Was ist Realität?

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closs
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#251 Re: Was ist Realität?

Beitrag von closs » So 6. Apr 2014, 21:15

sven23 hat geschrieben: Die Naturwissenschaft kann ihre Setzung überprüfun und ggf. beweisen. Im
Beides nicht. - Naturwissenschaft kann Folgerichtiges aus ihrer Setzung sammeln und in sich logisch widerspruchsfrei darstellen. Da die Setzung der Naturwissenschaft eine sehr ergiebige ist, kann man sehr viel Folgerichtiges im Sinne dieser Setzung finden. - "Beweisen" kann man eine Setzung NIE.

Religiöse können ebenfalls Folgerichtiges aus ihrer Setzung sammeln und in sich logisch widerspruchsfrei darstellen. Da die Setzung der Religion eine sehr ergiebige ist, kann man sehr viel Folgerichtiges im Sinne dieser Setzung finden. - "Beweisen" kann man eine Setzung NIE.

Das heisst nicht, dass Naturwissenschaft und Religion dasselbe tun. - Sie tun deshalb NICHT dasselbe, weil sich Naturwissenschaft auf sinnlich Daseins-Mäßiges beschränkt, das sie als Realität setzt (wie gesagt: sehr vernünftig). - Religion/Spiritualität (was immer man begrifflich vorziehen mag) dagegen geht über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung geht und richtet sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien. - Also zwei ganz unterschiedliche Baustellen.

sven23 hat geschrieben:da bleibt nur glauben, glauben und nochmals glauben.
Auch die Naturwissenschaft muss glauben, dass alle ihre Bemühungen nicht umsonst sind - denn Voraussetzung dazu ist, dass die sogenannte natürliche Welt keine Illusion unseres Gehirns ist. - Darüber hinaus: Auch wenn diese Setzung der Naturwissenschaft stimmig ist (was ich persönlich glaube), gibt es halt den unvermeidbaren Unterschied, dass man nunmal Dinge, die über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinaus gehen, nur indirekt angehen kann - also nicht unmittelbar durch die 5 Sinne beschreiben kann. - WÄRE es so, würde es sich nicht um Dinge handeln, die über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinaus gehen.

Pluto
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#252 Re: Was ist Realität?

Beitrag von Pluto » So 6. Apr 2014, 23:39

closs hat geschrieben: "Beweisen" kann man eine Setzung NIE.
Naja... Man kann z. Bsp. die Theorie der Aerodynamik so weit überprüfen, dass sich heute Niemand fürchten braucht, wenn er/sie ein Flugzeug besteigt.

Auch die Naturwissenschaft muss glauben, dass alle ihre Bemühungen nicht umsonst sind - denn Voraussetzung dazu ist, dass die sogenannte natürliche Welt keine Illusion unseres Gehirns ist.
Wenn Beides nur Glaube ist, warum hat dann jede Kirche einen Blitzableiter?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#253 Re: Was ist Realität?

Beitrag von closs » Mo 7. Apr 2014, 00:00

Pluto hat geschrieben: warum hat dann jede Kirche einen Blitzableiter?
Pluto hat geschrieben: dass sich heute Niemand fürchten braucht, wenn er/sie ein Flugzeug besteigt.
Wenn man setzt, dass die naturalistische Welt Realität ist (was man vernünftigerweise tun sollte) und keine Illusion ist wie der "lila Ring" (den ja auch jeder wahrnimmt), passt das ja alles. Trotzdem muss man die erkenntnis-theoretische Disziplin haben, zu erkennen, dass es eine Setzung ist. Denn Wahrnehmung ist nichts als eine Ich-Leistung, die selbst nicht unterscheiden kann, ob sie Illusion ist oder auf Realität trifft.

Bevor Du jetzt sagt, dass Naturwissenschaft ja ein Korrektiv sei, die beides auseinander halten könne: Auch Naturwissenschaft ist Wahrnehmung. - Vielleicht hattest Du auch schon mal Träume, in den Du innerhalb des Traums gefragt hast, ob es ein Traum ist und zum Ergebnis gekommen bis, es sei Realität - und trotzdem war es ein Traum.

