Vitella hat geschrieben: ich hab dazu neuerdings ne andere Theorie...und zwar tut Mitgefühl erstens weh und zweitens, wenn man im Hier und Jetzt lebt.....und so...es heisst ja, dass man im Hier und Jetzt leben soll und man dann keine Probleme mehr hat, weil die meisten Probleme im Denken entstanden sind, zieht man sich davon zurück in sich selbst, dann gibt es hier kein Problem, alles Friede,Freude Eierkuchen.
Wer behauptet soetwas? Wenn ein spiritueller Lehrer eine solch vereinfachende Antwort gibt, dann ist er – offen gesprochen – ein Scharlatan. Zum Lebendigsein … zum Menschsein gehören schwankende Gefühle. Ein sehr naheliegendes Bild ist dafür der Herzmonitor, welcher die Vitalparameter des Herzrhythmus anzeigt. Nur bei Gestorbenen ist der Strich eine Gerade. Solange man lebt gibt es aber die Höhen und Tiefen. „Achtsamkeit“ heißt in diesem Sinne einfach nur: die Höhen und Tiefen anschauen und annehmen, anstatt ihnen auszuweichen.
Das klingt einfach, ist es aber nicht, denn der Verstand ist darauf programmiert permanent Vorstellungen zu entwickeln ... und die Gefahr dabei ist eben, dass man mehr in den Vorstellungen, als in den eigenen Gefühlen lebt. Friede ensteht aber erst, wenn wir die Gefühle anschauen und annehmen. Manche Gefühle möchte man nicht annehmen, weil sie einem falsch vorkommen - aber es gibt keine falschen Gefühle, es gibt nur einen mehr oder weniger sinnvollen Umgang damit. So würde ich es sagen: Lebendigsein tut weh ... kein Mensch ist darüber erhaben ... aber Frieden wird kommen, wenn wir das zulassen. Wenn der Mensch wohnhaft in sich selbst wird. Das würde ich auch auf die politische Dimension übertragen: die Christen hatten und haben ebenso, wie die Kommunisten, große Ideale, menschliche und wichtige Ideale, die heute ebenso richtig bleiben, aber letztlich kommt es nicht auf politische Vorstellungen oder Glaubenssysteme an, sondern auf das eigene Bewusstsein. Wir können unsre Verantwortung mehr und mehr an irgendwelche Kirchen, Parteien und sonstige Organisationen outsorcen - aber dann müssen wir uns auch nicht wundern, wenn es schief geht.
ich denke zur Zeit, das dass Hier und Jetzt das Verdrängen und nicht Einlassen von Gefühlen ist, denn wie kann Mitgefühl entstehen wenn man nur in sich selber ist.?
Ist man denn im Hier und Jetzt und wirklich bei sich selbst, wenn man vorhandene Gefühle verdrängt? Und wie kann man Mitgefühl erfahren, wenn man noch nicht mal ein Bewusstsein für sich selbst bekommen hat? Das eigene Bewusstsein ist die Wurzel. Wenn man kein Mitgefühl erfährt, dann liegt die Ursache dort. Meiner Meinung nach sind alle Gefühle Mitgefühle, wenn man sie wirklich bewusst erlebt. Gefühle schaffen nicht nur Verbindung, sie sind Verbundenheit.
Ein Glaubenssystem ist auch die These des Hier und Jetzt. Jede Theorie ist ein Glaubenssystem, alles was wir an Meinungen haben sind Glaubenssysteme.
Was ist Gegenwart, wenn nicht das, was wirklich geschieht? Darauf kannst du dich einlassen oder nicht. Ein Glaubenssystem geht von Wahrheiten aus, die man glauben muss. Das Hier und Jetzt hingegen ist eine Erfahrung, aber keine Lehre. Es wird zwar in allen spirituellen Traditionen die "Achtsamkeit" gelehrt, aber genau genommen lehrt man nur einen Weg, um bewusst in die Erfahrung zu kommen. Man übt die "Präsenz".