cogito / sinnliche wahrnehmung

Philosophisches zum Nachdenken
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Demian
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#81 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 21:01

Darkside hat geschrieben:Ahja; offensichtlich ist das (kollektive?) Bewusstsein, das du behauptest Schizophren, wenn es sich Milliarden von Ich-Bewusstheiten zusammen spinnt.

Du und ich sind spirituelle Funken dieses einen Bewusstseins. Davon gehe ich aus. Alles Seiende ist in diesem Bewusstsein und ist - im Wesen - es. Du sagst, ich behaupte dieses Bewusstsein. Aber ist nicht eher dein „Ich“ eine Behauptung, die Vorstellung, dass du ein losgelöstes Subjekt sein kannst, ein „Ego“, dass getrennt von allem anderen ist? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit - Subjekt und Objekt, das individuelle und das absolute Selbst sind im Wesen eins. Das kann man heute wissenschaftlich begründen, denn das Subjekt der Erfahrung - das Ich - ist ja nichts fest abgrenzbares, sondern eingetaucht in die Welt, die ES erfährt - um ES zu erfahren, bleibt dir aber nur der eine Weg: dich in diesem Bewusstsein zu vertiefen. Diese Tiefe kann nur durch die Erfahrung bezeugt werden. Ansonsten bleibt das lediglich Spekulation für dich.

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Scrypton
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#82 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Scrypton » Mo 7. Apr 2014, 21:10

Demian hat geschrieben:Du sagst, ich behaupte dieses Bewusstsein.
Ja, denn genau das machst du.

Demian hat geschrieben:Aber ist nicht eher dein „Ich“ eine Behauptung
Nein, ist es nicht.

Demian hat geschrieben:Das ist ein Ding der Unmöglichkeit
Behauptest du innerhalb deines Glaubensbekenntnises; daher nicht relevant.

Demian hat geschrieben:Das kann man heute wissenschaftlich begründen, denn das Subjekt der Erfahrung - das Ich - ist ja nichts fest abgrenzbares
Doch, abgrenzbar auf den Organismus und dessen zentrales Nervensystem!
Deutlicher geht es nicht.

Nochmal - Frage: Was ist der Sinn bzw. Grund, diese Quacksalberei wirklich ernst zu nehmen?

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Andreas
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#83 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Andreas » Mo 7. Apr 2014, 21:14

Darkside hat geschrieben:Nochmal - Frage: Was ist der Sinn bzw. Grund, diese Quacksalberei wirklich ernst zu nehmen?
Eigene Erfahrung. Jeder lebt sein Leben und stirbt für sich allein. Obwohl das natürlich völliger Quatsch ist.

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Demian
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#84 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 21:25

Darkside hat geschrieben:
Demian hat geschrieben:Du sagst, ich behaupte dieses Bewusstsein.
Ja, denn genau das machst du.

Wir beide behaupten etwas, in dem wir Aussagen über das Wesen der Realität machen. Diese Wahrnehmung und Beschreibung der Realität - aus der jeweiligen Perspektive heraus - fußt auf unsrem Erfahrungsschatz. Was ich behaupte, behaupte ich aus meiner lebendigen Erfahrung mit diesem Bewusstsein - und was du behauptest, behauptest du aus deinen Erfahrungen. Jenseits der Erfahrung - d.h. losgelöst vom Bewusstsein - können wir gar nicht von Wahrheit sprechen. Denn in und durch das Bewusstsein wird Wahrheit, Sein und Wirklichkeit erlebt.

Du kannst nicht aus diesem Bewusstsein heraus treten und es zum Objekt machen, weil es eben kein Objekt ist. Weil alle "Objekte" - also alle Erfahrungsinhalte dieser Welt, auch die des zentralen Nervensystems und deines Gehirns mit seinen Ichfunktionen - Manifestationen DARIN sind. ;)

closs
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#85 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 7. Apr 2014, 21:26

Darkside hat geschrieben:Irrelevant
Non sequitur. - Dinge als relevant oder irrelevant zu bezeichnen, ist ein Spiel zwischen Wahrnehmenden. - Das, was "ist", ist davon nicht berührt.

Darkside hat geschrieben:Nun, es gibt jedoch keine höchste Zahl!
Stimmt. - Was hat das hier zu suchen?

