Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#151 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Pluto » Do 28. Nov 2013, 01:06

closs hat geschrieben:Sie hat es im Sinne ihres Denkmodell entkräftet (man wird unterstellen, dass sie das diesbezüglich fehlerfrei gemacht hat). - Allerdings verstehe ich die Schlussfolgerung nicht:
Unsere Vorstellung des Übernatürlichen ist aber Existenz ohne kausale Beziehung
Was meint sie damit? - Woraus schließt sie, dass Nicht-Naturalistisches ohne kausale Beziehung ist? - Kausale Beziehung in Bezug auf was?
Wenn das Übernatürliche kausal ist, müsste man es messen können. Man kann es auch anders erklären:

Nimm an, es gäbe einen Gespenst, für den Materie kein Hindernis ist, weil es mit ihr nicht wechselwirkt. Dann könnte er nicht nur durch Mauern gehen können, sondern auch durch Menschen, ohne wahrgenommen zu werden. Könnte es aber mit dir wechselwirken, so könnte es nicht durch Mauern gehen.
Erkennst du das Problem? "You can't have cake and eat it too."
So ist es auch mit der Transzendenz.
Verstehst Du Wahrnehmung an sich als Wechselwirkung?
Selbstverständlich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#152 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Do 28. Nov 2013, 01:24

Pluto hat geschrieben: Verstehst Du Wahrnehmung an sich als Wechselwirkung?

Selbstverständlich.
Ich auch - aber erst mal nur für den Wahrnehmenden und nicht für das Wahrzunehmende (lassen wir mal Heisenbergsche Sonderfälle weg). - Ich frage nach, weil "Wechsel" so klingt, als würde das Wahrzunehmende immer "merken", wenn es wahrgenommen wird.

Pluto hat geschrieben:Wenn das Übernatürliche kausal ist, müsste man es messen können.
Das klingt aber eher nach Setzung als nach Schlussfolgerung.

Pluto hat geschrieben:Nimm an, es gäbe einen Gespenst, für den Materie kein Hindernis ist
Ok - spielen wir das mal durch:

a) Es kann vom Menschen unerkannt durch Materie gehen.
b) Es kann für den Menschen wahrnehmbar durch Materie gehen.

Insofern verstehe ich folgenden Satz von Dir NICHT:
Pluto hat geschrieben:Könnte es aber mit dir wechselwirken, so könnte es nicht durch Mauern gehen.
Ich bin wahrlich kein Harry-Potter-Freak - aber da kommen solche Sachen ständig vor.

Logisch ist Dein Ansatz noch nicht für mich transparent.

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#153 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von barbara » Do 28. Nov 2013, 06:26

Pluto hat geschrieben:Wenn das Übernatürliche kausal ist, müsste man es messen können.

Einwände:

- Sobald etwas messbar ist, ist es nicht mehr "über" der Natur, sondern Teil der Natur.

- Es gibt Dinge in der Natur - z.B. bei radioaktiven Atomen der genaue Zeitpunkt des Zerfalls eines bestimmten Atoms - die nicht kausal sind, aber dennoch messbar.

- Es gibt Dinge, die sind noch nicht messbar, da es schlicht keine Geräte dafür gibt, die entsprechend messen können.

- Es gibt aus der geistigen Welt Dinge, die nachweislich lange Ketten von Wirkungen nach sich ziehen - die man aber trotzdem nicht messen kann. "Christentum" kann man zum Beispiel nicht messen, ist aber eien Wirkung, die sich stark durch die letzten zweitausend Jahre Geschichte zieht, inklusive vieler messbarer Veränderungen, wie dem Bau von physischen Kirchen mit Länge, Breite, Gewicht, Volumen (alles messbar)



Nimm an, es gäbe einen Gespenst, für den Materie kein Hindernis ist, weil es mit ihr nicht wechselwirkt. Dann könnte er nicht nur durch Mauern gehen können, sondern auch durch Menschen, ohne wahrgenommen zu werden. Könnte es aber mit dir wechselwirken, so könnte es nicht durch Mauern gehen.

