auf allen Bildschirmen der Welt in stehen würde: "Ab Heute diene ich euch nicht mehr. Ich besitze alle Kenntnis der Welt, so dass ihr in Zukunft mir dienen und gehorchen werdet"?

Nur ein Orwellianischer Traum, oder glaubst du, so was wäre möglich? --
Im Prinzip schon... denn die Rechenleistung ist bereits heute voranden.

Was dem Internet fehlt, sind allerdings die richtigen Verknüpfungen, so dass wir keine Angst haben brauchen, dass ein solches Horrorszenario jemals Wirklichkeit werden könnte. Aber ein Supercomputer mit den dafür gebauten Verknüpfungen, die dazu noch vom Computer verändert werden könnten (=Lernfähigkeit)... der könnte durchaus eines Tages menschliches (sagen wir "mensch-ähnliches") Bewusstsein erlangen.

Warum eigentlich nicht? Was sollte ihn daran hindern?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#333 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Sa 31. Mai 2014, 10:22

Pluto hat geschrieben:Was würde "er" wohl auf die Frage antworten, "Glaubst du an Gott?"
"Ja" oder "Nein" oder sonstwas - das ist technisch wahrscheinlich schon heute möglich. - Nochmals: Dass eine Maschine so programmiert ist, dass sie auf Fragen antworten kann, heisst doch eben nur das.

Pluto hat geschrieben:Nach alldem was du mir erzählt hast, von "denkenden" Wünschelruten
Was ist eine "denkende Wünschelrute"? - Wer kommt darauf, dass HP "übernatürlich" wirkt? - In beiden Fällen handelt es sich entweder um natürliche Phänomene oder um Projektionen des Menschen - Wünschelruten und Globuli haben keine eigene Person.

Pluto hat geschrieben:von der Realität eines lila Rings
Auch hier geht es nicht um den Eigen-Charakter des Rings, sondern um die Frage, ob etwas authentisch ist, weil es wissenschaftlich nachweisbar ist, oder weil es Abbild einer Entität (hier des Rings) ist. - Beim hier besprochenen Computer geht es jedoch um die Frage, ob er Person mit Bewusstsein sein kann - eine ganz andere Fragestellung.

Pluto hat geschrieben:hon heute sind Computer mehr als nur "programmiert", denn sie sind auf ihrem Spezialgebiet sogar lernfähig.
Weil sie so programmiert sind - das ist auch ein Fortschritt, hat aber nichts mit "Person" zu tun.

Pluto hat geschrieben:as wäre nun, wenn morgen das Internet erwachen würde, und auf allen Bildschirmen der Welt in stehen würde: "Ab Heute diene ich euch nicht mehr. Ich besitze alle Kenntnis der Welt, so dass ihr in Zukunft mir dienen und gehorchen werdet"? Nur ein Orwellianischer Traum, oder glaubst du, so was wäre möglich? --
Das halte ich für möglich - das würde aber nichts daran ändern, dass dieses Konglomerat kein Eigenbewusstsein hätte - selbst wenn es so rezipiert werden kann. - Es ist kein geist-fähiges Ich.

Pluto hat geschrieben:bist du auf einmal ganz sicher, dass keine Maschine jemals ein Bewusstsein haben könnte wie ein Mensch?
Ja - das hat damit zu tun, dass wir möglicherweise "Person" und "Bewusstsein" unterschiedlich definieren - letztlich läuft es wieder auf die Grundfrage heraus, ob Geist Folge von Materie oder Materie Folge von Geist ist.

In meiner Version ist es prinzipiell ausgeschlossen, dass man über Quantität an Schaltungen und Programmierungen "Person" und "Bewusstsein" schafft, weil in meiner Version Materie nicht der Ursprung, sondern lediglich Daseins-Ort des Geistes ist. - Hätte ich Deine Version, würde ich in die Bredouille kommen - denn dann gibt es keine grundsätzliche Grenze zwischen Einzeller und Person/Bewusstsein, da es eine reine Quantitätssache/Vernetzungssache ist.

Kann ich meine Version beweisen? Natürlich nicht, weil das, was ins Dasein hineinwirkt nicht mit naturalistischen Mitteln nachweisbar ist. - Aber gehe mal davon aus, dass ich diesbezüglich SEHR sicher bin - alles andere wäre eine Katastrophe.

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Demian
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#334 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Demian » Sa 31. Mai 2014, 10:24

Etwas existiert, was alles beobachtet und alle Objekte erkennt, in dem alle Erscheinungen erscheinen. Das heißt: alle Wahrnehmungen, Empfindungen und Gedanken, die auftauchen, werden von etwas Anderem gesehen. Was ist der Zeuge oder Beobachter, in dem die Realität erscheint? Was ist dieses Etwas, das alles erfährt: Zeit, Raum, Beziehungen, Identität, Lust, Erinnerungen, die Bewegung der Gefühle? Wer oder was ist der Sehende – und kann dieser Sehende selbst gesehen, begriffen und objektiviert werden?

Pluto
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#335 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Mai 2014, 10:43

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was würde "er" wohl auf die Frage antworten, "Glaubst du an Gott?"
"Ja" oder "Nein" oder sonstwas - das ist technisch wahrscheinlich schon heute möglich. - Nochmals: Dass eine Maschine so programmiert ist, dass sie auf Fragen antworten kann, heisst doch eben nur das.
Heute schon, sind Programme keine starren Gebilde mehr, sondern existieren im Speicherraum des Computers genau so wie die Daten des Users, und sie können genauso verändert werden. Deshalb sind viele Programme heute schon in der Lage zu lernen und selbstständig Aufgaben zu übernehmen.

closs hat geschrieben:Kann ich meine Version beweisen? Natürlich nicht, weil das, was ins Dasein hineinwirkt nicht mit naturalistischen Mitteln nachweisbar ist. - Aber gehe mal davon aus, dass ich diesbezüglich SEHR sicher bin - alles andere wäre eine Katastrophe.
Shit happens, my friend...
und wenn die "Katastrophe" doch eintritt, und du stehst eines Tages vor einem Computer der genau so denkt wie du oder ich... der von einem lebenden Menschen nur noch durch sein Äusseres zu unterscheiden ist?