Wir reden hier NICHT pragmatisch - es geht ausschließlich um erkenntnis-theoretische Disziplin.

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#254 Re: Was ist Realität?

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 01:27

sven23 hat geschrieben:
demian hat geschrieben:Die geschieht aus heiterem Himmel und ohne Geist?
Yep.

Selbstorganisation gibt es, weil es eine geistige Substanz gibt. In der vedischen Philosophie als Brahman, die gestaltlose und letztgültige Wirklichkeit benannt, die unteilbar ist und mit der wir eins sind. Tat tvam asi - das bist Du. Die Einheit des individuellen Selbst mit dem absoluten Selbst. Die Griechen sprachen ganz bewusst von Materia, dem Mutterstoff. Diese Materia ist nicht tot, sondern lebendig, schöpferisch, gebährend. Badarajana lehrte, dass nicht Logik und Intellekt zum wirklichen Verständnis dieser Wahrheit führen, sondern Eingebung, innere Erfahrung und Gnade. Deswegen gilt Bhakti-Yoga (hingebungsvolle Liebe) in der indischen Philosophie, als der Königsweg, während die christliche Spiritualität von der Agape-Liebe, der göttlichen und selbstlosen Liebe spricht.

Für mich ist ausnahmslos alles Bewusstsein. Raum, Zeit und Evolution sind einfach Wechselwirkungen des Bewusstseins mit sich selbst in den verschiedenen Dimensionen seiner Selbstentfaltung. Die Veda benennen Materie vom grobstofflichen zum feinstofflichen, vom Nieder- zum Höherdimensionalen, als einen Fluss bestimmter energetischer Schwingungsfrequenzen. Das Wesentliche ist aber nicht das Spiel der vergänglichen Formen, sondern das formlose und zeitlose Bewusstsein, in welchem diese vergänglichen Formen auftauchen und in denen dieses Eine sich erlebt und wiederum zum individuellen Bewusstsein seiner Selbst kommt - der "Atman" ist sozusagen der spirituelle Funke des Einen. Das ist für mich das wirkliche Sein und auch unsre wahre und spirituelle Natur.

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#255 Re: Was ist Realität?

Beitrag von Demian » Mo 7. Apr 2014, 02:10

Andreas hat geschrieben:Zumindest sprachlich seid ihr euch einig. Das Selbst organisiert sich. :lol:

Jetzt müssen wir uns nur noch über die Natur dieses Selbst verständigen. Das ist aber nicht jenseits des Selbstbewusstseins möglich, da wir es nicht zum Objekt machen können. Zentral ist also die Erfahrung, die wir mit diesem Bewusstsein machen. Christen nennen dieses „Aufgewachtsein“ die Neuschöpfung aus dem Heiligen Geist. Ein richtiger, wiedergeborener Christ, ist für mich ein in das wirkliche Leben aufgewachter Mensch - und als Christus von der „engen Pforte“ sprach, da meinte er diesen ganz eigenen Weg des Aufwachens, den wir nicht begehen können, in dem wir den Trampelpfaden der Mehrheit folgen. Nur wir alleine können diesen inneren Weg gehen und erkennen, wer wir in unsrem Wesen wirklich sind.

Es ist natürlich wichtig zu Fragen, welche Natur unsre Erfahrung haben. Was es also bedeutet, wenn ich „Ich“ sage und „anderes“, „ich“ und „die Welt“, wenn ich alles einteile in ein Subjekt, das erfährt, und ein Objekt, das erfahren wird. Wir formulieren das so und dann meinen wir, dass diese Formulierung - welche dann die Richtung unsrer Erfahrung bestimmt - die Realität ist. Aber dem ist nicht so. Die große Erkenntnis aller spirituellen Wege ist die Übereinstimmung von Bewusstsein und Realität. Es gibt keine Trennung zwischen Ich und Du, Mensch und Kosmos, Gott und Welt, Geist und Materie (auch wenn es natürlich eine gewisse ontologische Differenz gibt, die für Christen in Jesus zunächst symbolisch, dann praktisch durch die Imitatio Christi überwunden wird, in der Art einer musikalischen Komposition die ein einzelnes Thema immer wieder umkreist, hinterfragt und erforscht, um durch diese Betrachtung die geistige Tiefen-Resonanz zu erweitern ... )Die Natur eines jeden Menschen ist eins mit der Natur des Universums. Das wurde ausgedrückt in Worten wie „Atman ist Brahman“ - „Ich und der Vater sind eins“ - „Leere ist Form“ - „Alles ist Bewusstsein“. Unterschiedlich sind nur die Wege, Worte und Bilder, die die Menschen dafür gefunden haben. Was ist die Natur unsrer Erfahrung in diesem Moment? - das ist eine Frage!

