sven23 hat geschrieben:Sagst du nicht immer: gib dem Kaiser, was des Kaisers ist.
Ja - insofern hat die Kirche ihre Eigenständigkeit zu halten. - Dass es da unlösbare Fälle gibt (wie man's macht, ist es falsch), ist unvermeidbar: Einerseits darf man nicht juristische Pflichten ignorieren, andererseits darf man nicht juristischen Instanzen zuspielen. - Aporie.
sven23 hat geschrieben:Wer-half-Adolf-Eichmann-zur-Flucht
Wenn es so stimmt (!), ist es ein Fall, bei dem einzelne Priester etwas tut, was je nach eigener Motivation gut oder böse ist - man kann da nicht reingucken. - Vermutlich läuft das so: Der Papst sagt, falls er dazu befragt wird: "Tut in solchen Fragen, was Euch Euer Gewissen sagt".
In der Praxis halte ich es für wahrscheinlich, dass es Fälle gab, in denen (geistliche) Sympathisanten des Nationalsozialismus ihre Gesinnungsgenossen vor dem Zugriff retten wollten (das wäre Deine Version) - und dass es Fälle gab, in denen Priester aus seelsorgerischer Überzeugung Hilfe geleistet haben. - Zwischen abgrundtief böse bis gut ist da alles dabei. - Dass Geistlichkeit nicht autorisiert ist, Straftäter an weltliche Gerichtsbarkeit zu verpfeifen, ist auch klar (das fängt beim Beicht-Geheimnis an). - Wie gesagt: Aporie.
sven23 hat geschrieben:Wer sich als Kriegsverbrecher, Massenmörder, Folterknecht usw. hervorgetan hat, muß sich auch seiner Verantwortung stellen.
Das sieht die Kirche ohnehin so - allerdings meint sie damit "vor Gott".
sven23 hat geschrieben:Während der Zeit des Faschismus hätte die Kirche oft Gelegenheit gehabt, das Maul aufzumachen. Da schwieg man aber lieber, um es sich mit den Machthabern nicht zu verderben.
Unterm Strich ist das falsch - da gibt es genug Literatur - aber natürlich auch Gegen-Literatur - je nach Interesse.
Zitate daraus:
"Im April 1933 ging von der deutschen Regierung die Initiative zu einem Reichskonkordat mit dem Vatikan aus, das am 20. Juli unterzeichnet wurde". - Vollkommen falsch. - Der Text war in den Jahren nach WK I verfasst worden und sollte bis zum Antritt Hitlers längst unterzeichnet sein. - Dieser vorliegende Text wurde von Hitler als einer seiner frühen Amtshandlungen unterzeichnet - sicherlich mit dem Ziel, die Katholiken eine Zeitlang unter Kontrolle zu halten. - Dass das nicht lange gehalten hat, sieht man hier:
"Bereits im Herbst 1933 stellte der Episkopat jedoch fest, daß das NS-Regime das Konkordat fortwährend brach. Ab 1935 wurden in einer Verleumdungskampagne zahlreiche katholische Geistliche wegen angeblicher Sittlichkeits- und Devisenvergehen angeklagt und verfolgt, Eingaben des Episkopats blieben ohne Erfolg. Daraufhin erschien 1937 die päpstliche Enzyklika "Mit brennender Sorge""
Sicherlich hat sich die RKK auch schuldig gemacht - sicherlich nicht so sehr wie die deutschen Protestanten (siehe Dein Link) - aber vergleichen darf man da nicht. - Dass das Konkordat ein Produkt zwischen Rom und Hitler war, ist ein genauso dummes Gerücht wie die Aussage, Hitler habe die Autobahn erfunden. - Aber es hat sich halt so eingebrannt.
sven23 hat geschrieben:Hätte die Kirche solche Fluchtlinien für verfolgte Kommunisten und Homosexuelle organisiert, wäre sie glaubwürdiger.
Da müsste man mal prüfen, ob diese Gruppen sich überhaupt an Priester gewandt haben. - Aber es ist schon richtig:
Kirche und Nationalsozialismus hatten größere Übereinstimmungen in puncto "konservative Werte" (Familie, Heterosexualität, Fleiss - also all das, was man so als "deutsche Tugenden" bezeichnet hat) als mit Links-Intellektuellen, die Gott ja bereits abgeschafft hatten

. - Ob sich Homosexuelle damals geoutet haben (also als Gruppe überhaupt erkennbar waren), weiss ich nicht. -
Trotzdem: Wenn sich ein Kommunist/HS bei einem Priester gemeldet hätte und um Hilfe gebeten hätte, hätte er sie genauso bekommen bzw. bekommen müssen. - Nochmals: Ein Priester handelt im Selbstverständnis im Namen Jesus, vor dem es weder Kommunisten noch Homosexuelle noch Nationalsozialisten noch Agnostiker gibt, sondern nur Menschen.