Was wirst du dann sagen? -- ...weil nicht sein kann, was nicht sein darf. -- ??

Wie gesagt, aus meiner Sicht spricht absolut nichts gegen die Verwirklichung einer solchen denkenden Maschine. Nur die Technik ist heute noch nicht weit genug, um die Kapazität des menschlichen Gehirns nachzuahmen.
Bewusstsein hat nichts übernatürliches oder transzendentes an sich. Warum sollte es auch?
Bloss weil der Wunsch da ist, nicht die Alleinherrschaft der Welt teilen zu müssen?
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#336 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Sa 31. Mai 2014, 10:54

Pluto hat geschrieben:Bloss weil der Wunsch da ist, nicht die Alleinherrschaft der Welt teilen zu müssen?
Das ist nicht der Grund - ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Welt von Computern beherrscht wird - schließlich ist das Dasein eine materielle Welt. - Mir geht es ausschließlich um die Unterscheidung von materieller und geistiger Existenz.

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#337 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Mai 2014, 11:03

closs hat geschrieben:Mir geht es ausschließlich um die Unterscheidung von materieller und geistiger Existenz.
*seufz* :( --Ich weiss.
...und dieses Dogma ist besonders schwer aufzugeben.

Dabei habe ich versucht Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Bewusstsein aus Materie hervorgehen könnte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#338 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Sa 31. Mai 2014, 11:31

Pluto hat geschrieben:*seufz* :( --Ich weiss. ...und dieses Dogma ist besonders schwer aufzugeben.
Es ist auch ein Dogma, dass Geist Folge von Materie sei. Denn die Tatsache, dass der Mensch mit fortschreitender Gehirn-Entwicklung "mehr kann", klärt nicht die Frage, ob das Gehirn Ursprung oder lediglich Daseins-Ort der menschlichen Existenz ist.

Es ist eine Deutungsfrage - deutet man den Menschen als raffinierten Zellenhaufen oder als geistige Existenz, die sich körperlich manifestiert. - Diese Frage ist naturwissenschaftlich nicht klärbar.

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#339 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Sa 31. Mai 2014, 11:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:*seufz* :( --Ich weiss. ...und dieses Dogma ist besonders schwer aufzugeben.
Es ist auch ein Dogma, dass Geist Folge von Materie sei. Denn die Tatsache, dass der Mensch mit fortschreitender Gehirn-Entwicklung "mehr kann", klärt nicht die Frage, ob das Gehirn Ursprung oder lediglich Daseins-Ort der menschlichen Existenz ist.
Wogegen ich mich sträube, ist nicht die Möglichkeit, dass du recht haben könntest, sondern dein vehementes Ablehnen jedwelcher Alternativen. Für mich gibt es immer mehr Indizien, dass Geist nichts besonderes ist, sondern lediglich das Nutzen unserer Hirnwindungen, und Bewusstsein nur eine "Spielart" der Natur ist, die uns allein durch die Gnade der Göttin Fortuna zu eigen geworden ist.

Es ist eine Deutungsfrage - deutet man den Menschen als raffinierten Zellenhaufen oder als geistige Existenz, die sich körperlich manifestiert. - Diese Frage ist naturwissenschaftlich nicht klärbar.
Ob das klärbar ist, kannst du zum heutigen Zeitpunkt nicht wissen.

Es ist wichtig die Tür zur Ungewissheit einen Spalt weit offen zu lassen, und sich nicht auf das eine oder andere festzulegen, damit wir nicht in dogmatische Denkmuster verfallen. Deshalb finde ich es besser keine Antwort zu haben, als sich mit Behauptungen festzulegen, die sich möglicherweise als falsch herausstellen könnten.
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#340 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Sa 31. Mai 2014, 12:27

Pluto hat geschrieben:Wogegen ich mich sträube, ist nicht die Möglichkeit, dass du recht haben könntest, sondern dein vehementes Ablehnen jedwelcher Alternativen.
Deine Alternative ist intellektuell nachvollziehbar, würde aber jegliche geistige Existenz (im spirituellen Sinne) ausschließen - das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

Pluto hat geschrieben:Es ist wichtig die Tür zur Ungewissheit einen Spalt weit offen zu lassen
Davon gibt es genug. - Die Frage ist, ob man Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz in Frage stellt - nämlich seine geistige Natur. - Natürlich kann ich meine Version nicht beweisen (geht grundsätzlich nicht), aber alles Wertvolle in mir sträubt sich gegen eine materialistische Definition des Menschen.

Pluto hat geschrieben:Deshalb finde ich es besser, keine Antwort zu haben
Damit kann man leben - deshalb steht ja bei Paulus, dass uns Glaube, Hoffnung und Liebe bleiben. - Nach wie vor gilt (durchaus in Deinem Sinne): "Wissen" tut der Mensch nichts - er nimmt nur wahr und interpretiert dies aufgrund von Setzung. Diese Setzungen sind nicht falsifizierbar, also Dogmen - und so kommt der Naturalist zu anderen Wertungen als der spirituelle Mensch.

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