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#256 Re: Was ist Realität?

Beitrag von Andreas » Mo 7. Apr 2014, 04:28

Demian hat geschrieben:Was ist die Natur unsrer Erfahrung in diesem Moment? - das ist eine Frage!

Agape

Schwer zu beschreiben. Fühlt sich nach immer mehr "wir" mit einem kleinen Schuss "ich" an ... In jedem Grashalm einen lebendigen Bruder erkennen ... alles ist irgendwie Bruder, verwandt, aus dem gleichen Stoff und ist - ist einfach nur da - und ist schön und würdig und Antwort. Unglaubliche Nähe in unendlicher Weite. Liebe pur.

Danach, wenn die Zeit wiederkommt mit dieser Sehnsucht im Schlepptau, wissen, dass es eigentlich immer da ist, immer so ist, nie weg ist, weil es ist, was es ist ... sanft zurückgleiten in den ganz normalen Wahnsinn, die Trennung aushalten, in guten Momenten des Alltags - Geschirr spülen zur Ehre Gottes und fragen.

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#257 Re: Was ist Realität?

Beitrag von sven23 » Mo 7. Apr 2014, 07:24

ThomasM hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Tja, das ist halt der fundamentale Unterschied. Die Naturwissenschaft kann ihre Setzung überprüfun und ggf. beweisen.
Tja, Pluto - nicht eben verdächtig der übertriebenen spirituellen Sichtweise - widerspricht dir hier

Pluto hat geschrieben: Man sagt: "Die Welt ist in etwa so wie wir sie sehen." Beweisen kann man das aber nicht, weil nichts in der Wissenschaft beweisbar ist.

Sicher, aber man kann Aussagen überprüfen, ggf. verifizieren oder falsifizieren.

Wenn Thomas die Behauptung aufstellt, daß die Erzeugung von Leben im Labor grundsätzlich nicht möglich ist, und es gelingt doch eines Tages, dann wäre seine Behauptung widerlegt, bzw. das Gegeteil bewiesen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#258 Re: Was ist Realität?

Beitrag von closs » Mo 7. Apr 2014, 09:10

sven23 hat geschrieben:Wenn Thomas die Behauptung aufstellt, daß die Erzeugung von Leben im Labor grundsätzlich nicht möglich ist,
Hat er das so gemeint? - Frag ihn mal, ob er Abiogenese für möglich hält. - Ich habe ihn eher so verstanden, dass man für das Leben an sich einen Schöpfer denken muss. - Wenn ich ihn richtig verstanden hätte, hätte das nichts mit Abiogenese "ja oder nein" zu tun.

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#259 Re: Was ist Realität?

Beitrag von ThomasM » Mo 7. Apr 2014, 09:28

sven23 hat geschrieben: Sicher, aber man kann Aussagen überprüfen, ggf. verifizieren oder falsifizieren.
Das ist auch unbestritten, allerdings zeigt deine Aussage, dass du (und möglicherwese viele hier) immer noch nicht begriffen haben, worum wir eigentlich diskutieren.

Es ist eine Diskussion, die auf verschiedenen Ebene läuft und daher nicht zusammenpasst. Closs argumentiert auf einer anderen Ebene, in einer anderen Kategorie als du und daher hat closs Recht, genauso wie du Recht hast.

