Eusebius hat geschrieben: ↑So 30. Mai 2021, 12:22
Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass das Leben für mich ohne Sinn nicht lebenswert wäre.
So völlig "ohne Sinn" kann das in der Tat zu einem sehr tristen Leben führen. Die Frage ist, ob "der Sinn" zwangsläufig etwas sein muss, das von außen diktiert wurde (oder sonstwie festgelegt ist) oder ob es nicht etwas sein kann, das man - und sei es noch so arbiträr - für sich selbst festgelegt hat?
Ich kann den Impuls verstehen, mit Pessimismus auf tendentiell nihilistische Weltbilder zu reagieren. Die letztendliche Sinnlosigkeit allen Seins, die Gleichgültigkeit des Universums uns gegenüber, das Fehlen von kosmischen Waagen, von Vorherbestimmung und all die anderen Aspekte, die hier mit reinspielen, all das kann man auf eine Art und Weise betrachten, die einen in die Verzweiflung führen kann. Aber das muss nicht sein, man kann jeden einzelnen dieser Punkte auch auf eine Art betrachten, die einen mit Optimismus und innerem Frieden füllt. Der Weg dahin kann schwierig und angsteinflösend sein, als würde man sich fallen lassen, nachdem man das Vertrauen aufgegeben hat, dass es ein Netz gibt, das einen fängt und ich weiß keinen Trick der einem dabei hilft sicher zu landen, aber ich kann zumindest sagen, dass es kein Sprung in die Verzweiflung sein muss.
Ein objektiver "Sinn des Lebens" würde letztendlich ja bedeuten, dass wir existieren,
damit wir eine bestimmte Rolle erfüllen. Inwiefern macht das unser Leben besser und lebenswerter?
Und ich wurde bei meiner Suche nicht enttäuscht sonder reich dafür belohnt in Form von Erfahrungen, die mir gezeigt haben, dass es Sinn macht, nach dem Sinn des Lebens zu suchen
Aber wurdest du auch in Form eines gefundenen Sinn des Lebens belohnt?

Und war das Machen der Erfahrungen davon abhängig, ob es einen Sinn des Lebens gibt?
Ich kann es mir ja z.B. zum Ziel machen, Atlantis zu finden und auf meiner Suche in die Geschichte vergangener Kulturen eintauchen, in Einzelschicksale und gesellschaftsumspannende Ereignisse, ich kann wunderbare Orte auf unserem Planeten bereisen und mit wunderbaren Menschen Freunschaft schließen; kurz, ich kann wunderbare Erfahrungen machen, die ich um nichts in der Welt eintauschen würde. Und dennoch kann ich Jahrzehnte später dastehen und Atlantis nicht gefunden haben. Vielleicht weil ich irgendwo Fehler gemacht habe, vielleicht weil aus Gründen außerhalb meiner Kontrolle gar keine Chance bestand, dass ich an essentielle Infos komme und vielleicht war es von vorne herein ein
fool's errand war, weil Atlantis nie existiert hat und es daher gar nichts gab, was ich hätte finden können.
Jetzt steh ich da also, atlantislos aber dafür reich an Erfahrungen und frage mich: war die Suche sinnlos?
Messe ich das am Ziel selbst, muss ich sagen ja und verbinde ich es mit einem angenommenen Sinn des Lebens, führt mich das ebenfalls ins Unglück. Entweder ich bin der Ansicht, dass es mein Sinn des Lebens war, Atlantis zu finden, dann habe ich (bisher) versagt oder mein Sinn war, Atlantis zu suchen, aber nicht zu finden, was irgendwie grausam wäre oder mein Sinn des Lebens hat gar nichts mit einer Suche nach Atlantis zu tun, dann habe ich meine Zeit verschwendet.
Aber es bleiben eben die guten Erfahrungen, also warum einfach sagen, ja, es stimmt, dass ich Atlantis nicht gefunden habe, das ist schade und vielleicht war es von vorne herein zum Scheitern verurteilt, aber verdammt nochmal es hab so tolle Sachen erlebt, es war gut, dass ich es gemacht habe.
Auf, Eusebius, deine angesprochenen Erfahrungen bezogen frage ich also: Falls es keinen Sinn des Lebens gibt, du aber dennoch auf einer sogesehen (am Ziel orientiert) sinnlosen Suche danach tolle Erfahrungen machen kannst, die du als "reich[e] [Belohnung]" bezeichnen würdes, hieße das dann nicht, dass das Leben auch ohne Sinn des Lebens irgendwie doch lebenswert wäre?

Dieser Kommentar wurde von einem heimlich bescheidwissenden und unglaublich boshaften Hund mit finsterer Seele, zerfallenem Geist und Aussicht auf finanziellen Gewinn verfasst.