Das Atommodell ist geboren!

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Anton B.
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#51 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Anton B. » Di 7. Jan 2014, 14:30

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Letzteres Modell ist das richtige und wird durch die Gesetze der Gravitation und Bewegung bestätigt.
Man wäre natürlich leicht bescheuert, wenn man ein geozentrisches Modell zugrunde legen würde. - Aber "richtig" im Sinne von sachlich zutreffend sind beide Modelle.

Kann es sein, dass man Praktikabilität mit Wahrheit verwechselt?

Kein naturwissenschaftliches Modell ist "richtig" und schon gar nicht "wahr", weil es keine ultimative Entscheidung darüber geben kann. Die "Falschheit" dagegen kann durch nicht mit Beobachtungen in Einklang zu bringenden Vorhersagen des Modells erwiesen werden.

Also "Wahrheit" ist -- zum wiederholten Male heraus gestellt -- nach derzeitigem Stand von Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie niemals eine Eigenschaft einer wissennschaftlichen Theorie bzw. eines wissenschaftlichen Modells.

Letztendlich verbleibt tatsächlich nur so etwas wie eine "Praktikabilität" als auch eine "Nützlichkeit" naturwissenschaftlichen Wissens. Deshalb liegt aber auch keine "Setzung" sensu closs in der Form einer vor-angenommenen Realität vor: Die Neigung zur Annahme einer Realität hinsichtlich der Naturwissenschaften resultiert eigentlich "nur" aus der erfolgreichen Nutzbarkeit derer Modelle. Man kann der Meinung sein bzw. annehmen, sie seien deshalb so "stabil" nutzbar, weil es eine stabile äußere Realität gibt, die durch die Modelle hinreichend genau gemäß den bekannten Beobachtungen (= den bekannten empirischen Phänomenen) beschrieben werden. Fundiert begründet wurde dies allerdings noch nicht.

Und niemals vergessen: Wenn 2 Modelle dieselben Voraussagen machen, sind sie trivialerweise nach dem entscheidenden Kriterium, nämlich der Vorhersage von Beobachtungen völlig "kongruent". Welchen Sinn macht es in solch einer Situation, das logisch oder rechentechnisch aufwendigere Modell zu benutzen?
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Zeus
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#52 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Zeus » Di 7. Jan 2014, 14:51

Anton B. hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Letzteres Modell ist das richtige und wird durch die Gesetze der Gravitation und Bewegung bestätigt.
Man wäre natürlich leicht bescheuert, wenn man ein geozentrisches Modell zugrunde legen würde. - Aber "richtig" im Sinne von sachlich zutreffend sind beide Modelle.

Kann es sein, dass man Praktikabilität mit Wahrheit verwechselt?

Kein naturwissenschaftliches Modell ist "richtig" und schon gar nicht "wahr", weil es keine ultimative Entscheidung darüber geben kann. Die "Falschheit" dagegen kann durch nicht mit Beobachtungen in Einklang zu bringenden Vorhersagen des Modells erwiesen werden.

Also "Wahrheit" ist -- zum wiederholten Male heraus gestellt -- nach derzeitigem Stand von Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie niemals eine Eigenschaft einer wissennschaftlichen Theorie bzw. eines wissenschaftlichen Modells.

Letztendlich verbleibt tatsächlich nur so etwas wie eine "Praktikabilität" als auch eine "Nützlichkeit" naturwissenschaftlichen Wissens. Deshalb liegt aber auch keine "Setzung" sensu closs in der Form einer vor-angenommenen Realität vor: Die Neigung zur Annahme einer Realität hinsichtlich der Naturwissenschaften resultiert eigentlich "nur" aus der erfolgreichen Nutzbarkeit derer Modelle. Man kann der Meinung sein bzw. annehmen, sie seien deshalb so "stabil" nutzbar, weil es eine stabile äußere Realität gibt, die durch die Modelle hinreichend genau gemäß den bekannten Beobachtungen (= den bekannten empirischen Phänomenen) beschrieben werden. Fundiert begründet wurde dies allerdings noch nicht.

Und niemals vergessen: Wenn 2 Modelle dieselben Voraussagen machen, sind sie trivialerweise nach dem entscheidenden Kriterium, nämlich der Vorhersage von Beobachtungen völlig "kongruent". Welchen Sinn macht es in solch einer Situation, das logisch oder rechentechnisch aufwendigere Modell zu benutzen?
Wenn ich mit dem Auto auf der Straße so längs fahre, dann kann es also sein, dass in Wahrheit das Auto still steht und die Erde sich entsprechend in der entgegengesetzten Richtung dreht?
Nach deinen philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen, kann man da also nie ganz sicher sein. :o

Aber du, werter Anton, hast ja Recht. Nur braucht man nicht so viele Wörter, um zu sagen, dass eine Theorie nie bewiesen werden kann und nur so lange als 'richtig' gilt, bis jemand sie falsifiziert. Das ist doch ein alter Hut ;)
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#53 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Anton B. » Di 7. Jan 2014, 15:16

Hallo Zeus.

