Hallo Seeadler
Ich antworte dir zwar nicht gerne, weil du zu schnell und zu selbstherrlich in deinen Phantasien abtauchst, aber du hast rational gefragt, also werde ich rational antworten.
seeadler hat geschrieben:
nun ja; ich denke dass hier der Zeitunterschied von elementarer Bedeutung ist, was die weitere Ausbreitungsgeschwindigkeit anbelangt. Denn Raumzeit und materie sind, wie Halman sehr gut darstellte miteineinander untrennbar verknüpft. Dies heißt dann aber auch, dass es in diesem Moment (meiner Meinung nach) Schluss war mit einer Überlichtausdehnung des Universums. Ab dem Moment kann es sich nur noch maximal mit Lichtgeschwindigkeit ausgedehnt haben.
Zunächst drei grundsätzliche Punkte.
1.)
Nach Newtons Gravitationstheorie - und auch nach den Formeln, mit denen du immer herumspielst (die ja gleichwertig zu Newton sind) - ist Gravitation unendlich schnell.
Das bedeutet, wenn irgendwo eine Masse ist oder auftaucht, dann ist die Gravitationswirkung unmittelbar und sofort im ganzen Universum "da".
Mathematisch wird das dadurch ausgedrückt, dass die Gravitation durch ein statisches Feld beschrieben wird, d.h. eine Formel, die jedem Raumpunkt eine Kraft zuordnet. Die Zeit kommt in dieser Formel nicht vor (daher statisch).
Die Formel ist die von dir immer wieder benutzte Kraftformel F = G m1 m2 / r^2 (im Fall einer einzelnen Punktmasse im Nullpunkt des Koordinatensystems)
Mit anderen Worten: Jedes Mal, wenn du mit dieser Formel herumspielst, nimmst du an, dass die Ausbreitung der Gravitation unendlich schnell ist. Nach deinen Überlegungen (die ich nicht teile) wäre das also auch bei der Ausdehnung des Universums so.
In diesem Fall gibt es auch keine Gravitationswellen. Diese lassen sich mit der Kraftformel nicht beschreiben.
2.)
Nach Einstein wäre eine Kraftwirkung etwas, das Informationen übertragen kann. Das gilt auch für Gravitation und damit kann das auch nur maximal sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Um die Gravitation mit dieser Einschränkung zu beschreiben, darf man obige Kraftformel nicht mehr benutzten. Man muss den (recht komplizierten) Tensor Kalkül verwenden, den Einstein entwickelt hat. Eine einfache Kraftformel gibt es nicht mehr.
Nach der Theorie von Einstein hat die Veränderung einer Masse (z.B. eine Supernova) also zur Folge, dass die Gravitations Kraftwirkung sich verändert und diese Veränderung breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus - die Gravitationswellen. Man konnte diesen Effekt bisher nicht nachweisen, obwohl alle Physiker der Überzeugung sind, dass es diese Wellen gibt. Aber der Effekt ist einfach zu winzig.
Man kann Gravitationswellen verstehen und beschreiben vollkommen ohne über Dinge wie den Urknall, die Entstehung des Universums oder so nachzudenken.
3.)
Die Ausdehnung des Universums, wie sie im Rahmen des Urknall Modells beschrieben und durch die Rotverschiebung nachgewiesen wird, ist eine Ausdehnung der Raum-Zeit an sich.
Eine solche Ausdehnung überträgt keine Informationen (das kann man sich leicht durch Analogien klarmachen).
Deshalb unterliegt diese Ausdehnung NICHT der Beschränkung von Einsteins Theorie.
Die Ausdehnung der Raum-Zeit kann unendlich schnell sein, mit beliebiger, großer Geschwindigkeit vor sich gehen oder mit Lichtgeschwindigkeit oder langsamer. Da gibt es keine Einschränkung und ist auch je nach Universums Modell ganz unterschiedlich.
Ein spezielles Universums Modell ist das Modell, was eine Inflation enthält. Für extrem kurze Zeit ist das (bereits vollkommen vorhandene) Universum exponentiell schnell gewachsen. Um das zu modellieren benutzt man die Theorie der Phasenübergänge (so wie flüssig->gasförmig). Diese inflationäre Phase hat einige Konsequenzen, die sich mit indirekten beobachtungen decken. Ist das BICEP Resultat korrekt, wäre es die erste direkte beobachtung dieser Phase.
Das Standard Modell des Urknalls nimmt an, dass sich die Raum-Zeit nach der Inflation Phase mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet, aber es gibt keine (KEINE!) Messung, mit der sich das bestätigen läßt. Es kann genauso gut sein, dass sich die Raum-Zeit schon längst in alle Unendlichkeit erstreckt und nur unser Beobachtungshorizont sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt (beobachten können wir nur mit maximal Lichtgeschwindigkeit).
seeadler hat geschrieben:
ch frage mich ohnehin, ab wann bei der Bildung eines Planeten oder einer Sonne erstmals die Gravitation als eigenständige Kraft isoliert betrachtet werden kann, bzw als solche auch auftritt. Bei der Bildung der Körper selbst sind es doch erstmals elektromagnetische Kräfte. Nebenfrage demzufolge : Gibt es nun auch Körper, von denen keine Gravitation ausgeht (Protonen, Elektronen, etc....) ?
