Ruth hat geschrieben: ↑So 15. Mai 2022, 18:29
Ja, so ähnlich denke ich mir das inzwischen auch. Ich gehe da nur eher von der anderes Seite ran, als du. Wenn ich etwas mit Gott erlebe, dann suche ich dieses Erleben auch bei anderen Menschen. Erst dann versuche ich die Verbindung zueinander zu finden - die Menschen miteinander und mit Gott verbindet. Ich suche quasi nach dem Gegenstück zum Aufruf der Missionierung/Evangelisation, wie ich es gelernt habe, und frage mich, was genau ich persönlich anderen Menschen noch geben kann, damit diese zu Gott finden. Dabei geht es dann aber immer auch um die Frage ob es überhaupt etwas gibt, was ich anderen Menschen vermitteln kann von Gott.
Man kann Gott nicht unmittelbar vermitteln, vor allem nicht dogmatisch, nicht mit Worten und Beschreibungen. Gott bewirkt in einem jedoch etwas, also z.B. Dinge die man (an Ihm) schätzt und für wertvoll hält. Jetzt vermitteln wir mit unserem So-SEiN (wie wir nun mal sind), Sein SEIN. Je mehr wir in Gottesnähe sind desto besser (jetzt mal die Schwankungen in unserem Sein außen vor gelassen). Also z.B. ein Aspekt des Gotteserlebens sei die erfahrene umfassende Akzeptanz des anderen (trotz des "anders-Seins"), das kann tief beeindruckend sein und uns-verändernd aufgenommen werden. Das kann man weitergeben (graduell natürlich, nicht vollkommen oder absolut). Die Gottesnähe zeichnet sich (m.E.) durch Mitgefühl aus. An sich erfahrenes Mitgefühl. Das ist etwas, das man in sich weiter entwickeln kann und damit weitergibt. Nicht von heute auf morgen, es ist ein innerlicher Prozess. Also die Gottesnähe spiegelt sich in der Nähe, die wir zu anderen Menschen (und sei es ein einziger) haben. Die Gottesnähe mag sich auszeichnen durch eine beindruckende Offenheit im Erleben mit Gott. Auch Offenheit kann weitergegeben werden. Also eine gelassene Ehrlichkeit zu sich selbst (Selbstakzeptanz und möglichst unverfälschtes Erfassen vom eigenen So-Sein) können wir einem anderen gegenüber offen zeigen. Das schafft Nähe zwischen einem anderen und einem selbst. Auch dann, wenn erst einmal einseitig.
Das mag jetzt idealtypisch und sehr idealistisch klingen, aber das ist die Richtung. Praktisch müssen wir auch damit leben, sehr begrenzte Lebewesen zu sein. Letzteres sollte uns aber nicht beherrschen (oder zur Ausrede werden. Es geht nicht um vollkommen oder nichts, es ist kein Wettbewerb, und wenn es aus dem Herzen kommt ist es auch kein Druck, sondern fröhliche Selbstverständlichkeit). Jeder kleine Beiträg zählt (so wie der von der "armen Frau" mit ihrer "objektiven" Minimalspende im NT).
Das wäre m.E. ehrliche Evangelisation, nicht das vermitteln von Dogmen wie: Du musst das Opfer Jesu annehmen und du bist gerettet! In meiner Denke eh ein Unding. Weil ich damit in meinem Sein so wäre: ich finde es total okay, wenn ein anderer meine Fehler ausbadet.
Was da rettet (also Gottesnähe erzeugt) kann ich mir nicht mal vorstellen. Gottesnähe wäre ja eher: Herr, wenn es nützt, lass mich bitte die Fehler von anderen ausbaden, ich möchte von Herzen gerne für andere da sein.
Naqual hat geschrieben: ↑So 15. Mai 2022, 17:36
Was er will: eins sein mit uns.
Da Gott so ist wie er ist, würde ich das zwar anders herum ausdrücken: er will, dass wir eins sind mit ihm. Aber letztendlich ist das wohl eher Wortklauberei.
Ja und Nein. Also es kommt darauf an, was bei einer Formulierung so mitschwingt an Gefühlen und Eindrücken. Bei der Formulierung "er will, dass wir eins sind mit ihm" besteht die Gefahr, dass damit eine Trennung (keine Einigkeit) zu Gott mitschwingt, z.B. er will, dass wir uns an ihn anpassen, nicht umgekehrt. Also da ist Widerstand da zwischen meinem Ich und Ihm. Das ist dann die Negierung der Einheit. Die Gottesnähe würde ich deswegen eher positiv ausdrücken. Gott fasziniert so positiv, dass man mit Freude ihm Nahe kommt. Nahekommen in diesem Bereich bedeutet aber "so werden".
immer noch erkämpft und verteidigt wird, von tausenden von Menschen, die alle glauben, das Richtige zu tun, und anderen beibringen zu müssen, wie Gott denn wirklich sei.
Und zwischendrin bin ich da, mit meinem Glauben, über den ich auch gerne reden/austauschen möchte. Wobei ich mir immer öfter die Frage stelle, ob das überhaupt noch möglich ist.
Das Gefühl kenne ich zu gut. Bei mir ist es ein spezieller Fall, weil ich mir zumindest einbilde, meine Form des Glauben sei besonders abstrakt und komplex. Und ist mit Worten schlecht vermittelbar, wobei ich denke, dass ich gut formulieren kann (meist). Aber trotzdem.
Gerade vor ein paar Tagen sah ich ein Foto von einem Gottesdienst, wo Menschen füreinander beten, indem sie Hand auflegen. Ich ertappte mich bei einem Gefühl der Abwehr. Das, was ich sah, und woran mich das erinnert, empfand ich eher gruselig, als aufbauend. So etwas erschreckt mich einerseits, weil dann schnell der Gedanken aufkommt, dass ich auf einem falschen Weg gehe. Anderseits weiß ich aber auch, dass die Veränderungen größtenteils für mich von Gott bestätigt wurden. Finde es manchmal schwierig, den Ausgleich zu finden, zur Ausgewogenheit.
Hier weiß ich nicht, ob ich Dich verstehe oder gerade versuche es zu erraten. Hm. Was genauer bewirkt die gefühlsmäßige Abwehr? Hände auflegen ist ja erst einmal nichts Schlechtes sondern Ausdruck von Nähe (auch wenn es seelisch inhaltsleer routineartig und nur äußerlich getan werden kann).
Den Ausgleich von was oder zu was?