Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

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sven23
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#591 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 14. Dez 2013, 11:49

closs hat geschrieben:Das ist richtig und hat damit zu tun, dass Wahrnehmung nicht objektiv unterscheiden kann zwischen Wahrnehmung einer Illusion und Wahrnehmung der Realität. - Das gilt übrigens auch für Naturwissenschaften.


Das wäre aber nur der Anfangsbefund. Danach läßt sich Realität sehr wohl untersuchen und von der Illusion unterscheiden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Naqual
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#592 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Naqual » Sa 14. Dez 2013, 12:07

Yusuke hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Ist es überhaupt möglich, an einen Gott zu "glauben" wenn man so gar keine Vorstellung von diesem hat?
Das ist eine gute Frage und ich sehe es ähnlich, es ist schwierig an etwas zu glauben, was man sich nicht vorstellen kann. Es scheint aber nicht unmöglich zu sein, weil es gab damals zur biblischen Zeit oder heute auch noch Menschen, die damit keine großen Probleme haben. Vielleicht ist das damit gemeint, wenn Jesus spricht: "wenn ihr nicht werdet, wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Reich Gottes eingehen", diese Bereitschaft sich auf das Unfassbare/Unergründliche einzlassen. Kinder haben damit kein Problem.
Ein Kind glaubt (fürwahrhalten) unbefangener und schneller, aber auch mit viel konkreteren Vorstellungen als ein Erwachsener! Und da existiert eine sehr klare Vorstellung von einem Gott und sei es mit weißem Bart und auf den Wolken sitzend. Ein Kind glaubt nicht ohne konkrete Vorstellung. Der Glaube an eine unfassbare Abstraktion ist ihm völlig fremd.

Aber auch für Erwachsene halte ich es für eine völlig blödsinnige und irreale Meinung, man könne Vorstellungen von an einen geglaubten Gott vermeiden. Wie soll das funktionieren?
Man kann es schon kaum vermeiden, sich eine optische Vorstellung zu machen und sei es ein astraler Ansprechpartner.
In dem Moment, wo man an einen Gott glaubt, hat man bereits eine Vorstellung, man hat etwas, das man an ihm schätzt, z.B. ein Gott der Liebe oder der Gerechtigkeit. Wie soll man etwas wertschätzen ohne Vorstellung?
Da waren die vor Jahrtausenden im AT mit dem "Bildnisverbot" realistischer. Sie verstanden darunter materielle Skulpturen.
Also Gott kann man nicht in Gold, Silber und Bronze gießen und anbeten.
Es geht nicht ohne Vorstellungen von Gott, aber gleichzeitig muss man sich darüber im klaren sein, dass es "Vorstellungen" sind, also eingeschränkte Möglichkeiten und evtl. in einzelnen Bereichen auch verkehrt, über Gott.

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#593 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Salome23 » Sa 14. Dez 2013, 12:09

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Das ist richtig und hat damit zu tun, dass Wahrnehmung nicht objektiv unterscheiden kann zwischen Wahrnehmung einer Illusion und Wahrnehmung der Realität. - Das gilt übrigens auch für Naturwissenschaften.


Das wäre aber nur der Anfangsbefund. Danach läßt sich Realität sehr wohl untersuchen und von der Illusion unterscheiden.
Was dann wieder ein Leitfaden zu folgendem Thread wäre:
Glaube und Wissen
Zuletzt geändert von Salome23 am Sa 14. Dez 2013, 12:11, insgesamt 1-mal geändert.

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Yusuke
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#594 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Yusuke » Sa 14. Dez 2013, 12:10

sven23 hat geschrieben:Götter waren immer Projektionsfläche für menschliche Wunschvorstellungen und das ist bis heute so. Gott ist und bleibt eine Imaginatio

Du hast Recht, das viele Gottesvorstellungen auf menschliche Wunschvorstellungen zurückgehen, aber auf den biblischen Gott lässt sich diese Projektionstheorie Feuerbachs nicht anwenden.

Welche Wunschvorstellungen sollen die Hebräer auf JHWH übertragen haben als sie durch die Wüste gewandert sind? Welche Vorstellungen soll David übertragen haben als ihm seine Vergehen mitteilt als er Mord/Ehebruch beging?

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#595 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Salome23 » Sa 14. Dez 2013, 12:13

Du hast Recht, das viele Gottesvorstellungen auf menschliche Wunschvorstellungen zurückgehen
Nicht nur Gottes-Vorstellungen..
Und Vorstellungen gehn auch nicht nur aus einem Wunsch hervor... ;)

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sven23
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#596 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 14. Dez 2013, 12:22

Yusuke hat geschrieben:
Du hast Recht, das viele Gottesvorstellungen auf menschliche Wunschvorstellungen zurückgehen, aber auf den biblischen Gott lässt sich diese Projektionstheorie Feuerbachs nicht anwenden.