...
meine Frage war nicht präzise genug. Kann man schon in diesem Zustand des Urnebels davon ausgehen, dass sich die Kraft des Nebels bereits da schon im Zentrum des Nebels befand, oder muss man den Nebel dann als einen Gesamtkörper ansehen, in dem die Kraft auf den gesamten Nebel verteilt ist, und dieser somit erst ab einem bestimmbaren Abstand zu einer Einheit wird wie heute? Ich frage dies, weil sich auch die Galaxie nicht so bewegt, wie dies nach den Formeln Keplers sein sollte, so viel ich weiß.
Dein Ausdruck Nebel impliziert bereits das Vorhandensein von Atomkernen. Und das Universum hat diesen Zustand nach maximal 10 Minuten erreicht. Sobald Atomkerne da sind, ist alles so, wie wir es heute beobachten, inklusive der Gravitation.
Auch die Bewegung der Galaxien beobachten wir heute. Dabei gibt es Abweichungen in der Bewegung, wenn man die sichtbare Materie mit Keplers Formeln berechnet.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, diese Abweichungen zu erklären
1.) Man nimmt an, dass die sichtbare Materie nicht alles ist. Es gibt noch weitere Materie, die man die dunkle Materie nennt. Die meisten Physiker gehen davon aus, dass das so ist und versuchen, die dunkle Materie nachzuweisen.
2.) Man nimmt an, dass Keplers Gesetz nicht stimmt, zumindest nicht auf große Entfernungen. Also müssen die Formeln angepasst werden. Es gab mal vor ein paar Jahren einige Bemügungen, ganz deduktiv aus den Messungen die veränderten Gesetze abzuleiten. Diese Bemühungen wurden dann wieder eingestellt, weil die Resultate zwar bestimmte Bewegungen reproduzieren konnten, aber in anderen Messungen versagten. Der Weg scheint nicht tragfähig zu sein.
Zurück zu deinem Wort Nebel:
Vielleicht meinst du gar nicht Nebel, sondern den Urzustand des Universums kurz nach dessen Entstehung und lange vor der Bildung der ersten Atomkerne. Wie die Naturgesetze zu diesem Zeitpunkt aussahen, kann man nicht genau sagen, da dazu die Quantentheorie der Gravitation fehlt. Dass sie da schon da war, daran zweifelt niemand. Aber welche Form sie zu diesem Zeitpunkt hatte, weiss man nicht. Es gibt meines Wissens etwa 20-40 verschiedene Modelle dafür, jeder Kosmologe hat da so seine eigene Lieblingstheorie. Und da sind wirklich schlaue Köpfe darunter.
Wie auch immer sie genau ausgesehen hat, es gibt eine wesentliche Randbedingung: Wenn man die Energie senkt (den Effekt der Quantentheorie vernachlässigt), muss die Theorie die Form von Einsteins Gravitationstheorie annehmen.
seeadler hat geschrieben:
Ist es möglich, dass sich hierbei überhaupt erstmals die "Gravitationskraft" als solche bemerkbar machte? Das heißt, dass die Gravitationswelle nichts anderes ist als ein Abbremsen von Zeit und Raum durch die Materie an sich.
Die Antwort "nein" wurde dir ja schon gegeben, ich möchte das begründen.
Eine Welle kannst du dir doch vorstellen, z.B. eine Saite einer Gitarre.
Wenn du ein Ende der Saite anschlägst (eine Störung verursachst), dann pflanzt sich diese Störung entlang der Saite fort. Das kann man sehr schön beobachten. Diese Fortpflanzung der Störung ist die Welle. Die Saite ist das Medium, auf dem sich die Welle fortpflanzt (und das sich selbst dabei nicht verändert, die Saite bleibt Saite). Die Geschwindigkeit, mit der sich die Welle fortpflanzt ist gleich der Schallgeschwindigkeit in der Saite.
Das Bild gilt auch für die Gravitationswelle.
Die Störung ist die Veränderung der Gravitationskraft (z.B. durch eine Supernova). Diese pflanzt sich fort. Das Medium ist die Raum-Zeit. Die Geschwindigkeit ist die Lichtgeschwindigkeit.
Also die Antwort "nein", weil
1.) Die Änderung der Gravitationskraft das ist, was sich fortpflanzt, nicht die Raum Zeit
2.) Man dazu keine Materie braucht, nur die Raum-Zeit
3.) Die Raum Zeit das Medium ist, auf dem sich die Welle ausbreitet.
Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.