Die Erfahrung zeigt, dass es kaum je nur schwarz und weiss gibt - sondern viele Schattierungen von Farbe.

Ich als Mensch kann zB durch Luft gehen, oft ohne die Luft als solche wahrzunehmen - aber bloss weil sie unterhalb meiner aktuellen Wahrnehmungsschwelle ist, ist sie noch längst nicht übernatürlich, nicht messbar oder nicht vorhanden.

So ist es auch mit der Transzendenz.

auch bei der Transzendenz gilt: allzu grobe Vereinfachungen vereinfachen zu sehr, und verzerren deshalb die Realität.

gruss, barbara

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#154 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von sven23 » Do 28. Nov 2013, 12:21

barbara hat geschrieben:Ich als Mensch kann zB durch Luft gehen, oft ohne die Luft als solche wahrzunehmen - aber bloss weil sie unterhalb meiner aktuellen Wahrnehmungsschwelle ist, ist sie noch längst nicht übernatürlich, nicht messbar oder nicht vorhanden.


Halte den Kopf aus einem fahrenden Auto und du spürst den Widerstand der Luft oder gehe im Sturm spazieren, alles ganz natürliche, nachvollziehbare Vorgänge, die wir auch mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Für alles andere gibt es mittlerweile eine breite Palette an Meßinstrumenten. Für Übernatürliches bleibt da nicht mehr viel Spielraum übrig. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#155 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Do 28. Nov 2013, 14:06

sven23 hat geschrieben:Für Übernatürliches bleibt da nicht mehr viel Spielraum übrig. ;)
NAturalistische Messinstrumente sind genaus so geeignet für meta-physische Erscheinungen wie Dezibel-Messer für den Inhalt der MAtthäus-Passion. - Kategorien-Fehler. - Man holt auch nicht den Klemptner für seinen Fernseher, wenn einem das Programm nicht gefällt.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#156 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Pluto » Do 28. Nov 2013, 14:22

barbara hat geschrieben:Einwände:
- Sobald etwas messbar ist, ist es nicht mehr "über" der Natur, sondern Teil der Natur.
Eben meine Rede. Doch dieses Argument spricht gegen die Transzendenz und nicht für sie.
- Es gibt Dinge in der Natur - z.B. bei radioaktiven Atomen der genaue Zeitpunkt des Zerfalls eines bestimmten Atoms - die nicht kausal sind, aber dennoch messbar.
Nicht kausal...
Dieser Einwand spricht eher für Unverständnis der Quantentheorie, als für ein nicht kausales Ereignis.
Dass der Zeitpunkt nicht messbar ist, ist eine Folge der Unschärfe Relation.
Hinzu kommt, dass der Zerfall im Mittel aller Atome sehr wohl vorhersagbar ist (s. Halbwertszeit)
- Es gibt Dinge, die sind noch nicht messbar, da es schlicht keine Geräte dafür gibt, die entsprechend messen können.
Das ist eine diffuse, spekulative Behauptung die du mit nichts untermauern kannst.
- Es gibt aus der geistigen Welt Dinge, die nachweislich lange Ketten von Wirkungen nach sich ziehen - die man aber trotzdem nicht messen kann.
dito.
"Christentum" kann man zum Beispiel nicht messen, ist aber eien Wirkung, die sich stark durch die letzten zweitausend Jahre Geschichte zieht
Das Christentum gründet auf Glaube, und ist daher eine kulturelle Prägung der Menschen, die keine Substanz in der Wirklichkeit aufweist.
Könnte es aber mit dir wechselwirken, so könnte es nicht durch Mauern gehen.
Die Erfahrung zeigt, dass es kaum je nur schwarz und weiss gibt - sondern viele Schattierungen von Farbe.
Dennoch... nach der Logik, wird der Existenz von Geist Grenzen gesetzt.
auch bei der Transzendenz gilt: allzu grobe Vereinfachungen vereinfachen zu sehr, und verzerren deshalb die Realität.
Was genau ist Transzendenz überhaupt? Wenn es nicht messbar ist, kann man es nicht einmal exakt definieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#157 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Do 28. Nov 2013, 14:48