Warum nicht? Feuerbach bezog sich gerade auf diesen. Warum sollte Jahwe hier eine Ausnahme sein?
Götterwelten waren auch immer eine Spielwiese für mythologische Erzählungen und Trägödien, als
Spiegelbild für menschliche Tragödien und Leid. Ein großes Leitmotiv im AT ist die Bestrafung für Verhalten, das von der gesetzten Norm abweicht.
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Naqual
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#597 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Naqual » Sa 14. Dez 2013, 12:33

Yusuke hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Götter waren immer Projektionsfläche für menschliche Wunschvorstellungen und das ist bis heute so. Gott ist und bleibt eine Imaginatio
Du hast Recht, das viele Gottesvorstellungen auf menschliche Wunschvorstellungen zurückgehen, aber auf den biblischen Gott lässt sich diese Projektionstheorie Feuerbachs nicht anwenden.
Doch auch. Die Projektionstheorie ist recht universal. Wir machen uns immer Vorstellungen, die teils richtig sind und teils verkehrt sein können. Ich denke, dass jede Gottesvorstellung eine rechte Mischung von zutreffend und unzutreffend ist.
Religionen neigen dazu normativ ihre Sicht als die Einzigwahre zu setzen, Gläubige nehmen dies gerne auf, weil ihnen dies ein Gefühl von Sicherheit gibt, etwas worauf man sich verlassen kann. Die Alternative: sich ständig vor Augen zu halten, vielleicht auch (in mehr oder weniger großen Teilbereichen) verkehrt liegen zu können, ist schwerer zu ertragen.

Welche Wunschvorstellungen sollen die Hebräer auf JHWH übertragen haben als sie durch die Wüste gewandert sind? Welche Vorstellungen soll David übertragen haben als ihm seine Vergehen mitteilt als er Mord/Ehebruch beging?
Die Wunschvorstellung eines irdischen Fürsten projeziert auf ein astrales Überwesen (bedeutet Zuverlässigkeit), der klare Regeln und Gebote hat, so dass man weiß wo man dran ist. Einer der zwar Einsatz fordert, aber sich auch darum kümmert, dass die vom Wüstensand wunden Füße wieder heilen und Belohnung erfolgt.
Zu David kann man spekulativ sagen, er wird es sicher gewusst haben, dass er selbst nicht an der Stelle des getöten Ehemanns der Geliebten hätte sein wollen. Einerseits will er seinen Kopf, Triebe und Interessen durchsetzen, andererseits möchte er eine gerechte und friedliche Welt, in der eben nicht nur die Super-Egos für Unruhe sorgen können.

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#598 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Naqual » Sa 14. Dez 2013, 12:40

Salome23 hat geschrieben:
Du hast Recht, das viele Gottesvorstellungen auf menschliche Wunschvorstellungen zurückgehen
Nicht nur Gottes-Vorstellungen..
Und Vorstellungen gehn auch nicht nur aus einem Wunsch hervor... ;)
Die wirksamsten Vorstellungen gehen wohl auf Ängste zurück, die projeziert werden (wobei damit letztlich auch wieder ein Wunsch verbunden ist: Der Grund für die Angst möge entfallen).
Vorstellungen, die auf rein rationale Überlegung (ohne dass Gefühle involviert wären) beruhen, sind allerdings eher die Ausnahme. Nicht nur religiös, sondern auch im alltäglichen Leben, sogar im Wissenschaftsbetrieb.

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#599 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von closs » Sa 14. Dez 2013, 12:58

Salome23 hat geschrieben:.kann ich mit irgendeinem Sinnesorgan wahrnehmen= subj. real
Das wäre jetzt wieder mal die Frage nach der Definition von "Realität". - Meine Definition ist:

"Realität ist das, was unabhängig von Wahrnehmung der Fall ist" - wenn man es wahrnehmen kann, um so besser. - Dass Realität auf eine spezielle Wahrnehmungsform beschränkt sein sollte, wäre pure Willkür. Als ob Realität sich darum scheren würde, ob sie wahrgenommen wird.

sven23 hat geschrieben:Danach läßt sich Realität sehr wohl untersuchen und von der Illusion unterscheiden.
Wie das?

Aufgrund einer Setzung kann man das vereinbaren - aber das ist keine Aussage über Realität, sondern über Wahrnehmung.

Naqual hat geschrieben:Es geht nicht ohne Vorstellungen von Gott, aber gleichzeitig muss man sich darüber im klaren sein, dass es "Vorstellungen" sind, also eingeschränkte Möglichkeiten und evtl. in einzelnen Bereichen auch verkehrt, über Gott.
So ist es - deshalb muss man unterscheiden zwischen Gott und dessen Selbst-Offenbarungen (also sein Sich-wahrnehmbar-Machung).

Salome23 hat geschrieben:Was dann wieder ein Leitfaden zu folgendem Thread wäre: Glaube und Wissen
Stimmt - wie kommt man da rüber, ohne dort reinzuplatzen?

Pluto
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#600 Re: Der (imaginäre) transzendente Gott der Bibel

Beitrag von Pluto » Sa 14. Dez 2013, 13:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Danach läßt sich Realität sehr wohl untersuchen und von der Illusion unterscheiden.
Wie das?
Aufgrund einer Setzung kann man das vereinbaren - aber das ist keine Aussage über Realität, sondern über Wahrnehmung.
Wir drehen uns im Kreis, lieber closs. Das hatten wir dir erst vor kurzem erklärt. Schon vergessen?

Die Antwort lautet: cogito ergo sum
Man kann nicht denken, ohne real zu existieren. Dazu braucht es auch keinerlei Setzung.

Dort wo Denken stattfindet (im ICH) existiert Realität.
Also bin ICH real.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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