Darkside hat geschrieben:Also gibt es auch "1 + 2 = 0"?
Das war auf den Satz des Pythagoras bezogen.

Darkside hat geschrieben:Also nicht tatsächlich unendlich
Was hast Du darunter verstanden, wenn nicht "unendlich viele"?

Darkside hat geschrieben:Du kannst darüber nicht urteilen, sofern du diesem Wahn verfallen bist.
Auch das ändert nichts an dem, was "ist". - Ich könnte 777 mal verrückt sein, und trotzdem wären absolute Entitäten, was sie sind. - Ist das nicht befreiend, so wenig ausrichten zu können?

Darkside hat geschrieben: Das macht weder ihn noch den Ring real, völlig gleichgültig wie oft du das Gegenteil behaupten willst.
Er ist naturwissenschaftlich NICHT real (das nächste Mal kostet es was :geek: ). - Er wird aber genauso authentisch wahgenommen (bei Abstand k), als wäre er naturwissenschaftlich real.

Darkside hat geschrieben:Die Existenz der Illusion, nicht des Rings.
Ja - die Existenz einer authentischen Wahrnehmung im Verhältnis zur absoluten Entität "Kreis" - mehr ist meine Aussage nicht.

Das heisst also, dass die Authentizität einer menschlichen Wahrnehmung in Bezug auf absolute Realität/Entität unabhängig davon besteht, ob der Anlass dazu naturwissenschaftlich "real" oder "illusionär" ist. - Diesen Satz sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Darkside hat geschrieben:Das macht dann die Illusion real
Richtig - eine naturwissenschaftlich als solche festgestellte Illusion wird NICHT dadurch naturwissenschaftlich real, dass aus beidem dieselbe - hier authentische - Wahrnehmung erfolgt. - Absolut richtig.

Darkside hat geschrieben:Er ist auch sonst nirgendwo gemalt.
NAtürlich nicht - aber er sieht genauso aus (aus Abstand = k) wie ein gemalter Kreis.

Darkside hat geschrieben:Er wird intersubjektiv aber ebenfalls als Nicht-Kreis wahrgenommen.
Aber nicht im Abstand = k. Dort wird er intersubjektiv als Kreis wahrgenommen.

Darkside hat geschrieben:Nein, die Wahrnehmung kommt von außen
Für mich ist Reiz und Wahrnehmung nicht dasselbe.

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Demian
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#86 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 21:36

Andreas hat geschrieben:Eigene Erfahrung. Jeder lebt sein Leben und stirbt für sich allein.

Eigene Erfahrungen - aber ALLein. Die Wahrnehmung, dass es isolierte Dinge gibt, ist eine Illusion unsres Ichbewusstseins. Wie soll man die Wirklichkeit teilen? Wie könnte man das Wellenspiel eines Ozeans teilen und eine Welle isolieren? Das geht nicht. Die Wellen gehen ineinander über. Wir sind als Individuen die Welle - aber auch der Ozean der sich im Wellenspiel selbst erfährt und realisiert. Das Eine kann ich vom Anderen nicht trennen - der französische Dichter Rimbaud hat das mit der Formel „Ich ist ein Anderer“ (Car Je est un autre) beschrieben.

Das bedeutet grundsätzlich, dass es keine vom eigenen Erfahrungshorizont losgelöste letztendliche Wahrheit gibt. Denn um Wahrheit – im Sinne von SEIN und WIRKLICHKEIT – zu erkennen, braucht es ein Bewusstsein, in welchem sich Sein und Wirklichkeit ausdrücken. Um also soetwas wie eine letztendliche Wahrheit zu erkennen, um Selbst- und Gotteserkenntnis zu erlangen, muss ich also das Wesen der Erfahrung - nicht irgendeiner, sondern ausnahmslos jeder Erfahrung - und somit das Wesen von Bewusstsein verstehen. Darum hat natürlich jeder Mensch „Recht“, wenn er mir widerspricht. Denn auch diese Wahrnehmung (!) - dass das Ichbewusstsein etwas Anderes als dieses eine Bewusstsein ist – ist das Spiel dieses einen Bewusstseins - das finde ich einfach köstlich und amüsant. :lol:

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#87 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 7. Apr 2014, 21:43

closs hat geschrieben:In Anlehnung an Mario Livio (Astrophysiker) vertritt der Platonismus die Position...
Allerdings beschreibt Livio nur die die Position von Platon, er vertritt sie nicht, sondern er widerspricht ihnen.

