Ruth hat geschrieben: ↑Sa 21. Mai 2022, 12:09
Ich bin ja auch unter strengem christlichen Regime aufgewachsen.
So sehr wie ich die dahinterstehende religiöse Ideologie innerlich ablehne, als Einstieg, gerade im jüngeren Alter hat es seine Vorteile: einfache Lösungen und feste Glaubenssätze damit leichte Orientierung. Später so finde, ich sollte man aber den "festen Rahmen mit den starren Inhalten" loslassen können. Eigentlich muss man es auch. Man gewinnt nur dabei. Allerdings ist - wie Du ja auch von Dir kennst -der Prozess durchaus auch schmerzhaft, einfach weil man das Für-wahr-halten von Glaubensinhalten für seligmachend hält. Und das schafft Ängste, wenn man alte Dogmen über Bord wirft.
Begab mich schon als Kind oft bewusst in eine "Traumwelt", um der harten Realität zu entfliehen. Es war für mich ganz natürlich, diese "Welten" zu trennen, und trotzdem am Leben teilzunehmen, ohne beide zu vermischen.
Ich sehe da einen gewissen Zusammenhang zu mystischen Erfahrungen, dass man sie überhaupt wahrnehmen kann.
Mystisch im weiteren Sinn verstanden als allgemein spirituell oder mit "Übernatürlichem/Unerklärlichen": ja, viele Gemeinsamkeiten.
Mystisch im engeren Sinn (unio mystica): NjEIN (mit kleinem J). Da ist es ein Inneres Erleben, indem unsere normale automatisierte und unbewusste Wahrnehnungsinterpretation zusammenfällt: das Einswerden von Subjekt und Objekt. Es könnte dem "monistischen" (nicht-dualen) Denken der Buddhisten ähneln.
Als ich dann älter wurde, gab es eine Phase, wo ich glaubte, bewusstes Träumen sei eine Sünde, weil man damit der Realität, in die Gott uns hineingestellt hat, entflieht. Vielleicht war das in dem Moment auch nötig für mich, damit die Grenzen mir bewusst bleiben. Irgendwann viel später, als Erwachsene, habe ich entdeckt, dass diese Form für mich auch beide "Welten" öffnen kann, weil das Unsichtbare für mich nicht bedrohlich war, in der Form, dass man darinnen "versinken" könnte.
Im Laufe der Zeit habe ich dann auch etliche Gotteserfahrungen dadurch gemacht, indem ich es einfach zuließ, auch die außerirdischen/innerlichen Impulse wahrzunehmen und zu deuten. Ich denke heute, dass es auch eine "Gabe von Gott" sein kann, mystische Dinge ganz natürlich im eigenen Leben auch zuzulassen und selbst zu kontrollieren. Gerade auch deshalb, weil so viele Gläubige regelrecht Angst davor haben, sich mit dieser Art zu denken und fühlen und leben auseinanderzusetzen... also scheinbar nicht fähig sind, außersinnliche Impulse wahrzunehmen.
"Bewusstes Träumen" ist auch so etwas, da gibt es unterschiedliche Arten. Als Kind war ich mir plötzlich im Traum bewusst, dass ich im Traum bin. Also fing ich an zu fliegen und die Welt von oben zu bewundern. Dann verlor ich aber die Traumsteuerung genau dann, als mir der erschreckende Gedanke kam, vergessen zu haben, wie man fliegt. Die Bruchlandung, bzw. voher der Sturz ließen mich aufwachen.
Etwas anderes ist, sich bewusst in einen meditativen Zustand zu versetzen, bei dem man einen Traum lebt. Teils so kristallklar, wie im realen Leben. (Das fasziniert alleine schon)
Wieder anders, wenn man in den Zustand "versetzt wird" während man wach ist (also ohne eigenes Zutun, quasi hineinfällt). Also wohl das, was man Visionen nennt. Vor fast 20 Jahren hatte ich mal öfters welche (dann nicht mehr). Das war sogar mit "Vorankündigung", ich spürte ein Gribbeln am Rückrat vorher. Einmal saß ich im Auto und fuhr gerade, bin schnell rechts rausgefahren, Auto geparkt, Augen geschlossen und mich entspannt ("fallen lassen"'). Es hörte auf, als ich es auch bewusst nicht mehr wollte, weil es mich mehr verwirrt hatte, als dass ich irgendeinen Nutzen oder Sinn gesehen hätte. Obwohl es nicht uninteressant war. Wenn man z.B. ein klares inneres Bild von einer Tempelanlage aus dem 3. Jahrtausend vor Christus hat und nach reichlicher Suche ein exaktes Bild davon im Internet findet. Aber was sagt mir das jetzt? Eigentlich nichts. Man grübelt und wird eher verwirrt, auch wenn der Unterhaltungswert nicht ohne war.