Zeus hat geschrieben:Wenn ich mit dem Auto auf der Straße so längs fahre, dann kann es also sein, dass in Wahrheit das Auto still steht und die Erde sich entsprechend in der entgegengesetzten Richtung dreht?
Nach deinen philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen, kann man da also nie ganz sicher sein. :o
In Wahrheit eben schon mal gar nicht, wie oben erläutert.

Dein Modell könnte für die eine Beobachtung und für weitere, die dieses eine Auto betreffen, vielleicht Vorhersagen machen, die durch Beobachtungen bestätigt werden. Allerdings endet die Erklärungsmacht recht schnell, nämlich bei der Einbeziehung weiterer, sich gleichzeitig in allerlei Richtungen mit verschiedenen Geschwindigkeiten sich bewegenden Fahrzeugen.

Außerdem sei darauf hingewisen, dass meine "... philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen ..." nur den betreffenden zeitgenössischen Kenntnisstand wiedergeben. Interessanterweise sind die ganzen philosophischen Hintergründe für den aktiven Naturwissenschaftler in seiner Arbeit ja relativ egal. Man lernt diese Aspekte nicht explizit in seiner Ausbildung. "Man macht einfach" nach gutem Vorbild. Das geht wohl auf die Wurzel der Naturwissenschaften zurück, die im Handwerk begründet ist.

Die genannten philosophischen Disziplinen -- das darf man wohl sagen -- stehen den Naturwissenschaften wie eigentlich allem Empirischem ja doch ziemlich fassungslos gegenüber und versuchen nachträglich und aus Außensicht, deren Procedere als auch deren Erfolg zu begründen.

Mit besten Grüßen

Anton
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#54 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Zeus » Di 7. Jan 2014, 15:55

Zeus hat geschrieben:Wenn ich mit dem Auto auf der Straße so längs fahre, dann kann es also sein, dass in Wahrheit das Auto still steht und die Erde sich entsprechend in der entgegengesetzten Richtung dreht?
Nach deinen philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen, kann man da also nie ganz sicher sein. :o
In Wahrheit eben schon mal gar nicht, wie oben erläutert.

Anton B. hat geschrieben:Dein Modell könnte für die eine Beobachtung und für weitere, die dieses eine Auto betreffen, vielleicht Vorhersagen machen, die durch Beobachtungen bestätigt werden. Allerdings endet die Erklärungsmacht recht schnell, nämlich bei der Einbeziehung weiterer, sich gleichzeitig in allerlei Richtungen mit verschiedenen Geschwindigkeiten sich bewegenden Fahrzeugen.
Vielleicht auch nicht. Ich könnte den resultierenden Vetor aller in Frage kommenten Autobewegungen - natürlich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Massen - berechnen und die Erde dann in die entgegengesetzte Richtung drehen lassen. :lol:

Anton B. hat geschrieben:Außerdem sei darauf hingewisen, dass meine "... philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen ..." nur den betreffenden zeitgenössischen Kenntnisstand wiedergeben. Interessanterweise sind die ganzen philosophischen Hintergründe für den aktiven Naturwissenschaftler in seiner Arbeit ja relativ egal.
Du hast es erfasst! :D

Gruß
Zeus
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#55 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von closs » Di 7. Jan 2014, 17:36

Anton B. hat geschrieben:Interessanterweise sind die ganzen philosophischen Hintergründe für den aktiven Naturwissenschaftler in seiner Arbeit ja relativ egal. Man lernt diese Aspekte nicht explizit in seiner Ausbildung. "Man macht einfach" nach gutem Vorbild. Das geht wohl auf die Wurzel der Naturwissenschaften zurück, die im Handwerk begründet ist.
So kommt es auch rüber.

Also sollte man unterscheiden zwischen Naturwissenschaftler im Dienst und Naturwissenschaftler nach Dienst, wenn man über philosophische, erkenntnis-theoretische Dinge spricht. - Allerdings fällt auf, dass Naturwissenschaftler oft ihre handwerkliche Grundlagen auch außer Dienst als verbindlich zu nehmen scheinen.

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#56 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Zeus » Di 7. Jan 2014, 17:38

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Dass die Sonne sich um die viel kleinere Erde dreht, ist physikalisch gesehen, Schwachfug.
Sollte auch keine Empfehlung sein. - Es ist in der Tat "Schwachfug", wenn man Schwerkraft als Maßstab nimmt.