So sind beispielsweise alle mathematischen Konzepte, die je formuliert oder gedacht wurden, aber auch eine unendliche Zahl an Aussagen, die noch nicht entdeckt oder gedacht wurden, absolute Entitäten oder Universalien,
Ja und...? Zu wessen Gunsten ist DER Universalienstreit ausgegangen?
die weder geschaffen noch zerstört werden können.
Eben das ist falsch, denn die heutige Sicht ist, dass alles vergänglich ist.

Wenn also der Naturalist sagt "Nicht veri- oder falsifizierbar, also irrelevant", würde der Platoniker sagen "Nicht veri- oder falsifizierbar, also naturwissenschaftlich nicht objektiv erforschbar, aber möglicherweise absolute Entität".
Tja... Platons Ansichten in Ehren, aber sie sind heute im Grunde widerlegt.

"Die Geschichte Griechenlands und Athens zeigt, daß es Ideen ... waren, welche die Grundlage für beispielslosen Fortschritt im Bereich der Kultur, der Staatskunst und der Wirtschaft schufen. [/quote] Ja. Aber das waren reell (materiell) umsetzbare Ideen, nicht spirituelle Ideen, denn aus Letzteren kann man keine Kultur bauen.
Doch das einst blühende Athen erlebte einen rapiden Niedergang - wesentlich ... als Folge der immer weiter um sich greifenden Ideologie des Sophismus".- Das passt ganz gut auf das 21. Jh.
Du meinst also heute sei alles nur noch Gerede?

Pluto hat geschrieben:Was verleitet dich zur Annahme, dass es andere (unsichtbare?) Dimensionen geben soll? Wie viele sind es, und wo befinden sie sich?
Das ist eine klassische Frage des Wahrnehmenden, der auf diese Weise mitbestimmen will, was absolute Entitäten sind und was nicht. - Funktioniert nicht - denn: Absolute Entitäten existieren ungeachtet dessen, ob wir um sie wissen oder nicht - sie existieren auch ungeachtet dessen, oder wir um sie wissen KÖNNEN.
Schön und gut, aber das beantwortet nicht die Frage nach den postlierten unsichtbaren Dimensionen: Wo sind sie und wie viele gibt es?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#88 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 21:53

closs hat geschrieben:Non sequitur. - Dinge als relevant oder irrelevant zu bezeichnen, ist ein Spiel zwischen Wahrnehmenden. - Das, was "ist", ist davon nicht berührt.

Eben - denn „Wahrnehmungsinhalte“ sind einfach das vergängliche Aufsteigen von Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen in diesem einen Bewusstsein. Wahrnehmung ist relevant. Sogar ausnahmslos jede Wahrnehmung - auch Menschen die mir widersprechen haben (aus ihrer Erfahrungs-Perspektive) Recht. Denn die Wahrheit des Bewusstseins ist absolut, ungeteilt und keine „Meinung“, die anderen Meinungen gegenüber steht. Das Bewusstsein manifestiert sich ausnahmslos in allem, entsprechend des Grades der Selbsterkenntnis - das ist dann einfach eine individuelle Entwicklung.

Dem Glaubenden fällt es bestensfalls leichter in die Erfahrung dessen zu kommen, weil die Glaubenssätze sich ursprünglich daraus ergeben haben, doch das Bewusstsein ist keine Behauptung oder ein Glaube, sondern eine Erfahrung, nicht irgendeine bestimmte, sondern besser gesagt das Wesen jeder Erfahrung.

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#89 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 22:00

Pluto hat geschrieben:Tja... Platons Ansichten in Ehren, aber sie sind heute im Grunde widerlegt.

Tja ... Plutos Ansichten in Ehren, aber ich muss dir widersprechen - und hätte auch gerne eine Begründung für diese Sichtweise - wann wurde Platon widerlegt - und vom wem? ;)

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#90 Re: cogito / sinnliche wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 7. Apr 2014, 23:44

Demian hat geschrieben:wann wurde Platon widerlegt - und vom wem? ;)
Denk einfach an das Universalienproblem was eindeutig zu Gunsten der Aufklärer entschieden wurde. ;)
Und dann schau dir die Positionen von Leuten wie Edmund Husserl oder Bertrand Russel an.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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