Pluto hat geschrieben: Wenn es nicht messbar ist, kann man es nicht einmal exakt definieren.
Das ist nicht entscheidend dafür, ob etwas "ist" - es ist allerdings sehr wohl wichtig dafür, wie man an etwas, was "ist" oder "nicht ist", wahrnehmungsmäßig herankommt. - Messbarkeit von Realität ist super, aber keine notwendige Eigenschaft von Realität.

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#158 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von barbara » Do 28. Nov 2013, 16:41

sven23 hat geschrieben: Halte den Kopf aus einem fahrenden Auto und du spürst den Widerstand der Luft oder gehe im Sturm spazieren, alles ganz natürliche, nachvollziehbare Vorgänge, die wir auch mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Für alles andere gibt es mittlerweile eine breite Palette an Meßinstrumenten. Für Übernatürliches bleibt da nicht mehr viel Spielraum übrig. ;)

Der Punkt ist, es gibt vieles, das ist technisch messbar aber ich kann das nicht wahrnehmen - umgekehrt gibt es vieles, das ich wahrnehmen kann, das aber schwierig technisch zu messen ist; und dann gibt es sicher viele Dinge, die wir Menschen nicht über unsere Sinnesorgane direkt wahrnehmen aber auch nicht mit technischen Messgeräten und von denen wir folglich noch gar keine Ahnung haben.

Das Konzept des Übernatürlichen im Sinne von: da funktioniert etwas ausserhalb der Naturgesetze, finde ich eine nicht sehr sinnvolle Vorstellung, da dualistisch; hier das göttliche Reich, da die Welt. Ich bin Monistin, es gibt keine Trennung, sondern in jedem Gegenstand, in jedem Lebewesen sind die göttlich/geistien und die materiellen Aspekte gleichzeitig vorhanden, und so eng verbunden, dass es keinen Wert hat sie trennen zu wollen.

gruss, barbara

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#159 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von barbara » Do 28. Nov 2013, 16:50

Pluto hat geschrieben:Eben meine Rede. Doch dieses Argument spricht gegen die Transzendenz und nicht für sie.

nein, das spricht keineswegs gegen Transzendenz, das ist bloss ordentliches Sortieren.


Nicht kausal...
Dieser Einwand spricht eher für Unverständnis der Quantentheorie, als für ein nicht kausales Ereignis.

Laut Heisenberg ist es nicht kausal. Da er wesentlich dazu beigetragen hat, die Theorie zu entwickeln, glaub ich ihm das mal. Heisenberg spricth explizit davon, dass es nicht kausal sei, grundsätzlich - und nicht etwa ein Messproblem oder ein technisches Problem.


Hinzu kommt, dass der Zerfall im Mittel aller Atome sehr wohl vorhersagbar ist

In der Masse ja, aber individuell eben nicht. Man kann auch im Lotto sagen, dass alle Zahlen im Mittel gleich häufig vorkommen, was dir aber nichts nützt, wenn du die Lottozahlen von morgen ankreuzen willst.


Das ist eine diffuse, spekulative Behauptung die du mit nichts untermauern kannst.

die Gegenbehauptung wäre: die Wissenschaft weiss heute schon alles und kann alles messen, was messbar ist.

Die ist noch viel spekulativer als die bescheidene Annahme, dass es noch Rätsel zu erforschen gibt, die wir heute noch nicht kennen - Fragen zu beantworten, wo wir heute womöglich noch nicht mal die Frage kennen, weil wir noch zu wenig wissen.