Vor einigen Jahrhunderten hat man die eigene Wahrnehmung zum Maßstab genommen - und die war geozentrisch. - Man wählt also, was einem wichtiger ist.
Nö, man hat nicht "gewählt". Das geozentrische System beruhte auf Unwissenheit.
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#57 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Zeus » Di 7. Jan 2014, 17:55

Anton B. hat geschrieben:Außerdem sei darauf hingewisen, dass meine "... philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen ..." nur den betreffenden zeitgenössischen Kenntnisstand wiedergeben. Interessanterweise sind die ganzen philosophischen Hintergründe für den aktiven Naturwissenschaftler in seiner Arbeit ja relativ egal. Man lernt diese Aspekte nicht explizit in seiner Ausbildung.
Und wozu sollte die Philosophie in der Naturwissenschaft gut sein?
closs hat geschrieben:[...]Allerdings fällt auf, dass Naturwissenschaftler oft ihre handwerkliche Grundlagen auch außer Dienst als verbindlich zu nehmen scheinen.
Und die Philosophen tun das etwa nicht?
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#58 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Anton B. » Di 7. Jan 2014, 18:00

Zeus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Dass die Sonne sich um die viel kleinere Erde dreht, ist physikalisch gesehen, Schwachfug.
Sollte auch keine Empfehlung sein. - Es ist in der Tat "Schwachfug", wenn man Schwerkraft als Maßstab nimmt.

Vor einigen Jahrhunderten hat man die eigene Wahrnehmung zum Maßstab genommen - und die war geozentrisch. - Man wählt also, was einem wichtiger ist.
Nö, man hat nicht "gewählt". Das geozentrische System beruhte auf Unwissenheit.
Sehe ich im Prinzip wie Zeus! Die Philosophen haben viel Aufwand mit der Untersuchung der Frage betrieben, wie viel Unbestimmtheit denn nun wirklich bei dem Entwickeln und "Durchsetzen" einer wissenschaftlichen Theorie im "Diskurs" vorhanden war und ist. Die anfängliche These, da würde nach kruden Gesichtspunkten aus der Unbestimmtheit ein sachlich beliebiges Modell herausgefischt, konnte nicht erhärtet werden.

Die von Zeus genannte "Unwissenheit" ist allerdings nur die Differenmenge zwischem damaligem und heutigem Wissen, genauso aber der damals bekannten und der heute verfügbaren Beobachtungen. Insofern stellte das geozentrische Weltbild m.E. auf jedem Fall (damaliges) Wissen dar und ist mehr als eine beliebige Annahme.
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#59 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Anton B. » Di 7. Jan 2014, 18:10

Zeus hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Außerdem sei darauf hingewisen, dass meine "... philosophischen erkenntnistheoretischen Ausführungen ..." nur den betreffenden zeitgenössischen Kenntnisstand wiedergeben. Interessanterweise sind die ganzen philosophischen Hintergründe für den aktiven Naturwissenschaftler in seiner Arbeit ja relativ egal. Man lernt diese Aspekte nicht explizit in seiner Ausbildung.
Und wozu sollte die Philosophie in der Naturwissenschaft gut sein?
Ich finde, Popper hat uns eine scharfe logische Klinge übereignet. Wenn ich In meinen Publikation mal wirklich die Vor-Wissenschaft verlasse und eine Theorie präsentiere, prüfe ich immer auf die gegebene potentielle Falsifizierbarkeit und gebe auch Vorhersagen zum Besten, deren weitere Überprüfung ich anrege.

Die Sichtweise Kuhns der Naturwissenschaften als auch soziale Projekte kann ganz banal beim Einwerben von "Mitteln" tatsächlich hilfreich sein. Also ich sehe da auch einen konkreten Benefit. Ganz abgesehen davon finde ich die Fragen um das "Fundament" des eigenen Tuens persönlich auch ganz interessant.
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#60 Re: Das Atommodell ist geboren!

Beitrag von Zeus » Di 7. Jan 2014, 18:27

Anton B. hat geschrieben: Die von Zeus genannte "Unwissenheit" ist allerdings nur die Differenmenge zwischem damaligem und heutigem Wissen, genauso aber der damals bekannten und der heute verfügbaren Beobachtungen. Insofern stellte das geozentrische Weltbild m.E. auf jedem Fall (damaliges) Wissen dar und ist mehr als eine beliebige Annahme.
Selbstverständlich handelte es sich nicht um eine beliebige Annahme. Jeder sehende Mensch konnte es doch mit seinen eigenen Augen wahrnehmen, dass die Sonne sich um die Erde drehte!
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