Es ist die Theodizeefrage, die viele Menschen schon vom Glauben an Gott abbrachte oder überhaupt Gott gar nicht erst als Lebensschöpfer anerkannten.
Aber eigentlich hat die christliche Botschaft doch geradezu ihr ganzes Ziel darin, diese Frage von vornherein aus ihren Angeln zu heben und gegenstandslos zu machen. Man muss mit dieser christlichen Botschaft doch eher fragen: Was macht der Glaube für unseren Umgang mit dem Leid aus?
Antwort: Er bewirkt, dass man im Leid nicht mehr verzweifeln muss und man eine Gewissheit gewinnt, die stärker als alle Angst um sich selbst ist.
Dazu Paulus:
Rö 8,35.38-39;HSK
Wer will uns trennen von der Liebe Christi? Trübsal oder Bedrängnis oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert. Doch in all dem obsiegen wir durch den, der uns liebte. Denn ich bin überzeugt, weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Kräfte, weder Höhe noch Tiefe noch sonst etwas Geschaffenes wird uns zu trennen vermögen von der Liebe Gottes in Christus Jesus, unserem Herrn.
Der Psalmist sagt im Psalm 23 dasselbe: "Mein Hirt ist Gott der Herr", nicht nur in grünenden Auen sondern auch in orientierungsloser Finsternis, wo das Aufklopfen des Hirtenstabs auf felsigem Boden einzig den Weg weisen kann.
Die Theodizeefrage geht meist von zwei falschen Voraussetzungen aus:
1. Die Allmacht Gottes besteht darin, dass er alles Mögliche können muss. Man weiß nur leider nie, ob er es auch tatsächlich tun wird. Somit wäre Gott unberechenbar und Gottes Allmacht eigentlich ein Versteckspiel.
2. Die Güte Gottes besteht einzig darin, dafür zu sorgen, dass es einem gut geht. Nur in Erfolg und Gesundheit erfährt man Gottes Liebe. In Krankheit und Elend ist Gott offenbar in weiter Ferne. Wenn man von irgendetwas erlöst werden muss, dann doch von dieser Meinung, die tatsächlich nur zur Verzweiflung führen kann.
Die Theodizeefrage geht selbst von logisch widersprüchlichen und damit unsinnigen Voraussetzungen aus: Indem Gott als ein Systembestandteil der Welt gedacht wird, meint man daraus herleiten zu können, was in der Welt der Fall zu sein hat.
Doch die christliche Botschaft bringt ein ganz anderes Gottesverständnis mit sich: Im Gottesbild der Hl. Schrift ist
alle weltliche Wirklichkeit solcherart, dass sie ohne Gott nicht sein kann. Dies gilt ebenso für das Leid, das Böse und den Tod. Von Gott ist nur dann wirklich die Rede, wenn überhaupt alles mit ihm zu tun hat. Wenn die Welt aus dem Nichts geschaffen ist heißt das: Könnte man ihr Geschaffensein beseitigen, bliebe nichts von ihr übrig. Wenn also die wirkliche Welt der Grund unserer Rede von Gott ist, dann kann man hinterher nicht den so erkannten Gott gegen die Welt ausspielen.
Gott
selbst ist kein weltlicher Begriff. Man kann von ihm immer nur das von ihm Verschiedene begreifen, welches dann auf ihn verweist. Die Welt erklärt sich also nicht
durch Gott, sondern durch ihr Bezogensein
auf Gott.
Geschöpflichkeit bedeutet demnach, dass alles in der Welt nur in einem einseitigen Bezogensein auf Gott hin aufgeht. In die umgekehrte Richtung von Gott her irgendetwas über die Welt herzuleiten, ist völlig ohne Grundlage. Gott ist nicht allein im potentiellen Sinn "allmächtig", weil er nur beliebiges Mögliche könnte, sondern er ist "in allem mächtig".
Es ist legitim nach den Ursachen eines Vulkanausbruchs mit vielen Toten zu fragen, vielleicht auch um in der Zukunft davor warnen zu können, aber die Frage, warum Gott einen Vulkanausbruch nicht verhindert, geht von einer logisch widersprüchlichen Voraussetzung aus, weil es unmöglich ist, etwas von Gott herzuleiten.
Gott wohnt vom Menschen aus gesehen "im unzugänglichen Licht" (1 Tim 6,16). Erst das "Wort Gottes" kann uns etwas über Gott erzählen. Christus Jesus ist das "Wort Gottes" und in ihm wird uns zugesagt und es geschieht, dass Gott uns mit einer Liebe zugewandt ist. Sie hat an nichts Geschöpflichem ihr Maß und deshalb auch nicht an der Welt ablesbar. Gott ist "all-liebend" und diese all-liebende Liebe Gottes hat einzig ihr göttliches Maß in der Liebe von Gott zu Gott, des Vaters zum Sohn, in die wir Menschen aufgenommen werden. Es ist eine Gemeinschaft mit Gott, die im Leben und Sterben Bestand hat. Diese Liebe kann die Angst um uns selbst gerade deshalb entmachten, weil Gott der ist, der in allem mächtig ist. So kommt keine Macht der Welt, kein Leid, kein Unglück dagegen an, weil wir im Leben und Sterben in der Gemeinschaft mit ihm geborgen bleiben. Außerhalb dieser Gemeinschaft mit Gott ist die ganze Welt ein Gleichnis der Hölle: Der Tod hat das letzte Wort, und kein Glück der Welt kommt dagegen an.
Da alles, was geschieht von vornherein in Gottes Hand ist, kennt die christliche Botschaft kein anderes "besonderes Eingreifen" Gottes in die Welt als das mitmenschliche Wort, damit gemeinschaftlicher Glauben und selbstlose Liebe möglich wird.
Im Glauben jedoch ist die Welt Gleichnis der ewigen Gemeinschaft mit Gott, in der wir jetzt schon leben. Jede geringe und vergängliche gute Erfahrung wird zum Gleichnis des Himmels. Sie ist ein Gleichnis der Gemeinschaft mit Gott, gegen die kein Leid und kein Tod ankommt. Der Tod verliert so den Charakter für ewiges Unheil. Er verhindert lediglich, dass man die Welt, anstatt sie als Gleichnis des Himmels zu sehen, mit dem Tod selbst verwechselt. In der Klage im Leid kann der Mensch unbedingt auch auf einen Gott vertrauen, in dessen Liebe er im Leben und Sterben geborgen ist.
Servus

und Gottes Segen für alle von Leid getroffenen und in Trauer und Verbitterung lebenden. Wendet euch nicht von Gott ab, sondern umarmt ihn umso fester!