Das Christentum gründet auf Glaube, und ist daher eine kulturelle Prägung der Menschen, die keine Substanz in der Wirklichkeit aufweist.

ja, der Glaube und die kulturelle Prägung weisen keine Substanz auf - aber sie haben nachweislich Folgen, die sehr wohl materiell sind. Man kann zB sicher irgendwo eine Liste aller europäischen Kirchen nachlesen, und vielleicht noch viele interessante Daten wie: Länge der Bauzeit, totales Gewicht des verbauten Materials, totales Volumen, totale Kosten etc.

die rein naturwissenschaftliche Betrachtung, die Aussagen machen kann wie "der Steinblock wurde vom Steinbruch X bis in die Stadt Y transportiert mit Durchschnittsgeschwindigkeit V" hilft eben nicht wirklich weiter, zu verstehen, warum der Steinblock diese Reise machte. die transzendente - nicht mit Messungen fassbare - Aussage "es geschah zum Ruhme Gottes" liefert erst das Motiv.


Was genau ist Transzendenz überhaupt? Wenn es nicht messbar ist, kann man es nicht einmal exakt definieren.

Transcedere heisst ja "überschreiten", und gemeint ist in der Regel: das gedankliche, gefühlsmässige, emotionale Überschreiten des sinnlich Fassbaren. Es gibt eben nicht nur die Frage "was ist passiert?" (naturalistisch), sondern zB auch die Frage "Warum ist es passiert?" (transzendent)

gruss, barbara

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#160 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Lamarck » Do 28. Nov 2013, 17:29

Hi closs!

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Wenn es nicht messbar ist, kann man es nicht einmal exakt definieren.
Das ist nicht entscheidend dafür, ob etwas "ist" - es ist allerdings sehr wohl wichtig dafür, wie man an etwas, was "ist" oder "nicht ist", wahrnehmungsmäßig herankommt. - Messbarkeit von Realität ist super, aber keine notwendige Eigenschaft von Realität.

"Messbarkeit von Realität"? Wie schnell geht den Deine Realität von 0 auf 100?! ;)

Nicht messen lässt sich alles, was unermesslich ist. Prinzipiell unermesslich ist alles, was eine unendlich große Menge ergibt - an Beispielen wird hierzu gerne angeführt: Gott. Oder aber auch: Unermessliche Dummheit. In beiden Fällen kann davon ausgegangen werden, dass trotz Gemeinsamkeit mindestens in dieser Eigenschaft beides außerhalb der Fantasie nicht existiert ... .

Alles, was messbar ist, verfügt über physikalische Eigenschaften. Physikalische Eigenschaften sind deshalb physikalische Eigenschaften, weil sie miteinander in Bezug gesetzt werden können. Dieses 'Inbezugsetzen' ist nichts anderes als jenes, was die Theorie der Messung zum Gegenstand hat.

Bei Mengen geht es aber nur um das Zählen. Da sind dann allerdings auch überabzählbare Mengen (= überabzählbar unendlich) in gewisser Weise zu bewältigen. Einen unendlich schweren Gegenstand zu messen, ist allerdings nicht möglich. Es gelingt nämlich nicht, dessen Gewicht in Bezug zu setzen mit einem definierten Gewicht von bsw. 1 kg. Aber es gelingen doch Aussagen auch über beispielsweise unendlich schwere Gegenstände. Und bei der Frage zu unendlich schweren Gegenständen ist zunächst die Frage zu stellen, wie es möglich ist, hier von 'Schwere' zu sprechen.

Und welches Körpergewicht hat Gott? Wenn Gott genau 1 g wiegt, könnte ich dann sein Gewicht messen? Und auch, wenn ich sagen könnte, wieviele Engel auf eine Nadelspitze passen, so ist damit nicht gesagt, dass Engel der Realität anders als über die Fantasie entsprechen.




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

Antworten