Und Verwirrung sehe ich als Warnsignal, das hat nichts mit Gott zu tun. Und der Sinn einer Vision sollte schon "Erkenntnis" sein. (Das gibt es natürlich auch - aber dann kann man auch, zumindest für sich selbst klar benennen, worin die Erkenntnis besteht.)
Der "Menschensohn" - wobei ich da gerade an "Jesus" denke - ist für mich immer noch eines der ungelösten Fragen ... wodurch ja auch die Frage in meinem Eingangspost entstanden ist. So allgemein die Menschen in der Verbindung zu Gott ist für mich die am ehesten naheliegende Version zur Frage, in welchem Verhältnis Gott zu den Menschen steht und umgekehrt. Jesus ist (zumindest nach den biblischen Berichten) herausragend anders aufgetreten. Seine Botschaft scheint die Nähe zu Gott (nur durch Jesus) eher einzugrenzen, als aufzulösen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die biblischen Geschichten und deren Auslegung sehr stark durch die jeweiligen Autoren und der nachträglichen Übersetzungen und Verbesserungen geprägt (und vielleicht auch teilweise verfälscht) ist, scheint Jesus eine Stellung zugeordnet zu sein, die alle anderen überragt.
Eine Erklärungsmöglichkeit (mit Entfernung vermuteter verfälschender Darstellungen im NT) : Jesus (als 100prozentiger Mensch) hat gepredigt, dass man Gott persönlich ganz nahe kommen kann. Wobei Nahekommen eine Art inneres Wissen ist, dass Er (liebend wie ein Vater) in einem ist. ("Ich aber und der Vater sind eins / "dass auch sie eins werden, wie wir eins sind"). Wobei das "Einssein" nicht bedeutet, sich einig zu sein, sondern eine tiefe Verbundenheit im "Sein" selbst. Der Menschensohn Jesus wird aber nun zum "Ideal-Repräsentanten" für absolute Gottesnähe. In dieser wird die eigene Person in Gott aufgelöst (es gibt KEIN Ego, im Sinne von Egoismus) mehr. Damit begründet man aber keine Weltreligion, weil dass die Massen gar nicht wollen. Die Massen wollen ein astrales Überwesen, das als sichtbarer Sieger hervorgeht und wo man mit möglichst minimaler Schleimspur sein Wohlwollen erkaufen kann. Klingt jetzt zynisch, aber - ohne dass sich die Leute über diese innere Motivation bewusst sind -ist es so. Ein Gott der darin besteht, dass die absolute Nähe mit Ihm das vollständige Verblassen des Egos (das am Kreuz stirbt) bedeutet, davor haben die massive Angst.
Das ist dann wohl das "Bildnis Gottes", als Vorlage für die Erschaffung des Menschen ... der Ursprung alles Seins.
In dieser Vorstellung wird Gott und Mensch als völlig separate Wesen gesehen. Also Gott schafft etwas anderes, völlig Neues und Separates außerhalb seiner Selbst. Irgendwo gibts dann ein paar Ähnlichkeiten, sonst wäre es kein Bild.
Konträr: Gott ist eins (als A von "A und O") er kann nur schaffen, in dem etwas anders ist als "eins". Dieses andere ist "eins (Geist)" im materiellen Raum. Also so wie ein Bildnis oder Bild eine zweidimensionale Darstellung von etwas Dreidimensionalem ist (die abgebildete Person), so ist Mensch die mit "Raum-Zeit-Dimension" versehene Version von Geist (Gottes). Aber Geist bleibt dabei Eins, denn auch ein Abbild kann Gott nicht als mehr als Eins darstellen. Wenn der Mensch seine Materialität (oder Raum-Zeit-Dimensionalität), ist er wieder in Gott (das O von "A und O" - oder die Rückkehr zum Vater). Davor hat man erst einmal ziemlich Angst. Aber die "Person" kann nicht ewig existieren mit seinen kleinlichen Eigenarten und seinem Ego, sie geht vollständig in Gott auf. Genau das ist der Himmel. Die für Massen bestimmte gern zu glaubende Version ist, dass man mit seinem Ego und Eigenarten (die einen von anderen unterscheiden) in den Himmel kommt und endlos belohnt wird. Also eine sehr unkompliziete, einfache Version, wie es sich der widerstrebende Teil (das Ego) es sich wünscht. Die Version ist aber vergleichbar mit einem 4-Sterne Koch der das Bild von einem Cheeseburger von McDonalds abschlecken darf.