Am einfachsten kann man das in der Mathematik erkennen. Es gibt eigentlich kein Gebiet, in dem man etwas beweisen kann, außer der Mathematik. Und dort kann man nur etwas beweisen, weil es die Axiome gibt. Axiome sind unbeweisbar, sie sind (in closs Spachgebrauch) Setzungen, Annahmen, die man macht, eventuell aus gutem Grund.

Ausgehend von den Axiomen kann man dann beweisen. Zwar nicht alles (Gödel), aber doch ziemlich viel. Ändert man die Axiome, dann ändert man die Assagen. So ist z.B. die euklidische Geometrie ein bestimmter Satz von Axiomen. Dort kann man dann beweisen, dass die Winkelsumme in einem Dreick 180 Grad ist.
Ändert man die Axiome, dann erhält man die nicht-euklidische Geometrie. Dort ist der Winkelsummen Satz dann falsch.
Es gibt also die Ebene der Axiome (unbeweisbare Setzungen) und die Ebene der auf den Axiomen aufbauenden Sätze. Nur in der zweiten Ebene gibt es Beweise.

In der Naturwissenschaft ist es anders, aber ähnlich. Da ist zunächst die beobachtbare Natur. Dort kann man nichts beweisen. Ich weiß schlicht nicht, ob eine Beobachtung für immer gilt oder nicht. Die Natur ist die Natur.
Dann mache ich ein Modell von dem, was ich beobachte (eine Theorie). Das Modell ist mathematisch. Innerhalb des Modells kann ich wieder beweisen und berechnen. Damit mache ich Vohersagen. Diese kann ich prüfen. Also sind Beweie nur innerhalb des Modells möglich, außerhalb gibt es keine Beweise, nur Widerlegungen sind möglich. Daher hat Pluto Recht (Ebene Natur) aber du auch (Ebene Modell).

In der Geisteswissenschaft gibt es kein mathematisches Modell und daher auch keine Beweise. Allerdings gibt es dort "inhärente Logik" d.h. aufbauend auf den Annahmen, die man macht, gibt es Schlussfolgerungen. Das ist das, was closs immer wieder wiederholt. Jemand, der Geisteswissenschaft nicht begreift (oder nicht begreifen will), kann dies genauso wenig erkennen, wie jemand die Beweise in der Mathematik nachvollziehen kann, wenn er Mathe nicht begreift.

Gruß
Thomas

p.s.
Ich habe nie die Behauptung aufgestellt, dass man Leben nicht künstlich nachbauen kann. Wobei ich das Nachvollziehen natürlicher biologischer Vorgänge noch nicht einmal für so bemerkenswert halte. Das Schaffen eines echten elektronischen Lebens wäre weitaus sensationeller. Da bin ich mir nicht sicher, ob Masse (Computer Power) alleine reicht, aber auch hier lasse ich mich überraschen.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#260 Re: Was ist Realität?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Apr 2014, 11:25

ThomasM hat geschrieben:Es gibt also die Ebene der Axiome (unbeweisbare Setzungen) und die Ebene der auf den Axiomen aufbauenden Sätze. Nur in der zweiten Ebene gibt es Beweise.
Ja natürlich sind Axiome nicht beweisbar, aber sie bleiben falsifizierbar. Um bei deinem Beispiel der euklidischen Geometrie zu bleiben...
Wenn man einen Raum untersucht, und feststellt, dass die Winkelsumme mehr als 180 Grad beträgt, dann kann der Raum nicht euklidisch sein. ;)

In der Naturwissenschaft ist es anders, aber ähnlich. Da ist zunächst die beobachtbare Natur. Dort kann man nichts beweisen.
Nichts ist ausserhalb der Mathematik und Logik beweisbar. Diese Antwort kriegt man schon wenn man das Münchhausener Trilemma betrachtet: Jede Beweisführung endet (a) in einem endlosen Regress, (b) in einem Zirkelschluss, oder (c) in einer Behauptung (Setzung).
Das nützliche an der Naturwissenschaft ist, dass wir uns der Realität beliebig nähern können, je mehr Zeit und Aufwand wir bereit sind aufzuwenden. Das ist mit keiner anderen Disziplin möglich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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